1826 / 84 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Mon, 10 Apr 1826 18:00:01 GMT) scan diff

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geschriebene Reden abzulesen; bei den Debatten uͤber die einzelnen Artikel ader nicht. Der Berichterstatter, Hr. Roger, stellte die Schwierigkeiten vor, sich im Rosten Jahre die Fahigkeit zu erwerben, aus dem Steg— reif zu sprechen, und bemerkte, daß wenn dies zur Re, gel werden sollte, die große Mehrheit der Kammer zum gaͤnzlichen Stillschweigen verurtheilt sein würde. Sell— ten aber, sagte er, unter den Rednern, die wir am meisten bewundern, nicht einige sein, deren Imprevi— sationen nur scheinbar gewesen sind? sind ihre Reden nicht zu gut abgefaßt, um Improvisationen sein zu koͤn— nen? und ist die Papierrolle, welche sie gewoͤhnlich in der Hand halten, nicht eine versteckte Batterie, welche im Nothfall ihren Muth unterstüͤtzen soll? (Gelächter) Die Pioposition beschränkt zwar die Bestimmung auf die Debatten uͤber die einzelnen Ar— tikel, oft aber liegt die ganze Bedeutung eines Ge— setzes in einem einzigen Artikel. Der Urheber des Vorschlages stuͤtzt sich auf die englische Kammer; dort aber beginnt die parlamentarische Laufbahn viel fruͤhen; der Redner spricht von seinein Platze und nicht von einer hoch erhabenen Tribune und, fei es Berechwnen oder Gleichgültigkeit, immer nehmen nur ung fang oder 6 Mitglieder Theil an der Discusston; die S mag gut sein, ader sie ist bei uns uicht anwendvar. Hr. Duhamel wuͤnscht Zeit ju sparen und ku rzere Reden zu haben, als ob es nicht eine anerkannte. That sache wäre, daß es leichter ist, sich kurz zu fassen, wenn man schreibt, als wenn man improvistrt. Wer kennt nicht dte Weitschweifigkeit der englischen Reener, und wer won Ihnen, meine Herrn, erinnert sich nicht den Fall eines englischen Ministers, der, als er in das Unter— hans trat, einen. Redner fand, dessen wunderdarer Wortreichthum bekannt war, und der eben seine Rede begann. Der Minister veilteß das Haus und fuhr nach seinsem 6 Meilen entfernten Landgut; als er aber zurück. kam, sprach jener Redner noch (aroßes Gelächter). Der Ver- fasser der Proposttion will verhindern, daß man mali— cioͤser Wetse, bei Gelegenheit eines Arttkels, eine Rede ablese, welche wegen des Sa lusses der allgemeinen De batte, hatte zurückbleiben muüͤssen. Aber, meine Herren, sind wir denn nicht eben so malicioͤ, indem wir nicht zuhören, und ist das Gemurre, sind die Unterredungen der Mitglieder unter sich nicht ein Warnungszeichen fuͤr den Redner? in der Regel wird dieler sich dadurch wirktich gewarnt halten, denn auf die Lange wird einem alles langweilig, selbst das Langweilig sein. Der laug— weilige Schreiber wird nicht wieder kommen, wohl aber der langweilige Improvisator, denn seihe Rede kostet ihm wenigẽr. Der Berichtetstatter fuͤhcke weiter aus, die Commetsien hege die Ansticht, * der Vorschlag sei mit der Freihtit der Debatten unvrrtkäglrcht, er sei unnütz und ünzeitig, weshalbmsie auf Verwerfung desselben ar trage. Die Debatte hierüber foͤre nach 8er Pruͤfau des Douanengesetzes statt finden. 6

Die g strige Etoile stellt in einem besondern Artikẽk folge de Sätze auf: 1) Die Jesutten koͤunen als atho lisches Institut bestehen. 2) Sind sie auch nicht als eine Corporstion anerkannt, so konnen sie doch als In dividuen bestehen. 3) Die Eeikte, wodurch sie unter⸗ drückt wurden, sind heute ohne allen Werth.

Der Abbé v. La-Mennais ist wegen Preßvergehen in seinem letzten (bereits erwähnten) Werke vom oͤffent« lichen Ministerio vor Gericht gesondert worden.

Fuͤnfprocentige Rente 96 Fr. 90 C. Dreiprocent. 65 Fr. 30 C. ;

St. Petersburg, 28. Marz. An verwichenem Sonnabend, den 25sten d. als dem fuͤr die feierliche Beisetzung des hochseligen Kaisers Alexander, glorreichen Andentens, bestimmten Tage begaben Se. Maj. der Kaiser und saͤmmtliche Glieder der katserlichen Fami— lie, nebst ihrem Gefolge, sich gegen 11 Uhr

vorgeschlagene beiden Seiten des

itte.

