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Kriegsfuß gesetzt werden. Man glaubt, daß diese außeror⸗
dentliche Maaßregel durch die wenig Vertrauen einfloͤßenden Gesinnungen des Paschals von Aegypten veranlaßt worden sey, und daß der groͤßte Theil der Kriegsschiffe naͤchstens nach Alexandrien unter Segel gehen duͤrfte. Der Großherr wuͤrde demnach mit mehreren seiner Provinzen und Statthalter in offener Fehde seyn, und die Folgen eines solchen Zustandes der Dinge lassen sich schwer berechnen. Mehrere sonst mit eini— em politischen Takt begabte Maͤnner glauben aus den im
erail gefuͤhrten und an Vertraute mitgetheilten Gespraͤchen abnehmen zu konnen, daß bei der gegenwartigen Lage der Dinge die Pforte die Huͤlfe der Europaäͤischen großen Maͤchte anspre— chen werde, damit durch ihren Beistand gegen die Rebellen eine foͤrmliche Aufloͤsung des Tuͤrkischen Reichs verhuͤtet werden moͤge. Sie gehen in ihren Muthmaßungen so weit, zu behaupten, daß schon Schritte zu diesem Zwecke gemacht worden seyn muͤssen, die, wenn sie gleich kein entscheidendes guͤnstiges Re⸗ sultat gehabt haͤtten, doch nicht mißfaͤllig aufgenommen seyn duͤrften, da die naͤchsten Vertrauten des Reis-Efendi sich ge⸗ aͤußert haben sollen, daß, wenn die Mittel des Sultans nicht mehr hinreichten, Gehorsam und Ordnung im Reiche herzu— stellen, es leicht fremden Beistand erhalten konne, um reines Haus zu machen und die Rebellen zu zuͤchtigen. Diese Aeußerungen stimmen nun in einiger Beziehung mit dem In— halte eines Briefes uͤberein, den in unserer Gegend ein Han— dels-Agent unlaͤngst von einem christlichen Handelshqisse aus Adrianopel erhielt, und worin gesagt wird, daß beiden dor— tigen Einwohnern alle Furcht vor Verfolgung von Seiten der Pforte verschwunden sey, da der Sultan eingesehen habe, daß auf die Laͤnge nicht durch Schuecken regiert werden koͤnne, und bei seiner gesunkenen Macht Alles vermieden werden muͤsse, um die schon zu sehr gereizten Gemuͤther, die kaum durch fremde Huͤlfe mehr im Zaum zu halten seyn duͤrften, nicht noch mehr aufzureizen und aufs Aeußerste zu treiben.“
— Der Nuͤrnberger Korrespondent theilt fol— gende „Von der Nieder-Donan, 12. Juli, datirte Privat⸗Nachrichten mit: „Niemand glaubt, daß dem Großwesir mit seinen wenigen Truppen die Dampfung der Unruhen in Albanien gelingen werde. Auf die Kontingents-Mannschaft der Pascha's ist gar nicht zu rechnen; die Bosniaken unter⸗ stuͤtzen mit dem Fuͤrsten Milosch die Arnauten mit Geld; ihre Corps sind nicht zahlreich, aber gut und richtig bezahlt. Den Bulgarischen Ayans ist das Stellen der Kontingente hoͤchst unwillkommen. Ihre christlichen Unterthanen sind aus- und die Zigeuner eingewandert; diese sind gefaͤhrliche Spione. Ehe der Groß-Wesir seine Ruͤstungen vollenden kann, ist der Winter da. Jeder reiche Tuͤrke hat im Oesterreichischen einen Theil seiner Mittel in Sicherheit. Der Pascha in Salonichi und jener in Seres wagen weder Geld- noch Truppen-Aus— hebung vor der Ankunst der Linienmiliz. Requisitionen bei Moscheen und Privaten sind jetzt nicht mehr anwendbar, denn dem Scheine nach ist Jeder arm, und so groß ist das Mißtrauen, daß man sich nicht mehr um Paschaliks bewirbt, weil man weiß, daß die Pforte die Emolumente der neuen
Beamten viel niedriger setzt und den Provinzialdivans eine Kontrolle einraͤumt; daher geschieht keine Erpressung, und doch ist man der billiger gewordenen Regierung uͤberall auf— saͤssig. Die durch Krieg verheerten Provinzen sind noch nicht wieder mit Paͤchtern versehen, und die Geld- und Natural— Lieferungen decken nirgends die Provinzial-Beduͤrfnisse. Der Geldmangel ist fuͤr die Pforte die ,, n, zugleich fuͤrchtet sie jeden Augenblick Aufruhr. Der Handel stockt se arg als im Kriege.“ ö.
