1830 / 113 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 24 Apr 1830 18:00:01 GMT) scan diff

Die Franzoͤsische Expedition gegen Algier. (Fortsetzung.)

Graf v. Laborde beginnt sein Werk mit einer Aus einan⸗ dersetzung der Ursachen, welche den Bruch zwischen Frank— reich und Algier herbeigefuͤhrt haben; dieser Theil der Schrift ist indessen der weniger brauchbare. Der Verfasser gehoͤrt der Opposition gegen das jetzige Ministerium an, und es ist namentlich hier nicht zu verkennen, daß seine politische Mei⸗ nung und seine Stellung in der Deputirten⸗Kammer, deren Mitglied er ist, auf seine Darstellung einen bedeutenden Ein— fluß ausgeuͤbt haben. Auch räumt er ohnehin ein, daß man— ches Dunkel uͤber dieser Angelegenheit schwebe, weshalb er wuͤnscht, daß die Franzoͤsische Regierung vor dem Ausbruche des Krieges eine genaue Untersuchung daruͤber eingeleitet haͤtte. Was aber bei einer naͤheren Vergleichung seiner Dar⸗ stellung der Ursachen des Bruchs mit Algier mit derjenigen, welche der gegenwärtige Marine-Minister, Baron v. Haussez, in der geheimen Sitzung der Deputirten-⸗Kammer vom 16. Maͤrz d. J. bei Gelegenheit der Diskussionen uber die Adresse gegeben hat, am meisten auffaͤllt, ist, daß Graf v. Laborde den alleinigen Grund in einer nach seiner Ansicht berechtig—⸗ ten Geldforderung des Deys an Frankreich findet, waͤhrend der Marine-Minister eine Reihe von Beschwerden und Beein⸗ trächtigungen auffuͤhrt, welche Frankreich zu diesem Kriege vermocht haben. Wir theilen daher die betreffende Stelle aus der Rede des Letzteren mit, welche der Schrift des Gra— fen v. Laborde angehängt ist und immer den Vorzug eines „on einem Staatsbeamten erstatteten offiziellen Berichts be⸗ haͤlt. „Frankreich“, beginnt der Minister, Fbesaß seit meh⸗ reren Jahrhunderten an der Afrikanischen Kuͤste ein weites Gebiet und eine wichtige Niederlassung, welche bestimmt war, die Korallen-Fischerei, die wir auf einer Strecke von mehr als 60 Lieues betrieben, zu beschuͤtzen, als die Algierische Re— gierung seit der Restauration durch Aeußerungen und Hand— sungen die Absicht zu erkennen gab, uns in diesem Be⸗ sitze zu stͤren. Diese Handlungen sind: der lange vorher angekuͤndigte und spaͤter auch ausgefuͤhrte Plan, uns aus einer Franzoͤsischen Besitzung zu vertreiben, so wie die Zerstoöͤrung unserer Niederlassungen an der Afrikanischen Kuͤste; die Ver⸗ letzung des uns durch fruͤhere Vertrage zugesicherten Privile⸗ glums der Korallenfischerei; die Weigerung, sich dem allge⸗ meinen Boͤlkerrechte gemaͤß zu benehmen und ein System der Seeraͤuberei einzustellen, welches die gegeuwaͤrtige Sxistenz

