1825 / 195 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 23 Aug 1825 18:00:01 GMT) scan diff

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Das Journal des Debats theilt ein Schreiben aus Livorno vom * August mit, in welchem gesagt wird, der Capitain hes Jonischen Fahmzuges habe erzählt: Am 15. Julhesei ihm zu Mara Mönisi ein Brief Colo— cotroni's an den Eparchen gezeigt worden, in welchem Ersterer auEführlicht Nachrichten uͤber den Ruͤckmarsch Ibrahim Pascha's auf Tripolitza gegeben. Hiernach hätte sich Ibrahim, in der Umoͤglichkeit nach Patras vorzudringen, gegen Navarin gewendet, aber Colocotroni und Petimeza hätten sich ihm in den Weg gestellt und ihn mehreremal geschlagen, worauf sich Ibrahim ver— gebens erboten hätte, zu capituliren; er soll an 3000 Mann verloren haben und an der rechten Hand ver— wundet worden fein. Briefe aus Nauplia enthalten dieselbe Nachricht.

London, 13. August. Seit einiger Zeit besteht in England ein sonderbarer Streit uͤber die von der

Bibelgesellschaft zum Gebrauche der Wilden Hindostans

veranstalteten Bibeluͤbersetzungen, die, wie sich nun zeigt, untreu und unverstaäͤndlich sind. Wie es heißt, hat Dr. Carey uͤber die Uebersetzungen in mehr als 30 Spra— chen die Aufsicht gefuͤhrt, und auf einmal 14 Uebersez— zungen zu revidiren gehabt, woraus man denn auf den Grad ihrer Korrektheit schließen kann. Aus einem Briefe des Herrn Fox, einem der beharrlichsten Gegner der Biblisten, an das Morning-Chroniele, heben wir hier folgende Thatsache aus: Von den Sprachen, die in Hin— dostan gesprochen werden, kennt Dr. Carey im Grunde nur eine, die bengalische; er hat die Bibel in diese Sprache uͤbersetzt, und 6 Jahre darauf verwendet, zu— letzt war man aber nichts desteweniger gensͤthigt, fast alle Verse wieder zu aͤndern. Noch eine andere That— sache verdient nicht weniger bemerkt zu werden. Man hat eine Uebersetzung in eine Sprache gemacht, welche nirgends gesprochen wird; wenigstens sucht man seit

1818 vergebens das Volk, unter dem man die in dieser Sprache gedruckten Bibeln vertheilen soll, und noch ist man nicht gewiß, ob es Jemand giebt, der sie spricht. Gegen das Ende des Jahres 1818 wurde namlich das

Neue Testament in einer Sprache gedruckt, welche die Missionarien die Kunkun-Sprache nannten, und die, wie sie vorgaben, an der Westkuͤste Indiens, von Bom— bey bis Goa, gesprochen würde. Die Bibelgesellschaft bewilligte fuͤr diese Uebersetzung 1500 Pfd. Sterl. In einem Memorandum vom Dezember 1820 wird behaup— tet, daß die Kunkun-Sprache nicht allein von Bombey bis Goa, sondern sogar von Bombey bis Calicut ge— sprochen werde, und hinzugefuͤgt, daß dieselbe zu den ausgebreitetsten und wichtigsten gehoͤre, deren sich der groͤßte Theil der Bevoͤlkerung bediene und von welcher die benachbarten Dialekte nur eine Abart waͤren. Zu gleicher Zeit ward eine Uebersetzung des Alten Testaments in dieser „wichtigen Sprache,“ angekundigt. Aber ein amerikanischer Missionair, Herr Bardvell, verruͤckte die Spekulationen der Uebersetzer auf eine sonderbare Weise durch die Versicherung, daß weder er noch seine Kolle— gen, nach den sorgfaͤltigsten Nachforschungen unter den Wilden des Landes und unter den Europäern, die min, deste Spur der Kunkun-Sprache haͤtte finden koͤnnen. Zwei Jahre nach dieser Mittheilung gaben die Ueber— setzer, die, wie es scheint, an der Uebertragung des Alten Testaments immer fort arbeiten, eine dritte No— tiz uͤber diese wichtige Sprache, diesen großen Zweig des Sanscritis, diese Mutter so vieler Dialekte. Sie erklären nun, daß man sie nur zwischen Goa und Ca— licut spreche, und gestehen somit wenigstens ein, daß ihre erste Angabe falsch und die zweite nur theilweise wahr wäre. Nun hat man in Calcutta endlich etwas Bestimmteres uͤber diese wichtige Sprache bekannt ge— macht. Sie ist (sagt man, obgleich man dessen nicht recht gewiß zu seyn scheint) vorhanden, aber nur eine verdorbene Mundart des Nieder-Hindostanischen oder

