1830 / 82 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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ihnen auferlegte Joch zerbrach. Auf Columbien allein be— schraͤnkt und in Beruͤhrung mit Peru und Venezuela, scheint es außerordentlich zweifelhaft, daß Bolivar seine jetzige Stel⸗ lung lange werde behaupten konnen.“

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Berlin, 22. Maͤrz. Nach Inhalt einer Bekanntma— chung in den Amtsblaͤttern der Königl. Regierungen, haben des Koͤnigs Majestaͤt mittelst Allerhöͤchster Kabinetsordre vom 8. Januar d. J. zu bestimmen geruhet, daß, um bei der Ver⸗ fügung uͤber die außer Gebrauch gesetzten offentlichen Begraͤb⸗ niß⸗Plaͤtze, naͤchst den erforderlichen gesundheitspolizeilichen Rückfichten, auch dem Andenken der Verstorbenen bei der noch lebenden Generation ihrer Angehoͤrigen die gebührende Beruͤcksichtigung zu sichern, den Kirchengemeinden oder Kom— munen die Veräußerung solcher geschlossenen Begraͤbnißplaͤtze in der Regel nicht vor Ablauf von vierziz Jahren seit er— folgter Schließung gestattet werden soll, dergestalt, daß fuͤr etwa ausnahmsweise fruͤhere Bewilligung, unter besondern die vorbemerkte Ruͤcksicht erledigenden Lokal⸗Verhaͤltnissen, die jedesmalige besondere Genehmigung bei dem betreffenden Koͤ— niglichen Ministerium eingeholt werden muß.

Am ten v. M. empfing der Verwaltungs⸗-Ausschuß des Vereins zur Beförderung des Schul-Besuchs armer Kinder hierselbst von Ihrer Königl. Hoheit der Kronprin⸗ zessin die gnaͤdige Benachrichtigung, daß Hoͤchstdieselbe auf den Wunsch Hoͤchstihrer Durchlauchtigen Schwaͤgerin, der Frau Prinzessin Friedrich der Niederlande K. H., an deren Stelle als Beschützerin des Vereins getreten sey. Hoͤchstdieselbe gehoͤrte schon fruͤher zu seinen Wohlthaͤterinnen; auch hat sich der Verein des jährlichen Beitrages seiner ersten hohen Be⸗ schuͤtzerin fortwährend zu erfreuen. Der Verein zaͤhlte im letztverflossenen Jahre 1240 Mitglieder, deren Hoffnungsbuͤ⸗ cher eine Einnahme von 1088 Rthlr, 12 Sgr. gewährt haben. Aus diesen und den Geschenken, welche dem Vereine auch in dem verflossenen Jahre von einigen Wohlthätern und Goͤn⸗ nern zugeflossen, sind 1929 Knaben und 145 Maͤd⸗ chen mit Bekleidung versehen und dadurch in den Stand ge⸗ setzt worden, die ihnen von der hiesigen Kommune bewilligte Wohlthat des freien Schulunterrichts benutzen zu konnen. Die Knaben erhalten Jacke und Beinkleider nebst Stiefeln, die Maͤdchen Kamisol und Rock nebst Schuhen, alles ein⸗ fach und dauerhaft gearbeitet. Außerdem sind mehrere arme

Kinder mit Hemden, und 338 mit dem ihnen noͤthigen Lehrmit-

teln versehen worden. Alle diese Unterstützungen wurden nur nach moͤglichst genauer Pruͤfung verabreicht, und, wie es wohl bei Allem, was an Geld oder Geldeswerth Armen and Duͤrfti= gen geschenkt wird, geschehen sollte, mit besonderer Ermahnnng sowohl der Kinder als ihrer Aeltern oder Angehsrigen begleitet. Nach dem Urtheile mehrerer Schul⸗-Vorstehen haben die Be muͤhungen des Vereins einen vortheilhaften Einfluß auf den Schulbesuch im Ganzen geäußert, Möchten die Zwecke des Vereins (dessen Verwaltungs⸗Ausschuß an dem 2ten und Iten Mittwoch jedes Monats im Sesstons- Zimmer der Ar— men- Direktion um 5 Uhr Nachmittags oͤffentliche Sitznng haͤlt), eine immer ausgedehntere und mehrseitige Theilnahme und Foͤrderung finden! Jeder der sich naher über diese

