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Spanien.
Nach Privat-Nachrichten aus Madrid vom 28. Jan. (in Parlser Blättern) war von einer neuen Ankeihe von 60 Millionen Realen die Rede, welche Herr Arrieta negocliren und die innerhalb 190 Jahren aus dem Koͤnigl. Schatze der Insel Cuba getilgt werden soll. — Die Leiche des Sieilianischen Ministers, Herrn von Medici, wird nach dem Wunsche des Verstorbenen einbalsamirt und nach Neapel zuruͤckgebracht werden; er war 73 Jahr alt und ist ohne Testament gestor— ben. — Graf Espana ist noch immer in Madrid; einem Ge⸗ ruͤchte zufolge wäre es moͤglich, daß er Kriegs⸗Minister wuͤrde. Nachdem die Witterung gelinder geworden, war auf's Neue Kaͤlte und starker Schnee eingetreten, weshalb die Posten aus Portugal und Frankreich ausgeblieben waren.
Vereinigte Staaten von Nord-Amerika.
New⸗Hork, 9g. Jan. Unsere Blaͤtter enthalten den Jahresbericht des Staats⸗Secretairs der Marine; demselben zufolge hat die Regierung von dem im Mittellaͤndischen Meere stationirten Geschwader das Linienschiff „Delaware“ von 74 Kanonen zuruͤckberufen, weil sie gefunden, daß diese Station keiner Schiffe ersten Ranges beduͤrfe und der dortige Denst mit Fregatten und kleineren Fahrzeugen versehen werden koͤnne. Es ist zu bedauern, daß bei diesem Geschwader unter den Offizieren mehrere Insubordingt ons-Faͤlle stattgefunden und zu mehr eder minder strengen Strafen Veranlassung ge— geben hatten. Da die neuliche Spanische Invasion auf der Mexikanischen Kuͤste Beeintraͤchtigungen unseres Handels be— fuͤrchten ließ, so wurden zwei Kriegsschiffe zum Schutze des— selben dahin gesendet, die sich auch als sehr nuͤtzlich bewaͤhrt haben. Unser an den Kuͤsten von Brasilien und Buenos⸗ Ayres kreuzendes Geschwader hat sich gleichfalls als sehr vor— theilhaft fuͤr unsere Handels-Interessen erwiesen. Obgleich
egenwaͤrtig zwischen den genannten beiden Stagten Friede . so sind doch, nach Inhalt des fraglichen Berichtes, noch immer viele Gruͤnde vorhanden, unsere Seemacht in jenen Gewaͤssern unveraͤndert beizubehalten. Im Stillen Meere kreuzen eine Fregatte, eine Schaluppe und ein Schoo— ner. — In Beziehung auf die 9g an verschiedenen Orten belegenen Werfte der Flotte, deren Unterhalt dem Staate jaͤhrlich gegen 300,009 Dollars kostet, schlaͤgt der Berichter— statter eine Verminderung und Centralisirung derselben vor; dann spricht er von Anlegung ven Depot-Plaͤtzen am Mexi⸗ kanischen Meerbusen, zu welchem Behuf bereits ernstliche Anstalten getroffen waͤren, demnaͤchst aber zieht er die an den suͤdlichen Kuͤsten der Vereinigten Staaten auf den oöffentli— chen Laͤndereien befindlichen Eichenwaͤlder in Betracht und klagt bei dieser Gelegenheit uber die haͤufigen Raͤubereien, die in diesen fuͤr die Flotte so kostbaren Waͤldern begangen werden, indem er zugleich dem Kongreß dringend anempfiehlt, zu de⸗ ren Verhinderung kraͤftige Magßregeln zu treffen. — Die An— wendung von baumwollenen Seegeln in der Flotte hatte sich nach den bisherigen Versuchen als sehr zweckmaͤßig ausgewie— sen, und man beabsichtigte, gleichfalls Versuche mit baumwol— lenem Tauwerk zu machen, so wie mit Tauwerk aus Ameri— kanischem Hanf, um, wie der Bericht sagt, sich von aller fremden Einfuhr dieses fuͤr die Marine so wesentlichen Ar—
tikels unabhaͤngig zu 8 Nach einigen tadelnden Be⸗