2 . *

Vormittags nach der Kasan- Kathedrale, wo berg alle Personen versammelt waren, welche die leh Abtheilungen des Leichenzugs zu bilden hatten. Ng dem der Metropolitan die Gebete verrichtet, wurde Sarg durch die General-Adjutanten und Aéjutan des verewigten Kaisers von dem Katafalk *. und der Zug setzte sich in derselben Ordnung und äun Beobachung desselben Ceremoniels, wie am 18ten d dem feierlichen Einzug hieselbst, in Bewegung. ging die Newsky Perspective entlang, wendete sich d links, ging vor dem alten Michaels-Pallast vorbei, i das Marsfeld, um sich sodann uber die neue Festun bruͤcke nach der St. Peter- und Pauls Kathedrale, Begräbnißorte unserer Monarchen, zu degeben. Wegs waren Truppen aufgesta eine zahllose Volksmenge drängte sich in den Strah auf den Balkons, in den großentheils schwarz aus schlagenen Fenstern und selbst auf den Dächern. 9 wundernswerthe Ordnung begleitete den Zug.

Dem aufs prachtsvollste verzierten und mit all religieusen Pomp umgebenen Trauerwagen folgten & Maj. der Kaiser zu Fuß, begleitet von S. Kalser Hoh. dem Geoßsuͤrsten Michael, Ihrer Koͤnigl. Hohe ten dem Prinzen Wilhelm von Preußen, dem Pemp von Oranien, dem Herzog Alexander von Wuürtemba desgleichen dem Feldmarschall Herzog von Welling! dem G neral Grafen Tolstoy und dem General-Lie nant Emmanuel. Nach diesen kamen der Chef Geueral-Stabes Str. kaiserl. Maj nebst saͤmmtliche; litair‚ Beamten. Ihre Mäestaten die Kaiserin Alen ora und die Kaiserin Mutter folgten zu Wagen ne Sr. kaiserl. Hoh. dem Großtürsten Thronerben ü Ihre koͤnigl. Hoh, der Frau Peinzessin Marie r Wrtemberg. Bei der St. Peter- und Pauls, Kir angelangt, wurde der Sarg von dem General⸗Adjau ten und Adjutanten des hochsel. Kaisers abgehoh— Unter ihnen befand sich auch der katserliche Gesan am Londoner Hofe, Graf v. Lieven, einer der aͤlt Generale aus der Umgebung des Kaisers Alexang Die Mitglieder des diplomatischen Corps und ann ausgezeichnete Freinde waren bereits in der Kathebh versammelt, als der Zug daselbst aulaugte. Das gm Iunere der Kerche, schwarz ausgeschlagen, erschien n cüͤsteker und machte noch feierlichern Eindruck als Kasan Kathedrale. Die Todten-Gebete begannen bald. Da nur den deiden ersten Klassen, den hr und niederen Hofchargen und der Hofdienerschaft, gleichen denen, die die Reichs Jusignien und Orden tragen, der Zutritt in die Kirche verstattet worden! o waren die Theilnehmer auf eine nicht sehr bett *. Anzahl von Personen beschrankt, die meistens

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Wuͤck gehabt hatten, sich dem Hochsel. Kaiser zu

her, wenn in der Kasaän-Kirche die allgemeinen 06

af d von ihm mit Woylthaten Übethaäuft waren. furchtsbezeigun gen mehr ann den großen Monarchen,!

den Beherrscher von zwanzig, zu ihrem gemein men Heil unter einem Seepter verejnigten Voͤlker richtet waren, und der Schmerz Aer, so tief er a empfunden ward, doch durch den. Respect, welchen! Majestät gebietet, in seinen Ausdrucken gemaͤßigt wur so sah man in der St. Peter and Pauls Kathenbti mehr das Bild eines Familien-Vereins im freien Th nenerguß uͤder den Verlust seines augebeteten Haupt Von allen Anwesenden, Einheimischen und Fremden, Fh sten und Unterthanen, war keiner, dem der Anblick h unendlichen Schmerzes von dem die Mitglieder d kaiserlichen Familie im Innersten durchdrungen un erschüͤttert waren, nicht das Herz zerrissen, den er nil zu Thränen geruͤhrt hätte. Der Augenblick der Tre nung auf immer kam heran, Artillerie, Sald

letzte noch uͤbrige Pflicht, und eine

hoch]

die General⸗A-jutante und Adjutanten des verewigten Kaisers erjuͤllten di

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bst dreimaligem Klein gewehrfeuer der Truppen ver⸗ öudete den im tiefsten erschuüͤtterten Bewohnern Pe⸗

daß die Beisetzung geschehen. der Beisetzung wurden die Krone, der Scep— er Reichsapfel, so wie auch der Degen des gen Kaisers in feierlichsm Zuge nach dem Win re Pallast gebracht. Auf ausdruͤcklichem Befehl Sr. ha, des Kaisers Nicolaus hatte der Graf von Lieven Ehre, den Degen des Hochsel. Ihrer Maj. der Kai— in Mutter zuzustellen.