Zwecke zu unterrichten wuͤnscht, kann solches an den gedach⸗ ten Tagen, und zu jeder Zeit koͤnnen bei den Rendanten, Ge⸗

heimen Secretair Jahn, (Friedrichsstraße Nr. 248) oder In— spektor Schwartz, (im Friedrichs-Waisenhause) Hoffnungs— bucher zur Einzeichnung eines Beitrags bestellt werden, wel— . letztere demnaͤchst durch einen Boten abgeholt wird.

icht ohne Interesse wird man vernehmen, daß auch einige Kinder bemittelter Aeltern von ihren kleinen Ersparnissen fuͤr die Beduͤrfnisse der armen Kinder beizutragen sich freuen; es steht mit Zuversicht zu hoffen, daß dieses Beispiel noch

viele Nachahmung finden und wohlhabende Aeltern diesen

Anlaß gern ergreifen werden, ihren Kindern eine so gute

Gelegenheit zur Ausuͤbung ihrer Wohlthaͤtigkeit zu ge⸗

wahren.

Heute Vormittag 10 Uhr stand hier das Oberwasser

14 Fuß Zoll, das Unterwasser 10 Fuß 6 Zoll; es ist mit

hin in 24 Stunden ersteres um 1 Zoll und letzteres nicht ge⸗

stiegen. Am Schiffbauerdamm, den. Haͤusern von Nr. 2 bis 13 und den Grundstuͤcken Nr. 390 und 31 gegenuͤber, ist durch das Austreten der Spree die Haͤlfte des Straßendamms äaͤberschwemmt, auch ist das von der Panke ausgetretene Wasser in die Wohngebäude der Thierarznei⸗Schule gedrungen.

Aus Liggnitz wird gemeldet: Bei der noch immer fortdauernden Strenge des Winters, wo die Armen-Unter⸗ stůͤtzung fuͤr die Kommunal⸗Armen⸗Kasse sehr fuͤhlbar wird,

finden sich in vielen Stadt- und Land, Gemeinden einzelne Wohlthaͤter, welche sich freiwillig nach allen Kraͤften die Ver⸗ sorgung der wahrhaft Armen mit Holz und Brod angelegen seyn lassen. So hat z. B. der Standesherr Graf Schaff— gotsch auf Warmbrunn, außer andern bedeutenden Naturalien, den ärmsten Untersassen auf seinen Guͤtern 300 Klaftern Holz geschenkt. Der hiesige Wohlthaͤtigkeits-Verein ließ wahrend der druͤckendsten Kaͤlte mehr als 100 Arme taͤglich mit war⸗— mer Suppe und Brod betheilen. 7

Die Summe der der Sparkasse in Herzberg an⸗ vertrauten Einlagen belief sich Ende Jannars auf mehr als 15,900 Rthlr. und stieg in einer Zeit von 2 Monaten um fast 40h0 Rthlr.

Um den uͤbergroßen Zufluß zu der fuͤr Naumburg errich—⸗ teten Sparkasse zu beschraͤnken, ist vom 1. Jan. d. J. die Be⸗ stimmung ergangen, daß Kapitale uͤber 100 Rthlr. nicht angenommen werden. 3 pCt. Zinsen gezahlt werden, hat sich das verzinsliche Ka— pital so vermehrt, daß die in das Jahr 1830 uͤbertragene Summe 112,579 Rthlr. betrug, welche in 1223 Einlagebuͤ⸗ cher vertheilt ist. Der den Reserve- und Assekuranz-Fonds bildende baare Gewinn der Anstalt während der nun verflos— senen sieben Jahre ihres Bestehens betragt 9g, 200 Rthlr.

