1830 / 201 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Thu, 22 Jul 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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bringen, haͤtte Hr. Hyde de Neuville die Absicht, die Mini— . . bei h 6. der Session uͤber die Deutung des Art. 14 der Charte zu befragen. 1.

In Lissabon ist, der geschehenen Publikation zufolge, wirksich ein Anleihe⸗Geschaͤft für die Regierung Dom Mi⸗ guels zu Stande gekommen. Man schreibt dieserhalb Fol— gendes aus der Portugiesischen Hauptstadt: „Kontrahenten sind die Herren Goldsinidt und Comp. aus Paris, als deren Beistand die Herren Thuret und Comp. genannt wer den. Die Anleihe beläuft sich auf 25 Millionen Franken, die 5pCt. Zinsen tragen und binnen 25 Jahren durch halbjahrliche Verloosungen getilgt werden sollen. Den Betrag der Zinsen, so wie des Kapital-Tilgungs-Fonds fuͤr das erste Jahr be⸗ halten die Kontrahenten sogleich zuruͤck. Als Sicherheit fuͤr Ka⸗ pital und Zinsen werden die Zollhaus⸗-Einnahmen von Porto und Madeira, und die Steuer von allem Fleisch, das im Koͤnigreiche verzehrt wird, verpfaͤndet. Londoner Blätter 3ußern mit Bezug auf diese Anleihe: „In Lissabon herrscht uͤberall die Meinung, daß das Geschaͤft blos scheinbar, nicht aber in der That abgeschlossen worden sey. Man will naͤmlich so viele Obligationen verkaufen, als man los werden kann, und die uͤbrig bleibenden der Regierung anheim stellen Die an⸗ gebotenen Sicherheiten sind durchaus nichtiger Art, denn Jedermann in Lissabon weiß, daß die Zoͤlle von Porto, so Die noch mehrere andere Zweige des Staats-Einkommens, von der bestehenden Portugiesischen Regierung fuͤr die naͤchsten 3 Jahre bereits verpachtet worden sind. Die Speeulation selbst will man auf der hiesigen und auf der Pariser Börse in Ausfuhrung zu bringen suchen, weil man vermuthet, daß auf diesen Plätzen Niemand so genau mit dem Finanz⸗Zu⸗ stande Portugals bekannt seyn werde, als man es im eigenen Lande ist. In Lissabon hat man die Obligationen a 62 pCt. angeboten, doch nicht Ein Kaͤufer hat sich dazu auffinden lassen.“

i Capitain Maitland, Befehlshaber des Linienschiffes Wel⸗ lesley/, soll zum Contre⸗Admiral, der Vice⸗Admiral Sir Phi— lipp Durham, zum Admiral, und der Vice Admiral, Sir John Beresford, zum Befehlshaber von Sheerneß ernannt werden.

Nach Berichten aus Dublin, hatten die gewohnlichen am 12. Juli in Irland stattfindenden Prozessionen an mehreren Orten in den nördlichen Provinzen große Menschenmassen vereinigt und Veranlassungen zu Unfug mancherlei Art ge— geben. In Newry sollen sogar 2 Menschen getoͤdtet wor— den seyn; in Armagh mußte sich das Militair einmischen und mehrere der unruhigsten Koͤpfe verhaften. 6

Unter den 11 AÄdvokaten, welche kuͤrzlich in Duhlin die seidene Robe erhalten und als Koͤnigliche Rathe den Eid ge— leistet haben, befinden sich sechs Katholiken und darunter auch der bekannte Herr Sheil. 4

Das Dubliner Morhing-Register enthaͤlt- folgenden Artikel: „Wir sinden den Namen Herrn H' Connell s nicht unter der Zahl der Mitglieder der Koͤniglichen Naths . Advo⸗ katen, obgleich eine solche Wahl als eine den Irlaändischen

behaupten, daß eine Namen-⸗Liste der Mitglieder der Koͤnigl.