Vereinigte Staaten von Nord-Amerika—
New-Hork, 19. Juni. In einer Virginia-⸗Zeitung liest man unter dem Titel, — letzte Scenen der verfsossenen Kongreßsitzung — Folgendes: „Die letzte Sonnabenbs, Siz— zung, die erst um 6 Uhr des naͤchsten Morgens geschlossen wurde, zeichnete sich durch Scenen aus, die ihren Urhebern keinesweges zur Ehre gereichen. Die Weigerung des Praͤ— sidenten, eine Bill zu unterzeichnen, die sich auf innere Ver— besserungen bezog, entzweite ihn mit einigen seiner Freunde, die fuͤr die Bill waren. Die Opposition, diesen Ümstand benutzend, versuchte, den Praͤsidenten in eine Verlegenheit zu setzen, aus welcher er sich, ihrer Meinung nach, ohne Nach— theil hinsichtlich seines Charakters oder seiner Popularität nicht wuͤrde ziehen koͤnnen. Mit denen von seinen Freun⸗ den, die er durch seine Weigerung unzufrieden gemacht hatte, verbunden, bewirkten sie, daß Sonnabend Nachts um 16 Uhr
Bills durchgingen, die uber 500, 000 Dollars zu inneren
Verbesserungen in 23 wverschiedenen Staaten und Gebieten bewilligten, so daß jeder Staat der Union, mit Aus nahme von Kentucky, Theil an einer die Ver fassung verletzenden Freigebigkeit der Regierung genommen haben wuͤrde. Durch dieses Mandͤver glaubte die Opposition den Praͤsidenten in ihr Netz zu ziehen, oder, wenn er ihr entschluͤpfen sollte, sein Ansehen doch wenigstens in den Bezirken zu schwaäͤchen, deren Interesse durch seine Weigerung gekraͤnkt worden war. Der seste Charakter des Praͤsidenten wußte jedoch diesen Versu— chen nach Gebuͤhr zu begegnen. Eine der Bills wurde ohne Saͤumen und auf eine entschiedene Weise von ihm zuruͤckge⸗ wiesen, und die anderen behielt er zuruͤck, um sie naͤher in Erwaͤgung zu ziehen. Wir sagen es vorher, daß ihnen kein. besseres Schicksal bevorsteht, und daß General Jackson aus der Verlegenheit, in die seine Feinde und vorgebliche Freunde ihn haben bringen wollen, siegreich hervorgehen werde. Un— terliegt er aber den Raͤnken des Eigennutzes und des Ehrgei⸗ zes, so fallen auch die Grundlagen der Union und der Ver— fassung mit ihm. In Washington erzaͤhlt man sich, daß der
Praͤsident wahrend der Verhandlung uͤber eine der genann—
ten Bills sich von allen Seiten von seinen Freunden bela— gert sah, die ihm ihres Interesses wegen die Nothwendigkeit vorzustellen suchten, dieselbe zu unterzeichnen. Seine Erwie— derung auf diese Vorstellungen war seiner und der Sache wuͤrdig, die er vertrat. „„Meine Herren,“ “ sagte er, „„die seation hat mich in der Erwartung auf meinen Posten ge— stellt, daß ich die Verfassung zur Richtschnur meines offentli⸗ chen Berfahrens nehmen wuͤrde. Diese Erwartung ist ge— recht und vernuͤnftig und soll nicht getaͤuscht werden. Nicht nur aus Pflichtgefuͤhl, sondern auch aus Neigung werde ich sie erfuͤllen; erfuͤllt soll sie werden, es entstehe auch persoͤn— lich fuͤr mich daraus, was da wolle.