1830 / 161 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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wie seine Bemerkungen uͤber die Maurischen und Juͤdischen 12 tragen den Charakter der Wahrheit an sich. Auf der anderen Seite aber treten die Vorurtheile und die Partei⸗ lichkeit des Verfassers auf jeder Seite hervor, und neben man⸗ chen brauchbaren Angaben sucht man vergebens eine Menge anderer, welche er verspricht, aber nicht giebt. Die zweite Broschuͤre ist eine reine Buchhaͤndler⸗Spekulation. Der Her⸗ ausgeber hat eine zu Anfang des vorigen Jahhrunderts in Eng—⸗ land erschienene Beschreibung Algiers benutzt, Titel und Da⸗ tum verändert und einen Bericht uͤber die Expedition des Lord Exmouth hinzugefuͤgt, um dem Buche einen modernen Anstrich zu geben. Auch eine Einleitung, nebst sogenannten philosophischen Reflexionen und Uebersichten, die fast immer mit dem Texte des Buches im Widerspruch stehen, hat er hinzugesetzt. Man findet darin zwar manche gute Notiz, aber da man weder den, der spricht, noch die Zeit von der gesprochen wird, kennt, so weiß man nie, in wie weit man man ihm glauben darf. Die dritte Broschuͤre fuͤhrt den Titel: „Erinnerungen“; der Verfasster scheint sich aber an nichts erinnert zu haben, oder er weiß von dem was er in seiner Gefangenschaft in der Berberei gesehen haben will, nichts zu erzählen. Anstatt der Thatsachen giebt er uns Be— trachtungen uͤber die Bewaffnung, welche man den nach Al⸗ gier bestimmten Expeditions⸗Truppen . soll. Die vierte Schrift ist eine durch einen schreibfertigen Mann verfaßte, mit guten Karten versehene Compilation, enthalt aber nichts, als was der Verfasser in bereits bekannten Buͤchern gefunden hat. Die fuͤnfte Broschuͤre traͤgt das Gepraͤge des Talents und der Vaterlandsliebe des ehrenwerthen Deputirten, der sie geschrieben, und enthaͤlt schaͤtzenswerthe Angaben uͤber die di— plomatischen Verhaͤltnisse Frankreichs zu Algier; man muß aber darin mehr Untersuchungen uͤber das Benehmen des Franzoͤsischen Ministeriums, und vielleicht sogar Gruͤnde zu einer Anklage gegen dasselbe, als eine statistische Beschreibung oder eine Geschichte Algiers suchen.“

„Nicht mit diesen parlamentarischen Streitfragen wollen wir uns hier beschaͤftigen. Es ist moglich, daß der Dey von Algier durch seine Agenten Bacrt und Busnach betrogen worden ist, und daß Leute, die Einfluß beim Franzoͤsischen

Tadel ist, und in diesem Falle hoffen wir, daß eine gruͤndliche

Erörterung in den Kammern uͤber alle Unterschleife und Be⸗

truͤgereien Licht verbreiten, und daß die Schuldigen, wenn es deren wirklich giebt, der verdienten Strafe nicht entgehen werden. Auch kann man glauben, daß der jetzige Krieg vom Ministerium weniger, um eine Beleidigung zu raͤchen, als um die Nation durch Kriegsruhm zu blenden, unternommen

worden ist, und daß man in den Feldern von Algier nicht so⸗

wohl die Seeraͤuber als die Wähler, welche den Reihen der Opposition neue Verstaͤrkung schicken, besiegen will. In die⸗ sem Falle zweifeln wir nicht daran, daß dieser leicht gebaute Plan mißgluͤcken wird, denn die Waͤhler werden es ihren Abgeordneten zur 23 * machen, strenge Rechenschaft uͤber das Blut und das Gelb Frankreichs zu fordern. Aber dies alles sind fuͤr jetzt noch bloße Besorgnisse, Vermuthungen und Geruͤchte, die uns noch nicht genug Realität darbieten, um an eine nähere Prufung derselben zu gehen.“ Auf eine hohere, allgemeinere Frage wollen wir einge—⸗ hen, die durch den Parteigeist und durch das Mißtrauen, welches das Ministerium einfloͤßt, in den Hintergrund gestellt zu werden scheint. Wir hegen naͤmlich den festen Glauben und wollen es darthun, daß der Krieg gegen Algier, an und fuͤr sich betrachtet, wenn er zu rechter Zeit unternommen und bis zu dem Ziele, das er seiner Natur nach erreichen muß, durchgefuͤhrt wird, ein gerechter, ehrenvoller und fuͤr Frankreich nuͤtzlicher Krieg ist, so wie, daß die Eroberung der so nahen Kuͤsten der Barbarei von allen Eroberungen, die Frankreich wuͤnschen kann, die vortheilhafteste ist.“ : (Fortsetzung folgt.)

