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Es ist eine, leider! nicht mehr zweifelhafte That— sache, daß in Dentschland, wie in anderen Europaͤischen Staaten, mit planmaͤßiger Thaͤtigkeit daran gearbeitet wird, in das unverdorbene und fuͤr jeden Eindruck em— pfängliche Gemuͤth der Jugend, durch deren erste Leh— rer den Keim von Begriffen und Grundsaͤtzen zu legen, welche sie in der Folge zu brauchbaren Werkzeugen jener politischen Secte eignen sollen, deren Streben dahin ge⸗ richtet ist, das Bestehende umzustuͤrzen, um nach den siechen gieren. . Die Turnanstalten waren berufen, und die auf den Hochschulen errichteten engern und weitern Vereine, die Burschenschaften und mehrere Privat-Erziehungsanstal— ten sind noch heute berufen, jene der Jugend beigebrach— ten Grundsaͤtze auszubilden und fruchtbringend zu ma— chen. Wenn man auch mit Beruhigung annehmen konnte, daß sowohl durch die Natur jener Theorien, als durch die Weisheit der Deutschen Regierungen das Re— sultat dieser Tendenz werde vereitelt werden; so bildet doch das Wirken solcher Lehrer dereinst unzufriedene, mit den bestehenden Verhaͤltnissen und mit ihren Pflich— ten im Wiberspruch begriffene, in sich selbst zerfallene Menschen. . ? Wenn der Lehrer schon dem unreifen Knaben und Juͤnglinge fuͤr den Glauben in der Religion den Zweifel giebt; wenn er dessen Gemuͤth an das ideale Bild kettet, das er ihm von der Bestimmung des Men— schen und von seinen Verhaͤltnissen zum Staate mit truͤ— gerischen Farben entwirft, statt ihm treue Schilderung
rzeugnissen ihrer unseligen Theorie selbst zu re—
des wirklichen practischen Lebens vorzufuͤhren; wenn der
Lehrer, statt dem Knaben einen der jungen Denkkraft angemessenen Stoff hinzugeben, ihn zu selbststäͤn diger Prufung und Begrundung solcher Materien auffordert, die oft dem gereiften Verstande des Mannes schwer zu loͤsende Aufgaben darbieten; wenn der so vorbereitete und mit unverdautem Wissen angefuͤllte Juͤngling end— lich in 1 tritt, und dort Verachtung aller positiven Lehre, oder die Sucht, die esellschaftliche Ord⸗ nung nach eigenen, unversuchten Systemen umzuschaf⸗ fen, vorfindet, sich in der Geringschaͤtzung gegen alles Bestehende nur noch genährt und befestigt sieht, und wenn er endlich, statt sich an Ordnung und Disciplin zu gewoͤhnen, mit Ungebundenheit und Zuͤgellesigkeit ver— traut wird, und, statt den Handhabern der Gesetze die schuldige Ehrerbietung zu widmen, sich selbst in einem Ausnahmgesetze begrsffen waͤhnt, welchks ihn uͤber Lohn und Strafe erhebt; — dann darf es nicht befremden, daß wir nicht bloß auf Universitaͤten und Hochschulen, sondern fast auf allen Lehranstalten die absprechendsten Urtheile uber Religion und Staat, uͤber das Hoͤchste, wie uͤber das Heiligste vernehmen; es darf nicht be— fremden, daß auf solche Art erzogene und unterrichtete Knaben, schlechte, unzuverlaässige, dem Gehorsam abge— neigte Staatsdiener und mißvergnuͤgte Staatsbuͤrger
werden. Was laßt sich dann fuͤr die Erhaltung der Throne
und der bestehenden Verfassungen, fuͤr die Ruhe Deutsch— lands hoffen, wenn die so Gebildeten sich in allgemeiner
welche heute in mehr als Einem Deutschen Staate eine traurige Nothwendigkeit den Regierungen zur Pflicht gemacht hat, bietet fuͤr die Erwartung, die man sich von dem Gedeihen der heranreifenden Generation machen kann, ein zu truͤbes Gemaͤlde dar, als daß Seine Ma— jestaͤt geneigt seyn konnten, laͤnger dabei zu verweilen. Aber Hoͤchstdieselben sehen die Abhuͤlfe dieser vielen Ge— brechen fuͤr eine der wichtigsten Aufgaben an, zu deren
Loͤsung die Deutsche Bundesversammlung verpflichtet ist, und wuͤrden dem Vertrauen Ihrer erhabenen Deutschen welchem Seine Majestät das in der Bundesversammlung Ihnen uͤbertragene ehrenvolle Amt allein zu verdanken wuͤnschen, nicht wuͤrdig entsprechen,
Bundesgenossen,
wenn Sie diesen Gegenstand der besondern Beachtung
dieser geehrten Versammlung zu empfehlen, Sich nicht
lebhaft gedrungen fuͤhlten. Die Verhandlungen, welche am Bundestage in der 13. Sitzung
und Seine Durchlaucht den Herzog von Sachsen-Gotha und Altenburg veranlaßt worden sind, haben hieruͤber bereits, wenigstens uͤber den Zweig der Universitaͤten, schaͤtzbare Materialien zu Tage gefordert. Die Commis— sion, welche damals aus der Mitte der Bundesversamm— lung bestellt worden ist, hat zur Conferenz vom 27sten August 1819 einen Vortrag des zum Referenten ge— wählten Bundestagsgesandten erhalten, an welchen die gegenwaͤrtig nothwendig erkannten Eroͤrterungen uͤber das Schul- und Universitaͤts-Wesen mit voller Beruhi— gung angereiht werden konnen.