““ Diese Sprache ist, so wie sie ein Praͤsident der Union fuͤhren muß; die Aus sich= ten, zu denen sie berechtigt, muͤssen ihm die Unterstuͤtzung ei⸗ nes jeden sein Land liebenden Republikaners sichern.“ . Im hiesigen American heißt es: „Die Aussicht auf eine sehr reiche Aerndte an Produkten aller Art, Mais aus— genommen, dem das nasse und kalte Wetter Schaden gethan hat, veranlaßt die Paͤchter, ihre Blicke auf neue und bessere Maͤrkte zu werfen, um einen Ueberfluß los zu werden, der ihnen beinahe laͤstig wird. Worauf sie hauptsaͤchlich rechnen, ist die Wieder-Eroͤffnung des West-Indischen Handels in Folge der Unterhandlungen unsers Gesandten mit dem Bri— tischen Ministerium, und das Verfahren des Kongresses hin⸗ sichtlich der auf diesen Gegenstand sich beziehenden Botschaft des Praͤsidenten ist ganz dazu geeignet, sie in ihrer Hoffnung zu bestaͤrken. Uns erscheint diese Hoffnung indessen noch als sehr zweifelhaft, weshalb wir unsere Freunde auf dem Lande ermahnen, sich keinen goldenen Traͤumen zu uͤberlassen, die sich auf die Wiederherstellung eines freien West-Judischen Handels gruͤnden, die uͤbrigens, unserer festen Ueberzeugung, nach, selbst wenn sie stattfaͤnde, keinen wesentlichen Einflu auf die Preise der Erzeugnisse unsers Bodens haben wuͤrde.“
Inland.
Berlin, 3. Aug. Mit den Gesinnungen der innigsten treuesten Ergebenheit und der dankbaren Verehrung und Liebe begehen die Bewohner der hiesigen Residenz — so wie alle Preußen — heute wiederum im haͤuslichen Kreise, wie in groͤßeren Vereinen und festlichen Versammlungen, den Ge— burtstag des erhabenen Landesvaters.
Die Königl. Universitaͤt feierte das Fest im großen Hoͤr⸗ saale des Universitäͤts-Gebaͤudes mit einem solennen Aktus, der durch die Anwesenheit Sr. Koͤnigl. Hoheit des Kronprin⸗ zen verherrlicht wurde. Nachdem zuvoͤrderst von dem akade⸗ mischen Sanger-Chor ein lateinischer Festgesang vorgetragen worden, hielt der Geheime Regierungsrath und Professor Boͤckh in lateinischer Sprache eine Rede, in welcher er von der heute erfolgten Eroͤffnung des Mustums Anlaß nahm,
darzustellen, wie die Regierung Sr. Majestaͤt eben so sehr
durch die freigebige Befoͤrderung der Kuͤnste, als durch die Beguͤnstigung der Wissenschaften ausgezeichnet ist, indem er
zugleich zeigte, wie Kunst und Wissenschaft, mit verschiedenen
Mitteln nach demselben Ziele strebend, in der innigsten Ver— bindung stehen. Sodann verkuͤndete der zeitige Rektor der Universitaͤt, Professor Hegel, die Gutachten uͤber die auf die vorjaͤhrigen Preis-Anfgaben eingegangenen Ausarbeitun— gen der hier Studirenden und vertheilte die in gol—