Schmach fuͤr die neue sowohl als fuͤr die alte Regierung sey. Politische Ansichten sollten keine Hindernisse seyn, um ein Amt zu bekleiden, das man durch seine dazu geeigneten Talente verdient.“ Zu diesem Artikel, bemerkt der Courier unter Anderem: „Wir haben dem Morning-Register nicht viel zu antworten. Herr O Connell hat keine An— sprüche auf einen Sitz im Königl. Rath, wenn dieser als

eine Gunstbezeugung fuͤr die Irlaͤndischen Katholiken gelten

soll, denn er hat gezeigt, daß die Bewegungsgruͤnde, die ihn zum Handeln bewogen, Eigennutz und Ehrgeiz der niedrig— ten ** waren, und daß er die Sache der Irlandischen Ka— tholiken gufgeopfert haben wurde, wenn sein persoͤnlicher Ehr— geiz nicht dabei gewonnen haͤtte. Um so befremdender muͤßte seine Wahl zum Mitgliede des Königl. Rathes seyn, wenn man sein ganzes parlamentarisches Verfahren betrachtet, daß namentlich auch dahin gerichtet war, Irland von der Union zu trennen. Alles, was der Konig bisher gethan, muß uͤbri— gens Jedermann uͤberzengen, daß er keine Partei beguͤnstigt, und daß ein Jeder, der sich zu einem Amte eignet, er moge ein Whig, ein Tory oder ein Unabhaͤngiger seyn, Beruͤck— sichtigung finden wird; die Gunst des Königs wuͤrde aber sehr an Werth verlieren, wenn er Personen, die es nicht verdienen, Auszeichnungen gewähren wollte, die ausschließlich nur dazu bestimmt sind, Ehre und Tugend zu belohnen.“ Herr O Connell ist bereits nach Irland zuruͤck gereist und hat schon am vorigen Dienstage in dem von ihm ge— stifteten patlamentarischen Nachrichts,Buͤreau in Dublin eine

oͤffentliche Rede gehalten, in der er die Englische Presse der groͤßten Niedrigkeit beschuldigt. ausche Pres

Vorgestern fand bei der hiesigen Universitaͤt die jaͤhrliche Preisvertheilung statt. Ungeachtet des dermaligen Zustandes des Parlamentes und der Koͤnigl. Beisetzung war die Ver sammlung ziemlich zahlreich; unter Anderen waren auch der Herzog von Somerset und der Graf von Hardwicke zugegen. Fuͤr die Lateinische Sprache wurden 4, für die Griechische , fuͤr die Englische 4, und fuͤr die Franzoͤsische 2 Preise ausgetheilt; fuͤr mathematische Wissenschaften 5; fuͤr Engli⸗ sche Rechtsgelahrtheit 3; und außerdem einzelne Preise fuͤr die Hebraͤische Sprache, fuͤr Botanik und Naturlehre.

Die neue London-Bruͤcke wird, wie es heißt, am naͤch— sten St. Georgen⸗Tage von Sr. Majestaͤt dem Koͤnige in Person eroͤffnet werden.

Im Canton-Register heißt es: „Se. Excellenz der Gouverneur von Canton hat allen Beamten sowohl als den Chinesischen Unterthanen überhaupt das Tragen des Kaiserl. Gelb einer Farbe, die sich der herbstlichen Blaͤtter-Farbe naͤhert in Amts-Trachten sowohl als gewohnlichen Klei⸗ dungsstuͤcken auf das strengste untersagt. Er beruft sich dabei auf den Ta-Ting-Hwug-Tien und auf einen Befehl Sr. Kaiserl. Majestaͤt, als seine Autoritäten. Es sind, wie man vernimmt, bei den letzten gelehrten und militairischen Examinationen mehrere studirende Elegants in gelben Westen und Schaäͤrpen erschienen, und dies bezeichnet Se. Excellenz als ein hoöͤchst anmaßliches urd unordentliches Betragen. Er droht allen diesen Studirenden, welche zugleich Kandidaten buͤrgerlicher und militairischer Wuͤrden und Aemter sind, sie aus dem Kollegium und vom Exereier-Platze zu weisen, wenn sie es sich noch einmal sollten beigehen lassen, in so unerlaub— ten Farben zu erscheinen.⸗⸗

