1830 / 74 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 16 Mar 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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an Mannschaft bewilligte. Ueberhaupt hat bei dieser oͤffentli⸗ chen Noth sich die hiesige Garnison und insbesondere die Pioniers, sowohl im Augenblicke der Gefahr als nachher, durch zuvorkommende Hülfe, Aastrengung und ordnungsvolle Thaͤtigkeit die Dankbarkeit der Einwohner erworben und ugleich die dargebotene Gratifieation zur Unterstuͤtzung der Ker b ln ten angewiesen. Wie groß der Schaden der Ein— wohner und besonders der Schiffer sey, ist noch nicht ermit— telt. Wenn schon der Leinepfad sehr gelitten hat, so ist doch nach den bisherigen Ermittelungen die vollendete Strecke der laͤngs der Mosel von den Gemeinden neu angelegten so hoͤchst nöthigen und nuͤtzlichen Communications-Straße, deren Ausfuͤhrung man wesentlich den gemeinnuͤtzigen Bestrebungen des Regierungs-Praͤsidiums zu verdanken hat, ziemlich un— ver sehrt geblieben. Waͤhrend der Gefahren dieser Kalamitaͤten, die jedoch noch nicht im Verhaͤltnisse zu dem Ungluͤcke stehen, welch es saͤmmtliche Umstaͤnde befürchten ließen, haben sich manche Zuͤge von Muth, Geistesgegenwart und menschenliebender Hingebung Unter die ausgezeichnetsten gehoͤrt die Handlung des Johann Breidbach, Einwohners von Lay. Als die groͤßte Gefahr in diesem Dorfe war, befand sich dieser bei Un— gluͤcksfaͤllen immer zur Huͤlfe bereite, redliche Mann, der als Familien⸗Vater jeine Frau und 5 Kinder muͤhsam zu er— naͤhren hat, selbst in der finstern Nacht, immer an den ge— faͤhrlichsten Stellen mit seinem Nachen, nicht achtend den drohenden Tod, sondern besonnen und unermuͤdlich. Selbst als sein Nachen unter ihm zertrümmert wurde, schwang er sich, ohne die Geistesgegenwart zu verlieren, auf einen Obsthaum, und als er sich auch dort nicht mehr halten konnte, sprang er von Scholle zu Scholle uͤber das Eis, bis er sich endlich auch selbst gerettet sah. Außer der uͤbrigen rastlosen Huͤlfe, die er leistete, rettete er 9 Menschen das Leben, theils allein theils mit Unterstuͤtzung anderer braven Leute. Zu den Geretteten gehoͤrt eine Familie (bestehend aus einem 7ijaͤh— rigen Manne und seiner 65jaäͤhrigen Frau, ihrer Tochter und ihren 3 Enkeln), welche das Haus nicht hatte verlassen wol— len und nun, von dem Wasser bereits in das oberste Stock— werk gedrängt, dem nahen Tode entgegen sah, als Breidbach herbei eilte und sie rettete. Eine andere Familie war in ei— ner noch schrecklicheren Lage. Sle hatte sich in ein Man— sarden⸗Dach gefluͤchtet, das untere Haus wurde weggetrieben, und der obere Theil stuͤrzte zu Boden. Hier stand nun der

Vater, an einem Arme ein Maͤdchen von It, am andern

einen Knaben von 7 Jahren in die Höhe haltend, waͤhrend seine Frau sich an seinem 3 festhielt,3 Stunden lang bis an die Schultern im Wasser und rief um Huͤlfe; aber niemand glaubte an die Moͤglichkeit der Rettung, bis endlich Breidbach die Ungluͤcklichen zum Muthe aufmunterte und

eine Leiter queer auf eine Mauer und von da auf die Fen⸗

steroffnung stuͤtzte, um eine Bruͤcke zu bilden. Auch wurden Vater, Mutter und Sohn auf diese Art gerettet; nur die Tochter entglitt im Augenblicke der Rettung dem Arme des Vaters und verschwand auf der Stelle unter dem Eise, wo man am folgenden Tage ihren Leichnam fand. Dieses un— gluͤckliche Kind ist das einzige menschliche Wesen, welches bei dieser Ueberschwemmung sein Leben eingebüßt hat.

