1825 / 115 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Fri, 20 May 1825 18:00:01 GMT) scan diff

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kein Ungluͤcksfall sich ereignet habe, und auch keinen Grund, den Eintritt irgend eines unangenehmen Zufalls bei dem wohl geregelten Gebrauche der Trittmuͤhle zu befuͤrchten; inzwischen koͤnnten sie doch keine, eben so allgemein befriedigende Antwort auf die Frage geben, ob diese Arbeit dem körperlichen Zustande der Gefange— nen nicht nachtheilig sei, denn bei aller Fuͤrsorge und Aufmerksamkeit fuͤr deren Gesundheit, und obgleich die Arbeitszeit eines jeden Gefangenen beschraͤnkt worden, haͤtten doch die ploͤtzlichen Unterbrechungen der starken Ausduͤnstung, welche auf die heftige koͤrperliche Bewe— gung am Trittrade folgt, öͤfters Rhevmatismus und Brustbeschwerden hervorgebracht. Es gebe in dem Kor— rektionshause der Grafschaft vier Kornmuͤhlen, wovon zwei durch das Trittrad, zwei durch den Handhaspel betrieben werden. Man stelle daher die zu harter Ar— beit Verurtheilten abwechselnd an das Trittrad von 5 Fuß Durchmesser, auf welchem in der Minute 50 bis 55 Schritte gemacht werden, und abwechselnd an die Winde an, ausgenommen in Faͤllen von Widerspenstig— keit, oder bei nur kurzer Gefaͤngnißstrafe, wo die Strenge der fortgesetzten Anwendung der Trittmuͤhle sich dazu eignet, wohlthaͤtig dahin zu wirken, daß das Verbre— chen nicht wiederholt werde. Die Berichtserstatter stimmen fuͤr die Abwechselung der Arbeit an der Tritt— muͤhle und an der Kurbel, wodurch der zu schnellen und zu großen Erschoͤpfung des Korpers vorgebeugt, und doch der Zweck der Gefaͤngnißarbeit, die harte Strafe, erreicht werden wird. Sie glauben, die durch die Parlaments Acte vorgeschriebene Zahl der Arbeits stunden auf der Trittmuͤhle sei zu groß. Der Bericht ath⸗ met uͤberhaupt viel Milde und Menschenfreundlichkeit.

Der Chirurgus im Lancaster-Castle zeigte an, daß sich an einem jangen Menschen, der auf einen Monat zu harter Arbeit verurtheilt worden war, A Tage vor Ablauf der Strafzeit schmerzhafte Anschwellungen der lymphatischen Druͤsen am Obertheil des Schenkels mit einiger Entzuͤndung der Haut gezeigt hatten. Er be— merkt, daß die Wirkungen der Arbeit, verbunden mir der schlechteren Nahrung, zwar dieses Uebel hervorge bracht hätten, daß dergleichen jedoch auch bei andern Gefangenen, die nicht auf eben die Weise beschaͤftigt worden, vorkommen. Dies sei der einzige Fall, in wel— chem er Anlaß gehabt, anzunehmen, daß die Trittmuͤh⸗ len-Arbeit der Gesundheit nachtheilig sein koͤnnte; wo— bei er zugleich anführt, daß die Gefangenen selbst ge aͤußert hatten, sie hielten die Arbeit an der Trittmuͤhle bei ihrer gewohnlichen Kost, fuͤr leichter als ihre son— stige Beschaͤftigung, die Arbeit am Canale.

Ein auffallend mit allen uͤbrigen in Widerspruch stehender Bericht ist aus der Grafschaft Somersetshire eingegangen. Der Wundarzt des Korrektionshauses zu Shepton Mallet hatte naͤmlich angezeigt, daß seit dem 1. Januar 1823 in diesem Zuchthause 9 Bruchschaͤden entstanden wären. Achte derselben sollten von der Tritt— muͤhle verursacht, der andere aber bei der Handarbeit entstanden seyn; auch wurde angefuͤhrt, daß die Ge— fangenen an der Trittmuͤhle sehr an Gewicht verloren, weshalb der vorgesetzte Magistratsbeamte die taͤgl iche Arbeitszeit von 8 auf 6 Stunden herabgesetzt habe, welches wohlthaͤtig gewesen sei.

Auf diese Anzeige verordnete der Staatssekretair Peel eine oͤrtliche genaue Untersuchung der Sache, welche dem Praͤsidenten des Koͤniglichen Collegiums der Wund aͤrsjte, W. Norris, Esq. und zweien Mitgliedern des⸗ selben, Sir W. Blizard und H. Cline Esq. uͤbertragen wurde. Sie fuͤhrten diese Untersuchung in der Art aus, daß sie, mit Zuziehung der Magistratspersonen, die Be— schaffenheit der dasigen Trittmuͤhle und deren Geschwin⸗

digkeit untersuchten; daß sie jeden Gefangenen, hey

er auf das Trittrad stieg, in Bezug auf den Puls, g

Respiration und den Zustand der Glieder examinirte und dieses Hinsichts der Erhöhung des Pulses und Respiration beim Herabsteigen derselben von dem Ra

das Trittrad stellte, als es in Gang war, um dun eigene Empfindung eine genaue Vorstellung von der 4 deit am Trittrade zu erhalten, daß sie die Person besonders vernahmen, welche nach dem Bericht z Wundarztes die Verletzung erfahren haben sollten; en

lich, daß sie den Wundarzt und den Gefangen waͤrn

ausfuhrlich verhoͤrten.