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Betrachtungen uͤber den Kapitals⸗Neichthum,

dessen Bildung und Verwendung.

Der Friede von Adrianospel hat einen neuen sprechenden Beweis von den friedfertigen Gesinnungen der Europaͤischen Regierungen geliefert, so wie von der Uneigennuͤtzigkeit des groͤßten Grundbeherrschers dieser Erde. Wohl nie hat ein Monarch eine starkere Versuchung zum Erobern zugleich er— fahren und ihr widerstanden, als der Kaiser Nicolaus; und nur ein solches Beispiel seiner großartigen Gesinnungen scheint gefehlt zu haben, um in ganz Europa den Glauben an einen langen Frieden zu befestigen.

Die gluͤcklichen Folgen dieser allgemeinen Ueberzengung

sprechen sich am deutlichsten durch das vffentliche Vertrauen zu den Staatspapieren aus. Diese haben einen bis jetzt un— erreichten Couvys gewonnen. Das hohe Steigen der Papiere hat jedoch noch einen zweiten Grund. Er liegt in der durch die Sinkungs-Fonds herbeigefuͤhrte Kapitalsbildung und in.

der Richtung, welche das Geld genommen hat, dem Papier-

handel zu dienen. Waͤhrend der langen Kriege, die in Folge der Franzoͤsi⸗

schen Revolution gefuͤhrt worden sind, hatten alle Europaäͤi⸗

schen Regierungen eine Unmasse von Schulden gemacht. Diese waren damals nur als imaginaire Große, auf Hoffnungen gebaut, zu betrachten: denn wirkliche Kapitalien wurden sie erst in der fernen Zukunft, und zwar in dem Maaße, wie die zu ihrer Verzinsung und Amortisation den Voͤlkern auf— gelegten Abgaben von selbigen getragen werden konnten und wirklich einkamen.

In der Reihe von Jahren, welche seit dem Pariser Frieden verflossen ist, sind von den meisten Regierungen die

Zinsen stets prompt gezahlt und von vielen bedeutende Schulden abgetragen. Hierdurch haben sich nun wirkliche Kapitalien gebildet und bilden sich fortwährend regelmäßig immer neue: zja durch. Glaube und Hoffnung sind die imaginairen Kapitalien, der augenblicklichen Wirkung. nach, wirkliche Kapitalien geworden. Dieser Ursach ist es nun zuzuschreiben, wenn sich die Meinung ausbildet: es wäre mehr Kapital vorhanden, und dr, m. mehr vorhanden seyn, als Beschaftigung finden oͤnnte. . Inwiefern dies richtig ist, und welche Gelegenheit zu Beschäftigungen sich außer dem Verkehr mit Staatspa

pieren den Kapitalien darbietet, soll der Gegenstand meiner

Reflexion werden. 46

Daß die große Masse von Kayital, welche die Staats⸗Schul⸗ den erschaffen hat, auf dem Geldmarkt nicht fortwaͤhrend= beschaͤftigt werden koͤnne, da die meisten Regierungen mehr Schulden bezahlen, als neue Schulden machen, ist leicht einzufehen. So lange also die Kapitalien in Hinsicht ihrer

Verwendung die jetzige Richtung behalten, ist auf dem Geld

markt eine bedeutende Ueberfuͤllung zu besorgen.

Die Folgen hiervon werden unfehlbar seyn: daß bie

Inhaber dieser Kapitalien sich entweder im Ankauf uͤberbieten,

den Cours dadurch steigern und so den Ueberfluß, freilich ohne ihren Nutzeu, in dem hoͤhern Agio . oder daß sie ihr Geld in solchen Papieren anlegen, die bisher

wegen ihrer Unsicherheit einen scheinbar niedrigen Stand

haben, aber nur bei Lotteriespielern die Lust, sie zu besitzen,

erwecken koͤnnen. ?