Vom Kap der guten Hoffnung meldet man unterm 21. April, daß ein Brasilianischer Schooner, der mit einer Lan⸗ dung von 251 Sklaven von Madagascar kommenb, der un⸗ gestamen Witterung und des schlechten Zustandes des Schif— fes wegen, genthigt gewesen war, in der Simons Bay ein⸗ zulaufen, vom dortigen Hafen-Capitain und einem Britischen Kriegsschiffe in Beschlag genommen worden sey. Von den unglücklichen Sklaven waren unterweges 20 gestorben; ein großer Theil derselben, der mehr oder weniger krank war, wurde unter Quarantaine gestellt.

London, 16. Juli. Gestern fand die feierliche Beisetzung der Leiche des verewigten Monarchen statt, wo⸗ bei der Koͤnig nebst den Koͤnigl. Herzoͤgen, so wie auch den Prinzen Georg und Leopold, zugegen waren. Unsere Zeitun⸗— gen sind großentheils mit Beschreibung der Bestattungs⸗-Feier⸗ lichkeiten angefuͤllt, welche ziemlich denen ähnlich waren, die man beim Begraͤbniß Georg's III. beobachtet hatte. Der Tag ging ohne Regen voruͤber, und der Abend war aͤußerst schoͤn und heiter, wodurch denn der Zudrang Derer, die sich aus London und der ganzen Umgegend nach Wind sor bega— ben, um viele Tausende vermehrt ward; denn da bei diesem

Katholiken erzeigte Gunst angesehen werden würde. Wir Anlasse alle Laden geschlossen und alle Geschaͤfte eingestellt

t waren, so fenden sich auch viele von den niederen Klassen Advokaten ohne den Namen des Herrn O Connell eine ein, die sich den Trauertag zum Festtgg machten. Ueberhaupt ist indeß auch nicht in Abrede zu stellen, daß, obschon man,

die Nation in schwarzen Kleidern sieht und auch sonst alle Formen beobachtet werden, welche die Gewohnheit bei solchen Gelegenheiten befiehlt, doch im Allgemeinen die Hoffnungen, die hinsichtlich der Regierung des jetzigen Koͤnigs gehegt wer⸗— den, die Trauer uͤber den erlittenen Verlust sehr überwiegen. Die Times enthaͤlt im heutigen Blatte eine sehr auffal⸗ lende Leichenrede uber den verstorbenen Koͤnig; derselbe wird darin in einer Weise charakterisirt, daß man es mindestens fuͤr eine grobe Verletzung alles Anstandes erklären muß, in hemselben Blatte, worin das feierliche Leichenbegaͤngniß ge⸗— meldet wird, den Verewigten in solchem Lichte darzustellen. Im Uebrigen fehlt es hier an Neuigkeiten. Es heißt noch immer, der Koͤnig werde naͤchsten Mittwoch das Parlament in eigener Person verabschieden, und die Wahlen zu dem neuen wurden noch im Laufe dieses Monats anfangen. Doch wird London diesen Sommer nicht ganz so todt erscheinen, wie sonst, da der Koͤnig mehrere Levers halten wird. Man sagt, es sey die Absicht JJ. MM., so viel wie moͤglich

das Tragen auslaͤndischer Fabrikate zu verhindern, eine Maaß

regel, welche dieselben zwar populair machen, aber auch dem Fiskus schaden wuͤrde. Es scheint uͤberhaupt des Koͤnigs

Plan, so viel es immer thunlich, zu Alt-Englischen Sitten.

zuruͤckzukehren; hierzu gehort unter Anderm die Abschaffung mancher kostspieligen Aeußerlichkeiten in den Uniformen bei.