dieser

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Bruͤssel, 11. August. Die gegenwartig beim uͤberall herrschende Sucht, in Staatspapieren zu s kuliren, oder eigentlich zu spielen, erinnert an e merkwuͤrdige Erscheinung in der Handelswelt, naͤmm an den fuͤr alle Zeiten sonderbaren Schwindel, 17ten Jahrhundert den Handel mit Tulpenzwiebeln Holland erfaßt hatte, und Einer oder der Andere fin in der Erinnerung hieran vielleicht Stoff zu ernste Betrachtungen. Es kam bei diesem Handel dahin,“ man die Tulpenzwiebeln, wenn man sie erkaufte, m mehr wirklich erwerben und besitzen, ja kaum aug blicklich in Besitz nehmen wollte, sondern daß man! Lieferungsvertraͤge uͤber dieselben einzig und allein der Hoffnung die jeder Theil zum Nachtheil des! dern hegte abschloß, daß es unmoͤglich sein möch sie zu erfuͤllen. Seinen Ursprung verdankte di Handel dem vollen Gehalte der Tulpenzwiebeln und; rem Vermoͤgen, eine modische Liebhaberei zu befrienng und den Anblick eines jährlichen, in bunter Farbenpm prangenden, Tulpenflors hervorzubringen. Als sich Liebhaberei eine weitspielende Wucherbegie verband, versprachen die Verkaͤufer, zu einer bestimm Zeit und fuͤr einen festgesetzten Preis, Tulpenzwit zu liefern, welche sie wohl selbst nicht besaßen, vortheilhaft und zu geringern Preisen zu erwerben! ten, als die sie vertragsweise dafuͤr erhalten sollten; zu welchem sie aber, ihrer Voraussetzung und Ben nung gemaͤß, steigen wuͤrden. Je großer die Unge heit, und mithin auch die Gefahr war, welcher sich! Verkaͤufer aussetzten, desto unguͤnstiger mußten die! dingungen fuͤr die Kaͤufer sein. Daher kam es zu dahin, daß man fuͤr eine Einzige Zwiebel mit Nan Semper Augustus, 13,000 fl.! und daß man fuͤr zusammen 30, 600 fl. bezahlte. Nachdem aber der! kuͤhn und wahnsinnig wettspielende Spekulationz so hoch gestiegen war, verirrte er sich noch weiter,! nun ward die Tulpenzwiebel an und fuͤr sich und gesehen von ihrem Vermoͤgen, eine schoͤne Blume! das Tageslicht zu foͤrdern und prahlerischer Liehsaben eine vergnuͤgliche Befriedigung zu gewähren, zu ühch Gegenstand eines noch unbesonneneren Treibens. M schloß namlich nicht mehr Kauf- und Lieferungsverth ab uͤber einzelne Zwiebeln, als uͤber ein Ganzes, sönde uͤber einzelne Theile und nach dem Gewichte derseh Man verkaufte sie naͤmlich nach Assen, deren Liefern zu einer bestimmten Frist ausgemacht wurde. Fuͤr Asse von der Semper -Augustus-Tulpenzwiebel wur 4500 Gulden, fuͤr 00 Asse von der Admiral-Liste hoek-Zwiebel uͤber 4000, und von der von Admir Enkhuizen, mehr als 5000 Gulden bezahlt. Nati konnte auf Seiten des Kaͤufers keine ernstliche Ahh vorhanden sein, die Zwiebel-Partikel oder Asse anst zu bringen. Sein ganzes Trachten und Hoffen dahin, daß sie zur Lieferungszeit entweder gar nit aufzutreiben sein, oder einen noch weit hoͤhern Pre als den vertragsmäßigen, haben moͤchte; gleich wie in der entgegengefetzten Seite der Verkaͤufer auf ein Fal des Preifes harrte und der Hoffnung war, sich Tulpenzwiebeln-Asse auf eine vortheilhafte Weise M sichern und deren Lieferung bewirken zu koͤnnen. Konn die vertragsmaͤßige Lieferung nicht geschehen: so muß der Verkaufe: sich zu einer, dem Keferungspreise g chen, Entschäbigung bequemen; war aber bis zum ferungstag der Umlaufswerth oder Marktpreis der Th penzwiebeln unterhalb des vertragenen bedungenen Ptä ses gesunken: so mußte der Kaͤufer (fuͤr welchen den nach das Wettspiel verloren war) sich zu einem aͤhnü chen Opfer entfchließen. Weil aber die fort und fi

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der Ich

uͤbermaßig steigenden, ungeheuern Preise der, auf List

eine Art Bauernsprache, deren sich die Voͤlker versch ng verkauften Tulpenzwiebeln oder Zwiebel -Asse zuletzt dener Zungen bei ihren Ein- und Verkaufen bedien nie ist sie aber Schriftsprache gewesen.

