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tismus und Aberglaubens in einem Lande erwarten, wo seit 14 Jahren mehr als 49 vollstndige Ausgaben der 39 Bände Voltaire's erschienen und verkauft worden sind, während die Generation von 1789, die die Revolution her⸗ beigefuhrt hat, nur mit einer oder zwei Ausgaben bedacht wurde.
„Nachdem ich hiernach den Zustand der religioͤsen Frei⸗ heit in meinem Vaterlande dargethan habe, bliebe mir noch das Kapitel der buͤrgerlichen Freiheit in Frankreichs In⸗ stitutionen und Sitten zu verhandeln.“
„Was die Institutionen betrifft, so glaube ich mich auf des Herrn von Malchus Statistik und Staatenkunde (1826) Cap. , Staats⸗Verfassung“, beziehen zu durfen. Es erhellt dar⸗ aus, daß Frankreich das einzige Land in Europa ist, wo uͤber der Ration nur der König (die Regierung) steht. Unsere Verfassung läßt eben so viel Freiheit zu, als die Englische, und überdies Gleichheit. Der Adel ist in Frankreich ein bloßer Titel, wie in Deutschland das Wohlgeboren; in England dagegen ist die Aristokratie eine Thatsache und e in Privileg lui; weshalb man mit Recht gesagt hat, daß Frankreich eine ganze Revolution vor England voraus habe. Aus diesem Grunde walten auch die jetzi⸗ gen politischen Streitigkeiten in Frankreich zwischen der Na—⸗ tion unb dem Könige, in England aber zwischen der Nation einerseits, und der Aristokratie und dem Klerus andererseits ob.“
„Die politischen Sitten anlangend, so ist zuvoͤrderst die Ju stiz⸗Ver waltung in Frankreich nur mit hoͤchst unbe— deutenden Kosten verknuͤpft und vollig frei von aller Beste⸗ chung, mit Ausnahme derjenigen, die etwa der Parteigeist zuweilen uͤbt, die sich jedoch nur bei einigen politischen Prozessen und bei diesem oder jenem UnterTribunale gezeigt hat. Die eigentliche Verwaltung (der absetzbaren Staats⸗ Beamten) ist nicht frei von Parteilichkeit, — von dem, was man in Frankreich Ministeriglismus nennt, aber sie ist durch— weg rein von aller Ver kaͤuflichkeit, Wie viele Reklamationen sind z. B. nicht uͤber falsche Wahlen erhoben worden; nach der genauesten Untersuchung haben sich jedoch nur einige we⸗ nige als gegründet ergeben, und soviel mir bekannt ist, keine einzige, wobei das Geld eine Rolle gespielt hatte. Man betrachte dagegen England. Hier findet man einer seits die verfallenen Burg⸗ flecken, andererseits lauter mit Geld erkaufte Wahlen, ohne daß man einmal ein Geheimniß daraus machte. In Frankreich würde ein Wähler sich schmen, irgend einen Lohn fuͤr die Kosten sceiner Reise oder seines Aufenthalts am Hauptorte der Provinz anzunehmen. — Man bedenke endlich, wie viel Zugestaͤndnisse die öffentliche Meinung von der Regie— rung, ungeachtet des Mangels an Einigkeit zwischen ihr und dem Lande, erlangt hat: die Unabhaͤngigkeit von Haiti, die faktische Anerkennung der Suͤd⸗Amerikanischen Freistaaten, bie Verordnung von Andujar bei Gelegenheit des Krieges in Spanien; die Expedition nach Morea, — ein Seitenstuͤck zu der Expedition Ludwigs XVI., ; kanischen Freistaaten, nur daß diesmal kein Eigennutz dabei im Spiele war. Und man glaube ja nicht, daß, falls die Eypedition nach Algier gluͤcken sollte, Frankreich sich damit begnuͤgen werde, sie zu seinem alleinigen Nutzen ausschlagen
zu lassen, wie England solches bei der Expedition des Lord
Exraouth gethan hat. Ich habe vielmehr die Üeberzeugung, daß ganz Europa aus jener Expedition Nutzen ziehen und daß sie zur volligen Ausrottung der Ajrikanischen Raubstaa⸗ ten fuͤhren wird. — Kein Minister in Frankreich wuͤrde nach den nachtheiligen Schilderungen, die von Dom Miguels sitt⸗ lichem Charakter entworfen worden sind, es wagen, den Kam⸗ mern, wie Lord Aberdeen im Britischen Parlamente, zu sa— gen: „„Wir wollen diesen Fuͤrsten, trotz aller seiner Fehler, dennoch anerkennen, denn unser Vortheil erheischt solches.““ Kein Pair, kein Deputirter in Frankreich wuͤrde sich, wie Lord Holland, darauf beschraͤnken, dem Minister zu antworten: „„Warum habt Ihr Euch in diese Nothwendig— keit versetzt?“““ — Es haben sich in Frankreichs Politik viel leicht schon manche nicht durchweg zu vertheidigende Dinge zugetragen, und es konnen sich moglicher Weise deren auch in der Folge noch zutragen; aber nie wird man eine un— moralische Handlung so dreist und unverhohlen eingestehen, als in England.“ — .