der Regentschaft Algier fuͤr die Flaggen aller das Mittellaͤn⸗

dische Meer beschiffenden Maͤchte gefährlich macht; schwere Verletzungen der in Uebereinstimmung mit Frankreich. festge⸗ stellten Reglements fuͤr die Visitirung der Schiffe guf offener See; die eigenmaͤchtige Einfuͤhrung verschiedener Zölle und Abgaben, welche den Vertraͤgen zuwider laufen; die Pluͤnde— rung mehrer Franzoͤsischen Schiffe und zweier Roͤmischen Fahrzeuge, trotz der eingegangenen Verpflichtung, diese Flagge zu respektiren; die gewaltsame Fortsendung des Franzoͤsischen Gencral-Konsuls in Algier im Jahre 18143 die Verletzung des Domicils des Konsular-Agenten in Bona, im Jahre 1825, und neben diesen besondern Thatsachen der beständig kund gegebene Wille, uns der Besitzungen, Vortheile und Privilegien, welche die Vertraͤge uns zusichern, zu berauben und sich den durch die Traktate eingegangenen Verpflichtun⸗ gen zu entziehen. Zuletzt kam die Geldforderung, welche den Vrunh zwischen beiden Staaten entschied. Eine am 28. Okt. 1319 mit den Algierischen Häusern Bacri und Busnach ab⸗ geschlossene durch den Dey genehmigte und ratificirte Ueber— einkunft hatte den Betrag der Summen, welche Frankreich diefen beiden Haͤusern schuldete, auf 7 Millionen Franken festgestellt. Der vierte Artikel dieser ilebereinkunft verlieh den Französischen Unterthanen, welche Glaͤubiger Bacris und Busnachs waren, das Recht, von dieser Summe einen; ihren Forderungen entsprechenden 1 Königlichen Schatze in Anspruch zu nehmen; uͤber diese Forderungen selbst sollten die Koͤniglichen Gerichtshoͤfe in Paris und in Aix entscheiden. Da die Forderungen der Franzoͤsischen Unterthanen sich auf zwei und eine halbe Million beliefen, so wurden 43 Million an Busnach und Bacri aus⸗ gezahlt; das Uebrige blieb bis auf den Ausspruch der Gerichts höfe in der Kasse der Deposita und Consigngtionen. Die Jahre 1824 und 1825 verflossen uͤber der Pruͤfung dieser bie

unseren Koͤnigl. Gerichten eingereichten Forderungen. Der

Dey aber, welcher mit Ungeduld der Ankunft des Restes der sieben Millionen entgegen sah, schrieb im Okt. 1827 an den Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten einen Brief, in welchem er ihn aufforderte, die 2 Million ohne Verzug nach Algier zu senden, indem er verlangte, daß die Franzoͤsischen Gläubiger ihre Forderungen vor ihm begruͤnden sollten. Der damalige Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten, Baron

nebst der Weisung erhielt, sich zu entfernen.

Betrag beim

von Damas, der es nicht fuͤr angemessen hielt, ein so wenig geziemendes Schreiben selbst zu beantworten, beschraͤnkte sich darauf, den General-Konsul zu benachrichtigen, daß das Ver—

langen des Deys unzulaͤssig sey, da es der Uebereinkunft vom

28. Okt. 1819 geradezu zuwiderlaufe. Unter diesen Umstaͤn—⸗ den geschah es, daß der General-Konsul, der am 30. April in einer Audienz vor dem Dey erschien, um ihm der Sitte gemaͤß am Tage vor dem Eintritte der Muselmaäͤnnischen Festtage Gluͤck zu wuͤnschen, von dem Dey mit Heftigkeit gefragt wurde, ob noch keine Antwert auf sein Schreiben da sey, und als er erwiederte, daß dieselbe noch nicht eingegangen sey, von ihm mehrere Schlaͤge mit einem Fliegenwedel MWe Die Regierung des Koͤnigs schickte auf die Nachricht von dieser Beschimpfung dem Konsul den Befehl zu, Algier zu verlassen; dieser reiste den 15. Juni ab, und sogleich befahl der Dey der Behoͤrde in Konstantina, die Franzoͤsischen Niederlassungen in Afrika, und namentlich das Fort Lacalle, zu zerstoͤren, welches, nach⸗ dem die Franzosen es am 21, Juni geraͤumt hatten, gaͤnzlich geschleift wurde. Zu dieser Zeit begann die Blokade, welche