MNachstehende Notiz duͤrfte einen Beweis liefern, daß die Schwalben Zugvoͤgel sind, und sie moͤge daher als ein Bei—

trag zu den in der Staats⸗-Heitung daruͤber gegebenen Nach⸗ richten dienen. Karl Lucian Bonaparte (Sohn des Fuͤr⸗

sten von Canino) befand sich am Bord des Schiffes „Dela—

ä00 Meilen von der Afrikanischen Kuͤste, wo ihn die Er— scheinung von einigen Schwalben (hirundo rustica et urbica) in Erstaunen setzte. Es herrschte zur Zeit ein oͤstlicher Wind— zug, welcher die Schwalben wahrscheinlich von ihrem geraden Weg vom Festlande nach Madeira, um ungefaͤhr 200 Meilen, abgebracht hatte. Diese Vogel waren nicht so sehr erschoͤpft,

als die Weite der Reise es hätte erwarten lassen. 2

Königliche Schauspüiele.

Montag, 15. Maͤrz. Im Opernhause: Das Kaͤthchen von Heilbronn, großes Ritter-Schauspiel in 5 Abtheilungen, nebst einem Vorspiele in 1 Aufzug, genannt: Das heimliche Gericht, von H. v. Kleist, bearbeitet von Holbein.

Im Schauspielhause: Ea premiere représentation de: Marie Miguot, piece historique nouvelle en 3 époques, bar IM. Bayard et Paul Duhort.

Dienstag, 16. Maͤrz. Im Opernhause: Die Braut, Oper in 3 Abthei ungen, mit Tanz; Musik von Auber.

Im Schauspielhause: Franzoͤsische Vorstellung.

Mittwoch, 17. Maͤrz. Im Schauspielhause, zum er— stenmale: Das Sonett, Lustspiel in 3 Abtheilungen, von E. Raupach. Hierauf: Der Erwartete, Drama in 1 Aufzug, von L. W. Both.

Königsstädtsches Theater.

Montag, 15. Maͤrz. Das Schloß Greifenstein, oder. Der Sammtschuh, Gemaͤlde der Vorzeit in 5 Akten, nebst einem Vorspiel, genannt: Zulima. ö

Dienstag, 16. Maͤrz. Das Maͤdchen aus der Feenwelt, oder: Der Bauer als Milltonair.

Mittwoch, 17. Maͤrz. Zum erstenmale; Der Wahn und sein Schrecken, Melodrama in 2 Abtheilungen und 4 Akten, von Leopold Bartsch; die Musik ist vom Hrn. Musik— Direktor Kugler. ;

Auswärtige Börsen.

Amsterdam, 9. Märæ. Gesterr, 5proc. Metall. 1003. Kuss. Engl. Anl. 1632. Anl. anib. Cert. 1033. Span. bei Hope 75.

Frankfurt a. M., 10. Mäx. OCesterr 5proc. Metall. 104 3. 4proc. 933. 24proc. 635. 1proe. 273. Bank-Actien 1597. Part- Ohblig. 1393. Loose zu 100 FI. 1845. Alles Geld.

Hamburg, 12. März.

Oesterr. 5proe. Metall 104. 4r9c. 983. Part. Oblig. pr.

ult. 139. Bank- Actien desgl. 1325. Russ. Engl. Anl. desgl. 166.

Kuss. Anl. Ilamhb. Cert.,, Cässa 165. oli. pr. ult. März 1263. Däu. desgl. 733.

St. Petersburg, 5. März. Silber Rubel 369 Kop. proc. Inscriptionen in Bank Ass. 138.

Wien, 9. März.

5Sproc. Metall. Jos 63. 4proc. 973. Loose zu 100 FI. 184.

ware“, ungefaͤhrt 500 Meilen von der Kuͤste Portugals, und

Eedruct bei . W. Hayn.

Part. Ublig. 1395. Bank- Aclien 1326.

Redacteur Foh n. Mitredacteur Cott el.

Allgemeine

preußische Staats Zeitung.

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M 7⁊5.

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Abgercist: Seine Excellenz der Wirkliche Geheime Rath und Ober-Praͤsident der Provinz Pommern, Dr. Sack, nach Stettin.

Zeitungs-Nachrichten.

ö. Ausland.

F rranktrei ch.