Käufern zum uͤbergroßen Nachtheil gereichen muß— n: so ereignete sich, daß sie auf den unehrlichen Aus— g geriethen, sich durch juristische Einwendungen und ussichte gegen die Zahlung der versprechenen Kaufs— eife, und besonders gegen die wechselrechtliche Schnel— keit machten, womit sie eingefordert wurde, und, der Ueberzeugung der Gewinner, gesetzmaͤßig ein— sordert werden konnte. Weil dadurch viele Prozesse tsaͤnden: so wurden die Generalstaaten, um solchen cherlichen Wettspielen eine Ende zu machen, bewogen, 277. April 1637 zu verordnen: daß die, fuͤr bedun— ne Tulpenzwiebel Lieferungen schuldigen Summen auf m gewohnlichen Rechtswege, wie jede andere Schuld j. wie jede, bei welcher kein Exekutiv- oder Wech— prozeß statt finden koͤnne) eingetrieben werden sollten. ötzlich verschwand nun die Verblendung, womit bis hin der Tulpenzwiebel-Handel betrieben worden war, d der erwähnte Semper-Augustus sank von dem, rch Spielkuͤnste entstandenen, Preis und eingebildeten erth von 13,000 fl. auf den, noch uͤberaus hohen, bhaberei⸗Preis von 50 fl. herab. St. Petersburg, 12. August. Dem Artillerie⸗ neral Major Euler list der St. Annenorden J. Klasse Brillanten, dem General Ugrumow der Wladimir, en II. Klasse und dem General Samburgskji der St. nenorden J. Klasse verliehen worden.

Die Tochter des wirklichen Geheimen Raths, Gra— Alopaͤus, Gräfin Alexandra Alopaͤus, ist allergnaͤ— st zum Hoffraͤulein bei JJ. KK. MM. den Frauen d Kaiserinnen ernannt.

Dresden, 17. August. Se. Koͤnigl. Maj. haben uhet, den Commandanten der Infanterie Gardedivi— Oberst-Lieutenant Freiherr von Hausen, zu Hoͤchst. d General-Adjutanten und Obersten der Infanterie

rnennen, dagegen das dadurch erledigte Commando ge

hter Gardedivision dem Major des Leib-Infanterie— himents, von Roͤmer, zu uͤbertragen, so wie fuͤr en den Major des Infanterie-Regiments Prinz Frie— h August, von Einsiedel, zum Bataillons-Comman— ten im Leib-Infanterie⸗-Regimente, zu ernennen. Madrid, 4. August. Im Ministerio herrscht, man sagt, eine große Bewegung, wegen des Be— 6 des Raths von Castilien uͤber die Wiedereinfuͤh— z der Inquisition. Er soll dahin ausgefallen sein, sich das Tribunal durchaus nicht um politische, dern rein nur um Kirchensachen bekuͤmmern solle. ch sollten die Gerichte oͤffentlich gehalten werden, die Angeklagten von den Namen ihrer Ankläger mntniß erhalten. Hr. von Oliva ist nach St. Ilde— dabgegangen, um die Genehmigung des Koͤnigs zu hirken; Hr. v. Recacho ist der Sache durchaus un— stig. Der Einfluß des Hrn. v. Calomarde hatte, man sagt, etwas zugenommen, unter welchen Um, den man sich uͤber ein neuerdings ergangenes koͤnigl. ret wundert, wodurch befohlen wird, daß die Guͤter Jnuquisition nicht nur die laufenden, sondern auch ruͤckstaͤndigen Abgaben bezahlen sollen. Briefe aus Navarra melden, daß der Trappist aus Kloster, wo er sich befand, unter starker Bedeckung gSaragossa gebracht worden ist.

J n enn nde

Frankfurt a. d. O. Schon in den ersten Tagen seßt beendigten Margarethen-Messe ließ das Ein— en einer ungewoͤhnlich großen Menge sowohl aus— iischer als vornehmlich auch inlaͤndischer Fabrikate, zustroͤmen der Fremden und eine unermuͤbliche Leb— gkeit des Verkehrs unter Einkaͤufern und Verkaͤu— eine ganz vorzüglich gute Messe erwarten, und Erwartung hat sich dann auch in vollem Maaße

