1830 / 84 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

All ge

n inne

Stagts-Zeitung.

6

Berlin, Donnerstag den 25sten Maͤrz

Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Abgereist: Se. Excellenz der General⸗-Lieutenant und

Commandeur der 5ten Division, von Brause, nach Frank—

furt a. d. O.

/// /

Zeitungs-Nachrichten. Ausland. Frankreich.

Deputirten-Kammer. K offentlichen Sitzung vom 46. März, welche der geheimen, Sitzung, worin die Adresse votirt wurde, voranging, berichtete der Darn Mercier über die Wahl des Varon Dudon und trug auf die Zulassung dieses Deputirten an, Herr Du ver—⸗ gier de Hauranne benutzte diese Gelegenheit, um die Ent lassung des Grafen von Sesmaisons, der, wie. die oͤffentliche Stimme sagt, dafuͤr, daß er nicht fuͤr Hrn. Dudon gestimmt, aus der Armee-Liste gestrichen worden ist, zur Sprache zu bringen. Durch diese Absetzung, meinte er, sey ein var fal= sungsmaͤßiges Prinzip verletzt worden; es gebe keine Stimm—⸗ freiheit mehr, wenn das Votum den Beamten unter Andro—⸗ hung der Dienst⸗Entlassung geboten wuͤrde; man trete da⸗ burch ihren burgerlichen Rechten zu nahe und würdige sie herab, indem man die Luͤge der Wahrheit unter schig e; bei Milltairs gewinne die Frage. noch ein ernsteres Ansehn; Niemand waͤhle die militairische Laufbahn, um die— ses oder jenes ministerielle System zu unterstüͤtzen, man diene dem Koͤnige und dem Lande, nicht den Ministern; Eigenschaften, die den Militair vorzuͤglich auszeichneten, seyen Lohalität, Muth und Ehre, und es sey unwür dig, ven ihm zu verlangen, daß er bel dem Eintritt in ein Wahls ollegium diese Eigenschaften ablege, um dem Koͤnige und dem Lande zu lügen und sich in scinen eigenen Augen hergbzusetzen; da eine Aufloͤsung der Kammer wahrscheinlich nahe bevorstehe, so sey leider zu befuͤrchten, daß man zu den Wahl⸗Umtrieben bon 18246 wieder seine Zuflucht nehmen und die Beamten— Klasse durch die Verabschiedung des Hrn. Sezmaisons schon vorher habe einschuͤchtern wollen. Der Fuͤrst v. Polignae, welcher sich veranlaßt fand, zur Widerlegung des Hrn. Duvergier de Hauranne die Trihune zu besteigen, bemerkte der vorige Redner mache dem Ministerium die Entlassung eines Militairs, in seiner Eigenschaft als Waͤhler, zum Vorwurse; hier begehe derselbe aber einen Anachronismus, denn jene Entlassung habe erst einige Tage nach der Wahl stattgefunden. Bei diesen Wor—⸗ ten erhob sich ein gewaltiges Gelaͤchter , und eine Stimme zur Linken (der Graf Sbastiani) rief: Der. Schluß ist nicht übel; man haͤtte ihn (Hrn. v. Sesmai ons) lieber gar vor der Wahl absetzen sollen.“ Auf die Aufforderung meh⸗ rerer Deputirten, sich deutlicher uͤber den Grund der Entlas⸗ sung zu erklaren, bemerkte Herr v. Polignae, daß er spaͤter—⸗ hin die nöͤthigen Aufschluͤsse daruber geben wuͤrde, „Spaͤ⸗ terhin“, rief der Baron Möch in, „moͤchte es wohl zu spaͤt seyn!“ Einige Mitglieder der linken Seite rugten den Um⸗ stand, daß der Baron Dudon kein Certificat des Maire, bas den Jahres-Besitz seines Grund⸗-Eigenthums bescheinige, sondern nur ein folches des Direktors der direkten Steuern, beigebracht habe, und suchten aus diesem Grunde dessen so— fortige Aufnahme zu hintertreiben, wobei sie sich auf das Weispiel des Herrn Keratry beriefen, dessen Zulassung im Jahre 1823 wegen Nichtbeibringung eines Certificats des Maire ebenfalls um einen Monat verschoben worden sey. Der Baron Dudon gestand dies zwar ein: „Es that mir

Geschaͤft ausuͤbe.“

1830.