uns seitdem jahrlich uͤber sieben Millionen kostet, ohne zu ir-

gend einem Resultate zu fuͤhren. In der Mitte des Juli 1829 glaubte die Regierung, die Unwirksamkeit dieses Repressalien-⸗Systems erkennend und mit dem Plane beschaͤftigt, entscheidendere Maaßregeln zur Beendigung des Krieges zu treffen, einen letzten Schritt bei dem Dey thun zu muͤssen, bevor sie einen festen Entschluß fasse. Herr von Labretonniere wurde nach Algier geschickt und trug unsere gerechte Beschwerde bis in den Pallast des Dey. Dieser weigerte sich, sie abzustellen und als Herr v. Labretonnidre den Hafen verlassen wollte, feuerten alle nahe liegenden Bat— terieeh auf ein von dem Pallaste des Dey selbst gegebenes Signal auf das Parlamentair-Schiff. Das Feuer dauerte eine halbe Stunde, bis das Schiff sich außerhalb der Schuß— linie befand. Dies ist die Reihe unserer Beschwerden und die getrere Darstellung des Standes der Dinge, welcher jetzt den Koͤnig zwingt, zu Mitteln zu greifen, die von der Vor— sehung in seine Haͤnde gelegt sind, um die Ehre seiner Krone zu bewahren, die Privilegien, das Eigenthum und die Sicher⸗ heit seiner Unterthanen zu beschuͤtzen und Frankreich so wie ganz Europa endlich von der dreifachen Geißel zu befreien, welcher die civtlisirte Welt sich mit Unwillen noch immer aus— gesetzt sieht, namlich von der Seeraͤuberei, der Sklaverei der Gefangenen und von den Tributen, die ein barbarischer Staat allen christlichen Maͤchten auferlegt. Der Graf v. Laborde macht gegen diese Darstellung der Sache durch den Minister mehrere Einwendungen und bestreitet namentlich, daß Frank⸗ reich ͤber irgend ein Gebiet an der Afrikanischen Kuͤste das Eigenthums- und Souverainitaͤts-Recht besessen habe. Kraft des Vertrages vom 1. Jan. 1694 habe Frankreich nur ein Comptoir in Bona und in Lacalle eine Faktorei fuͤr die Ko⸗ rallen⸗Fischerei und den Handel gehabt. Aus dem Artikel 3 dieses Traͤttats gehe hervor, daß der Agent der Franzoͤsischen Compagnie in Afrika einer besonderen Erlaubniß des Dey be⸗ durft habe, um eine Windmuͤhle bauen und dieselbe zum Schutze gegen Raͤuber mit einer kleinen Mauer umgeben zu konnen. Der Haupt-Vorwurf aber, den Graf v. Laborde der Franzoͤsischen Regierung macht, besteht in dem Verfah⸗ ren, das si im Verlaufe der Unterhandlungen mit dem Dey in Betreff seiner Geldforderungen beobachtet habe. Diese Forderungen schreiben sich, seiner Angabe zufolge, von gro⸗ ßen Proviant-Lieserungen her, welche die beiden Algierischen Bansuiers, Baeri und Busnach, in den Jahren 1795 1795 fuͤr die Franzoͤsische Armee in Italien und fuͤr die Expedi⸗ tion nach Aegypten gemacht hatten. Die Zahlungen fuͤr diese Lieferungen wurden von Seiten Frankreichs nach eini⸗ ger Zeit wegen schlechter Beschaffenheit des Getreides und anderer entdeckten Unterschleife eingestellt und die Forderun⸗ gen der Lieferanten bestritten. Der Dey ,, auf Zahlung und erklaͤrte sich fuͤr den Eigenthuͤmer eines Theils der gelei⸗ steten Lieferungen. In einem Schreiben, das er im August 1802 an den ersten Konsul Buonaparte richtete, aͤußert er selbst Folgendes daruͤber: „Erzeigt mir die Gefaͤlligkeit, Be⸗ fehle zu ertheilen, daß die Schuld Eurer Regierung an Ba⸗ erw und Busnach bezahlt werde, da ein Theil dieses Geldes mir angehoͤrt und ich befriedigt zu werden erwarte, wie mir Euer Konsul Dubois Thainville in Eurem Namen verspro— chen hat.“ Die Angelegenheit blieb indessen bis zur Wieder⸗ herstellung der Monarchte unerledigt. Mit dieser trat Hr. Duval als neuer General-Konful Frankreichs an die Stelle

des vorigen und versprach dem Dey, der seine Forderungen

dringend erneuert hatte, die Bezahlung derselben bei Leiner Reglerung zu bewirken. Der Koͤnig ernannte im Jahre 189 fuͤr die Liquidation dieser Schuld eine Kommission