Der Antrag Sr. Kaiserlichen Maj. ist daher dahin gerichtet:
daß zwar das provisorische Gesetz, welches die Bun⸗ desversammlung uͤber die Deutschen Universitaͤten beschlossen hat, selbstverstanden fortdauere, daß aber aus der Mitte der Bundesversammlung eine Commission von fuͤnf Mitgliedern gewaͤhlt werde, welche, mit Ruͤckblick auf die hinsichtlich der Uni— versitaͤten bereits vorliegenden Verhandlungen, die gegenwartig hervortretenden Gebrechen des gesamm— ten Schul-Unterrichts- und Erziehungs-Wesens in Deutschland zu eroͤrtern, und die Maaßregeln, zu welchen diese Eroͤrterung Anlaß geben wird, in Vorschlag zu bringen habe. 4 Mißbrauch der Presse.
In den Eroͤffnungen welche Se. Kaiserliche Maje— staͤt am 20. September 1819 an die Bundesversamm— lung gelangen liessen, war der Mißbrauch der politischen, und insbesondere der periodisch⸗politischen Presse, als eine der ergiebigsten Quellen der in den Gemuͤthern herrschen⸗ den, weit verbreiteten Gaͤhrung und daraus erwachsen— den Mißverhaͤltnisse bezeichnet. Die damals im Namen Seiner Majestaͤt ausgesprochenen Bemerkungen trugen so sehr das Gepraͤge der Wahrheit und Evidenz, und wurden von den Regierungen saͤmmtlicher Bundesstaaten so vollstaͤndig anerkannt, daß uͤber das Beduͤrfniß jenem Mißbrauche Graͤnzen zu setzen, keine Verschiedenheit der Meinungen obwaltete und daher auch der zu dem Ende vorgelegte Gesetz- Entwurf ohne irgend einem Wider—
Thatigkeit verbreiten? Ein Blick in die Untersuchungen, spruche zum Bundesbeschlusse erhoben ward.
vom 1. April 1819 durch Seine Koͤnigliche Hoheit den Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach
Der 10. §5. dieses Beschlusses sagt:
„Der gegenwärtige einstweilige Beschluß soll, vom „heutigen Tage an, fuͤnf Jahre in Wirksamkeit „bleiben. Vor Ablauf dieser Frist soll am Bun⸗ „destage gruͤndlich untersucht werden, auf welche „Weise die im Art. 18 der Bundesakte in Anre— „gung gebrachten gleichfoͤrmigen Verfuͤgungen uͤber „die Preßfreiheit in Erfuͤllung zu setzen seyn moͤch— „ten, und demnaͤchst ein definitiver Beschluß uͤber „die rechtmaͤßigen Graͤnzen der Preßfreiheit in „Deutschland erfolgen“
Da ein solcher Beschluß, dessen mannichfaltige Schwie⸗ rigkeiten keinem Sachkundigen verborgen sind, bisher nicht gefaßt werden konnte, auch bei dem bekannten, in einer fo wichtigen Sache bloß von Instructionseinholung abhängigen Gange der Berathungen am Bundestage bis um 20. September laufenden Jahres, als an welchem isorische Preßgesetz erlischt, unmoͤglich herbeige— konnte; da ferner, wenn man das provi—
esetz mit Einemmale verschwinden lassen twas anders an dessen Stelle zu setzen, Luͤcke in der Bundesgesetz—
ö . .
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bedingunge
glieder — hoͤchst verderb Seine Kaiserliche Maje fel, daß es dringend no Preßgesetz bis zur Zeit, w Preßgefetz vereinbaren wird, förmlich zu erneuern.
