1828 / 206 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

ben, daß man strenge gegen Graͤndsaͤtze, nachsichtig gegen die Menschen und stets barmherzig gegen Diejenigen seyn muͤsse, die des Erbarmens beduͤrfen.“ ͤ

Der Marquis von Chauvelin hat ebenfalls vor einigen Tagen Paris verlassen, uin sich, wie alle Jahre nach den Bädern zu begeben; seine Gesundheit soll sehr zerruͤttet seyn.

Dem Constitutionnel zufolge werden die Ruͤstungen zu der Expedition nach Morea mit großer Thaͤtigkeit betrieben. „Die Ofsiziere vom General-Stabe“ sagt dieses Blatt, „so wie die Militair-Intendanten, haben bereits den Befehl zum Aufbruche erhalten. Die Expedition selbst wird vor dem 20. August unter Segel seyn. Man versichert daß die etwa noch fehlenden Transport-Schiffe (und Lebensmittel, fuͤgt das Journal des Debats hinzu) von England werden geliefert werden. Die Gazette de France ist mit dieser Expedition sehr unzufrieden, und erkennt darin blos die Absicht, in Grie— chenland eine eifrige Democratie zu stiften.

Der Graf v. Peyronnet hat das Schloß, welches Herr Godoy, Bruder des ehemaligen Friedensfuͤrsten unweit Eha— renton besaß, fuͤr die Summe von 500,009 Franken an sich

ekauft.

? Mlle Mars ist von ihrer Kunstreise nach London hier— her zuruͤckgekehrt, wird aber in diesen Tagen wieder nach Lyon abreisen, wo sie einige Gastrollen geben will.

Paris, 30. Juli. Vorgestern bewilligten Se. Maj. dem bisherigen Koͤnigl. Preußischen Gesandten am Lissabo— ner Hofe, Major von Royer, eine Privat⸗Audienz.

In der vorgestrigen Sitzung der Deputirten-Kammer wurden die Berathungen uͤber das Budget des Finanz-Mi— nisteriums fortgesetzt und einige unerhebliche Ersparniffe dar— auf gemacht, namentlich auf die Gehaͤlter einiger General— Directoren, welche von 50 auf 40,009 Fr. herabgesetzt wur⸗ den. Am Schlusse der Sitzung trat noch Hr. Duvergier de Hauranne mit dem Anutrage hervor, die Kosten fuͤr die Ta— backs-Fabrieation um 300,009 Fr. herabzusetzen. Da zwei Abstimmungs-Versuche zu keinem Resultate fuhrten, so mußte zum Namens⸗A Aufrufe geschritten werden, woraus sich ergab, daß nur 219 Deputirte gegenwaͤrtig waren. Der Antrag wurde mit einer Mehrheit von 5 Stimmen (112 gegen 197) angenommen. (Eine ausfuͤhrlichere Mittheilung uͤber diese Sitzung behalten wir uns auf morgen vor.) Es bleiben jetzt zur Berathung von dem Budget des Finanz— Ministeriums nur noch die Kapitel der Posten und Lotte— rien uͤbrig; insofern die Zeit es erlaubte, wollte die Kammer sich daher am folgenden Tage mit dem Gesetz⸗Entwurfe we⸗ gen der 1,200,000 Fr. zur Stiftung der 8000 Stipendien an den kleinen Seminarien, beschaͤftigen.

Die Anstalt der christlichen Schulen, welche einen Theil des Collegiums von Villeneuve d'Agen ausmacht, ist in der Nacht vom 18ten auf den 19ten, wie man glaubt durch einen Blitzstrahl, in Asche gelegt worden.

Die Akademie der Wissenschaften hat vorgestern, an die Stelle des verstorbenen Hrn. Chaussier, den ersten Arzt am Höpital de la Pitis, Hrn. Serres, mit großer Stimmen— Mehrheit zum Mitgliede gewaͤhlt.