r ee mee rere, e

aber damals leid“, fuͤgte er hinzu, „daß man das At— test eines Subaltern⸗Beamten verlangte, während das ver⸗— huͤrgende Wort eines Deputirten haͤtte hinreichend seyn sollen.“ Diese Aeußerung erregte große Unzufriedenheit zur linken Seite; man rief: „Wenn ein Maire ein Subaltern⸗Beam⸗ ter ist, 841i es wenigstens kein salarirter; mancher Maire ist mehr wetth, als gewisse Deputirte.“ Eine Stimme schrie sogar: „Der Maire meines Dorfes wiegt hundertmal Herrn Dudon auf.“ Da Herr Pataille abermals die Entlassung des Grafen von Sesmaisons beruͤhrte, so bestieg der Minister des Innern die Rednerbuͤhne und aͤußerte: „Der Charaktet des Herrn von Sesmaisons ist mir bekannt genug, um uͤberzeugt zu seyn, daß er nichts weniger als dank— bar dafuͤr seyn wird, daß man seinen Namen in diese Dis⸗ kussion gemischt hat. Der Konig hat es fuͤr gut befunden, ihm eine ihm bewilligte Gunst zu entziehen. Die Entlassung des Hrn. v. Sesmaisons hat mit seinem Votum, welches frei seyn mußte, nichts gemein. Zeichen der Unglaͤubigkeit.) Den Waͤhlern ist in keinerlei Hinsicht gedroht worden, aber die Pflicht der Regierung erheischt, daß sie einen Einfluß auf das Wahl—⸗ „Dies ist unrichtig“, rief man hier zur linken Seite. Der Minister wiederholte aber seinen Satz und fuͤgte hinzu: „Die Regierung hat ihre Pflicht gethan, sie wird sie srets thun, und man wird in dieser Beziehung ihr niemals einen gegruͤndeten Vorwurf machen koͤnnen.“ Der Baron Mächin hielt es fuͤr eine unpassende Aeußerung, daß der Minister zu verstehen gegeben, Hr. v. Sesmaisons lege keinen Werth auf die Beweise der Achtung und Theilnahme der Majoritaͤt der Kammer, und meinte, der Praͤsident hatte den Redner fuͤglich dieserhalb zur Ordnung verweisen sollen. Zuletzt wurde der Barsn Dudon, da das Certificat des Direk⸗ fors der direkten Steuern besagte, daß er seit laͤnger als ei— nem Jahre mit 3509 Fr. 90 Cent. besteuert sey, aufgenom⸗ men, nahm seinen Platz auf der zweiten Bank der aͤußersten rechten Seite und leistete den uͤblichen Eid. Die Kammer trat demnaͤchst in einen geheimen Ausschuß zusammen. (S. unten.) Nachtrag zu der geheimen Sitzung der Depu⸗

tirten⸗? Kammer vom s5. Maͤrz. (S. das gestrige Blatt der Staats-Zeitung.) Folgendes ist ein Auszug qus dem Vortrage, welchen der Minister des Innern in dieser Sitzung hielt: „Meine Herren! Wenn man den Zustand Frankreichs nach den traurigen Schilderungen betrachten wollte, die wir täglich deruͤber hoͤren, so muͤßte man glauben, das Volk seufze unter einem harten Drucke, seine Rechte wuͤrden verkannt, es selbst wurde eigensinniger Willkuͤhr anfgeopfert, die hoͤchste Ungerechtigkeit diktire alle Maaßregeln der Regie⸗ rung, und die Quellen der offentlichen Wohlfahrt seyen vor dem Uebermaaß des Despotismus versiegt? Ich frage Sie, m. H., was ist Wahres an solchen Derlamationen? Die of⸗ fentuͤche Ruhe wird nur durch das Geschrei der Zuͤgellosig— keit gestoͤrt, das uns taͤglich die Vernichtung der Freiheit an⸗ kuͤndigt. Allerdings liegt in diesem seltsamen Geschrei mehr Wahrheit, als man glauben moͤchte; denn, wenn die Stimme der Zuͤgellosigkeit sich vernehmen laßt, ist die Freiheit bedroht. Was wird in der That aus der Freiheit des rechtscha fenen Mannes, den die Verlaͤumdung unterdruͤckt, aus der Freiheit des Verwalters, dessen reinste Gesinnungen man verlaͤstert und dessen Thätigkeit man zu hemmen, dessen Einfluß man zu vernichten hemuͤht ist? Wenn das Uebel nicht wirklich be⸗ steht, entgegnet man uns, so ist wenigstens die De. sorgniß vor dem Uebel vorhanden, und diele Besorgniß ist zugleich mit einem Ministerlum entstanden, welches wir be⸗ schuldigen, sich zwischen den König und sein Volk zu stellen. In der That, m. wischen den Konig und, sein Volk In hat, m. H., zwischen ; gestellt, waren wir die Spender der unerschdͤpflichen Wohl⸗ thaten des Monarchen gegen die erkenntlich Nation, de⸗ ren Huldigungen und Segnungen wir ihm dafuͤr dargebracht haben. Während ein harter Winter so viele Uebel uͤber