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b Ueber 50990 nach den Polizeilisten gemeldete Fremden, beinahe 2000 mehr wie in der vorjaährigen auch gut ausgefallenen Margarethen-Messe, betrieben ihren Handeltverkehr, dessen Regsamkeit sich schen durch ein ungewöhnliches Treiben auf den Straßen kund that. Bei der starken Nachfrage stiegen fast saämmtliche Waa— ren im Preise; es ward rasch und viel gekauft. Jns— besondere haben wiederum die inlaͤndischen ordinairen und Mittel, Tuͤcher sehr starken Absatz gefunden. Es waren Kaͤufer aus Frankfurt a. M. und mehreren Or— ten des sůdlichen und westlichen Deutschlands hier, die das Stuͤck mit 4 5 Thlr. theurer, als in den frühern Messen, bezahlten. Auch die feinen Tuͤcher fanden gu— ten Absatz, doch nicht zu erhoͤheten Preisen. Naͤchst den Tuͤchern waren die baumwollenen und wollenen Zeug— waaren außerordentlich gesucht; besonders auch die in— laͤndischen aus dem Herzogthume Sachsen, so wie die Berlinischen und Schlesischen Druckwaaren. Seidene und halbseidene Waaren haben ebenfalls sehr guten Ab⸗ satz gefnnden. Mehrere der Elberfelder altere Fabrik— handlungen haben außerordentlich gute Geschaͤfte ge— macht. Auch die Franzoͤsischen Seidenwaaren wurden stark gesucht, namentlich schwere Stoffe zum Debit nach dem Auslande. Leinewand und leinene Waaren sind hinter dem Absatz nicht zuruͤckgeblieben; auch in Galanterie- und kurzen Waaren, Eisen,, Holz- und Leder⸗ Waaren, Rauchwaaren, Porzellan und Glas wur— den gute Geschaͤfte gemacht. Rohe Haͤute und Schaaf— felle waren wenig, dergleichen Kalbfelle aber viel auf dem Platze und wurden saͤmmtlich verkauft. Bettfe— dern und Federposen waren sehr viel hier und fanden Absatz, gerissene Bettfedern blieben dagegen unverkaufst. . Der Wollmarkt war ziemlich bedeutend. Die Ge— schaͤfte in Wolle wurden anfaͤnglich rasch und zu hoͤhern Preisen gemacht; späterhin verminderte sich die Nach— frage und es blieben beträchtliche Quantitäten uͤbrig: Die Preise der Wolle waren fuͤr den Centner feine 90 bis 100 Thlr.; mittlere 60 80 Thlr.; ordinaire 40 50 Thlr. und Pohlnische 25 30 Thlr. Der Pferdemarkt war stark besetzt. Gute Pferde standen hoch im Preise, dagegen waren ordinaire Pferde ver— haͤltnißmaßig sehr wohlfeil.

Nach den allgemeinen Beobachtungen unterliegt es keinem Bedenken, daß der Absatz inlaͤndischer Fabrikate mit dem Verkauf der Auslaͤndischen, sowohl nach dem Inlande als nach dem Auslande gleichen Schritt gehal— ten habe und deshalb scheint es noͤthig, die große Menge der zum Verkauf gestellten inlaͤndischen Waaren in Be— tracht zu ziehen. Legt man naͤmlich in Ermangelung einer anderweitigen Controlle den Ertrag der Meßab— gabe von 23 Sgr. für den Centner brutto der im freien Verkehr eingehenden Meßwaaren mit 2832 Thlr. 14 Sgr. 9 Pf. zum Grunde, so ergiebt sich schon hier— aus ein Eingang von 33,990 Centner. Da jedoch die Erhebung jener Abgabe ohne eindringliche Pruͤfung nach den Gewichtsangaben in den Frachtbriefen, oder, wo dergleichen nicht vorgelegt werden, nach Pferdelasten von nur 10 Centner auf ein Pferd geschieht, auf allen chaussirten Wegen aber notorisch bei weitem mehr per Pferd geladen wird, so bleibt es gewiß nicht hinter der Wahrheit zuruͤck, wenn man annimmt, daß 50,000 Cnt. Waaren im freien Verkehr eingegangen sind, und wenn gleich, wie man vermuthet, Einige darunter auslaändi— sche, auf der Naumburger Messe versteuerte, Fabrikate sein mogen, so konnen diese doch nach dem Ertrage der hiesigen Eingangssteuer nur so unbedeutend sein, daß sie kaum in Betracht kommen. An auslaͤndischen Fabri— katen sind im Ganzen 12,839 Centner 227 Pfd. brutto eingegangen. Diese sind nach Abzug derjenigen, welche die Meßbeguͤnstigung nicht genießen, nach den Buch— halterei, Registern zum Conto gestellt worden, netto

bestaͤtigt.

mit 9961 Cnt. 1047. Pfd., hiezu der Bestand auf der