Copenhagen, 31. März. Eine K. Verordnung zm 17. d. fuͤr das Königreich Dänemark setzt nahere hestimmungen in Betreff der den Grafschaften, Baro— fun und Guͤtern zustehenden Gerichtsdarkeit fest.

Zu Aarhaus schmeichelt man sich mit der angeneh en Hoffnung, daß Se. Maj der Konig zu Anfange

roburge⸗ N

r ur

„s bevorstehenden Sommers die Stadt mit einem Be wel Ddinaäle, dann der Uditore della Camera, der Gouverneur

che beehren werden. 1 Saͤmmtliche, unter den Nordjuͤtlaͤndischen und Fuͤh“

enschen General-Commande's stehende Corps und Re— menter werden sich vom 6. bis zum 14. Juni in

kantonnirungen bei Aarhaus versammeln.

Zur Erleichterung der Kartoffel⸗Ausfuhr ist der in en Jahren 1804 und 1806 auf dieselde gelegte Zoll in en Herzogthuͤmern aufgehoben worden.

Die Dampfschifffahrt nach Kiel nimmt am 11. und nach Lubeck am 14. April wieder ihren Anfang.

Der Franzssiiche Gesandte am hiesigen Hofe, Mar— is de St. Simon, ist von hier, wie es heißt, nach aris abaereiset. :

Meiningen, 3. April. Gestern Abenks halb eilf hr ward unserer Darchlauchtigsten Herzogin, geb. Kur— inzefsin von Hessen, Hoheit von einem gesunden Prin— glücklich entbunden. Es ist schwer, den freudigen theil auszudrucken, welchen Stadt und Land an die“; , das erhabene Elternpaar und die Durchlauchtigste au Herzogin Mutter so hoch begluͤckenden frohen Er— zuiß nehmen.

Wen, 3. April. Gestern, als am weißen Sonn— he, wurde das von Sr. Heil. Pabst Leo XII. für das hr 1826 auf die ganze katholische Christ nheit ausge hnte Jubiläum, fuͤr die Wiener Erz Dioͤcese, in der. zupt' und Residenzstadt mit einer feierlichen Prozes— ersffnet, welche von Sr. fuͤrstl,! Gnaden, dem ern Fürst-Erzbischofe von Wien, unter Begleitung mtlicher in der Stadt und in den Vorstädten be— lichen Pfarren, Stifte, Kloͤster, Congregattonen und stitute, und einer sehr großen Zihl von Gläubigen allen Ständen, gefuͤhrt wurde. Die Prozession g um halb 8 Uhr Morgens von der Metropolitan— che zu St. Stephan aus, und in die Augustingzr“ ftirche; von da in die Kirchen zu St. Michael 23 Unserer lieben Frau bei den Schotten, und kehr

dann in die Metropolitan-Kirche zuruͤck, wo das schamt gehalten wurde. Se. Masjestaät unser aller⸗ 1digster Kaiser hatten den Wunsch geäußert, daß die ezession ihren Weg durch die kalserliche Hojburg men möge und von den Fenstern Ihres Apparte us den Zug mit angesehen. Kaum waren Se. Maj.

Fenster erschienen, als das auf dem Bargplatze zahl— Fversammeite Volk beim Anblick des geliebten Mo— chen in den lantesten Freudenjubel ausbrach.

Rom, 14. Maͤrz. Der heil. Vater fährt fort, sich rastlosen Eifers mit dem Wohle des Staats zu be— sstigen. Ein so eben erscheinendes Motuproprio er— lt Befehl zu Errichtung einer Armenanstalt (com— ssione de' sussidj), welche, unter dem Vorsitze eines rdinals und dem Veisitze von neun Praͤlaten, eine licheke Verwaltung des Armenfonds, besonders aber