In dem Messager des Chambres liest man Folgendes: „Briefe aus Lissabon melden, daß mehrere Handels-Fahr⸗ zeuge, deren Papiere im Namen Dom Miguͤel's gezeichnet waren, von einem Kriegsschiffe, welches auf der Hoͤhe des Tajo kreuzt, genommen worden sind. Da dieses Schiff keine Flagge aufgezogen hatte, so weiß man bis jetzt noch nicht, ob es zur Brasilischen Marine gehoͤrt, oder ob es ein Raub— schiff ist, welches die gegenwartigen Üümstaͤnde benutzt, um nach Gefallen die Portugiesischen Handelsschiffe, welche die schwache Regierung nicht zu schuͤtzen vermag, zu kapern.

Großbritanien und Irland.

London, 26. Juli. Mit Vergnügen melden wir, sagt der Standard, daß die Regierung Sr. Maj. beschlossen hat, die ganze Kraft der Gesetze in Ausfuͤhrung zu bringen, um die geistlichen Mordbrenner zu unterdruͤcken, welche jetzt die elenden Bauern Irland's zur Rebellion und zum systemati⸗ schen Meuchelmorden aufreitzen, und daß, wenn die gegen⸗ waͤrtigen Gesetze nicht stark genug befunden werden sollten, vom Parlamente neue Gesetze werden gefordert und ohne Zweisel erlangt werden, um diesen nothwendigen Zweck zu erreichen. .

In einem Privat-Schreiben aus den noͤrdlichen Graf— schaften Englands heißt es unter andern: In Neweastle, Shields und Sunderland stockt es sehr mit der Schifffahrt, besonders in den beiden letzten Plaͤtzen. In Neweastle scheint indessen der Handel seit einigen Jahren zugenommen zu ha⸗ ben. Der Kohlenhandel leidet durch das gegenwaͤrtig beste⸗ hende Monopol; in einigen Minen arbeitet man nur wenge Stunden, in andern gar nicht mehr. Unterdessen schreitet

in Sunderland der Bau des neuen schoͤnen Hafendamm rasch vorwaͤrts. In Northumberland, Durham und de noͤrdlichen Theile der Grafschaft Jork, sieht man sich ge thigt, die Gefaͤngnisse und Armenhauser in dem Verhaͤltn zu vergroͤßern, als die Nahrungslosigkeit der arbeiten Klasse immer mehr um sich greift; hierbei bemerkt man gemein eine vorzuͤgliche Sorgfalt für Reinlichkeit und z quemlichkeit, die den Aufenthalt in diesen Anstalten fuͤr gewisse Klasse von Menschen nur vielleicht zu anlockend chen durfte. In einer derselben hat man eine Tretmih eingerichtet, in der Pferdeknochen zermalmt werden; l Arbeit von der man gefunden hat, daß sie der Gesun h der Gefangenen nicht nur nicht nachtheilig sondern ganz sonders zutraͤglich ist Die Nebenbanken der Bank'y England finden in den noͤrdlichen Grafschaften nirgend g fall. In Neweastle z. B. wird eine dergleichen Bank gar nicht benutzt, so wenig genießt sie der oͤffentlichen tung, was zum Theil manchen Maaßregeln derselben zu schreiben ist, die dem Publikum laͤstig werden. Findet unter andern bei Empfang einer Geldsumme einen Son rain der nicht vollwichtig ist, so schießt sie ihn nicht nur a sondern laͤßt ihn in 2 Stuͤcken zerhauen. In Leeds m das Recht der Bank zur Ausuͤbung einer solchen Maaßtg sehr lebhaft bestritten. Die politischen Meinungen in sen Gegenden sind in Folge der politischen Mißgriffe Regierung sehr neutralisirt worden und die Ansichten i die Angelegenheiten der Katholiken sind so aͤußerst versh den', daß man durchaus kein richtiges Resultat ziehen ka Die Katholiken selbst sind in angestrengter Bewegung an vielen Orten erheben sich schoͤne katholische Kirchen. Die Morning⸗-Chroniele aͤußert sich bei Gelegenheit) letzten Partheien⸗Kampfes in Portugal folgendermaaßen; Eine General-Liste der vor zwei Jahren zwischen Constitutionellen und den Rebellen von Ehaves, und zwischen den Miguelisten und Constitutionellen vorgefalle Gefechte, wurde sonderbar mit den „Schlachtberichten“! Vapoleon und dem Herzog von Wellington contrastin Die ganze Summe der Portugiesischen Verluste wuͤrde wahrscheinlich mit 5 oder 5 Getödteten und 1 oder Verwundeten aussprechen lassen. Man weiß wahrlich nit was man eigentlich in dieser neuen Art Krieg zu fuͤhn bewundern soll die Vorsicht der Ueberwundenen oder! Menschlichleit der Sieger. Anstatt die Entscheidung d Gluck und der Tapferkeit zu uͤberlassen, wie es sounst Fall zu seyn pflegt, richten die Portugiesen die Sachen voraus so ein aus welchen Bewegungsgruͤnden, wist