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welche ihr Geschaͤft in wenig Monaten beendigte. Im

Dun 1820 legte der damalige Minister der aus— Rin ligen Lee, ge, den Kammern einen Gesetzent⸗ wurf vor, durch welchen in Folge eines zwischen den Koͤnigl. Kommissarien und den Bevollmaͤchtigten der Algierischen Kaufleute getroffenen und von dem Dey ratifizirten Abkom— mens sieben Millionen Franken zur Bezahlung dieser Schuld angewiesen wurden. Der dazu erforderliche Kredit wurde von den Kammern bewilligt. „Unter solchen Umstaͤnden,“ faͤhrt der Verfasser fort, „sollte man meinen, der Friede zwischen beiden Landern werde dauerhafter seyn, als jemals; wie ist es denn gekommen, daß dieses Opfer Frankreichs, welches, so⸗ wohl der Gerechtigkeit als einer verstandigen Politik zufolge, hauptsaͤchlich den Dey und die Regentschaft zufrieden stellen sollte, wie ist es gekommen, daß die in, Paris geschehene Ver— theilung dieser sieben Millionen uns im Gegentheil nach ei— nem ununterbrochenen Frieden von beinahe 138 Jahren den Krieg zu Wege gebracht hat?“ Der Verfasser beantwortet diefe Frage damit, daß diese sieben Millionen nur unter die Algierischen Kaufleute Bacri und Busnach und unter einige Franzoͤsische Unterthanen, deren Anspruͤche man durch die Artikel 4, 5, 6 und 7 des zwischen den Franzoͤsischen Kommissarien und den Algierischen Bevollmaͤchtigten getroffe⸗ nen Uebereinkommens garantirt habe, vertheilt worden seyen, und daß der Dey, der aus Unkenntniß der Europaͤi⸗ schen diplomatischen Formen und im Vertrauen auf bie Versprechungen des Consuls Duval jene Uebereinkunft unterzeichnet habe, ohne sich seine Anspruͤche in aͤhnlicher Weise zu verwahren, von jener Summe gar nichts empfangen habe. Von dieser Zeit an habe der Dey sein trotziges Be⸗ nehmen begonnen, gegen den Franzoͤsischen Konsul, von dem er sich uͤberlistet glaubte, den groͤßten Widerwillen gefaßt, die Auslieferung seiner beiden Unterthanen Bacri und Busnach, von denen der eine als Franzose naturalisirt worden war und

der andere sich nach Livorno zuruͤckgezogen hatte, verlangt,

und endlich, als er auf sein an den Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten gerichtetes Schreiben keine Antwort erhalten, den Französischen Konsul thaͤtlich beleidigt. Der große Fehler der Franzoͤsischen Regierung bei dieser Unterhandlung bestehe darin, daß sie unterlassen habe, den Dey, ehe er das Ueber— einkommen unterzeichnete, uͤber seine Lage aufzuklären und ihn zu veranlassen, zur Sicherstellung seiner Anspruͤche an jene Summe von 7 Millionen dieselben Vorsichtsmaaßregeln zu treffen, welche von den Kommissarien zu Gunsten Franzoͤsischer Unterthanen genommen worden waren. Daß man dies un— terlassen, sey höchst tadelnswerth, indem dadurch allein der

Krieg herbeigefuüͤhrt worden sey.

(Fortsetzung folgt.)