Ministerium hatten, diesen Betrug beguͤnstigt haben, um ih⸗ Derbe. Elend,. ren Antheil davon zu erhalten. Es ist moͤglich, daß das Be⸗ nehmen des Franzdͤsischen Konsuls in Algier nicht frei von.

Metall. .I.

Königliche Schauspiele. Freitag, 114. Juni. Im OHpernhause: Die Fuͤrsten Chawansky, Trauerspiel in 5 Abtheilungen, von E Raupach. (Mad. Schröder, vom Kaiserl. Koͤnigl. Hoftheater zu Wien, Zaarewna Sophia, als erste Gastrolle).

Im Schauspielhause; 1) Le fondé de pouvoirs, vau-

devilse en 1 acte. 2) L'héritière, vaudeville en 1 acte, par Seribe. 3) Les freres féöroces, ou: Mr. Bonnardin à sa répétition, mélodrame en 1 acte. =

onnabend, 12. Juni. Im Schauspielhause: Pagen⸗ streiche, Possenspiel in 5 Abtheilungen, von Kotzebue.

Königstädtisches Theater.

Freitag, 11. Juni. Zum erstenmale: Die falsche Cata⸗ lani. Posse mit Gesang in 2 Akten, von A. Baͤuerle; die Musik ist arrangirt vom Musik-Direktor Herrn Kugler, (Hr. Kirchner, vom K. K. priv. Theater a. d. Wien: den Schau— spieler Lustig, als erste Gastrolle.)

Sonnabend, 12. Juni. Zum erstenmale: Die diebische Elster, komische Oper in 2 Akten; Musik von Rossini.

Berliner Börse. Den 10. Juni 1830.

Amtl. Fonds- und Geld- Cours Vettel. (Prernsss. Cour.)

D , i, fd 1 1005. 10095 s6omm. Pkandbr. 1055 33 IKur- u. Neum. do. 106 104 3 8chlesische do. 1074 100 Pbomm. Dom. do. 100 Märk., do. do. Ostpr. do. d. K kst. C. d K u. X. I. - Sch. d. K. u. N.

Holl vollw. Duc Neue dito Friedrichsd' or.

Disconto ....

St · Schuld- Sch. Pr. Engl. Anl. 18 Pr Engl. Anl. 22 Kurm Dp. i. I. C. KReum. Int. Sch.d. Berl. Stadt- Ob. Königsbg. do. Elbinger do. Danz. do. in II.. Wes tpr. Pfdb.A. dito dito B. Grolshꝝx. Pos. do.

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33, Wechsel- Cours.

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Brie, ,s.

Kurz 1413 2 M, fia Kurz 1509 i k. 2 Mt. 1457 Lonston 3243 Nt 6 261 Paris 323 Me. 81 Wien in 260 Ar... 2 Mt. 1603 Augsburg . 2 1025 Breslau 2 Mi. 33 Leipzi : Ihl. Uso 1025 Frahk fart a. M. W . Mr. 1021 Petersburg BN. ..... ... 100 Rl. 3 Woch. Warschau bo0 FI. Kurz a

Auswärtige Börsen.

Ams ter dam, 5. Juni. , Niederl. wirkl. Schuld 656. Kanabill. 303. COesterr. Spro. Russ. Anl. Hamb Cert. 102.

Hamburg, 8 Juni. Oesterr. 5proc. Metall. I6. rief., 4proe. Bre. ult. 563. Lart.- Oblig. desgl. 373. Bank- Actien 1345. Russ, Engl. Anl. 1063. Russ. Anl. Hamb. Ceri. 1023. Poln. pr. ult. 1263. Dan. 71.

3 ,, 1. Juni. Hamburg 3 Mon. 937. Silber- abel 3663 Kop.

Wien, 5. Juni. . 6. proc. Metall. 1005. 4proe. 963. Part. Oblig. 13673. Bank- Actien 1348.

1

Neue ste B ür sen⸗ Nachrichten.

2

Frankfurt a. M., 7. Juni. Hesterr. 5proe. Metall. 995. 4proc. 9õ?. Bank⸗Aetien 1610. Partial⸗Obligat.

1345. Geld.

proc. 60. Paris, 4. Juni.

