810
Schule, die Bergwerksschule, das Conservatorium der Kuͤnste und Gewerbe haben ihre besten Schuͤler herge— geben, um bei dem großen Werke thaͤtig zu sein. Eine eigene Schule ist in Paris errichtet worden, um die zur Ausfuhrung der weiteren Arbeiten noͤthigen Sub— jecte zu bilden. Wenn, wie zu hoffen steht, die Regie— rung und die Kammern dem Vorhaben ihre Genehmi— gung nicht versagen, so wird sich zeigen, was in Frank reich der Gesellschaftsgeist, im Buͤndniß mit der Wissen— schaft und der practischen Thaͤtigkeit, hervorzubringen vermag. Paris wird der Mittelpunkt einer Schifffahrt werden, die sich von der einen Seite bis zum Meere, von der andern bis zum Rheine erstrecken wird. An der Spitze dieser Unternehmungen stehen der Fuͤrst von Polignac und der Herzog Matthieu von Montmorency, die, weit entfernt zu besorgen, der äußere Glanz ihres Ranges koͤnne durch solche industrielle Unternehmungen verdunkelt werden, die erhabene und richtige Ansicht he— gen, daß vielmehr solche, dem Vaterlande nuͤtzliche, Thaͤ⸗ rigkeit in den Augen der niedern Klasse die äußere Ehre rechtfertigen wird, die der Souverain den hoͤhern Klas— sen zum Vortheile der buͤrgerlichen Gesellschaft selbst, nicht aber der Eitelkeit Einzelner zugesteht.
Die Fregatte Galathea, mit welcher Sidy - Mah— muth nach Tunis zuruͤckkehrt, ist am 9gten von Toulon abgesegelt. Er hat gewuͤnscht, die Anker mochten in der Nacht gelichtet werden, um, wie er sich ausdruͤckte, den Schmerz nicht zu haben, die Kuͤsten eines Landes vor seinen Augen entschwinden zu sehen, in welchem er so viel Beweise von Auszeichnung und Theilahmen er— halten habe, und an welches er nie aufhören werde, zu denken.
Am 2ssten dieses werden auf dem Marsfelde zu Paris die jahrlichen Wettrennen inlaͤndischer Pferde statt finden. .
Fuͤnfsprocentige Rente 102 Fr. 45 C. — Dreiproe. . 5 .
London, 20. August. Folgendes ist vollstaͤndig die (gestern erwahnte) Proelamation, welche, wie einige unserer Blaͤtter melden, am Morgen des 306. Juli in den meisten Hauptstraßen von Lissabon, so wie auch gleichzeitig in den vornehmsten Straßen von Oporto, Brague, Villa-Real und anderen Städten angeheftet gefunden worden ist: . 2.
Brave Portugiesen, die Englische Regierung folgt ihrem raͤnkevollen System; sie beguͤnstigt unsere Partei nur dann, wenn sie es nach ihren mach iavellistischen Absichten dienlich erachtet, und bringt dann mit uner— hoͤrter Schlauheit die Franzoͤsische Regierung dahin, eben die Komplotte auszufuͤhren, welche England ange— legt hat, um die Verbannung des Prinzen, der allein uͤber uns herrschen sollte, zu bewirken. Die Brittische Regierung diktirte das Dekret vom 24. Juli, als sie den Augenblick so nahe sah, wo das kompetente Gericht unsere Unschuld und unsere Forderungen aussprechen sollte; ein Ausspruch, der unsere Feinde mit ewiger Schande bedeckt haben wuͤrde. Der guͤnstige Augenblick ist gekommen, Portugiesen! die Regierungen des festen Landes sind auf unserer Seite und obgleich es nicht zu einer Entsetzung des Koͤnigs kommen muß, so wird uns doch ein völliz gleicher Erfolg ohne die Uebel zu Theil, welche diese Maaßregel herbeifuͤhren wurde. Einen wir uns also; leiten wir das Ungewitter, welches gegen uns im Aufsteigen ist, dadurch ab, daß wir Zuflucht zu einer Politik nehmen, die nicht ganz die un rige ist; setzen wir eine Regentschaft ein, bei der die Koͤnigin, unsere Herrin, den Vorsitz fuͤhrt; mit ihr allen koͤnnen wir gluͤcklich sein.“
Bei einer der letzten Assisen-Sitzungen hierselbst brachte ein der Bigamie angeklagter Engländer ein ganz neues Vertheidigungsmittel vor; Er bewieß namlich, durch einen in gehoͤriger Form abgeschtossenen Contract,