Beilage
1637 Beilage zur Allgemeinen Preußischen Staats⸗-Zeitung Æ 214.
denen Medaillen mit dem Brustbilde Sr. des Koͤnigs bestehenden Preise an die Nachbenannten: Die beiden theologischen Preise an die Studirenden, Kon— rad Stephan Matthies von Hildesheim und H. W. Abecken aus Osnabruͤck; die beiden von der medizinischen Fakultat ausgesetzten Preise an die Studirenden, Benedikt Meyer aus Anhalt-Bernburg und P. Zwicklitzer aus Schlesien; die philosophischen Preise an die Studirenden G. F. Brohm aus Stendal und E. F. Gutzkow aus Berlin. Der juristi⸗ sche Preis kam, wegen Unzulaͤnglichkeit der eingesandten Ar— beiten, nicht zur Vertheilung. Der Rektor machte hierauf die neuen Preis-Aufgaben bekannt, und mit abermaligem Gesang ward die Feier beschlossen.
In mehreren der hiesigen Gymnasien wurden ebenfalls feierliche Reden gehalten.
Die Eroͤffnung des neuen Museums gehoͤrte zu denjeni— gen Feierlichkeiten des Tages, welche einen fortwirkenden, dauernden Genuß verheißen, da erst eine langere und vertrau— tere Bekanntschaft mit diesen Kunstschaͤtzen das Publikum in den Stand setzen wird, dies Königl. Geschenk wuͤrdigen zu lernen. Die unteren Raͤume, in welchen sich die Samm— lungen der Vasen, geschnittenen Steine und Muͤnzen befin— den, konnten heut noch nicht eroͤffnet werden; auch von den Saͤlen der Antiken blieben zwei noch geschlossen. Nur die Bildergallerie ist vollstaͤndig aufgestellt, ünd sie war es auch, welche die groͤßte Theilnahme in Anspruch nahm, zumal, da bereits ein wohlgeordneter Katalog derselben vorhanden ist. An der n , . und doch zugleich unterrichtenden Weise der Aufstellung erkennt man sogleich, daß vornehmlich kuͤnst—⸗ lerischer Sinn die Anordnung und Aufstellung leitete, allein auch der wissenschaftlichen Begruͤndung ist bei dieser Gallerie in der ausgezeichnetsten Weise Genuͤge geschehen. Wenn es zu weit fuͤhren wuͤrde, alle diejenigen nahmhaft zu machen, welche sich hierbei ein bleibendes Verdienst erwarben, so mag uns wenigstens vergoͤnnt seyn, des Hrn. Hofraths Hirt, der sich seit einer langen Reihe von Jahren mit unermädlichem Eifer und gruͤndlicher Beharrlichkeit um die Königl. Samm— lungen bemüht hat, in dankbarer Anerkennung zu gedenken.
Indem wir uns eine weitere Mittheilung uͤber die Feier, lichkeiten des heutigen Tages noch vorbehalten muͤssen, erwaͤh⸗ nen wir fuͤr jetzt nur noch, daß die hiesigen großen Freimau— rerlogen festliche Versammlungen hielten Und in den wohlthaͤ⸗ tigen Stiftungen Festmahle veranstaltet waren. Namentlich ward auch in der Wadzeck-Anstalt der festliche Tag, und zwar als Doppel⸗Fest, da es der 11te Stiftungstag der Anstalt ist, mit einer Rede, mit Gesang, der Rechnungslegung vom Jahre 1829, der statutenmäͤßigen Actien⸗Ziehung, durch eine Festmahlzeit der armen Kinder und durch die schon lange vorbereitete Umstaltung der Anstalt in eine reine Pflege- und Erziehungs⸗-Anstalt fuͤr die verlassensten Kinder Berlins, vom 2ten Lebensjahre bis zu ihrer Einsegnung, feierlich begangen.