Nach allen diesen Vernehmungen und Untersuchn gen, und ugch der reiflichsten Erwägung eines jen Umstands in Bezug auf die angeblich von der Trip muͤhle verursachten Verletzungen, waren sie uͤbereinstü mend der Meinung: „daß die Arbeit am Trittrade, h dessen Geschwindigkeit von 48 Schritten in der R

nute, der Gesundheit keines Menschen nachtheilig sa

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breußische Staats-Zeitung.

wiederholten; daß sich ein jeder von ihnen selbst 4

M 115.

Berlin, Freitag, den a0 sten Mai i825.

I. Amtliche Nachrichten.

koͤnne, der im Stande ist, gewoͤhnliche Handarbeit

verrichten; daß bei den Neun Personen, welche Bruchschaͤden erhalten haben sollten, diese nur zwei einiger Art der Trittmuͤhlen-A1rbeit schienen zugescht ben werden zu konnen; und selbst wegen dieser beide konnte der Wundarzt nicht behaupten, daß sie oh Bruͤche gewesen waͤren, als sie an das Trittrad geste wurden; daß uͤberhaupt die Arbeit am Trittrade, der Geschwindigkeit von 48 Schritten in der Minng nicht mehr geeignet ist, Bruͤche oder andere Schaͤh zu veranlassen, als die Ausuͤbung anderer Arbeiten gemeinen Lebens.“ Der Staatssekretair Peel h eugte hierauf den dem Korrektionshause zu Shept Mallet vorgesetzten Magistratspersonen, wie es ihm M genehm gewesen, zu vernehmen, daß die angezeishh Unfälle weder aus der Natur der Arbeit im Allgenß nen, noch durch die besondere Struktur der unter ih Aufsicht gestellten Maschine entstanden waren, empst

ihnen aber an jedem Gefangenen vor seiner Anstelln

an der Trittmuͤhle genau untersuchen zu lassen, ob frei von Bruchschäden sei.

Wir sehen also aus Allem diesen, rung die Anwendbarkeit und Nuͤtzlichkeit der Tritimt len bestaͤtigt und außer Zweifel setzt; daß sie alle

gegen vorgebrachten Bedenklichkeiten und Aeußerung

von Furcht vor nachtheiligen Folgen, und vor der 1 wendung einer zu harten, unmenschlichen Behandln der Gefangenen beseitigt und aufhebt; daß sich Arbeit vielmehr als ein sehr passendes, wirksames M tel zur Besserung der Verbrechen und Zuͤchtlinge wahrt; und daß die Einfuͤhrung der Trittmuͤhlen m einen Gegenstaud abgeben duͤrfte, auf welchen die A merksamkeit gerichtet zu werden verdient.

Königliche Schauspiele.

Donnerst. 19. Mai. Im Schauspielhause: meo und Julia,“ Trauersp. in 5 Abtheil., von S kespear. (Hr. Ludwig Lowe, vom Kurfuͤrstlich-Hessis Hoftheater zu Cassel: Romeo.

Freit. 20. Mai. Im Schauspielhause: „Pit und Paul,“ Lustsp. in 3 Abtheilungen (Hr. Lud Lowe: Kapitain Paul.) Hierauf: „Der Kammerh ner,“ Lustsp. in 1 Aufzug. Und: „Der Fluͤchtling Lustsp. in 1 Aufzug. (Hr. Loͤwe: „den Flinkinthal“

Gedruckt

bei Feister. Redacteur Joh

daß die Erfi

Kronik des Tages.

Seine Masestat der Konig haben dem Hof-⸗Kam⸗ merrath Landschuütz zu Recklinghausen den rothen Wdler Orden dritter Klasse zu verleihen geruhet.