merkungen uber die Einrichtungen, die sich auf die Rang⸗Verhaͤltnisse und Gehalte der Offiziere beziehen, und nachdem er hinsichtlich derselben Verbesserungs⸗Vor⸗ schläge gethan hat, macht der Berichterstatter auf den Mangel an Schulen fuͤr junge Marine⸗Offiziere aufmerksam und empfiehlt die Errichtung derselben als eine Maaßregel von groͤßter Wichtigkett. Gegen den Schluß des Berichtes wird der in Afrika angelegten Kolonie Liberia kurz erwaͤhnt und der Umstand angefuͤhrt, daß der dortige Agent eine Summe Geldes von der Regierung der Vereinigten Staaten begehrt haͤtte, um Waffen und Kriegsvorrath zur Vertheidi⸗ ung der Kolonisten gegen Angriffe feindlicher Stämme zu ö . was ihm aber aus dem Grunde abgeschlagen wurde, weil kein Gesetz besteht, das die Regierung zu dergleichen Zahlungen autorisirt. Auch dieser Gegenstand wird der Be— ruͤcksichtigung des Kongresses empfehlen. Der Bericht schließt 6 . Verbesserungsvorschlaͤgen fuͤr gewisse speeielle zienstverhaͤltnisse. 45 1 Ueber die 4. von Pennsylvanien heißt es in der Philad 26 Zeitung: „Die gegenwärtig fundirte und unfundirte Schuld des Staates Pennsyloanien beträͤgt ungefähr 10 Millionen Dellars, sür welche etwa eine halbe Mil⸗ lion Zinsen zu zahlen 6 Die jaͤhrliche Einnahme beläuft
auf Sag, 0g und die Ausgabe auf 300, 0)0 Doll. Die
chon betrachtliche Schuld soll ö diesem Jahre noch um 2 bis
3 Millionen, und, zur Bezahlung aller Zinsen, die jaͤhr liche Einnahme um 3 bis 400,900 Doll. vermehrt werden, zu wel— chem Behuf man die noͤthigen Summen durch allerlei feine Kunstgriffe herbeizuschaffen gedenkt. — Die Universitaͤt von Pensylvanien ist, unseres Erachtens nach, die am reichsten dotirte Anstalt dieser Art in den Vereinigten Staaten. Außer
ihren ausgedehnten Gebäuden, ihren Apparaten verschiedener
Art und ihrer Bibliothek, hat sie (oder vielmehr hatte sie, ehe sie ihre neuen Bauten ausfuͤhrte) ein jaͤhrliches Einkom— men von 12 bis 15000 Doll., in liegenden Gruͤnden, Obli— gationen u. . w. Sie jst uͤberdem in Besitz von Landercien, die, wenn sie es noch nicht sind, sehr eintraͤglich werden koͤnnten. Eine Einnahme von 15,060 Doll. ist hinreichend, um 15 geschickte Professoren aller Faͤcher zu salariren und mit solchen Kraͤften muͤßte die Universitaͤt sich zum ersten Range erheben können, wozu, wie wir hoffen, die Kuratoren derselben alles Moͤgliche beitragen werden. — Von der Nei— gung zum Geldverschwenden giebt die vorgebliche Absicht der Regierung einen neuen Beweis, zur Verschönerung der Stadt Philadelphia eine Menge Haͤuser, worunter auch die Bank und eine ganze Straße, niederreißen zu lassen. Welche Weh— klagen wuͤrde man in allen Zeitungen erheben, wenn eine solche Anzahl von Gebaͤuden durch eine Feuersbrunst nieder⸗
gebrannt wurde.“
Nach Briefen von unserem Gesandten in Columbien,
Herrn Moore, hat die dortige Regierung einen Theil der von mehreren Nordamerikanern gemachten Privatforderungen als guͤltig anerkannt, so daß der Gesandte die beste Hoff— nung hatte, die noch uͤbrigen Forderungen gleichfalls zur Zu— . der dabei Betheiligten in kurzer Zeit abgemacht u sehen. . Ein Offizier der Armee der Vereinigten Staaten hat, dem Vernehmen nach, den groͤßten Theil der Bibel in die Sprache eines Indianischen Stammes (der Chippeways) uͤbersetzt. Die Genesis soll durch ihre auffallende Aehnlichkeit mit den eige— nen Traditionen der Indianer großes Interesse bei denselben erregt haben. ö
Als ein sonderbares Zusammentreffen fuͤhrt die hiesige Abenbpost den Umstand an, daß am ersten Weihnachtstage 1824, um 7 Uhr Morgens, das Fahrenheitsche Thermometer im Schatten auf 337, und um 2 Uhr Nachmittags auf 669, bei suͤdwestlichem Winde stand, und am ersten Weihnachts tage des verflossenen Jahres bei dem naͤmlichen Winde in den naͤmlichen Stunden eben dieselben Grade zeigte. Der einzige in der Witterung bemerkte Unterschied hat darin be— standen, daß am letzten Weihnachtstage der Himmel Vormit—
tags etwas bewoͤlkter gewesen ist. Beide Beobachtungen wa⸗
ren an Thermometern gemacht worden, die in freien Garten hingen.