daß die zweite Frau ihm von ihrem Manne, mit frei Zustimmung von ihrer Seite, Der Contract lautete dahin, daß der Verkauf als au dem Smithfield⸗ kaufte Gegenstand auf dem Markte dort mit einen Stricke um den Hals vorgeführt worden sei, betrachte werde; indem dafuͤr eine Summe von fuͤnf Schillin bezahlt und empfangen worden: des alten nicht aufgehobenen Gesetzes, chen Kaͤufe gestattet und von den Einwohnern London etwa 3 bis Amal jahrlich in Ausuͤbung gebracht wird
wenn auch die neuern Gesetze den treuen Unterthane Sr. Majestät verbieten, bei Lebzeiten der ersten Frau eine zweite regelmäßige Verheirathung zu begehen, e doch nicht gesetzwidrig sei, die Frau eines Andern mi seiner und ihrer Uebereinstimmung gegen guͤltige 3c lung kaͤuflich an sich zu bringen, ob schon man sich no— in anderen ehelichen Banden befinde, weil durch solche Kauf nichts weiter bewirkt werde, als daß man sich da gesetzmaͤßige und unbestreitbare Eigenthum einer neue Gefährtin sichern, ohne zu verlangen, daß dieses G schaft so gut als eine guͤltige Verheirathung sein so Diese Erklärungen des Angeklagten wurden fuͤr guͤlü angenommen und derselbe frei gesprochen.
Die Zeitung von Calcutta spricht von der Leichti keit, womit die Verbindungen zwischen den verschiedenn Theilen Ostindiens unterhalten werden. Als Belt
Calcutta über Madras nach der Insel Ceylon reist. dort in 9 Tagen und z Stunden angekommen ist; Entfernung betragt 1044 engl. Meilen. Die gewoͤhr liche Post macht den Weg in 11 Tagen. Ein auß ordentlicher Courier, der von Bombay zu Lande na— Calcutta geschickt wurde, machte die Reise in 133 Tagen die Entfernung beider Städte betragt 1308 Meilen. Drrussel, 24. August. Die Ziegen von Thih
und der Cirkaßische Widder, welche durch Hrn Lesclu in Brugge eingefüuͤhrt wurden, und die lange Zeit! Gent, bei Hrn. Delbecg waren, sind jetzt an uns Klima gewohnt; das Gouvernement hat selbige nm mehr nach dem Schlosse Ramzer bei Marche gesandt und sie dem Besitzer desselben, dem Baron Virario, zu Aufsicht gegeben. Die Thiere waren einer raͤudeartige Krankheit unterworfen, von welcher sie mit Anwendun einiger Sorgfaltsmittel geheilt sind, doch verhindert diese Krankheit die Schur im vorigen Jahre. Di kleine Heerde hat sich um einen Widder und zwei Zi gen vermehrt, die man erhalten, obgleich die Mun am Blutverlust gestorben ist.
Wiesbaden, 21. August. Von Seiten der La desregierung ist Folgendes bekannt gemacht worden „Das seit einiger Zeit gegen das bestehende Verb wieder besonders haufig vorkommende personliche Soll citiren verantaßt Uns, die desfallsigen Verfuͤgungen vo 8. Marz 1816 und 10. Januar 1817 in Erinnerung st dringen, und Wir beaustragen die herzogl. Beamtl hiermit, dieselben in ihren saͤmmtlichen Amtsgemeindel nochmals öoͤffentlich bekannt machen zu lassen. Sellte sich daher dgemohngeachtet noch ferner unbefugte Soll citanten hier einsinden, so werden es sich dieselden selb beizumessen haben, wenn sie ungehoͤrt zuruͤckgewieskl werden, und Zeit und Kosten vergebens aufwenden indem erforderlichenfalls durch eine auf Freipapier ein zureichende schriftliche Sollicitation derselbe Zweck e reicht wird, und ohnehin die Beschluͤsse auf die an U gelangten Eingaben noch wenigen Tagen und nach Un staͤnden sogleich gefaßt und expedirt werden.“
Wien, 23. August. Der öͤsterreichische Beobach ter theilt heute folgenden, aus der Gazette de Franc entlehnten, Aufsatz mit:
Da Ameriea der Gegenstand so vieler politischer
verkauft worden war,
tarkte geschehen und als ob der ver dortigen Colonien befindet, und den wahrscheinlichen
Alles dieses vermoög welches derglei
Der Beklagte behauptete nun auf Grund dessen, da h
wird angeführt, daß ein Regierungs-Courier, der voa st
litik, welche dem roͤmischen Senat oft nuͤtzlicher war,
ö ö
ö VM . . ö. .