Die St. Petersburgische Zeitung enthaͤlt in den neuesten Blattern eine Statistik des Paschaliks Erzerum, aus der wir Folgendes entlehnen:

„Das Paschalik Erzerum graͤnzt im Norden an die Pa⸗ schaliks Trapezunt und Achalzich, im Osten an Kars und Bajazet, im Suͤden an Musch und Madan und im Westen an das Paschalik Siwas und an den Sandschak Gijumisch⸗ Chane. Es liegt zwischen dem 39sten und dem 41sten Grad Nördlicher Breite und dem 58sten und 61sten Grad der Laͤnge und hat eine Oberflaͤche von ungefaͤhr 25, 809 Quadrat— werst oder 4685 Deutschen Meilen. Eine hohe keinen eige— nen Namen ae Gebirgskette bildet gegen Norden die Graͤnze des Paschaliks; dort indeß, wo sie an den Sandscha— ken von Achalzich hinläuft, hat man ihr und einigen Neben— gebirgen die Namen Kiratschli⸗Dagh, Sewri und Duschli⸗ Dagh beigelegt. Die Daß⸗Dagh⸗Berge verbinden diese Kette mit bem Gebirge von Oga, das den Sandschak Baiburt von den Gebieten trennt, welche die Lasier im Paschalik Trape— zunt bewohnen. Die Saganlu-Gebirge liegen auf der 9Ost— graͤnze des Paschaliks und erstrecken sich von hier aus bis an den Araxes. Die Gebirge Gadshi⸗Ghedjuk, Bingel ') und KashmirDagh bilden zum Theil die Gränze im Süden und Osten; durch das erstere wird das Paschalik Erzerum von Bajazet, durch das zwelte von Musch, und durch letz terzs von Madan getrennt. Den westlichen Theil des Paschaliks bedecken Zweige der Kaschmir- und Kop⸗Dagh⸗Gebirge. Meh⸗ rere der groͤßern Fluͤsse Klein⸗Asiens, die im Paschalik Erze⸗ rum ihre Quellen haben, zeugen von der hohen Lage dessel⸗ ben. Mitten im Paschalik erheben sich, als Arme des Bin⸗ gel- und Kaschmir⸗Gebirges, die Berge Gelim-Dagh, Kara— tap, Schaischandagh und Paljantukass. Der Gjaur⸗-Dagh, ein Arm des noͤrdlichen Gebirges, durchschneidet die Ebene, in welcher Erzerum liegt. Der Saganlu, Bingel und Kaschmir

) Bing gheul.

gehören zu den hoͤchsten Bergen in Armenien, wie ihre bis in den ersten Tagen des Juli mit Schnee bedeckten Gipfel dies beweisen. An den Seiten und Abhaͤngen derselben, be⸗ sonders des Bingel, finden die Heerden fette und gesunde Weiden, auf welche die Kurden dieses Paschaliks und der be⸗ nachbarten Provinzen im Sommer wandern; sobald aber der Herbst herannaht und fuͤr den Winterbedarf hinlaͤnglich Heu herabgeschafft worden ist, ziehen sie in die Thaͤler des Araxes und seiner Nebenftuͤsse, woselbst sie mehr gegen die strenge Kaͤlte gesichert sind. Der Araxes, der Euphrat und der Tschoroch erhalten ihr Daseyn im Paschalik Erzerum. Das ganze Paschalik Erzerum hat weder einen See noch Morast aufzuweisen. Im Herbst und im Fruͤhling sind die Ufer des Euphrat sumpfig, als Folge der Ueberschwem— mungen, die auch in den Gebirgen Saganlu und Bingel hier und da stehende Wasser zuruͤcklassen. Nicht weit vom Dorfe Elidssha, 15 Werst von Erzerum “), trifft man warme Schwefelquellen, zwischen den Orten Medshingert und Cho— roßan, am Bache Tschurmjuk; mehr Aufmerksamkeit verdient indeß die warme schwefelsaure Quelle bei der Festung Hassan⸗ Kale, woselbst fuͤr die Bequemlichkeit der Besuchenden ein recht huͤbsches Badehaus erbaut ist. Die Doͤrfer des Pa⸗ schaliks Erzerum, an den Abhaͤngen hoher bis im Monat Juli mit Schnee bedeckter Berge gelegen, erfreuen sich einer gemaͤßigten und hochst gesunden Temperatur. Der Winter