„Möoͤgen diese Ansichten eines Franzosen, der seinem Lande mit Liebe, aber doch nicht bis zur Verblendung zuge⸗— than ist, dazu beitragen, manche irrige Meinungen, die sich im Auslande über Frankreich verbreitet haben, zu beseitigen.“
Gedruckt bei A. W. Hayn.
zu Gunsten der Nörd⸗Ameri⸗
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Königliche Schauspie le.
2 30. April. Im Opernhause: Die Belagerung von Korinth, lyrisches Dramg in 3 Abtheil., mit Ballets; Musik von Rossini. (Dlle. Sontag, Königl. Kammer saͤnge⸗ rin: Pamyra, als Gastrolle.) 5
Zu dieser Vorstellung sind nur noch Billets zum Par— terre und Amphitheater zu haben.
Sennabend, 1. Mai, Im Schauspielhause: Kabale und
Liebe, Trauerspiel in 5 Abtheilungen, von Schiller.
Mittwoch, 5. Mai. Im Opernhause: Concert Spiri⸗ tuel, ausgefuͤhrt von den Koͤnigl. Saͤngern und Saͤngerinnen, so wie von den säammtlichen Mitgliedern der Koͤnigl. Kapelle und dem gesammten Chor-Personale des Koͤnigl. Theaters, unter der Direction des Koͤnigl. General-Musik-Direktors und Ritters Herrn Spontini. a .
Kön ig städtisch es Theater.
Freitag, 30. April. Das Strandrecht, Schauspiel in 4 Akt. ierauf: Staberl als Freischuͤtz, Parodie mit Gesang, in 3 Akten.
Sonnabend, 1. Mai. Aschenbrobel, komische Oper in 2 Akten; Musik von Rossini. (Dlle. Vio, vom K. K. priv. Theater an der Wien, engagirtes Mitglied dieser Buͤhne: Aschenbroͤdel, als zweites Debuͤt. Hr. Schuster, erster Teno⸗ rist des K. K. Hof-Opern-Theaters in Wien, neu engagirtes Mitglied dieser Buͤhne: Prinz Ramiro, als erstes Debuͤt. )
e . Den 29. April 1830. Amtl. Fonds- und Geld- Cours Zettel. (Preuss. Com-)
I, rr e,. Geld. 1
r, d, St -B ehuld-Sch; 1015 1011 Pr. Engl. Aul 18 1955 Pr Engl. Anl 22 1053 Kurm Ob m. EC. 101 Neum. Int. Sch. il 101 Berl. Stadt. Ob. 102 Königsbg. do. 100 Elbinger do. 1092 Danz. do. in III. 314 VWestpr. Pfab. A. 102 dito. dito B. 102 Gr sh. Pos. 40 — Osipr. Pfandbri. 4 1027
Wechsel- Cours. Amsterdam dito Hamhurg
Pbomin. siandhbr. Kur- u. Neum. do. Schlesische do. bomm. Dom. do. Märk. do. do. Qstpr. re, . RksSt. C. d Kr u X. Sch. d. . u. N.
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ö 39 fit. n, , w ,, 1 1 681.
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1033
99 162 1034
Auswärtige Börsen. Amsterdam, 24. April. Niederl. wirkl. Schuld 653. Kanzbill. 31. Gesterr.
proc. Netall. 983.
Hamburg, 27. April. ; Oesterr. 5proc. Metall. 10923. 4proc. pr. ult. 93. Part- k- sig. desgl. 1407 Bank- Aetien dess. 13530. Kass Engl. Ant- 1o93. Kuss. Anl. Hamb. Cert. 1047. Poln. pr. ult. 132. Dan. proc. J3. .
Wien, 24 April. proc. Metall. 102. 4proe. 93. Los zu 100 Port. Oblig. 1393. Bank-Achen 135673.
FI. 185.
Berichtigung. In der Beilage zum gestrigen Blatt dieser Zeitung, S. 8990, Sp. 2, 3. 2 l. „1 1,932, 990“ st. 11,942,990.
RNedae teur Joh n. Mitredacteur Cottel.