wir nicht daß die Ehre des Tages der einen oder!

andern Parthei zufällt. Einige abgefeuerte Kanonen, getoͤdteter kuͤhner und tapferer Cacadore, und einige verw dete Marodeure sind hinlaͤnglich, um Stoff zu einer gl zenden Depesche zu liefern; so wird weder die Trauer il eine Niederlage vergroͤßert, noch der Triumph uͤber eh Sieg durch die Thraͤnen von Wittwen und Waisen geschwiß Der siegende Feldherr weiß indessen immer ein gutes Bl tin abzufassen, und das Gefecht als recht bedeutend zu s dern. Wir erinnern uns, daß vor 2 Jahren die Eissaht Gazette eine lange Depesche von einem constitutionellen neral enthielt, der, nachdem er ein schreckliches Gemetzel!

schrieb, das mehrere Stunden angehalten, und dem Fein

2 Todte und wenigstens 20 Verwundete gekostet hatte, einmal seine Relation abbrach, um, wie er sagte, sich rasiren, wobei er aber versprach, das Uebrige mit dem nn sten Courier zu berichten.

Ueber die Zukunft, welche den Portugiesischen We Handel erwartet, spricht die Times folgendermaaßen: D Miguel ist vermuthlich in seiner politischen Erziehung m so wenig vorgeschritten, daß er nicht weiß, daß faͤst Halfte der Einkuͤnfte, durch welche seine Truppen beza und seine Lieblinge unterhalten werden, aus den Zoll-A1h—

ben fließt, und daß ohne Verkehr mit Großbritanien on

ohne Anlegung Britischen Capitals zum Austausch der Pe tugiesischen Waaren gegen Britische Fabricate, der Hand von welchem jene Abgaben erhoben werden, in Nichts sammensinken wuͤrde. Seine Mutter und seine Anhaͤng sprechen mit Wuth von Englands Handels-Bedruͤckungt aber welche andere Nation wuͤrde sich durch Fiscal-Regul tionen verbindlich machen, die Weine von Portugal lieber trinken als die Franzoͤsischen? Und wo wuͤrde das Erzeugm der Weinberge des Ober-Douro Absatz finden, wenn wi nach Gleichstellung der Abgaben, dahin kommen sollten, un des Portoweins zu begeben? Die Franzoͤsischen Weinbam haben neulich an die beiden Kammern eine Bittschrift erg hen lassen, in welcher sie sich beklagen, daß sie ihr Produ

nicht los werden koͤnnen. Diese Bittschrift war von 12,5

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undbesitzern und Pächtern von Wein-⸗Guͤtern unterzeichnet. wurde darin bemerkt, daß das Departement der Gironde R dessen Hauptstadt Bordeaux am Meisten durch das ocken des Wein⸗Handels litten, daß sie die bedeutende hl von 600,009 Pipen, oder das Erzeugniß von beinahe Fahren, zu einem Capital-Werthe von 3,099,909 Pfö. h vorraͤthig haͤtten, und daß, wenn die Regierung keine zaßregeln ausfindig machen koͤnne, um ihnen Erleichterung verschaffen, sie die Mittel zu ihrer Existenz verlieren und