Paris, 8. Maͤrz. Vorgestern Abend um 8 Uhr hatte das provisorische Buͤrean der Deputirten⸗Kammer (dem Hr. Berryer allein sich nicht angeschlossen hatte) die Ehre, dem Koͤnige die Liste der fuͤnf Kandidaten fuͤr die Praäsidenten— Stelle vorzulegen. Die Wahl Sr. Maj. ist noch nicht be⸗ kannt, doch glaubt man, daß dieselbe in dem gestern Mittag um 4 Uhr unter dem Vorsitze des Monarchen gehaltenen Minister-Rathe zu Gunsten des Herrn Royer-Collard ent— schieden worden sey. Die Pairs⸗Kammer versammelt sich heute, um den Be— richt ͤber den Adreß⸗Entwurf zu vernehmen. Man glaubt, der Vicomte v. Chateaubriand werde im Laufe der Berathun— gen uͤber diesen Gegenstand das Wort ergreifen. Der Globe will wissen, daß der von dem Grafen Siméon abgefaßte Ent— wurf von der Kommission einstimmig angenommen worden sey, und daß es am Schlusse desselben heiße, daß, wenn die Re— gierung auf Hindernisse stoßen sollte, sie hinreichende Mittel zur Ueberwindung derselben in der Charte, den Gesetzen und den beiden Kammern finden wuͤrde.

Der Prinz von Sachsen-Koburg wird in zwei oder drei Tagen hier erwartet. Unter der Rubrik: „Ueber die letzte Schrift des Herrn Cottu“ enthaͤlt die Gazette de France in ihrem neuͤesten Blatte Folgendes; „Wir haben diesem ehrenwerthen Justiz⸗ manne jedesmal Gerechtigkeit widerfahren lassen, wenn er, ein treuer Huͤter der Monarchie, sie vor den Gefahren warn— te, die ihr drohten. Sobald wir aber die von ihm vorge— schlagenen Mittel, jenen Gefahren vorzubeugen, naͤher in Er— waͤgung zogen, sahen wir uns auch stets zu unferem Be— dauern genöͤthigt, uns von ihm log nagen, ja sogar einige seiner Meinungen zu bekaͤmpfen. Auch heute ist es uns un, moͤglich, obgleich wir die Nachtheile des letzten Wahl⸗Gesetzes und des Preß-Unfugs in ihrem ganzen Umfange erkennen, dem Systeme beizupflichten, das Herr Cottu vorschlaͤgt, um dem Uebel abzuhelfen. Es giebt eine Wahrheit, die Herr Cottu ohne einige alte Vorurtheile besser, als jeder Andere erkennen muͤßte, naͤmlich die, daß nach unseren jetzigen Sitten und Institutionen die ͤffentliche Meinung 'ei⸗ nen staͤrkeren Einfluß, als irgend eine andere Macht auf den Gang der oͤffentlichen Angelegenheiten uͤbt und auf

diesen, je nachdem sie gut oder schlecht, weise oder regellos

ist, heilsam oder verderblich einwirkt. Gewiß gab es kein gesellschaftliches Gebaͤude, das besser als das unsrige geeignet war, den Volksstuͤrmen Widerstand zu leisten. Neue Ansich, ten aber und die Irrthuͤmer einer falschen Philosophie loͤsten es dennoch guf; die Parlamente kaͤmpften mit dem Koͤnig⸗ thume; der Adel trennte sich von der Geistlichkeit; beide fahen sich den Angriffen der Demokratie blosgestellt; der Schwin⸗

delgeist bemaͤchtigte sich allmaͤlig der aufgeklaͤrtesten Koͤpfe; die

Anarchie schlüg immer tiefere Wurzeln, bis sie zulcht' den Thron umstürzte und allein das Feld , . . ver⸗ derbte Meinung war es, die diese große Umwaͤlzung herbei— fuͤhrte. Werfen wir nun einen Blick auf die jetzige Zeit, so

Berlin, Dien stag den 16ten Marz

1630.