Streitfragen und so vieler Handels-Speculationen ge worden ist, so wird es nicht außer der Zeit seyn, die Verhältnisse, worin sich Frankreich in Ruͤcksicht auf die
Ausgang dieser Verhaäͤltnisse zu eroͤrtern.
Die zwei streitigen Haupt-Punkte sind: die Unab— hängigkeit St Domingo's, und die Anerkennung des neuen Zustandes der spanischen Colonieen. Im Grundsatz findet kein Unterschied Statt: St. Domingo gehort dem Rechte nach Frankreich, so wie . spanischen Colonieen dem Rechte nach Spanien ge— ren.
In der Anwendung ist der Unterschied groß. Frank— reich kann die Unabhaͤngigkeit St. Domingo's morgen anerkennen, ohne auf andere Rechte, als seine eignen, Verzicht zu leisten; wollte es die Unabhaͤngigkeit der spanischen Colonieen anerkennen, so wuͤrde es Spaniens Rechte verletzen.
Nie ist zur Rechtfertigung des abscheulichen Sy— stemi der Empoͤrung etwas genugthuendes, oder auch nur etwas scheinbares aufgebracht worden *). Man haͤtte das Eigenthums-Recht laͤugnen, man hatte behaupten muͤssen, ein Feld gehöre nicht dem, der es gekauft hat, sondern dem, der es bebaut; eine Werkstaͤtte nicht dem Kapitalisten, der sie mit seinem Gelde gestiftet, son— dern den Arbeitern, die darin angestellt sind; der wahre Herr eines Hauses sei der Hausverwalter, weil er die Ordnung darin unterhalt. Wirklich hat auch die indu— rielle Secte diese Lehren gepredigt.
Eine Colonie ist die Frucht einer Eroberung, oder einer Entdeckung, oder einer Urbarmachung. Aber Ur barmachung, Entdeckung, Eroberung, alles fand auf Kosten des Mutterlandes Statt. Und es ist merkwuͤr— ig, daß die Trennung einer Colonie immer in dem Feitpunkte erfolgt, wo sie ihre größte Staͤrke erreicht hat, mit andern Worten, wo die Wohlthaten des Mut— erlandes am meisten fuͤhlbar werden.
Die Lehre von der Unabhängigkeit der Colonieen steht also mit dem Eigenthumsrecht und der Maral im Widerspruch. Sie ist nicht einmal den Colonieen selbst Mnstig; denn sie erweckt bei den Mutterstaaten ein na liches Mißtrauen gegen Besitzungen, in welchen sie nichts mehr als Schlangen sehen, die sie in ihrem eig— hen Busen ernaͤhrten.
Man ruft alle Autoritäten, Beispiele aus der Ver gangenheit an; man eitirt Philipp den II., dessen gro— her Schatten wenigstens dieselbe Republik der Nieder— ande anerkennen mußte, die er dem Joche des Herzogs hon Alba unterworfen hatte. Auf solche Beispiele ant— orten wir: damals war das Interesse des Staates ur durch unsichtbare und geheimnißvolle Bande an die Grundsaͤtze geknuͤpft; heute ist es vollkommen klar, daß die Aufrechthaltung der Grundsaͤtze zugleich das erste nd hoͤchste Interesse ist.
Was soll man also thun? Denn Europa kann un— moglich von einem großen Theil der Erde getrennt bleiben.
Sollen wir unser Eigenthum mit den Waffen in zer Hand zuruͤckfordern? Aber die Schicksale des Krieges nd ungewiß; der Krieg entflammt die Leidenschaften; er Krieg moͤgte den Ruin eines tiefaufgewuͤhlten Bo ens vollenden.
Besser waͤre es vielleicht, alle Aufgaben dieser Art lit jener zeitgewinnenden Politik zu behandeln, welche ie europäischen Machte in Ansehung der orientalischen ngelegenheiten zur Regel genommen haben; mit jener
) Die, obschon Hundertmal wiederholten, doch immer gleich schwachen Gemeinplaͤtze des Hrn. v. Pradt, wissen alle Verstaͤndige in Frankreich zu würdigen; kaum finden seine Rhapsodien noch einige Liebhaber in der Fremde.
Anmerk. des Uebersetzers.