Weinstoͤcke ausreißen mußten. Diese leidenden Par— sen bitten ihre Regierung um solche Aenderungen ihres rifs, durch welche die Fremden bewogen werden mochten,

Waaren fuͤr die Weine der Bittsteller auszutauschen. r ist eine Aussicht, vor welcher die Regierung von Lissa⸗ f, wenn sie nur einige Sachkenntniß desaͤße, zittern mußte. nicht aus politischen Ruͤcksichten und welche politische ckichten konnen uns an Dom Miguel fesseln? koͤnnen

keinen Vortheil dabei finden, fernerhin herben Port— in zu trinken, wenn wir guten Claret und Burgunder zu ingeren Preisen bekommen konnen. In der That hat die lt dies schon erkannt, und dem zufolge hat sich Porto's in-Handel in den letzten 20 bis 25 Jabren bedeutend mindert. Im Jahre 1803 betrug die Wein-Ausfuhr aus rto 55, 300 Pipen und bis 1812 uͤberstieg sie im Durch— itt jahrlich 40,909 Pipen, waͤhrend von 1518 ab die rchschnitts⸗Ausfuhr nur 22,000, ja 1826 nur 18,03 Pi— betrug.

Ein hiestges Blatt meldet; Ein Beispiel was der mensch— e Geist mit unermuͤdeter Ausdauer zu Stande bringen n, liefert ein jnnger Mann in Elgin (in Mittel⸗Schott⸗ d) der ein Werk in 18mo von beinahe 70 Seiten gedruckt Die dazu noͤthigen verschiedenen Gattungen von Typen ver⸗ igte er mit eigenen Haͤnden, wobei er sich nur eines Federmes⸗— ö bediente; auch die Druckerpresse ist sein Werk, so wie die ammensetzung der Schwaͤrze. Hiezu kommt noch, daß uch Verfasser und Corrector des Werkes ist, das er jetzt ruckt liefert, ohne von irgend Jemanden eine Anleitung abt, oder jemals eine Druckerei gesehen zu haben.

Deutschlan d.

Dres den, 2. August. Se. Koͤnigl. Hoh. der Prinz lhem von Preußen (Sohn Sr. Majestaͤt) trafen gestern end auf der Ruͤckreise von Teplitz hier ein, stiegen im Ho— zum goldenen Engel ab, und setzten heute fruͤh 6 Uhr Reise nach Potsdam weiter fort.

Aus Thuͤringen, 30. Juli. „Zum ruhmwuͤrdigen daͤchtnsiß des Großherzogs Karl August von Sachsen— imar-⸗Eisenach“ ist aus der Allg. Jenaer Literatur-Zeitung H kleine Schrift besonders abgedruckt worden, in welcher vielfach bewegte und fuͤr sein Land auch vielfach segens— he Leben des Verewigten mit gedraͤngten Worten, aber r anziehend und ergreifend geschildert wird. Es verdient ser Nachruhm eines Deutschen Fuͤrsten von Vielen gelesen werden, und er wird in Vielen freundliche Erinnerungen mit erlebte bedeutende Zeiten erwecken. Folgende Stellen aus moͤgen dies naͤher andeuten:

«„So trat denn“, heißt es unter Anderm, „der junge rst seinen schwierigen Beruf unter den guͤnstigsten Vorbe— stungen an, aber die noch großere Aufgabe setzte er sogleich selbst: in freier, allseitiger Ausbildung seine Krafte zu gern, und im Menschen den Fuͤrsten zu uͤberbieten. Sein