Beilage

1537 Beilage zur Allgemeinen Preußischen Staats⸗Zeitung Æ 201.

dem Militair, nicht minder auch der Schnurrbaͤrte. Die Ar⸗ beiten am neüen Pallast werden nach kurzer Unterbrechung wieder fortgesetzt. Es heißt, Georg IV. habe kein Testa— ment hinterlassen, weswegen all sein Privat⸗Vermoͤgen an die Krone fallen muͤßte. Herr Brougham hat im Unterhause den Vorschlag gemacht, daß dasselbe sich verpflichten wolle, in der näͤchsten Session uͤber die Verbesserung des Zustandes der Negersklaven in Westindien zu berathschlagen; aber seine ö vermochte nichts . den Einfluß der Mini— ster, welche alle Verbesserungs⸗Maaßregeln von den gesetzge⸗ benden Versammlungen selbst ausgehen zu sehen wuͤnschen, weil man dann hoffen duͤrfte, daß solche auch mit gutem Wil— len werden ausgefuͤhrt werden. Die Gegner indessen sind der Meinung, daß solche es nie ohne Zwang thun wuͤrden, und Herr Brougham drohte mit einer starken Bewegung von Seiten des Englischen Volkes an, welches entschlossen sey, nicht nur den Zustand der Neger als Sklaven verbessert, son⸗ dern sie auch gänzlich von der Sklaverei befreit zu sehen.

Niederlande.

Aus dem Haag, 16. Juli. Der Polizei-Direktor hiesiger Residenz, Herr Ampt, und Herr van de Pol sind ju Referendarien beim Staatsrathe ernannt worden.

Einige Mitglieder der Provinzialstaͤnde von 9Ostflandern haben den Antrag gemacht, sich einer Bittschrift bei der

weiten Kammer der Generalstaaten uͤber die Fixirung des

ohen Gerichtshofes im Haag zu beschweren und die Dazwi⸗

schenkunft der Kammer fuͤr eine Veraͤnderung in dem betref⸗ fenden Koͤnigl. Beschlusse in Anspruch zu nehmen. Die Pro— vinzialstaͤnde haben jedoch diesen Antrag verworfen. ̃

Der Kaiserl. Brasilianische Geschaͤftstraͤger, Marquis v. Lisboa, ist hierselbst eingetroffen.

Vor einigen Tagen brach in der Lakmus-Fabrik der Herren v. Weede und v. d. Hoop zu Utrecht eine Feuers— drunst aus, die in kurzer Zeit den groͤßten Theil der Fabrik— gebäude in Asche legte. ;

In der jetzt in Utrecht befindlichen Menagerie des Hrn. Wilhelm v. Aken hat vorgestern eine Ostindische Tigerin zwei

Junge geworfen.

Bruͤssel, 3. Juli. (Schluß.) Vom 16. bis zum 22. Maͤrz wurde uͤber die Annahme der schon im vergangenen Som⸗ mer vorgelegten Kriminal⸗Gerichts⸗Ordnung diskutirt. Die De⸗ batten waren sehr kurz, und in 6 Sitzungen wurde der Gesetz⸗ Entwurf mit Ausnahme von vier Titeln genehmigt. Allgemein wunderte man sich uͤber die Schnelligkeit dieses Verfahrens, das