Dessenungeachtet, und obgleich nur

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Den Regierungen kann diese Faͤlle des Geldmarkts nur willkommen feyn. Sie gewahrt ihnen die Gelegenheit, den bisher bezahlten Zinsfuß herunterzusetzen und so den Verlust wieder auszugleichen, welchen sie bei der ersten Kontrahirung erfahren haben. J / .

Fur die Inhaber der Papiere scheint die sie erwar⸗

tende Alternative auf jeden Fall nur nachtheilig zu seyn;

denn fallen die Papiere wieder, so verlieren sie an ihrem Kapitale, und steigen sie immer hoͤher, so werden die Kapi— ralien gekuͤndigt und der Zinsfuß heruntergesetzt, und sie ver— lieren an ihrer Einnahme.

Das Heilmittel gegen diese den Papier-Inhabern un— fehlbar bevorstehende ungunstige chance besteht darin: daß elbige nicht ihr Kapital einzig auf Staats⸗ Papiere verwen—⸗ ben, sondern selbiges wieder den uͤbrigen Gewerben zufuͤhren, wo noch Kapitalien fehlen, wo sie eine Fruͤchte tragende Be⸗ schaͤftigung finden, und wo noch in langer Zeit keine Ueher— fuͤllung zu besorgen ist. Da es aber viel zu bequem ist, ohne alle eigene Anstrengung von Zinsen zu leben, so, vermuthe ich, werden die unbeschaͤftigten Kapitalien sich zuer st den Grund Besitzern als Darlehne anbieten. Dies wird zwar für den Augenblick beiven Theilen zusagen, die Leichtigkeit, Kapital zu erhalten wird guͤnstig auf einen bessern Wirth—

schafts⸗ Betrieb wirken und den Werth des Grund

üb! Bodens steigern: aber es wird bald wieder zu ubermaͤßiger Verschuldung fuͤhren und dadurch zu allen ben Leibelr, die noch nicht einmal verschmerzt sind, und wodurch demnaͤchst nur zu haͤufig die Grundbesitzer sammt ih⸗ ren Gläubigern nach kurzen suͤßen Traäͤumen wieder um das Ihrige kommen wuͤrden, wie es unlaͤngst erst der Fall ge— wesen ist. 6 . ;

Das Mittel gegen diese mit Gewißheit vorauszusehenden unglücklichen Folgen kann nur, in einer gesetz lichen Bestim⸗ mung gefunden werden: daß fuͤr die Zukunft auf Grund und Boden keine Schulden ohne gesicherte Amortisation gemacht werden durfen.

Welche Beschraͤnkung der Freiheit liegt hierin! hoͤre ich

rufen. Es ist Vieles in einem geordneten Staate, was gegen

die so bezeichnete Freiheit streitet und doch als die Basis un— serer Silhefher und unsers Gluͤcks betrachtet werden muß. Die Regierung, welche das Schuldenmachen durch Ein fuͤh⸗ rung von Hypothekenbuͤchern und durch landschaftliche Kredit⸗ Vereine systematisirt hat; die Regierung; welche durch die Verhaͤltnisse gezwungen worden ist, Gesetzsuspensionen zu ver⸗

ben, die ben so milden Gestnnüngen oft bedauert hat, nicht

allen Ungluͤcklichen direkte Huͤlfe gewähren zu koͤnnen; die— ser Regierung wird es nicht als ein Beschraͤnken von Frei⸗

heit, sondern nur als Erfuͤllung von Pflicht angerechnet wer⸗

znnen, wenn sie dergleichen Bestimmungen fuͤr die Zu⸗ 3 ericßt, welche den Glaͤubigern, den Schuldnern und dem allgemeinen Besten gleich zusagen. .

Bisher war die Gefahr entfernt, der Schutz lag in der Kreditlosigkeit, liegt noch darin, aber die Zeit der Aenderung ist nahe, und die Klugheit raͤth, jederzeit Vorkehrungen zur rechten Zeit zu treffen.