Freundschaft empfaͤngliches Herz oͤffnet sich einem hoch⸗ innten jungen Manne voll tiefen Gefuͤhls, den er auf er, noch vor dem Regierungs-Antritt gemachten Reise ch Paris (Dec. 1774) zu Frankfurt a. M. kennen gelernt, d dessen geniale Schriften ihn mit lebhafter Achtung er— t hatten. Gastlich ladet er ihn zu sich ein, und gewinnt d (7. November 1775) an ihm fuͤr's ganze Leben den uesten Diener und vertrautesten Freund, ja einen aus— eichneten Schmuck seiner Regierung, wie kein ande—

Land aufzuweisen vermag. Im Fortschritte eigen— mlichster Entwickelung erscheint ihm dem nach kuͤnf— er Selbststaͤndigkeit Ringenden ein freies Naturleben Ghoͤchstes Gut, koͤrperliche Abhaͤrtung als nothwendige Be— gung geistiger Starke und Wirksamkeit. Am eigenen Hofe d jeder fesselnde Zwang moͤglichst abgestreift; nur frische aft-Aeußerung soll gelten; nach allen Richtungen hin wird brscht, versucht, durchpruͤft; die Natur-Wissenschaften eif— ss verfolgt, der Industrie, dem Gewerbe allwaͤrts Bahn öffnen bestrebt; in jedes Unternehmen persoͤnliche Anstren⸗ ng gelegt; im Straßen- und Wasserbau die Elemente be— pft, Berg und Wald in kuͤhner Jagdlust durchstreift, in nkeln Schachten den verborgenen Schaͤtzen der Erde nach

