1829 / 116 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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diger Vater von meiner Kindheit an gegeben hat, und der Eid der Treue, den ich meinem Kaiser vor dem Altar des Allwissenden geschworen habe, staͤrken mich zu diesem meinen Schritte. Morgen, wenn ich die letzte Pflicht des Christen werde erfuͤllt haben, betrete ich meine neue Wohnung. Allguͤtige VBorsicht, lautere und erleuchte meinen Geist zum Wohl der leidenden Menschheit! Dmitrji Sokolow.

Festung Hirsowa, den 19. Jan. 1829.

O dessa, 8. April. Am letzten Sonntage ward die hie⸗

sige Gefaͤngniß⸗Kirche im Beiseyn des General-Gouverneurs und seiner Gemahlin, des Civil-Gouverneurs und einer gro— ßen Zahl hiesiger Bewohner feierlich eingeweiht.

Seit dem Aten d. M. sind hier 3 Schiffe von Varna und 1 Schiff von Sisopolis mit Ballast eingelaufen.

Am 4ten d. M. langte im hiesigen Hafen, von Varna aus, der Harem Jussuf⸗Pascha's an. Er besteht mit Inbe— griff der Dienstboten beiderlei Geschlechts aus 15 Personen.

Am Sonntag Nachmittag gab ein Herr Knote dem Publikum das Schauspiel eines Schnelllaufes; er legte einen Raum von 14 Wersten in 44 Minuten zuruͤck, obgleich er A9 dazu bestimmt hatte, und schien nicht angegriffen zu seyn.

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Pairs-Kammer. Sitzung vom 18. April. Der Iĩste Artikel des Militair-Strafgesetzbuches, welcher in der letzten Sitzung aufs Neue an die Commission verwiesen wor— den war, wurde nach einer interessanten Discussion, an wel— cher der Berichterstatter Graf von Ambrugeaxs, der Her—

zog von Dalmatien, der Graf von Pont écoulant

und die Minister des Krieges und des oͤffentlichen Unterrichts Theil nahmen, angenommen. Ein Amendement, das der Graf von Rougs bei dem 2ten Artikel in Antrag gebracht hatte, gab Anlaß zu einer nochmaligen Ueberweisung dieses Artikels an die Commission. Die Artikel 3 und waren bereits in der vorigen Sitzung angenommen worden. Der 5te Artikel fuͤhrte eine Discussion herbei, in deren Laufe sich die Herzoͤge Decazes und von Broglie, so wie zwei Koͤnigl. Commissarien, die Herren Jacquinot de Pam— pelune und v. Salvandy, vernehmen ließen. Nachdem auch dieser Artikel nochmals der Commission zugestellt worden, wurde die Fortsetzung der Berathung auf den 20sten verlegt. Aeußerlich vernimmt man uͤber diese Sitzung Folgendes: Der General von Ambrugeac soll im Namen der Com— mission dgrauf angetragen haben, die Eisenstrafe mit der Kugel bei Verbrechen beizubehalten, der Marschall Soult dagegen bei seinem Vorschlage, diese Strafe gaͤnzlich abzu— schaffen, beharrt haben, und dabei von dem Grafen von Pont sécoulant unterstuͤtzt worden seyn. Nach einigen Bemerkungen des Grafen von Caux und des Herrn von Vatimesnil wurde indessen der gedachte Vorschlag ver— worfen, und der 1ste Artikel in der von dem Berichterstatter in Antrag gebrachten Art angenommen. Das oben erwaͤhnte Amendement des Grafen von Rougé, welches eine abermalige Ueberweisung des 2ten Artikels an die Commission veran— laßte, besteht darin, daß fuͤr die Officiere statt der Kugel— Strafe die Festungs-Strafe verlangt wird. Der hte Artikel, welcher von der Zwangs-Arbeit und der Reclusion, so wie von den Folgen dieser Strafen in staatsbuͤrgerlicher Hinsicht han⸗ delt, gab dem Herzog Decazes Gelegenheit, seine Verwun— derung daruͤber zu äußern, daß, nachdem die Regierung be— reits den Pranger und das Brandmarken aus dem Mili— tair⸗Straf⸗Gesetzbuche entfernt habe, sie auf so schoͤnem Wege stehen bleiben, und den im peinlichen Codex festgesetzten buͤrgerlichen Tod eine Strafe, die mit den Sitten und mit den Grundsaͤtzen einer gesunden Moral voͤllig im Wi— derspruch stehe beibehalten wolle. Der Herzog v. Broglie soll den Ansichten des eben erwahnten Redners beigetreten seyn, die beiden Königl. Commißsfarien sich denselben aber mit dem Bemerken widersetzt haben, daß das Militair-Ge— setzbuch sich hinsichtlich der von dem gemeinen Rechte ent— lehnten Strafen jedweder Neuerung habe enthalten muͤssen, weil es sonst leicht das Ansehen hätte gewinnen konnen, als ob man ein Privilegium zu Gunsten der Militairs ein fuͤhren wolle. Nach einer hoͤchst eloquenten improvisirten Rede des Herzogs Decazes wurde, wie oben erwaͤhnt, der fte Artikel nochmals der Commission uͤberwiesen. Deputirten-Kammer. In der Sitzung vom 18. April wurde uͤber verschiedene bei der Kammer einge— gangene Bittschriften Bericht abgestattet. Die wichtigsten darunter, 72 an der Zahl, ruͤhrten von etwa 60,000 Wein— bauern und Weinhaͤndlern aus allen Provinzen her, worun— ter allein 19, 000 aus dem Departement der Gironde. Hr. Daunant, welcher diesen Gegenstand zum Vortrag brachte,

