1830 / 225 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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in unseren gesellschaftlichen Verhaͤltnissen das dringendste Be⸗

duͤrfniß. o lange die Regierung einem Jeden gleichen Schutz gewahrt, seine Meinung und sein Geburtsland seyen welche sie wollen, fordere ich Euch auf, nicht zu dulden, daß sich eine andere Stimme unter Euch erhebe, und daß man andere Gefuͤhle ausdruͤcke, als völliges Vergessen der begangenen Irrthuͤmer, Liebe fuͤr Ordnung und Freiheit, und Gehorsam den Gesetzen.“ Chibi.

Nordamerikanische Blaͤtter bringen folgende Nach— richten aus Lima bis zum 31. Maͤrz: „Chili befindet sich in dem beklagenswerthen Zustande eines durch Parteigeist und Buͤrgerkrieg zerrissenen Staates. Fuͤr den Angenblick ist es nicht moglich, vorauszusagen, wie lange dieser Zustand dauern und was das Resultat der Kampfe zwischen den verschiede— nen Parteihäuptern seyn werde. General Freire hat sich am Maule⸗-Strom mit den Truppen des Obersten Viel vereinigt und darauf seine Richtung auf die Hauptstadt genommen, um dem General Prieto eine Schlacht zu liefern. Die Trup— penzahl beider Generale ist sich beinahe gleich; die Armee Freire's aber besteht groͤßtentheils aus alten, gedienten Sol— daten.

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Berlin, 13. August. Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz Karl (Hoͤchstdessen Ruͤckkehr in die hiesige Residenz vorge— stern gemeldet worden), war, Nachrichten aus Stettin zu— folge, in der Nacht vom gten zum 190ten d. M. um 1 Uhr auf dem am ten d. M. von Petrow abgegangenen Kaiserl. Russischen Dampfschiffe Ischora in Swinemuͤnde eingetroffen. Se. Koͤnigl. Hoheit verweilte daselbst bis 7 Uhr und langte um 11 Uhr Mittags in Stettin an. Das Dampfschiff landete in der Stadt bei dem ehemaligen Koͤnigl. Haupt-Eisen-Ma— gazin, woselbst Se. Koͤnigl Hoheit von den beiden Komman— danten der Stadt und Festung empfangen wurde, welchem— naͤchst Hoͤchstderselbe sich nach dem Landhause begab und, nach einem eingenommenen kleinen Fruͤhstuͤck, um 12 Uhr Mittags die Reise nach Berlin fortsetzte. Das genannte Dampfschiff, eines der groͤßten, schoͤnsten und bequemsten, gehoͤrt Sr. Majestaͤt dem Kaiser von Rußland, fuͤhrt 8 Ka— nonen und 30 Mann Besatzung, welcher fuͤr diese Reise eine Ehrenwache von 25 Mann beigegeben war, und hat eine Dampfmaschine von 125 Pferden Kraft. Es wird vom Ca— pitain Leskoff kommandirt.

Nachrichten aus Königsberg zufolge, sind bei der dritten Saͤkularfeier der Uebergabe der Augsburgischen Kon— fession im Gerdauenschen Kreise in 9 Kirchen 171 Rthlr. 11 Sgr. 4 Pf., zum Ankauf der Bildnisse von Luther und Melanchton, gesammelt worden.

Drei Kinder im Dorfe Samplatten, Ortelsburgi— schen Kreises, hatten sich vor Kurzem auf einem Schifferkahn in den dortigen See hineingelassen und gingen damit unter. Durch die Entschlossenheit und Umsicht des Einsassen Mat— rich wurden diese drei Kinder gerettet, und ist fuͤr ihn die Rettungs⸗Praͤmie nachgesucht worden.

Der Verein fuͤr die Besserung der Strafgefangenen in den oͤstlichen Provinzen des Preußischen Staats hat am 727. Juni d. J. seine erste General-Versammlung gehalten. Nach dem hierauf der gedruckte Bericht uͤber seine bisherige Wirk— samkeit den Mitgliedern und Wohlthaͤtern des Vereins zuge— sendet worden ist, hat der Herr Buchhaͤndler G. Reimer hierselbst die Gefälligkeit gehabt, den Debit der noch vorhan— denen Exemplare fuͤr das groͤßere Publikum zu uͤbernehmen. Indem wir daher hierdurch bekannt machen, daß dieser Be— richt fuͤr den Preis von 5 Sgr. in der Buchhandlung des Herrn Reimer zu erhalten ist, benutzen wir diese Veranlassung, um die Zwecke des Vereins dem Wohlwollen unserer Mit—

buͤrger angelegentlich zu empfehlen, und ersuchen diejenigen, welche sich zum Beitritte angeregt fuͤhlen, ihre Erklarung daruͤber nebst den etwaigen Beitraͤgen einem unserer aus dem Berichte ersichtlichen Mltglieder, besonders aber dem Schatz⸗ meister des Vereins, Herrn Stadtrath Keibel, Stralauer— Straße Nr. 52. gefaͤlligst zugehen zu lassen. Berlin, den 12. August. 1830. Das Direktorium des Vereins fuͤr die Besse— rung der Strafgefangenen.