Ausrottung der in den letzten Irhren ungemein rhand genommenen Bettelei, züm Zwecke haben sell. r heilige Vater druͤckt sich darin mit so hochherziger

schaffen. land ein besonderes Interesse verleihen muß, edle, ruͤcksichtslose Gestandniß Leo's XII., „er habe das Vorbild der Anstalt, welche er grunde,

hin zu sehen,

2. Tur kei. . 6 3

Ats er dort erfuhr, daß ein Kurier an ih in Konstantinopel angekommen

Offenheit aus, daß er den Zweck nicht versehlen kann, einen innigern Verkehr zwischen sich und den Untertha— nen, zu heilbringendem gegenseitigen Verstaͤndniß zu Was dem besagten Motuproprio in Deutsch— ist das

in einer Stadt des katholischen Deutschlands gefunden.“ Ein zweites Motuproprio befiehlt die Einsetzung eines Disziplinar— Rathes (Congregazione di vigilanza), welcher die Oberaufsicht über alle Staatsdiener des Landes fuͤhren, und besonders deren Amtsführung kontrolliren soll. Wie wichtig der heil. Vater diese Maaßregel fuͤr die jetzige Zeit, wo sich in alle Zweige der Staatsverwaltung die schreiendsten Mißbraͤuche eingeschlichen haben, hält, zeigt der Umstand, caß, außer dem Kardinal Staatssekretaͤr, welcher Praͤsident des Raths ist, noch vier andere Kar—

von Rem, der Schatzmeister, der Uditore della S. In« quisttio! ? u. s. w. zu Beisitzern desselben ernannt worden sind. Man behauptet, dem Rathe sei unter anderm die Pflicht auferlegt worden, die Besoldung der Beamten nach dem billigern Maaßstabe zu regultren, und besonders da— daß fortan Niemand zwei oder mehr Aemter zugleich betleiden und folglich von allen Be⸗ solo aug ziehen eüͤrfe, während es eine Menge. anderer gaͤbe, welche von ihrem Gehalte kaum die nothwendig— sten Lebensbedutfnisse bestreiten konnten.

J Lessabonn, 15. Maͤrz. Am 12. d. kuͤndigte der Kanonen Donner der Flotte und der Forts am Hafen die Beisetzung der Leiche des verewigten Koönigs im Koͤnigl. Kloster des heil. Vincenz- de- Forg. Der

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Koͤrper war einbalsamirt worzen und wurde während drei Tage auf einem Trauergeruͤst in der Kirche ausgestellt. Vor— gestern fand die seit Jahrhunzerten uͤbliche Feiertichkeit statt, welche die Portugiesen quebra dos escudos nennen, vobei das Wappenschils des verblichenen Monarchen zer— truͤmmert wird. Die Regentschaft hat ein Dekrer erlaff „n, wongch die Gerichtshoͤfe und die Bureaus der Verwaltungsbehorden 8 Tage lang geschlossen sein und e allgemeine Landestrauer ein Jahr dauern soll. Wahrend der, ersten sechs Monate ward tief getrauert. Die verwittwete Kontgin soll die Absicht haben, sich auf einige Monate zu ihrem Koͤniglichen Bruder nach Madrid zu begeben.

Spanien. In

Biseayen sind Compagnien von Bauern bewaffnet und ein geüßt worden, um sich noͤthin—⸗ geufalls einer Landung von Rebellen zu wisersetzen. Am ganzen Merrbufen sind Vedetten ausgestellt worden, um dee Uset zu beobachten und sogleich Larm zu schlagen, wenn feindliche Belaggangen bemerkt werden, gin Schreiben gus Konstantinopel vom Beobachter) meldet n Der koͤnrglazroßbritannische Botschafter, Hr. Strat füßd⸗ Canning, ist am 27. Februar in dieser Hauptstadt eingetröff'n. Widrize Wanze hatten ihn bekanntlich

mehrere Wochen lang in den Dardanellen zuruͤckgehalten. n aus England

sei, entschloß er sich, mit Zuräͤcklassung seiner Familie und seines Gefoges am Bord der Korvette Medina, am 22. Februar die Neise zu Land, uͤber Gallipoli, Rodosto und Silivria hier her anzutreten, wo er am 27. Abends anlangte. Am folgenden Tage ward er, dem Herkommen gemäß, von den fremden Gesandtschaften durch deren Secretaäre be⸗ willkommt, und am 1. Marz empfing er die Besuche des

640 diplomatischen Corps, welche er am 2, 3. und 8. d. M. erwtedette. Am 4. ließ

er seine Ankunft dem Mini— sterium der Pforte durch den bisherigen bevollmaͤcht igten Minister, jetzt ersten Botschaftssekretaͤr, Hrn. Turner, anzeigen und Tags darauf erhielt er den feierlich

n. Maärz (im bhstekreichischen. achstehen des:“ r ö

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en Ge⸗