811
als der Gebrauch der Waffen. Den Lauf der Begeben— heiten abzuwarten — ist eins jder großen Geheimnisse des Staatsmannes, wie des Geld Speculanten. Man weiß aus welchen Verlegenheiten sich Oesterreich durch diese Maxime zu ziehen gewußt, die ihm eine Zeitlang als Schild, und spaͤter als Hebel gedient hat— —
Soll man sich aber im gegenwärtigen Fall auf Ab, warten allein beschraͤnken? Dur fen wir schlafen, wenn ehrgeitzige Nebenbuhler wachen? Dürfen wir der Zeit durchaus uͤberlassen, unsre En cschlüͤsse zu bestimmen? Koͤnnen die Regierungen von bloßer Hoffnung leben?
Nein! es ist aber auch nicht noͤthig, jene Maxime buchstablich zu beobachten. Die Politik einer Regierung kann nie so ausschliessend auf Zeitgewinn berechnet seyn, daß sie nicht auch Mittel finden sollte, den Gang der Zeit zu befluͤgeln. Sie giebt sich nicht so ganz der Zu— kunft hin, daß sie nicht insgeheim jeden Vortheil be— nutzen koͤnnte, welchen die Gegenwart ihr darbietet. Die Kabinette verehren nicht eine reine Abstraction, wie man ihnen oft vorwirft; sie verkennen das Wesentliche und Positive nicht, welches im Hintergrunde dieser Ab— stractton liegt. Wenn sie den Geundsätzen huldigen, wie es sich gebuͤhrt, so lassen sie auch den Dingen, die einer Berechnung fähig sind, ihr Recht wiederfahren. Sie wissen nur zu gut, welchen Werih das Geld in diesem Zeitalter der Industrie und der Agiotage hat. Da es ihnen gelungen ist, das Vermoͤgen des Staates mit dem Vermoͤgen der Einzelnen zu verschmelzen, so kann ihnen nicht unbekannt seyn, von welcher Wichtigkeit Handel und Gewerbe, die Quellen des Credits, sind.
Werden sie aber die Zukunft dem Augenblick, das
Recht dem Interesse unterordnen? Werden sie die ewi— gen Grundsatze aufopfern, fuͤr Vortheile, die unsicher oder vergänglich sind, wenn sie mit den Grundsaͤtzen nicht uͤbereinstimmen? Selbst die Feinde der Ordnung haben das Gewicht, das in dem Wort: Gerundsaͤtze liegt, hinlaͤnglich begriffen. Sie spotten über die An— spruͤche der Mutterlaͤnder; aber mit welchem Eifer em— pfehlen sie den Colonieen, ihrer Ehre nichts zu vergeben! Wie lebhaft nehmen sie die Würde der In surrektion zu Herzen, indem sie uns unsern Fan atismus für die Wuͤrde der rechtmäßigen Herrschaft vorwerfen! — Wenn es ein Mittel giebt, zwei große Pflichten zu vereinigen, das, was Schutz verdient, zu schützen, ohne sich an den Grundsaͤtzen zu vergehen, fo können wir si— cher erwarten, daß unsre Regierung die sen sch weren aber großen Beruf zu erfuͤllen wissen wird. Vielleicht sind wir dem Ausgange aus diesem Lab yrinth näher, als man glaubt ). In solchen Sachen kann ein erster Schritt, ein erstes Beispiel viel entscheide nn. Die Handels-Ver— bindungen der beiden Welttheile sind auf wechselseitiges Beduͤrfniß gegruͤndet. Wenn Eur opa die Pero ducte Ame— rika's bedaif, so kann Amerika auch die Pro duete Eu— ropa's nicht entbehren. Wenn das Interesse beider Theile eine Uebereinkunst nothwendig macht, so muß ihre Tren— nung eine Grenze finden, und wenn es einen geheimen Tractat zwischen den Sach Verhältnissen giebt, so kann auch die Zeit nicht entfernt senn, wo die Menschen sich unter einander verstehen.
Landwirthschaftliche Berichte aus dem In— nern des Reichs vom Ende Juli.
L Ostpreußen. — Königs berg. Das Winter—⸗ getreide, mitunter mit vielem Unkraut durch wachsen, laͤßt nur eine mütelmaͤßige Erndte erwarten. Die Som— merselder bewaͤhren sich im Gan zen besser. Einigen Feldern ist durch starken Hagelschlag ein bedeutender Schaden zugefuͤgt worden. Die Wiesen haben in dem ersten Einschnitt eine gute Erndte gegeden. — Gum—
) Dieser Aufsatz erschien kurz vor der Bekanntmachung de Koͤnigl. Ordonnanz vom 17. April.