— Das Nachrichtsblatt fuͤr den Delitzscher und Bitterfelder Kreis enthaͤlt unter der Ueberschrift „Ueber Separationen“ Folgendes: „Unter den mannichfachen Vorzuͤgen, welche man im Preußischen Staate durch dessen Gesetze und durch die weisen Anordnungen des fuͤr sein Land, wie fuͤr sein Volk, vaͤterlich besorgten Monarchen findet, muß man die Landes⸗-Kultur⸗-Gesetze erblicken, die den großen Zweck haben, alle Fesseln zu loͤsen, welche Gewohnheit und Vorur—
theil aufgebaut und der hoͤchstmoͤglichsten Benutzung laͤndlicher
Grundstücke entgegengestellt hatten. Sie erscheinen als eines der koͤstlichsten Geschenke, welche jemals ein großer Monarch seinem Lande gemacht hat, sie werden seinen Ruhm in kom⸗ menden Generationen mehr noch als jetzt verkuͤnden. Diese Wohlthat vermoͤgen wir . Saͤchsische Unterthanen — in Vergleichung von Sonst und Jetzt — praktischer als die⸗ jenigen zu erkennen, die stets unter Preußischem Scepter seb— ten. — Um die Vorurtheile zu bekaͤmpfen, die Unkundigen zu belehren, waren Beispiele noͤthig. Auch diefe sind in un⸗ serer Gegend, selbst unter den schwierigsten Verhaͤltnissen, durch die Umsicht und Thaͤtigkeit der Kommission in Eilen— burg aufgestellt, welcher zwar dieser Ruhm stets vorausgeht, der aber die ungetheilteste oͤffentliche Anerkennung gebuͤhrt. Unterzeichneter hat die Separation in Kospa anhaͤngig gemacht und zu seiner Freude bekennt er, mit allen Gemein— degliedern, jetzt, wo sie ausgefuhrt ist: daß Jeder nicht nur zufriedengestelit, sondern von den erlangten großen Vorthei⸗
Majestaͤt
len uͤberzeugt ist. Der Untenbenannte hatte auch auf die nun abgeschlossene Separation in Woͤlpern . ,,. ist in einer zwar ungewoͤhnlichen, aber hoͤchst einfachen Art aus— geschieden und kann mit allen Gemeindegliebern versichern: daß er seinen Zweck vollkommen erreichte, die se aber voͤllig zu⸗ friedengestellt sind. — Nur unter der musterhaften Leitung des Herrn Hekonomie⸗Kommissarius Wernicke und! unter der thaͤ⸗ tigsten Mitwirkung des Herrn Regierungs⸗-Conducteur Kuntz, beide zu Eilenburg, konn te dies so gedeihen, wie es sich er⸗ geben hat, und beiden sage ich, mit den Gemeindegliedern zu Kospa und Woͤlpern, meinen aufrichtigsten herzlichsten Dank. Wer die Separationen und ihre erhabenen Zwecke noch nicht kennt, dem empfehle ich: sich die neue Eintheilung der Kospaer Flur anzusehen, und ohne einseitiges Interesse werde ich ihm gern meine neuen Wirthschaften dort und in Wol— pern eroͤffnen und vorzeigen. Kospa, im Herzogthum Sachsen, den 7. Juli 1830. 1 ᷣ Der Bauergutsbesitzer Kunze. — Ein Schreiben aus Kleve vom 22sten v. M. mel— det: Am 11ten und 12ten d. M. wurde in dieser Stadt ein erhe⸗ bendes Volksfest begangen. Kleve hatte sich lange desgleichen nicht zu erfreuen gehabt: die Zeit, wo es unter Franzoͤsischer Herrschaft gestanden, war in dem raschen Laufe ihrer reich⸗ haltigen Begebenheiten unruhig an ihm voruͤbergegangen, und es fehlte wahrend derselben seinen Bewohnern an Gelc' genheit und Muth, sich uͤber die Schranken des alltaͤglichen Lebens