Inland.
Berlin, 15. Febr. Seit Errichtung der Stadtpost in hiesiger Residenz, am 1. Dez. 1827, ist die Benutzung dieser Anstalt imẽmer im Zunehmen gewesen. Es sind durch die Stadtpost bestellt worden:
1) Briefe aus der Stadt fuͤr die Stadt: 1828. 1829. 230,985 St. 320,532 St., folglich mehr 89, 597 St. ] 2) weitergehende, bei den Brief⸗Sammlungen auf— gegebene Briefe: 1828. 1829. 60,596 St. 72,701 St., folglich mehr 12, 105 St. 1 1 . 1 1 291,586 St. 393,283 St., im Ganzen mehr pr. 1829 101,702 St. Briese, . oder ungefaͤhr 4 tel. :
Diese Zunahme beweist, daß die Stadtpost, welche als ein Bedürfniß fuͤr hiesige Residenz bereits allgemein aner— kannt worden ist, ihre Nuͤtzlichkeit und Zuverlaͤssigkeit in den Augen des Publikums immer mehr bewahrt. Vom 1. April e. an wird diese Anstalt durch eine wesentliche Verbesserung sich den hiesigen Korrespondenten noch mehr empfehlen, in— dem alsdann, statt der jetzt 5maligen, eine taͤglich 6malige Einsammlung und Austragung der bei den Brief⸗Sammlun⸗
gen aufgegebenen Briefe stattfinden wird. Dadurch wird es
moͤglich, diejenigen Briefe, welche des Abends nach 7 Uhr aufgegeben werden, schon am naͤchsten Morgen bis 9 Uhr u gef ben, wahrend bei der jetzigen Einrichtung die Bestel⸗ * derselben nicht fruͤher, als zwischen g und 12 Uhr Vor— mittags bewirkt werden kann. ,,, Von dem gesammten Korrespondenz⸗Verkehr hiesiger Re⸗
sidenz geben folgende Notizen eine Uebersicht.
amn Jahre 1829 sind durch die Brieftraͤger bestellt worden:
1) mit den Posten angekommene gewoͤhnliche Briefe ;
2) Geldscheine und Packet⸗Adressen
3) Stadtbriefe 56
715,963 Stuͤck 186, 985606 320,58 Haupt Summa 1,216,595 Stuͤck
Die Bestellung dieser Korrespondenz wird durch 46 Brief— traͤger und 15 Boten taͤglich 5mal, und vom 1. April c. an Gmal in Zwischenraͤumen von 2 und 3 Stunden bewirkt. Die Boten besorgen das Zutragen der Briefe von den 66 in der Stadt vertheilten Brief- Sammlungen nach der im Postgebaͤude befindlichen Stadtpost⸗Expedition „und von die— ser an die in ihren Revieren beschaͤftigten Brieftraͤger.
Diejenige weiter hergekommene Korrespondenz, welche nicht durch die Brieftraͤger bestellt, sondern von der Post abgeholt wird, kommt dem Umfange der durch die Brieftraͤ— ger besorgten Korrespondenz mindestens gleich, daher die Ge— sammtzahl der aus den Provinzen und vom Auslande in Berlin eingegangenen Briefe sich pr. 1829 auf circa 2 Mil— lionen Stuͤck belaͤuft. .
— Die Oppelner Domainen⸗Amts⸗-Gemeinde Sackrau, welche bisher die Schule des von ihr sehr entlegenen Domainen⸗Amts-Dorfs Goslawitz mit benutzte, hat nun— mehr eine eigene Schulanstalt errichtet und zu diesem Behuf ein eigenes massives Schulhaus aufgefuͤhrt, wozu das Koͤnigl. Finanz-Ministerium das benoͤthigte Holz aus den Koͤnigl. Forsten bewilligt hat. Diese neue Schulanstalt ist am 1sten v. M. feierlich eingeweiht und zugleich der dabei angestellte Lehrer in sein Amt eingewiesen worden.
— Die Neißer Kreis-Versammlung hat zur Unterhal—
tung der Gewerbschule in Neiße einen jaͤhrlichen Beitrag von 160 Rthlr. fuͤr die 3 Jahre 1829 bis 1831 bewilliget.