egen die heftigen und langwierigen Eroͤrterungen uͤber die Bittschrift Fontans einen schroffen Gegensatz bildete, waͤhrend eine Kriminal-Gerichts-Ordnung, dieser wichtige Theil der Gesetzgebung, eine weit laͤngere Pruͤfung und Diskussion zu erfordern schien. . war der Gesetz⸗Entwurf auf die Bemerkungen der Sectionen der Kammer vom Ministe⸗ rium mehrmals verbessert worden, so daß seiner Annahme nichts Wesentliches entgegenstehen konnte. Derselbe ist in Deutschland durch eine Kritik des Professor Mittermaier be— kannt geworden und enthalt viel Gutes. Die vier Titel waren fast nur wegen Kleinigkeiten verworfen worden, uͤber die man sich nicht verstaͤndigen konnte. Die Vertheidigung des Entwurfs fuͤhrten hauptsaͤchlich die Herren van Com— brugghe, der Buͤrgermeister von Gent und Herr Sypkens, bei— de Mitglieder der Gesetzgebungs⸗Kommission, so wie der Justiz⸗ Minister Hr. v. Maanen selbst, der sich mit großer Wuͤrde benahm und sich ais einen gruͤndlichen Rechtsgelehrten zeigte. Seit der Ruͤckkehr der Deputirten hatten mehrmals Konferenzen zwischen der aus den Praͤsidenten der verschiedenen Sectionen beste⸗ henden Central-⸗Section und den Ministern stattgefunden, indem ein Koͤnigl. Beschluß die Communicationen dieser Art organisirt hatte. In diesen Sectionen wurden nun auch die zwei Gesetz-Entwuͤrfe uͤber den Unterricht und die Presse ge—⸗ pruͤft. Der erstere fand aber sowohl von Seiten der Hol— laͤndischen als der katholischen und liberalen Belgischen De—⸗ putirten Widerstand. Die Opposition der katholischen Partei⸗ manner konnte nicht 3 ihnen war der Entwurf nicht guͤnstig genug fuͤr die Geistlichkeit; denn da diese das unbe— * nite Recht, Alles zu lehren, als von Gottes wegen ihr

gebuͤhrend, in Anspruch nimmt und von jeder weltlichen

Macht im Staate unabhangig seyn will, so ist sie naturlich

wenig geneigt, die Verpflichtung einzugehen, sich durch Faͤhig⸗

keits⸗Zeugnisse zum Lehrstande zu legitimiren. Einige Belgi⸗

sche Deputirte brachten gänzlich unhaltbare Gruͤnde gegen

den , r uͤber den offentlichen Unterricht zum Vor⸗ o

schein. sagte z. B. einer, daß, wenn das Gesetz ange⸗

nommen werde, sich die Methode des Herrn Jacotot ni t verbreiten könne, weil ihr zufolge (was * . That 8

Fall ist) auch Unwissende, und zwar alle Gegenstände, ohne

das Mindeste davon zu verstehen, lehren koͤnnten! Der Mi—⸗ nister von la Coste richtete, da er voraus sah, daß das Gesetz verworfen werden wuͤrde, an die Sertionen die Frage; ob es nicht rathsamer seyn wuͤrde, die Regulirung des öͤffent— lichen Unterrichts durch ein Gesetz bis auf andere geeignetere Zeiten zu verschieben? Da dieselbe von allen Seiten bejaht wurde, so wurde der Gesetz⸗ Entwurf am 25. März zuruͤck, genommen. Dieser Ausgang war im hoͤchsten Grade befrem⸗ dend, wenn man bedenkt, daß gerade der Zustand des dͤffent— lichen Unterrichts die Haupt-Ursache der Bewegungen in den suͤdlichen Provinzen war und der Regierung seit 1827 viel gekostet nnd ihr große Unruhe verursacht hatte. Inzwischen hatten die Untersuchungen gegen de Potter und seine Mitangeklagten begonnen und fuͤhrten zu einem merkwuͤrdigen Resultate, das den Liberalen, und namentlich den Redacteuren des Courrier des Pays-Bas, im hoͤchsten Grade nachtheilig war. Aus den in Beschlag genommenen 4 Briefen, die Potter mit Tielemans gewechselt atte, ergab sich naͤmlich, daß beide nicht nur gegen mehrere