1proe. 253. Loose zu 100 Fl. 1813. Brief. Zproc. Rente per compt. 78 F

. Fs5 Tent., Zproc. sin cour. 79 Fr. 20 Cent. sproc. per

compi. 166 Fr., 5proc. fin cour. 104 Fr. 35 Cent. 5proc. Neap. (ohne Coup.) 8 Fr. 70 Cent. 5proc. Span. perp. 69 Ft.

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Gedruckt bei A. W. Hayn.

Redaeteur John. Mitredaeteur Co ttel.

Freu so. Cour.

Allgemeine

Preußische Staats-s3 eitung.

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M 161.

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Se. Majestaͤt der Koͤnig haben dem Prediger Backe

zr Abtshagen, im Regierungs-TBezirk Koͤslin, den Rothen Adler⸗Orden vierter Klasse zu verleihen geruhet.

Bekanntmachung.

In Verfolg der Bekanntmachung des Herrn Chefs des Seehandlungs-Instituts vom 26. September v. J. bringen wir hierdurch zur Kenntniß des betheiligten Publikums, daß die Berloosung der am 3. Januar k. J. zur Abloͤsung kom— menden Obligationen der Preußischen Englischen Anleihe von 1822, im Betrage von 326,000 Pfd. Sterling, am 1. Juli d. J. Vormittags um 11 Uhr in Gegenwart eines Mitglie— des des unterzeichneten Instituts und der dazu erwaͤhlten bei— den Notarien, Regierungsrath von Herr und Justiz-Kom—

missionsrath Bode, in dem großen Konferenz-Zimmer des

Seehandlungs-Gebaͤudes geschehen, und das Resultat dersel— ben oͤffentlich bekannt gemacht werden wird. Berlin, den 7. Juni 1830. General-⸗Direction der Seehandlungs⸗Soecietaͤt. (gez. Kaiser. Mayet.

Durchgereist: Der Kaiserl. Russische Kammerjunker

von Hitroff, als Courier von Paris kommend, nach Warschau. *

Zeitungs-Nachrichten. Ausland. . Frankreich.

Paris, 4. Juni. Der Erzbischof von Paris, so wie die Kaiserlich-Russischen Gesandten in London und Ma— drid, Graf von Matuszewiez und Herr von Oubril, hatten heute Privat-Audienzen beim Koͤnige. Gegen Mittag statte— ten Se. Maj. in Begleitung des Dauphins dem Koͤnige und der Koͤnigin von Neapel im Elysée-Bourbon einen Besuch ab. Der Ball, den der Königlich Sicilianische Botschafter, Fuͤrst von Casteleicala, uͤbermorgen geben wollte, ist, wegen der fortdauernden Unpaͤßlichkeit seines Souverains, auf den 9ten verlegt worden.

Die Gazette de Franee glaubt zu wissen, daß die

Liste der Praͤsidenten der Wahl⸗Kollegien innerhalb drei Ta—⸗ 6e erscheinen werde. Viele der Praͤsidenten, fuͤgt dieselbe jinzu, seyen, da sie ihre Ernennung schon vorlaufig erfahren haͤtten, bereits nach dem Orte ihrer Bestimmung abgegangen; was die angekuͤndigten Veraͤnderungen im Ministerium be— treffe, so lasse sich nicht annehmen, daß sie sobald erfolgen wuͤrden, da das Wahlgeschaͤft jetzt die Hauptsache sey, eine Modificgtion des Ministeriums aber darauf nicht den min— desten Einfluß haben wurde; erst wenn die neue Kammer zu—⸗ ammengesetzt sey, duͤrfe man daran denken, eine aus lauter faͤhigen usd energischen Männern bestehende Verwaltung zu— sammenzusetzen. Das Gerücht von einer an die Waͤhler zu erlassenden Proclamation im Namen des Koͤnigs erhaͤlt sich. Der Con— stitutisnnel äußert heute uͤber diesen Gegenstand Folgen⸗ des: „Allem Anscheine nach wird ein Jeder der Praäͤsiden⸗ ten der WahlKollegien ein Exemplar dieser Proclamatton mit sich nehmen und es im Einverstaͤndniß mit den Behoͤr— den des ihm anvertrauten Wahl-Bezirks bekannt machen. In diesem Manifeste wird der Konig allein und in seinem Ra—

Berlin, Sonnabend den 12ten Juni

1830.