Doch fuͤr die Kapitälien gewaͤhrt das Geldbeduͤrfniß der

jrundbesitzer keinen großen Absluß. Die Verschuldung ist zu 2 ,als daß mit Sicherheit noch namhafte Summen auf Grund und Voden untergebracht werden koͤnnten. Nur da, wo die Grundstuͤcke in der Kultur zuruͤckgeblieben sind und noch großen Verbesserungen unterliegen, nur da ist in der Regel Geld mit Nutzen und Sicherheit auf selbige anzulegen. . 2 Ein größeres Feld fur die Placirung der Kapitalien foͤnnte der Ankauf von Grundstuͤcken gewaͤhren. Der Kauf— preis ist wegen zu haͤufiger Ausgebote so heruntergegangen, baß in vielen Gegenden der jetzige Werth sich zu dem wirk— lichen verhaͤlt etwa wie 60 zu 100. Inzwischen finden sich von andern Seiten Hindernisse verschiedener Art gegen den Rauf. . , n, . erlaubt es sein Verhaͤltniß nicht, sich auf

Geschäfte einzulassen, die seine . bedeutend

jn Anspruch nehmen; Andere verstehen nichts von der Bewlrthschaftung, und da, wo am besten zu kaufen ist, fehlt oft die Gelegenheit, zu verpachten; wieder Anderen ist es zu unbequem. -

Es liegt nun einmal im Zeitgeist, daß man es inte r⸗

essanter findet, Zinscoupons abzuschneiden, als Ackerbau 2 und 9 selbst zu beschäftigen (quälen). An— genommen aber, diese verschiedenen Gelegenheiten, den Lieberfluß des Geldmarktes unterzubringen, bei weitem nicht das sich mehrende Kapital zu beschäͤftigen vermoͤchten, so giebt es noch Mittel genug, selbiges und recht nuͤtzlich und ohne

eigene Thätigkeit anzuwenden. Engländer, die Amerikaner.

Eine große Menge Kapitalien werden in beiden Landern zu Actien-ünternehmungen aller Art zum Vortheil der Ka— pitalisten, zum Besten des ganzen Landes verwandt. Ohne die Uebertreibungen empfehlen zu wollen, in welche jene Lander oft verfallen seyn moͤgen, liegt in dieser Art der Verwendung des Kapitals zu nuͤtzlichen Landes-Verbesserun⸗ gen etwas Vortreffliches. Hierdurch werden, wahrend man die schon vorhandenen Kapitalien durch gute Zinsen benutzt, immer wieder neue Kapitalien geschaffen. Nur so bildet sich der Reichthum eines Landes schnell aus. Wer nichts zu ver— lieren hat, der kann immerfort Lotterie mit Griechischen, Spa⸗ nischen, Mexikanischen und Brasilianischen Papieren spielen; denn der kann nur gewinnen. Wer aber seinem Fleiße oder dem Gluͤcke Vermoͤgen zu verdanken hat, fuͤr den scheint es gerathen, seine Papiere, wenn sie den Nominal⸗Werth be⸗ beutend uͤberschreiten, zu verkaufen und anders zu verwen⸗ den; denn alsdann bleibt ihm keine Aussicht zum fernern e. und nur dadurch wird der Ueberfuͤllung vorge⸗

eugt.

Die Kuͤrze des Raums erlaubt es nicht, hier etwas mehr als Andeutungen zu geben, die weitere Ausführung muß ich dem Leser selbst uͤberlassen; inzwischen draͤngen sich mir noch Betrachtungen auf, die zu wesentlich auf die Beurtheilung des vorliegenden wichtigen Gegenstandes einwirken, um sel— bige uͤbergehen zu koͤnnen.