Seine Majestaͤt sind zu vertraut mit den acht foͤ— Deratwwen Gesinnungen, von welchen die Deutschen Bun— dDesreglerungen in dieser wichtigen Bundesangelegenheit sich beseelt finden, als daß Hoͤchstdieselben dem Gedanken Raum geben konnten, daß es moͤglich waͤre, diesem, aus dem Fuͤrstenrxathe Deutschlands hervorgehenden, gemein⸗ samen Beschlusse mit dem Einwande einer Verletzung der Verfassung eines einzelnen Staates entgegen zu tre— ten. Bei den engen Verbindungen, welche die Gemein⸗ schaft der Sprache und der Schrift zwischen den saͤmmt⸗ lichen Deutschen Volksstaͤmmen gestiftet, der alte Reichs⸗ verband sanctionirt hatte, und der Deutsche Bund von neuem befestigt hat, kann der Mißbrauch der Presse nie as ein bloßes Localuͤbel, folglich auch die Beschraͤnkung deselben nie als ein ausschliessendes Object der innern Gefetzgebung oder Landesverwaltung betrachtet werden. Eine solche Ansicht ware nur zulässig, wenn ein Deut⸗ schr Staat sich gegen alle seine Nachbarn dergestalt ab— schllessen könnte, daß das, was mit seiner Zustimmung gedruckt wird, die Grenzen seines eigenen Gebiets nie ißerschritte. Da aber alles, was aus Deutschen Pressen frvorgeht, sich sofort uͤber alle Deutschen Lander ver— keitet, und Deutschland heute eiuen auf Erhaltung ge— neinsamer Sicherheit und Ruhe gegruͤndeten Staats⸗ kzrper bildet; so kann es einzelnen Gliedern dieses Koͤr— pers nicht frei stehen, die große Mehrzahl der andern Staaten mit einem stets erneuerten Vorrathe von a rührerischen Schriften zu uͤberschwemmen, wodurch diese hre eigene Sicherheit und Ruhe, ja den Vestand und
das hoͤchste Interesse des ganzen Vereins gefährdet oder
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verletzt glauben, und wogegen sie sich durch die strengsten Verbote nur unvollkommen zu schuͤtzen vermochten. st
Aus diesem Grunde ist bereits bei fruheren Erörte⸗
rungen dieses Gegenstandes bemerkt worden, daß die in geschlossenen Staaten gegen Preßvergehungen eingefuͤhr— ten, zum Theile sehr harten Strafgesetze, wenn sie auch an und fuͤr sich dem viel mildern Censurgesetze vorzuzie— hen waͤren, in einem Foͤderativstaate, wie Deutschland, wo jedes einzelne Land seine besondere Gerichtsver fassung und Polizeiverwaltung hat, als Garantie fuͤr das Ganze durchaus unanwendbar seyn wuͤrden, und das Friede und Ordnung in einem solchen Vereine nicht anders, als durch vom Bunde ausgehende, von den Landesbehörden gehand⸗ habte, im Nothfalle aber durch die Centralautoritäͤt zu ergaͤnzende Aufsicht uͤber die Erzeugnisse der Presse gesi⸗ chert werden koͤnnen.
Mit vollem Vertrauen auf die Beistimmung der ubrigen Deurschen Bundesregierungen, erlauben sich so⸗ nach Seine Kaiserllche Majestaͤt den Antrag:
daß das, mit dem 26. September laufenden Jah— res erloͤschende, provisorische Preßgesetz so lange in Kraft erhalten werde, bis man sich uͤber ein de— finitives Preßgesetz vereinbart haben wird.
5) Central-Untersuchungs⸗Commission. Der Zweck dieser Commission ist gemeinschaftliche,
moͤglichst gruͤndliche und umfassende Untersuchung des Thatbestandes, des Ursprunges und der mannichfachen Verzweigungen der gegen die bestehenden Verfassungen und innere Ruhe, sowohl des ganzen Bundes als einzel— ner Bundesstaaten, gerichteten revolutionären und dema⸗ gogischen Verbindungen.
Diese Untersuchungs-Commission ist nicht auf be⸗ stimmte Zeitfrist bestellt; es ist ihr ein bestimmter Zweck vorgeschrieben, und nur die vollstaͤndige Erfuͤllung ihrer Aufgabe kann daher uͤber den Zeitpunkt ihrer Auflosung entscheiden.
Die vorliegenden Berichte der Commission geben die leidige Ueberzeugung, daß dieser Zeltpunkt noch nicht gekommen ist.
Preussen. Allen in der so eben verlesenen verehrlichen Praͤsidialproposition enthaltenen Anträgen stimme ich vollkommen bei, indem mein hoöͤchster Hof un— fehlbar, was besonders die Fortdauer des provisorischen Preßgesetzes betrifft, mit groͤßter Sorgfalt fuͤr Auf— rechthaltung der verabredeten Grundsaͤtze Sorge tragt, und daher mit gleichem Vertrauen wie der Kaiserl. Oesterreichische Hof entgegenkommender Vereinigung und Zufammenwirkung aller Bundesstaaten fuͤr diesen Zweck entgegen siehet. ö
Baiern: ist mit den in der eben dankbarlichst vernommenen Praͤsidialproposition enthaltenen Anträgen einverstanden, und stimmt insbesondere dem ad Nr. 4. wegen des Mißbrauchs der Presse gemachten Vorschlage bei, daß saͤmmtliche Bundesregierungen sich uͤber gleich— foͤrmige Verfuͤgungen in Ansehung der Presse und des Buchhandels, auf den Grund des Artikels 18 der Bun— des akte, baldmoͤglichst vereinigen, in der Zwischenzelt aber die in der Z5sten Sitzung des Jahres 1819 dieß⸗
falls beschlossenen Maßregeln in den Deutschen Bundes⸗