— Aus Deuz wird unterm 11ten d. M. gemeldet: Die Eisdecke des Rheins, welche sich am 1sten d. M. bei hiesiger Stadt festgestellt hatte, und uͤber die zeither Tausende von Menschen, auch noch gestern Abend deren mehrere gegangen sind, hat sich nach dem seit einigen Tagen eingetretenen Thau— wetter bei einer Wasserhoͤhe von 143 Fuß in Bewegung ge— setzt, wodurch wir einer großen uns drohenden Gefahr gluͤck— lich entgangen sind. Der Rhein treibt seitdem größe Eis— massen und ist dergestalt damit angefuͤllt, daß alle Eommu—
nication mit Koͤln zugleich abgeschnitten ist. Das settene
Schauspiel der schnellen Fortwaͤlzung der Eisschichten lockt viele Zuschauer an beide Ufer, und die aͤltesten Menschen wissen sich nicht zu erinnern, daß so große Eismassen ohne Ueberschwemmung abgegangen waäͤren. Gegenwaͤrtig, kurz vor Abgang der Post, (33 Uhr Nachmittags) ist die Rheinhoͤhe nur 20 Fuß. Viele zersplitterte Masten, Kaͤhne und groͤßere Schiffe, welche das Eis mit sich fortreißt, zeigen uns, daß
auch das Oberrhein⸗ und Mosel-Eis bereits in Bewegun h * 9,
und theils hier vorbeipassirt ist. Wir duͤrften daher der Wiederherstellung der stehenden Schiffbruͤcke uns bald wieder zu erfreuen haben.
Die Franzoͤsische Gesetzsammlung.
Wer die lange Reihe dicker Bände betrachtet, welche (des Fruͤhern nicht zu gedenken) die Franzoͤsische Gesetzsamm— lung seit 1814 anfuͤllt, wird entweder uͤber die prets wuͤrdige Thaͤtigkeit und rasche Entwickelung erstaunen, oder (nach einem alten Ausspruche) befuͤrchten, die Ueberzahl der Gesetze erweise einen kranken Zustand des Staates. Beides wäre indessen irrig: denn eine naͤhere Untersuchung zeigt zuvoͤrderst, daß die eigentlichen Gesetze in dem Bulletin des lois einen außerordentlich geringen Raum einnehmen und weit unbedeu— tender sind, als man anfangs zu glauben geneigt ist. Meist enthalten die Bände nur Ertheilungen des Buͤrgerrechts,
Verleihung von Patenten, Anstellung von Beamten, Erlaub—
niß zu Stiftung von Majoraten, zur Annahme von Ver—
möächtnissen, zur Anlegung von Schlachthäͤusern, Straßen,
Kanälen, zur Gruͤndung von Kloͤstern, Erhebung von Kom— munalsteuern oder Anleihen u. dgl. mehr. .
Obgleich nun alle die genannten def, r gin nur einzelne Personen oder Gegenstaͤnde betreffen, so bieten sie doch Stoff zu mancherlei Bemerkungen; so z. B. daß viele Dinge an den Koͤnig von Frankreich kommen und unmittelbar von 23 entschieden werden, welche anderwaͤrts gutentheils den Be— hörden zugewiesen sind; und daß umgekehrt andere Verfuͤ, gungen den Kammern , ,. wurden, welche, nach . Begriffen, den Charakter allgemeiner Gesetze an
tragen. . 63
Schon aus jenen das Einzelne betreffenden Vors qristen]
335 ergiebt sich ferner die Stimmung und Richtung, welche in
Frankreich vorherrscht, so wie der Charakter der Ministerien. Wenigstens bieten Thatsachen, der Gesetzsammlung entnom⸗ men, nicht selten einen bessern Anhalt, als die wechselseitigen, oft uͤbertriebenen Anklagen der Tagesbläͤtter. So sind (wir wollen einige Beispiele ausheben und jedem uͤberlassen, Ur⸗ theile daran anzuknuͤpfen) in den erften sechs Monaten des Jahres 1825 unter dem Martignaeschen Ministerium vom Koͤnige bestaäͤtigt worden 32 Kloͤster und geistliche Ge⸗ nossenschaften von Weibern; in den ersten sechs Monaten des Jahrss 1827 unter Villele und Frayssinous 176; binnen Jahresfrist zusammen also 208. In der zweiten Haͤlfte des Ichres 1825 wurden vom Könige genehmigt 6 Vermaͤchtnisse an Schulen, 8f an Gemeinen, 145 an Kloͤster, 647 an Kir⸗ chen. Eben so laͤßt sich der weitlaͤuftige Streit uber Zahlen oder Verweigern nicht bewilligter Abgaben am Besten aus dem letzten Absatze des, von den Kammern und dem Koͤnige bestaͤtigten, Finanzgesetzes fuͤr 1829 entscheiden. Es heißt da— selbst wortlich: Alle direkten oder indirekten Steuern, welche dieses Gesetz nicht bewilligt, sind feierlichst verboten, unter welchem Namen oder Titel man sie auch erheben moͤge. Alle Behoͤrden, die sie ausschreiben, alle Beamten, welche die Steuerrollen fertigen, oder die Erhebung ubernehmen wurden, sollen gerichtlich als Bedruͤcker (concussionnaires) in An- spruch genommen und bestraft werden.