Stimme einfloͤßt, verspricht man si e Ministeriums. Eine solche . . . . h. gen den verfassungsmaͤßigen Gebrauch, daß wir sie . bloße Fabel halten wuͤrden, wenn die ministeriellen Organe sich nicht muͤheten, sie zu rechtfertigen und die Nothwendig⸗ keit derselben zu beweisen. Unter diesen Umstaͤnden e, . auch wir unsere Meinung daruͤber abgeben, um darz thin . r, ein Ministerium auf sich de, das sich nicht scheute, einen constitutionnelle⸗ Fürsten zu einer der seltensten Handlungen 6, Nonarchie zu verleiten. Glaubt man denn, daß die dem Köoͤnige aufgelegte Verbindlichkeit, seine Verfuͤgungen außer mit der seinigen auch noch mit der Unterschrift eines seiner Mi⸗ nister versehen zu lassen, einzig und allein in dem Interesse des Volkes und in der Absicht, die Ausuͤbung der Koͤnigl Macht zu beschraͤnken, ersonnen sey? Dies wäre ein . tiger Irrthum. Die Contrasignatur, dieses materielle Zeichen der Verantwortlichkeit der Minister, ist von allen Gesetzen das nuͤtzlichste und nothwendigste fuͤr das Königthum selbst; sie sanetionirt die Unverletzlichkeit des Fuͤrsten. Ohne sie faͤllt jener erhaltende Grundsatz der Publizisten Der nig kann nicht irren, von selbst weg, und Alles wird auft Neue in Frage gestellt: die Liebe und das Vertrauen des Volkes, die Wuͤrde und Sicherheit des Thrones. Das Kö— nigthum, herabgewuͤrdigt zu dem Stande und den Befug⸗ hissen seiner Minister, reißt sich selbst den zuͤchtigen Saler herab, der seine Kraft ausmacht und ihm die Ehrfurcht der Menge erwirbt; vollig entbloͤßt stellt es sich den Augen der— selben dar. Mit der Contrasignatur ist die Unverictzlichkeit des Herrschers eine fruchtbringende Wahrheit, ohne diefelbe werden alle Gedanken verwirkt, alle Gränzen vernichtet.“ Die Gazette de Franee theilt diese Ansicht nicht Der constitutionnelle König von 1791“, äußert sie, „die Rep bitt von 1793, das Direktorium, der erste Konful, der Kaiser Ludwig XVIII., Alle haben Proclamationen ohne die Contra! signatur eines Ministers erlassen, und nie ist es den Liberalen eingefallen, der Regierung dieses Recht, unter welcher Form es auch geuͤbt wurde, streitig zu machen. Eine Proclamation ist kein der Verantwortlichkeit unterworfener Akt, da sie nichts verfuͤgt, kein Interesse verletzt, nicht den Charakter eines Gesetzes oder einer Verordnung an sich tragt, keinen Gehorsam erheischt und nicht exekutorisch ist. In einer Pro— clamation wendet man sich an den gesunden Sinn und das gute Gewissen der Menge, der dadurch in keinerlei Weise Zwang angethan wird, dergestalt, daß einerseits das Koͤnig⸗ thum unverletzlich, wie bisher, bleibt, und andererseits der Verantwortlichkeit der Minister nicht zu nahe getreten wird. Was auch der Constitutionnel sagen möge, er wird Nieman⸗ den uͤberzeugen, daß der Koͤnig das Recht nicht habe, fuͤr seine Person an jeden einzelnen Waͤhler zu schreiben und ihm seine Besorgnisse um das Wohl des Staats, seine Wuͤnsche fuͤr das Gedeihen desselben, und sein Verlangen nach Deputirten, die mit ihm fuͤr das allgemeine Beste wir— ken, auszudruͤcken. Eine Koͤnigl. Proclamation ist aber nichts anderes, als ein Rundschreiben an die Wähler. Es giebt nichts Verfassungsmäßigeres. Die liberale Partei, ohnehin schon erschuͤttert durch die Einigkeit der Royalisten und ihre eigenen Spaltungen, fuͤrchtet, wie es scheint, die Folgen einer söichen Proclamation. Grund mehr, um sie ju erlassen. Noch nie war eine solche Maaßregel, deren Mißbrauch

allerdings zu tadeln waͤre, nothwendiger; noch nie fuͤhlten die

Franzosen ein groͤßeres Beduͤrfniß, die Stimme ihres Mo⸗ narchen zu vernehmen und Vertrauen und Zuversicht aus ihr zu schöͤpfen.“ =

Der Universel und nach ihm der Moniteur enthielten vorgestern und gestern einen langen Aufsatz, worin nament- lich die Meinung ausgesprochen wurde, daß der Konig in

men reden, und von der Ehrfurcht, die diese erhabene

dem gegenwaͤrtigen Kampfe der Parteien nicht nachgeben