Seit einigen Jahren schon, sagen. die Bittsteller, 3

druͤckte sich im Wesentlichen in folgender Art aus: Bittstelle messen den niedrigen Preis der Weine un Mangel an Absatz derselben, einer allzu hohen Be steuen ü dieses Artikels bei, und verlangen daher eine Herabse der Abgaben; einige von ihnen klagen auch uͤber h nahme der Ausfuhr. Die Commission hat saͤmmtliche tionen, die sich leider alle nur zu ähnlich sehen, in eh Bericht zusammen gefaßt; sie sind fast aus allen ron

des Reiches eingegangen, und alle enthalten dieselben Kl; Wein- und Brandtweinhandel in steter Abnahme begin waͤhrend die Wein-Erndte in gleichem Maaße zugenz hat. Der Preis des Weines ist zwar nicht überall den doch laßt sich im Allgemeinen annehmen, daß er so zig auf allen Punkten des Reiches in gleichem Maaße gess ist. Es giebt Weine, wovon das Hectoliter 685 Ben Quart) kaum 4 Franken etwa 32 Silbergroschen) kostet, un nige, mit Ausnahme einiger vorzuͤglichen Gegenden, wo ffn Hectoliter mehr wie g bis 10 Fr. gezahlt wird. Einigen g schriften ist eine detaillirte Uebersicht der Pflanzungs⸗, Kung Fabrikations- und Erhaltungs⸗Kosten beigefügt; und wenn g man annehmen kann, daß in diesen Gemaͤlden die Farben unter zu stark aufgetragen sind, so laͤßt sich doch nit Abrede stellen, daß an manchen Orten die Kosten des baues gar nicht mehr, an anderen nur schwach, und sch den gesegnetesten Gegenden nur so gedeckt werden, d Gewinn fuͤr die Subsistenz des Pflanzers nur mit! ausreicht. Namentlich werden, nach Ausweis mehren uns vorliegenden Bittschriften, schon seit einigen Jahlt alle Weinberge im westlichen und mittaͤgigen Frankreih mit Schaden bebaut. Den Weinbauern im 5sten um Centrum geht es im Allgemeinen nicht besser, doch gith einige Departements, namentlich das der Saone und i wo der Weinstock noch 13 pCt. vom Kapitale abwirft. auch dieser schwache Gewinn wird zu einem Verluste, sin die Aerndten keinen Absatz finden. Als einen Beweis) Behauptung fuͤhren die Weinbauer des Gironde⸗-Den ments den Ertrag eines der Pairs-Kammer zugehoͤrigen mit Wein bebauten Grundstuͤcks an, das, auf 12000 abgeschatzt, einen jahrlichen Verlust von 7067 Fr. darh! wobei der Verlust der Zinsen vom Kapitale noch nicht mal mitgerechnet ist. Gleichwie die Weinpreise abne sinkt aber auch der Werth des Eigenthums. Viele! berge finden gar keine Kaͤufer mehr, weshalb auch an! chen Orten schon der Weinstock ausgerottet wird. Am! sten leidet hier ohne Zweifel das große Eigenthum, da Bewirthschaftung desselben verhältnißmaͤßig bedeutendere Kof nach sich zieht, als die des kleinen, das der Landmann selbst beby und dies ist um so beklagenswerther, als der große Eigenthmg allein der Kultur, der Fabrikation und der Erhaltung Weines diejenige Sorgfalt widmen kann, die zur Veredth desselben nöthig ist. Mehrere der eingegangenen Bittst ten sind von bloßen Winzern unterzeichnet, welche, Versicherung nach, im Begriffe stehen, an dem Nothwtz sten Mangel zu leiden. Was nun die Ursachen! Uebelstandes betrifft, so laͤugnen die Bittsteller zwar daß die Kultur des Weinstocks seit dem Jahre 1789! 66 tend zugenommen hat; doch behaupten sie, diese Zum eit sey nicht von der Art, daß es unmoͤglich sey, den Ert consumiren. In der That waren bis zum Jahre] 1,200,000 Hectaren Landes mit dem Weinstock bepf und in der vorjäͤhrigen Sitzung hat Herr Carl Dups rechnet, daß seit jener Zeit bis zum Jahre 1824 der! bau nur um 7pCt, zugenommen hat, wahrend die rung um gpCt. geiwachsen ist.“ Nachdem der Berich ter dasjenige angefuͤhrt hatte, was die Bittsteller 4 Einwand erwiedern, daß die letzten drei Erndten zu 1 in der Quantitaͤt und zu schlecht in der Qualitat ausg ! seyen, untersuchte derselbe die verschiedenen auf den Wh lastenden Abgaben. Diese Abgaben, mit Einschluß dertt! dem Aepfel- und Birnen-Wein, die indessen nur sehr heblich sind, bringen dem Schatze jahrlich etwa 1600 M nen Franken ein, wovon ein Fuͤnftheil durch die Erhebü kosten absorbirt wird. Hierzu koͤmmt noch die Thet⸗ eise. Da naͤmlich die Staͤdte, nach dem Beispülele! Regierung, dafuͤr halten, daß Wein und Brandtwein steuerbarsten Gegenstaͤnde sind, so haben sie die Abgabe ; diesen Artikeln zu ihrem Haupt-Einkommen gemacht, so⸗ die Accise, wenn gleich in der Regel geringer als die . gabe fuͤr die Regierung, dieser doch oftmals gleich . sa sie zuweilen, dem Gesetze zum Trotze, uͤber steigt, 9 ö z. B. Lille jedes Hectoliter Wein mit einer Thor . von 14 Fr. belegt und dadurch den Genuß dieses gisn kes zum Vortheile eines andern, das in dieser Stadt lan