Bei den friedfertigen Gesinnungen der Eüropaäischen Re— gierungen ist ein Krieg nicht leicht zu besorgen. Sollte aber der innere Zustand Frankreichs, Englands, Portugals und

Wie? zeigen uns die

Spaniens eine Festigkeit besitzen, die jede Besorgniß künftiger

Beunruhigungen auch von diesen Seiten entfernt? Doch der Politik gehort dieser Aufsatz nicht an, ich wende mich daher nur zu den oͤonomischen und Geld-Verhaͤltnissen Englands, um zu pruͤfen, ob durch selbige vielleicht dem allgemeinen Geldmarkte irgend eine Beraͤnderung drohe.

London ist der Sitz des Europuischen Geldmarkts. Der Stand der Englischen Papiere ist immer der Barometer fuͤr alle uͤbrigen. Eine große Veränderung in dem Stand der Englischen Fonds wuͤrde alle Europaͤischen Geldmaͤrkte ,. elektrischer Schlag treffen. Hieran wird Niemand zweifeln. 6

Vorhin habe ich bemerklich gemacht, daß alle Staats— schulden nur imaginaͤre Groͤßen waren, auf die Hoffnung ge⸗ baut, daß die Voͤlker die zur Zahlung der Zinsen und Tilgung der Schuld ihnen aufgelegten Abgaben tragen konnten.

Von allen Laͤndern hat England die groͤßte Staats schuld. Es fragt sich: witd England die dadurch noͤthig gewordenen Abgaben fortwährend tragen konnen? 19

Diese Frage ist schon oft gestellt, sehr haͤufig verneint, und trotz dem hat England bis jetzt gezahlt und dadurch bis heute den Beweis des Gegentheils gefuͤhrt. Ob England es fuͤr die Zukunft wird durchsetzen konnen, ist jedenfalls eine andere ulcht leicht zu erweisende Frage, ja es scheint die Wahrscheinlichkeit mehr dagegen als dafuͤr zu sprechen. Die Gruͤnde sind folgende:

Wenn wir den Zustand von Europa vor und nach dem Pariser Frieden betrachten, so finden wir, daß große Ver⸗ aͤnderungen in dem fruheren Zustande der Dinge vorgegan— gen sind. Vor dem Pariser Frieden war die hoͤhere Acker⸗ Kultur und der Gewerbefleiß mehr auf einzelne Lander be— schraͤnkt. Seit jener Periode hat sich eine unglaubliche Reg⸗ samkeit besonders im Norden und Osten von Europa ent⸗ wickelt; und Productionen und Fabricationen haben sich so vermehrt, daß dadurch eine allgemeine Herabsetzung der Werthsverhaͤltnisse erfolgt ist. Hierin liegt der Hauptgrund der ungluͤcklichen Verhaͤltnisse, uͤber die man in neuerer Zeit so allgemein geklagt hat. Je weiter einzelne Laͤnder und Ge⸗ genden in der fruͤheren Periode in der Kultur vorgeschritten

waren, je besser selbige fruͤher ihre hohere Industrie bezahlt

erhalten hatten; desto hoͤher war bei selbigen der Werth des Grund uͤnd Bodens, der Haͤuser u. s. w. gestiegen; desto mehr Lasten waren auf diesen Werth gelegt, und um so fuͤhl⸗ barer ist fuͤr selbige der Druck geworden, welcher aus der ge⸗ gen sie entstandenen Konkurrenz und aus dem gesunkenen , von Produkten und Fabrikaten entsprungen ist. Auf dem festen Lande von Europa ist die Ausgleichung ziemlich erfolgt; das Vermoͤgen hat zwischen einigen Gegen⸗ den und einzelnen Personen stark gewechselt; die zunehmende Bevoͤlkerung, die wachsende Industrie, welche hier einen so großen Spielraum fand, hat die Ausgleichung uͤber nommen; und ich glaube, man kann auf dem Europaͤischen Festlande diesseits der Pyrenaͤen und der Graͤnze von Neu⸗Griechen⸗

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