Königliche Schau spiele.

Sonnabend, 14. August. Im Schauspielhause: Die Ahnfrau, Trauerspiel in 5 Abtheilungen. (Frau v. Holbein: Bertha, als Gastrolle.)

Sonntag, 15. August. Im Opernhause: Othello, der Mohr von Venedig, Oper in 3 Abtheilungen, mit Tanz; Musik von Rossini. (Dlle. Sabine Heinefetter, erste Saͤn— gerin der Italianischen Oper in Paris: Desdemona, als Gastrolle. Herr Hoffmann: Rodrigo.)

In Charlottenburg: Die beiden Britten, Lustspiel in 3 Abtheilungen. Hierauf: Laßt die Todten ruhen, Lustspiel in 3 Abtheilungen.

Montag, 16. August. Im Schauspielhause: Der Braͤu— tigam aus Mexiko, Lustspiel in 5 Abtheilungen. (Frau von Holbein: Suschen als Gastrolle.) J

Dienstag, 17. August. Im Schauspielhause: Zum er— stenmale: Van Dyck's Landleben, malerisches Schauspiel in 5 Abtheilungen, nebst einem Vorspiel in 1 Akt, von F. Kind.

Königstädtisches Theater.

Sonnabend, 143. August. Sylphide, das Seefraͤulein,

Zauberposse mit Gesang in 2 Akten. Sonntag, 15. August. Zum erstenmale wiederholt: Ar— sena, die Maͤnnerfeindin, komisches Feen-Singspiel mit Tanz, in 2 Akten, vsn Karl Meisl. Musik vom Kapellmeister Hrn. Franz Glaͤser.

Montag, 16. August. Das Maͤdchen aus der Feenwelt, oder: Der Bauer als Millionair, Zaubermaͤhrchen in 3 Ak— ten. (Herr Spitzeder wird, von seiner Reise zuruͤckgekehrt, hierin zum erstenmale wieder auftreten.) ;

He r,, Den 13. August 1830.

Amtl Fonds- und Geld-Cours-Zettel. (Prersss. Cour.)

Dir, ff Ff ff St. Schuld- Sch. 4 98995 983 G stpr. FElandhrꝗi. Pr. Engl. Anl. 18 5 1021 Ponimn. Plandhrl. Pr. Engl. Anl. 22 5 1021 Kur- u. Num. do. Pr. Engl. Ohl 30. 4 957 Schlesische do.

kKurm. bb. m. l. C] 4 98 Dom. - Pfandbrłt. Neum. lIut Sch. d. 4 987 R kst. C. d Ku. N. Berl Stadt- Ob. 4 1013 L. Sch. d. K- u N. Künigsbg. do. 4 981.

Elbinger do. 43 102 Holl. vollw. Duk. Danz. do. in Ih. 373 Neue dito Westpr. Pldh. 4 993 Friedrichsd'or. Grossliz. Pos. do. 4 1013 Disconto . ...

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Auswärtige Börsen.

Hamburg, 11. August. Bank-Actien 1230. Engl. Russ. AnJ. 1023. Däun 67. Poln. pr. 31. Aug. 116, 2. Engl. Neapol. 847. Falc. 75.

Neueste Börsen⸗Nachrichten.

Paris, 7. Aug. 5proc. Rente ber compt. 101 Fr. 90 Cent. proc. sin our. 102 Fr. 25 Cent. Z3proc. per eompt. 77 Fr. 80 Cent. Zproc. fin Cour. 78 Fr. 30 Cent. 5proc. Neap. per comp. 78 Fr. 25 Cent. 5proc. sin cour. 78 Fr. 75 Cent. 5proc. Span. Rente perp. per compt. 52 Fr. 5proc. dito lin cour. 523.

F rankfurt a. M., 10. Aug. Desterr. 5proc. Metall. 9h, 953. 4proc. 913, 914. 2zproc. 58. 1proc. 25. B. Bank⸗A1ctien 1523, 1516. Part. Oblig. 1263. Loose zu 160 Fi. 171. B. Poln. Loose 593, 583.

Gedruckt bei A. W. Hayn.

Redacteur John. Mitredacteur Cottel.

A til g e me i n e

preußische Staats-Zeitung.

M 225.

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Se. Hoheit der General der Infanterie und kommandi— rende General des Garde⸗Corps, Herzog Karl von Meck— lenburg-Strelitz, ist von Neu⸗Strelitz hier eingetroffen.

Koͤnigliche Bibliothek.