Die Rechtsfrage: ob man nicht bewilligte Steuern 3u
bezahlen verbunden sey, ist dadurch klar und deutlich verneint.
Hinsichtlich der in dieser Beziehung eingeleiteten Verbindun— gen bleibt also nur zu untersuchen, o genuͤgende Gruͤnde vorhanden sind eine ungerechte Maaßregel zu vermuthen und ihr vorbeugend entgegen zu treten; oder ob diese Vermuthung unbegruͤndet ist, und die deshalb ergriffene Maaßregel eine ungebuͤhrliche Beleidigung der Regierung in sich 9
Wissenschaftliche Nachrichten.
Schluß des (geern abgebrochenen) achtzehnten Briefes des jüͤn gern Herrn Champollion. Hier findet nun eine Ceremonie statt, uͤber deren Natur
man sich sehr getäͤuscht hat. Zwei dem Ammon-Horus ge—
weihte heilige Fahnen erheben sich auf zwei Altären; zwei
Priester, durch ihr geschorenes Haupt und durch die neben
ihnen stehende Inschrift als solche bezeichnet, wenden sich
nach dem bei der Feierlichkeit den Vorsitz fuͤhrenden Ober⸗ priester hin, um dessen Befehle zu vernehmen. Letzterer haͤlt zum Zeichen seines hohen Amtes, den Scepter, pat genannt, in der Hand; ein dritter Priester laßt vier Vogel los, welche in die Lufte davon fliegen. Man hat hierin ein Menschen— opfer sehen wollen, indem man den Scepter des Priesters uͤr ein Messer, die beiden Priester fuͤr zwei Schlachtopfer und die Voͤgel fuͤr das Sinnbild der Seelen hielt, die aus dem Koͤrper der beiden Ungluͤcklichen entfliehen. Eine In⸗ schrift aber, die vor dem der Ceremonie beiwohnenden Hie⸗ roglyphenschreiber eingegraben ist, beweist vollstaͤndig das Un⸗ schuldige dieser Scene und macht uns mit dem wahren Zweck derselben bekannt; sie lautet: „Der Vorsitzer des Festes hat gesagt: „Gebt die Freiheit den vier Gaͤnsen Amset, Sis,
Sumauts, Kebhsniv; wendet euch nach Süd, Nord, West,
Ost, sagt den Göttern des Suͤden, Norden, Westen und
Osten, daß Horus, der Sohn der Isis und des Osiris, sich mit
dem Pschent geschmuͤckt hat, daß König Rhamses sich mit dem
Pschent geschmuͤckt hat.“ Offenbar stellen die vier Voͤgel die
vier Kinder des Osiris, Amset, Sis u. s. f. vor und man bittet
sie, als die Genien der vier Weltgegenden, der ganzen Welt zu verkuͤnden, daß Koͤnig Rhamses-Meiamün, nach dem Bei⸗ spiele des Horus, sich die Krone als Zeichen der Herrschaft über die oberen und unteren Regionen aufs Haihpt gesetzt habe; diese Krone hieß Pschent. 2 dem letzten Theile des
Basreliefs dankt der König mit dem Pschent auf dem Haupte
dem Gotte in seinem Tempel, schneidet mit einer goldenen
Sichel eine Garbe Korn ab und nimmt dann 67 ein llen in
Trankepfer vom Gotte Abschied. Neun Vildsaͤulen stellen in chronologischer Ordnung die Vorfahren Rhamses-Meiamuns
vor, der, wie Rhamses der Große (Sesostris), seine Regie—
rung durch große Kriegsthaten bezeichnete, weshalb die Grie— ssschen Geschichtschreiber beide in eine Person zusammenge⸗ schmolzen haben. In der öͤstlichen und suͤdlichen Gallerie ist ein zweites oͤffentliches Fest dargestellt, das . Ehren seines Vaters des Gortes Sochar⸗Hsiris am Asten Tage des Hathor feierte. Die Zahl der Basreliefs in den
vier Gallekieen ist ungehener; die 16 Pfeiser in der zstlichen