ist zwar manchmal streng und anhaltend, aber der Sommer

dafür nie druͤckend heiß. In den Ebenen von Erzerum und Hassan-Kale, in denen viele Bergschluchten zusammenlaufen, und im Saganlu-ꝛGebirge herrschen besonders im Herbst heftige den Reisenden nicht selten gefährliche Stuͤrme. Auf den Bergen selbst ist die Kaͤlte im Winter so empfindlich, daß die Einwohner sich auf denselben nicht angebaut haben und nur hier und da auf dem Saganlu und Bingel einzelne Huͤtten (welche den Kurden zum Sommeraufenthalt dienen) oder kleine Vorwerke der tiefer liegenden Doͤrfer angetroffen werden. Die an der Suͤdgraͤnze des Paschaliks Achalzich gelegenen Sandschake Tortum und Inspir haben ein von dem der uͤbrigen Sandschake ganz verschiedenes Klima. Der Sommer ist daselbst heiß, der Winter kurz und mithin die Witterung nicht sehr gesund.

Die Fruchtbarkeit des Bedens ist bedeutend, besonders in den Sandschaken Owa, Beiburt, Terdschan, Erzyngan und in Ober- und Nieder-Passin. Weizen und Gerste gedeihen vortrefflich. Das Getreide giebt in der Regel das Ihste, nicht selten das 0ste Korn, und nach der Versiche⸗ rung der Eingebornen sollen in Nieder-Passin die Felder des Dorfes Jusweran (welches „hundertfaͤltig“ heißt) so ge— segnet seyn, daß die Aussaat nicht selten das 100ste Korn giebt. Die großen Wiesen an den Fluͤssen und Bergab⸗ haͤngen beguͤnstigen die Viehzucht. Gemuͤse und Obst gedei⸗ hen ebenso gut, letzteres vorzuͤglich in den Sandschaken Tor⸗ tum, Ispir, Erzyngan, wo alle Suͤdfruͤchte reifen. Nicht so in den ubrigen Sandschaken, deren Temperatur nur den Anbau solcher Fruͤchte gestattet, die im Norden gedeihen. Schoͤnes Schlag- und Bauholz liefern die Saganlu- und Kopdagh-Gebirge und der Sandschak Tortum; hier wachsen Eichen, Fichten, Tannen, Birken und der Wachholder. Gewoͤhnllches Brennholz faͤllt man in der Schlucht von Schuan-Daraßt, bei dem Dorfe Aschkala. Salz be⸗ ziehen sowohl die Stadt als auch saͤmmitliche Sandschake aus den Gebirgen von Tortum und den Salzquellen im Sandschak Kig!. Minder ergiebige Quellen finden sich bei den Dörfern Aschkala und Mehmud im Terdschan und bei dem Orte Bar (auf der Straße von Achalzich. Das Pa—⸗ schalik hat 9 von besonderen Begs verwaltete Sandschake; nämlich? Tortum, Ispir, Baiburt, Terdschan, Erzyngan, Kigi, Nieder⸗Passin? Ober-Passin und Owa. Die Bevoͤlke⸗ rung besteht aus Tuͤrken, Armeniern, Griechen, Kurden, die hier schon gewissermaßen ansaͤssig sind, und einigen Lasiern im Sandschak Baiburt unweit der Berge von Owg. Die Sandschake Kigi, Terdschan, Nieder, und Ober⸗-Passin wer⸗ den von Kurden bewohnt. Die Beschaͤftigungen und Lebens⸗ weise der Bewohner des Paschaliks sind sehr verschieden; so leben die Türken, welche die Militär-Posten und die burger⸗ lichen und geistlichen Aemter bekleiden, von den Einkuͤnften ihrer Guter, und verzehren das Geld, welches sie nebenbei von den armen Bauern 'erpreffen; selten wird sich ein Tuͤrke mit dem Handel beschaͤftigen, welchen er ganz den die Staͤdte bewohnenden Armeniern uͤberlaͤßt. Die Griechen sind die besten Handwerker und verfertigen vorzugsweise alle Ar⸗

Auf der Ebene von Erzerum befinden sich noch zwei an⸗ dere warme Schwefelqucllen, und zwar bei den Doͤrfern Arsita und Xa⸗Mahmed.