spuͤrt, in heiteren Gartenschöpfungen freier Sinn und ein

er Geschmack auf's Anmuthigste geuͤbt und bethaͤtigt. Und

obschen gar manches rasche Streben mißlingt, gar manche zuversichtliche Erwartung bitter getäuscht wird: so fuͤhlt sich der thatlustige Sinn doch nirgends entmuthigt, der helle Blick sich nur immer maͤchtiger zum Reellen, Gemeinnützigen hingezogen. Jeder Gewinn an Einsicht und Erfahrung soll alsobald dem Ganzen frommen; wie dem Fuͤrsten selbst wohl wird, soll es Allen werden; der Buͤrger ungehemmt jede Gewerbs-⸗Thaͤtigkeit entwickeln, der Landmann frei zu besse⸗ ret Bewirthschaftung seines Eigenthums aufstreben, Suͤmpfe und Oeden ausgetrocknet und angebaut, Fabriken und Ma— nufakturen gegruͤndet und beguͤnstigt werden. Er verbessert und vereinfacht den Geschäftsgang der Justiz (1775 77), er— weitert die Fuͤrsorge fuͤr Unmuͤndige und Arme, schafft die Kirchenbuße ab, oͤffnet die dumpfen Mauern des Waisen— hauses (1784), und fuͤhrt die Zoͤglinge zu frischem Leben und Gedeihen in pflegende Famillenkreise ein. Herder wird fuͤr Kirche und Schule gewonnen, moͤglichst bald an ihre Spitze gestellt, der Unterricht veredelt und verbreitet, eigene Bil— dungs-Austalten fuͤr Land-Schullehrer gegruͤndet, ein freies Zeichnen-Institut gestiftet, Kunst und Gewerbe allseitig ge⸗ foͤrd ert.“ „„Aber mit dem Nuͤtzlichen geht auch das Schoͤne Hand in Hand, ruft auch in Kunst und Wissenschaft des Fuͤrsten großartige Pflege die hoͤchste Bluͤthe hervor. Unter Goͤthe's unmittelbarer Leitung wird das errichtete Hof-Theater zur Musterschule Denutscher dramatischen Kunst und freier natur— gemäßen Darstellungsweise; geistvolle Fremdlinge wandern gastlich zu Weimar und Jena ein, wo im freiesten Asyl sich junge Talente entfalten, oft zu ausgezeichneter Wirkfamkeit fuͤr fremde Laͤnder heranreifen. In diese Periode fallt der schoͤnste Flor der Landes-Universitaͤt Jena. Nicht Gold, nicht kuͤnstliche Mittel locken ihn hervor; es ist der aufmerksame, theilnehmende Blick des Fuͤrsten, der jedes ruͤhmliche Stre— ben belebt und steigert, der jeden edlen Aufschwung befluͤgelt; es ist die heitere, milde Atmosphaͤre der Geistesfreiheit und Duldung, die hier im engsten Raume Jeden sich so wohl fuuͤhlen laßt; und wie im großen Garten der Natur Blumen und Baume der verschiedensten Art sich uͤppig neben einan— der entfalten, so sieht man auch hier die verschiedensten ja mitunter sich abstoßenden Geister, ungestoͤrt, jeder in belie— biger Richtung, sich hervorthun, sicher und frei im Schirme des hochsinnigen Beschuͤtzers. Aus solcher Pflege gingen ein Griesbach, Paulus, Reinhold, Fichte, Schelling, ein Loder, Feuerbach, Thibaut, Schuͤtz, Tiek, die Hum boldte, Hufelande, Schlegel und so viele andere der bedeu— tendsten Namen Deutscher Literatur hervor; hier fand Schiller seine zweite Heimath, und in Karl August's Huld und warmer Theilnahme frischen Anreiz und hei— tere Muse zu seinen unsterblichen Meisterwerken. Der Welt— buͤrger Bode, der vielgewanderte Gore wählen Weimar zu ihrem liebsten Ruhepunkt; hier wird den edlen Fluͤchtlingen Montmoreney, Mounier, Camille Jordan, und so manchem Anderen, achtungsvoller Schutz im Sturme der Zeiten; die anmuthigste Gesell gkeit umschlingt den Hef, und Weimar wie das stille Thal von Tiefurt der Sommersitz der Herzogin Mutter wird zum gefeierten Wallfahrtsort fuͤr die edelsten Geister aller Länder und Nationen.“ „Mitten im Druck schwuͤler Zeiten“, heißt es später (1808 1812), „bewahrt der Herzog den freien Blick und ein ruhiges Gemuͤth, und setzt fortwaͤhrend eine wuͤrdige Haltung den oft uͤbermuͤthigen Anforderungen auswaͤrtiger Obermacht entgegen. Keine Besorgniß halt ihn ab, treuen Preußischen Kriegsgefaͤhrten Schutz und Heimath, edler Freimuͤthigkeit in Wort und Schrift Beifall und Ermun⸗ terung zu geben. So wird denn allerdings sein Verhaͤltniß zu dem Kaiser Napoleon immer bedenklicher, besonders als dieser sich mit ungeheuern Schaaren auf Rußland stuͤrzt (i812), und, selbst nach erlittenen schrecklichen Unfällen, zum zweiten Feldzug (April 1813) mit erneuter Heeresmacht in unseren Thaͤlern und an unsern Graͤnzen lagert, Mißtrauen und Groll gegen den Freisinnigsten der Deutschen Fuͤrsten im Herzen, und mit mancher gewaltthäͤtigen Maaßregel ihn bedrohend. Doch uͤber ihn wacht die Vorsehung; nach der Voͤlkerschlacht von Leipzig (Oct. 1813) entgeht er und sein Land der hoͤchsten Gefahr wie durch ein Wunder. Hoch schlaͤgt ihm das Herz, als er die siegreichen Monarchen als Retter Deutschlands in Weimar begruͤßt; alsobald schließt er sich dem großen Bunde mit jugendlichem Muthe an, zieht an der Spitze des dritten Armee-Corps, dem seine eigenen Tapfern und alle Sächsischen Schaaren eingereihet sind (1814), in die Niederlande, und widmet sich dort mit umsichtigstem Eifer der ihm gewordenen schwierigen Aufgabe. Kaum ist Paris erobert, so eilt er in diese Hauptstadt, sich viel— fach geistigen Gewinn in Kunst und Wissenschaft anzueig