hinwegzusetzen. Allein auch die dieser Periode un⸗ mittelbar vorhergegangene Zeit hat keine Spuren solcher frohen volksthuͤmlichen Bewegungen zuruͤckgelassen, wie sie jetzt sichtbar geworden sind. Diese Stadt war von jeher der Sitz von Kollegien und Central⸗Behoͤrden, und eine Mischu ng verschiedenartiger Staͤnde hatte zuletzt mitunter etwas scharfe Graͤnzen hervorgebracht. Allein das immer fortschreitende Lebens⸗Prinzip schien sich auch hier mehr und mehr erheben zu wollen, und es gehörte nur ein kuͤhner Entschluß einiger hochherzigen Maͤnner dazu, um im acht volksthuͤmlichen Sinn
eine engere Verbindung unter denjenigen Bewohnern zu
Stande zu bringen, welche sich durch Ünbescholtenheit un Biedersinn einander gleich 23 — eh ö ald vorbereiteter Schuͤtzen-Verein trat bald zahlreich zusammen. Ihm war hauptsaͤchlich die Rolle zur Belebung des vorhin beruͤhrten Volksfestes gegeben; nicht, um nach Art und Weise einer gewoͤhnlichen Schuͤtzengilde sich in der blos dem Schieß⸗ vergnuͤgen angewiesenen Sphaͤre zu bewegen, sondern in der Absicht, nach einem weit umfassenden Plane, wie ihn das im Druck erschienene Programm angedeutet, die sinnreichen Bil⸗ der des Festes aufzustellen, und das Vogelschießen war dabei nur als die Einleitung zur Sache zu betrachten: dies bewei— sen die ergreifenden Aufzuͤge, an welche sich in passender Uni⸗ formirung Alt und Jung, ohne Ruͤcksicht auf Rang und Stand, angeschlossen hatte; das freundliche Auftreten des Schuͤtzenköͤnigs mit seiner Koͤnigin, wie Beide als die unum— gaͤngliche Bedingung des muntern Spiels zur schoͤnen Auf⸗ gabe fuͤr die Festordner und alle Festgenossen geworden und diese sie durch mannigfaltige Ergießungen der heitern Laune und des frohen Scherzes durch festliche Reden und ' jubelnde Ge—
saͤnge unaufhaltsam auf eine . und Sinn gleich ansprechende
Veise geloͤst, wodurch das Fest seine vollkommene Erhebung über die gewöhnliche Art der Volksbelustigungen erlangt hat. Was aber vor Allem angemerkt zu werden verdient, ist die schoͤne Eintracht und Innigkeit, womit Alle sich den geselli⸗ gen Vergnuͤgungen an den erwahnten Tagen in dem geraͤu⸗ migen Festlokal hingegeben: der Zweck, einmal im ahre sich den haͤuslichen Sorgen ganz zu entziehen und die 4 * gen der verschiedenen Klassen und Staͤnde im traulichen Bei⸗ sammenseyn dem Ausbruche des Frohsinnes sich ergeben zu sehen, ist dabei in der That erreicht worden. — Das Ganze giebt wahrhaft die Ueberzeugung, wie leicht unter der Regie— rung unsers , , Landesvaters die Gemuͤther zur Freude gestimmt sind. Se. Majestaͤt lebten vorzuͤglich bei dieser Veranlassung in Aller 5 Der hiesige Stadt⸗ Buͤrgermeister that nach Gebuͤhr fuͤr Allerhöchstdiefelben den ersten Schuß, traf alsobald den Kopf des Vogels, und sein Herabfallen zeigt an, wie hiermit der erste Preis gewonnen. Ein lauter Jubel bezeichnete diesen Erfolg; man sah ihn als ein gluͤckliches Zeichen für das Aufbluͤhen und die kuͤnftige Wohlfahrt des hiesigen Schuͤtzen⸗Vereins an, zur Erreichung des schoͤnen Ziels, welches er sich vorgesteckt hat.