Deputirte, wie z. B. gegen Herrn v. Secus, der sich des

Ersteren in der zweiten Kammer so warm angenommen hatte, sondern auch gegen die Haupt-Redacteure des Courrier, die groͤßte Geringschaͤtzung hegten; die Letzteren werden in jenen Briefen bestaͤndig laͤcherlich gemacht, namentlich Herr van de Weyer, der Herrn v. Potter vertheidigen sollte. Ferner fand man Quittungen uͤber den Abdruck von Schnupftuͤchern à la de Potter, die er selbst sich zu Ehren hatte anfertigen und verkaufen lassen, und den Plan zu einer Medaille, die er, der sich fuͤr den O' Connell Belgiens hielt, auf sich schla— gen lassen wollte. Auch ergab sich, daß er ein kostbares Album, worin die Portraits mehrerer seiner Freunde stan⸗ den, nicht, wie er durch die Blatter verkuͤnden ließ, zum Ge— schenk erhalten, sondern aus seiner eigenen Tasche bezahlt hatte. Diese und andere Thatsachen stellten die Herren der Opposition in einer solchen Blöße und Laͤcherlichkeit dar, daß in ganz Belgien uͤber sie gelacht wurde. Die Aktenstuͤcke dieses merkwürdigen Prozesses, der bekanntlich mit der Ver— bannung der vier Haupt-Angeschuldigten, nämlich der Herren v. Potter, Tielemans, Bartels und v. Neve, endigte, sind im Druck erschienen und koͤnnen reichen Stoff zu einem ko— mischen Heldengedichte geben. Einige andere politische Ereig⸗ nisse, die mit dem Oppositionswesen zusammenhingen, waren Herrn v. Brouckere's Entlassung von allen Stellen, die er beklei⸗ det hatte (dieselbe wurde durch die Absetzung der sechs Deputir⸗ ten veranlaßt und von ihm selbst in den schaͤrfsten Ausdruͤcken verlangt), und ein Erlaß des Bischofs von Luͤttich, Hrn. van Bommel, eines Hollaͤnders. In Deutschland wuͤrde dasselbe fuͤr hoͤchst ultramontan gegolten haben; nicht so in Belgien, vielmehr sprach der Courrier de la Meuse vom Ministeria— lismus des Bischofs, und auch die liberalen Blaͤtter fielen daruͤber her. Der Praͤlat fiel bei der Partei in Ungnade. Graf Robiano de Borsbeck, das Haupt der ultramontanen Partei, erließ dagegen im Courrier des Pays-Bas so groß ist die Einigkeit zwischen den Liberalen und den Jesui— ten ein Manifest, das die Plaͤne der Leute klar an den Tag legte. Obgleich bis jetzt sie allein vom Treiben der Op— position Vortheil gezogen haben, sind sie doch weit entfernt, zufrieden gestellt zu seyn. Die Belgische Geistlichkeit genießt einer Unabhängigkeit, die sie in keinem andern Staate Euro— pa's, selbst Portugal nicht ausgenommen, besitzt; das philoso⸗ phische Kollegium ist ihr zum Opfer gebracht; die Grundsaͤtze des Gallieanismus sind in Belgien zerstoͤrt; ein ungeheures Budget sichert die pecunigire Existenz des katholischen Klerus, und dennoch spricht Graf Robiano von Unterdruͤckung, von feindlicher Gesinnung der Regierung, und was dergleichen

mehr ist. Unterdessen hatte sich die zweite Kammer, der

eintretenden Oster-Ferjen wegen, bis zum 26. April vertagt, wurde jedoch erst zu Anfang des Monats Mai vollzaͤhlig ge— nug, um ihre Verhandlungen wieder beginnen zu konnen. In der kurzen Zeit, waͤhrend welcher die Kammer noch bis zu ihrem Schlusse versammelt war, beschaͤftigte dieselbe sich, außer mit einigen Finanz- oder Steuergesetzen, von denen die meisten, z. B. die uͤber die definitive Regulirung des zehn⸗ jaͤhrigen Budgets, uͤber die Herabsetzung der Zinsen von den Obligationen des Tilgungs⸗Syndikats u. s. w. mit großer Stimmen-Mehrheit und ohne erhebliche Diskussion angenom⸗ men wurden, mit dem neuen Preßgesetz Entwurfe. Dieser war auf die Bemerkungen der Sectionen von der Regierung