Bei der am 18. d. M. geschehenen Ziehung der 5ten Klasse 51ster Königl. Klassen-Lotterie fiel der 2te a. gewinn von 50000 Thlr. auf No. 21 ↄ15 in Berlin hei A. Simonssohn; I Gewinn zu 5ooo Thlr. auf No. 30795 nach Hirschberg bei Raupbach; 1 Gewinn zu

ooo Thlr. auf No. 83124, nach Posen bei Leipziger; 8 Gewinne zu 1500 Thlr. fielen auf No. 37679 und

ph in Berlin bei Mendheim und nach Breslau bei

chreiber; 6 Gewinne zu 1000 Thlr. auf No. 10705, 18225, 29601, 4 i040, 63946 und 65301 in Berlin bei Seeger, nach Bielefeld bei Henrich, Bunzlau bei Appau, Königsberg in Pr. bei Burchard, Magdeburg bei Brauns und bei Koch; 12 Gewinne zu 5o0 Thlr. auf No. 16974, 21901, 26547, 45030, 47655, 54262, 54443, 57928, 73527, 7579 10, 76495 und 65662 in Berlin bei kewent, bei Richter und bei Seeger, nach Barmen bei holzschuher, Danzig bei Alberti, Duͤsseldorff bei Spatz, Halberstadt bei Alexander, Liegnitz bei Leitgebel, Naum— urg a. d. S. bei Kayser, Prenzlau bei Herz, Reichen— hach bei Parisien und Gr. Strehlitz bei Schuster; zi Gewinne zu 200 Thlr. auf No. 1067, 6051, 6511, 1036, 13925, 15046, 16673, 19337, 23774, 24 107, 2479, 25554, S858671, 27928, 28052, 29757, 35504, odo, 41376, 4428, 43025, 45172, 597oo, 64601, s6rog, 75307, 75697, 761786, 76476, 79048 u. gosi6.

Die Ziehung wird fortgesetzt. .

Berlin, den 19. Mai 1825.

Königlich Preußische General-⸗Lotterie⸗ Direktion.

Angekommen. Se. Exeellenz der Graf von Grote, Grand Maitre de la Garderobe, diesseitige zußerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister

verschiedenen Höfen und freien Staͤdten Deutsch ands, von Hamburg.

Der Regierungs⸗Chef Praͤsident von Pach elb el— Gehag, von Stralsund.

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II. Zeitungs⸗Nachrichten.

Ausland.

Paris, 13. Mai. Die Kammer der Deputir— ten deliberirte vorgestern uͤber die Ausgaben des Mi— nisteriums des Innern, namentlich uͤber das Capital der Centralverwaltung (3,384,000 Fr.) Hr. Bacot v. Romand warf den Ministern vor, daß sie das Cen⸗

tralisirungssystem, welches sie als Deputirte getadelt

hatten, als Minister so sehr ausdehnten. Nie, sagte er, ist so gruͤndlich die Nothwendigkeit bewiesen wor⸗

den, die Zahl der Prefekturen zu vermindern und das

Raäͤderwerk der Administration zu vereinfachen, als in der Kammer von 1815 von Seiten der jetzigen Mini— ster. Wir beschwoͤren sie auf diese Grundsaͤtze wieder zuruͤckzukommen, und die so vortrefflich entwickelte Theo— rie in die Praxis zu übertragen. Hr. Agier sprach im nämlichen Sinne. Außerdem wuͤnschte er, daß die

3 der Commission vorgeschlagene Ersparniß von 30,000

r. bei den zur Unterstuͤtzung der Kuͤnste und Wissen⸗ schaften bestimmten Fonds nicht genehmigt werden moͤ— ge; dies sei eine schlechte Ersparniß, da das Ausgeben fuͤr solche Gegenstaͤnde recht eigentlich ein Mittel sich zu bereichern genannt zu werden verdiene. Der Graf Girardin, der, wegen seiner Krankheit, in dieser Sitzung noch nicht gesprochen hatte, ergriff nun das Wort. Der Krieg gegen die Centralisation ist, sagte er, sehr alt; er wurde 1815 angefangen und ist 1823 forgesetzt worden, aber vergebens. Die jetzigen Minister gehorchen dem Einflusse einer contre revolutionairen Parthei, die ihre Pläne nicht mehr verbirgt, sondern offen blicken laͤßt. Hieraus ist das Saerilegiums-Ge⸗ setz entstanden; ein Gesetz, welches nicht blos die fran— zoͤsischen Protestanten, sondern auch die Protestanten von ganz Europo beunruhigt, und welches vielleicht dazu beitragen wird, die Emaueipation der Katholiken in Irland aufzuhalten. (Große Unterbrechung); bald wird man der Geistlichkeit die Fuͤhrung der buͤrgerlichen Re— gister wieder uͤbertragen; die Charte findet man im Almanach Royal nur noch auf der Seite auf welchen man gewöhnlich die Druckfehler aufzeichnet. (Großes Gelaͤchter Man verheimlicht mehr den Plan, Frank— reich in drei und dreißig Generationen zu theilen, und diese von eben so viel Intendants verwalten zu lassen; man spricht nur gegen die Centralisirung, um die Pro— vinzialAdministration wieder einzufuͤhren. Man faͤngt schon an, diesen Plan auszufuͤhren; Sie wissen wie die letzten Wahlen statt gehabt haben. (Unterbrechung: zur

Ordnung! Das Ende dieser in ihrer Fortsetzung noch

heftigeren Rede wurde fortwährend durch abwechselndes Gelächter und Gemurre unterbrochen, und als von ei—