mochte sich schwerlich ein schoͤnerer Verei z talentvoller Manner als in der ere Tl, ne e e g n. aufgeklärterer Richterstand, als bei unseren Tribunalen, sinden Wir haben einen alten und einen neuen Adel, ein Wahl⸗ System, das, auf dem Grund⸗Eigenthume beruhend, in der Theorie die herrlichste Buͤrgschaft fuͤr die Erhaltung der Ruhe und Ordnung darbietet. Doch konnten alle diese Staatskorper eben so wenig widerstehen, wenn Leidenschaft und Irrthum wie ein schleichendes Gift in sie eindrang. Der oͤffentlichen Meinung muͤssen selbst die Gesetze weichen; ist dieselbe gut so thut Jeder, was er mußz ist sie schlecht, so thut Jeder was er will⸗ und das gesellschaftliche Band ist zerrissen. z Der höoͤchste Grad der Verderbtheit ist aber, wenn jene Meinung alles Vertrauen zu der Regierung verloren hat, und Jeder statt zu. dem allgemeinen Besten nach Kraͤften beizutt agen, alles Mögliche thut, um das Gute zu verhindern. Und wie sollte auch, inmitten der immerwaͤhrenden Besorgnisse, der unge⸗ rechten Beschuldigungen, der eingebildeten Gefahren, der Leiden⸗ schaften und Vorurtheile, welche die Gesellschaft in einem be⸗ staͤndigen Zustande der Bangigkeit und Aufregung erhalten senes Vertrauen herbeigefuͤhrt und befestigt werden können? In diesen Besorgnissen und Vorurtheilen muß man die ei— gLentliche Ursache der Uebel suchen, die Herr Eottu seit zwei 4 so beharrlichem Muthe bezeichnet; ihnen verdankt Frankreich die Wahlen von 1827, wodurch das Gleichgewicht in den Wahl Kollegien gebrochen worden ist. Wenn man also der Gesellschaft einen wahrhaften Dienst leisten will, so muß man 9 nicht an die Regierung wenden, um von ihr eine neue Staats-Einrichtung zu verlangen, sondern an das

Volk, um jene Vorurtheile und Besorgnisse zu versche Den Hauptzweck der Schrift des . 3 namlich die Nothwendigkeit einer Siktatur, verstehen wir nicht recht, was derselbe in einer Monarchie hierunter meint Man hat wohl schon gesehen, daß Diktatoren sich zu Koͤni⸗ gen, niemals aber, daß Koͤnige sich zu Diktatoren gemacht haben; fur sie bedarf es keiner Diktatur; die Verfassung sorgt schon dafuͤr, daß ihrer Macht kein Abbruch geschehe. Ein König von Frankreich wuͤrde sich durch den Titel eines Dik⸗ tators nur an seiner Wuͤrde vergeben. Die Gewalt, die Hr Cottu verlangt, braucht nirgends anders, als in der gesetli⸗ chen Ordnung, in der Legitimität, in der Königl. Initiative und in der Befugniß des Monarchen, das Boͤse zu verhin⸗ dern und fuͤr die Sicherheit des Staats zu sorgen, gesucht zu werden. Wir lassen den Gesinnungen des Herrn Cottu alle Gerechtigkeit widerfahren; sie sind besser als seine politischen Theorieen. Das Konigthum würde einen schlech⸗ ten Tausch eingehen, wenn es sich seiner natuͤrlichen Rechte und seiner verfassungsmaͤßigen Gewalt gegen eine Macht, die, eben, weil se . scheint, ihm bestritten werden kann, begaͤ e. Nein, keine Diktatur, keine Gewaltthaͤtig⸗ keit, keine Willkuͤht! Die große Aufgabe des Staats, ber- . 9 * ,, Meinung aufzuklären, und, in sie rinzip der Verfassun ̃ i⸗ . ninzip fassung verkennt, ihr zu wi— Der Quotidienne zufolge wird in diesen Tagen hier eine von mehreren Royalisten abgefaßte „Denkschrift an den Koͤnig uͤber die wahre Lage Frankreichs“ im Druck erscheinen.

Die bei der Paqirs-Kammer eingegangene Bittschrift uͤber die Steuer-Verweigerungs-Vereine soll keinesweges zu Gunsten derselhen lauten, vielmehr soll darin die Meinung ausgesprochen seyn, daß die Steuern unter jeglicher Bedin⸗ gung entrichtet werden muͤßten.

Der Advokat Herr Isambert hat bei der Deputirten— Kammer zwei Bittschriften eingereicht, worin er auf die Ab— schaffung des doppelten Votums und auf die Ueberweisung der Preßvergehen an die Geschwornen-Gerichte anträͤgt.

Der verantwortliche Herausgeber des Drapeau blane ist wegen seines (gestern im Auszuge mitgetheilten) Auffatzes