In der naͤchsten Woche, vom 16. bis 21. August, findet, dem 5. XIV. des gedruckten Auszugs aus dem Reglement gemaͤß, die allgemeine Zuruͤcklieferung aller entliehenen Buͤcher in die Koͤnigl. Bibliothek statt. Es werden daher alle die— jenigen, welche noch Buͤcher der Koͤniglichen Bibliothek in Haͤnden haben, hierdurch aufgefordert, dieselben an einem

der genannten Tage, Vormittags von 9 bis 12 Uhr, zuruͤck—

zuliefern.

Angekommen: Se. Excellenz der General-Lieutenant und Commandeur der 5ten Division, von Brause, von

rankfurt a. d. O. . x ö er Attaché bei der Kaiserl. Russischen Gesandtschaft am hiesigen Hofe, von Gasnowski, als Courier von Dresden.

Durchgereist: Der Kaiserl. Russische Legations-Se— cretair, Graf von Tolstoj, als Courier von Paris kom— mend, nach St. Petersburg. . .

Der Kaiserl. Russische Feldjaͤger Dobrowolski, als Courier von Dresden kommend, nach St. Petersburg.

Zeitungs-Nachrichten. Ausland.

Frankreich.

Deputirten⸗Kammer. Sitzung vom 6. August. (Nachtrag.) Nachdem Hr. Berard seinen Vortrag been—

digt hatte, verlangte Hr. Aug. PErier, daß man dessen Antrage der Kommission fuͤr die Adresse zur Pruͤfung uͤber— weise, indem er zugleich die Versammlung beschwor, ja nichts zu übereilen, sondern sich die Englische Revolution vom Jahre

1668, wegen der Ruhe und Vorsicht, womit das Parlament

damals verfahren, zum Vorbilde zu waͤhlen. Hr. Mathieu Dumas trug dagegen darauf an, daß man jenes Geschaͤft einer besondern Kommission uͤbertrage. Hr. Villemain trat diesem Vorschlage bei, doch glaubte er, daß es gut seyn wuͤrde, wenn beide Kommissionen sich vereinigten und die Antraͤge des Hrn. Berard einer gemeinschaftlichen Prüfung unterwuͤrfen. Fuͤr diese Ansicht stimmte die Mehrzahl der Versammlung. Beide Kommissionen wurden hierauf in nach—

tehender Weise zusammengestellt: . ! n, fuͤr die Adresse: Die Herren Villemain,

Pavée de Vandoeuvre, Humblot, Conts, Kératry, Du⸗ pin d. Aelt., Math. Dumas, B. Constant, J. Lefebvre

und Etienne. ö Kommisston fuͤr die Beraxdschen, Propositio⸗ nen: Die Herren Berard, Aug. Périer, Humann, B. Dẽlessert, Graf v. Sade, Gen. Sobastiani, Bertin de Vaux, Graf v. Bondy und v. Tracy.

Auf den Vorschlag des Hrn. Kératry ging die Ver— sammlung jetzt auseinander, nachdem sie beschlossen, um 8 Uhr Abends wieder zusammenzutreten.

Schon vor dieser Zeit hatte sich eine große Anzahl von Deputirten wieder eingefunden. Die oͤffentlichen Tribunen waren saͤmmtlich besetzt und die Thuͤren des Saales von 5 606 jungen Leuten belagert, die von Zeit zu Zeit den Ruf erschallen ließen: „Nieder mit den Pairs! Nieder mit der Erblichkeit! Es lebe das Volk!“ Diese Bewegung theilte

Berlin, Sonntag den 15ten Augu st

1830.

sich zuletzt der im Saale selbst befindlichen Versammlung mit. Einer der anwesenden Deputirten meinte, man muͤsse jede Berathung so lange aussetzen, bis die Ruhe außerhalb wieder hergestellt worden sey. Ein Anderer verlangte, daß man den General Lafayette rufe. Umsonst ließ der Präͤst— dent seine Klingel ertoͤnen; der Laͤrm nahm immer zu, so daß der Polizei-Praͤfekt Herr Girod sich endlich genoͤthigt sah, in Begleitung der Herren Mauguin und B. Tonstant den Saal zu verlassen, um das Volk anzureden. Nachdem es ihnen gelungen, die Ruhe wieder herzustellen, wurde end lich die Sitzung eroͤffnet. Der Praͤsident zeigte an, daß die obgedachten beiden Kommissionen zusammengetreten seien, um die Propositionen des Hrn. Berard zu pruͤfen, daß sie auch bereits einen Berichterstatter (Hrn. Dupin d. Aelt.) ernannt haͤtten, daß dieser aber vor 9 Uhr seine Arbeit nicht beendigt haben wuͤrde. „Bis dahin“, fuͤgte er hinzu „werde ich Ih— nen eine amtliche Mittheilung machen.“ Diese Mittheiluün bestand in einem Schreiben, womit der provisorische Commis⸗— sair im Ministerium des Innern, . Guizot, eine Ab⸗ schrift der Abdications-Akte Karls X. und seines Sohnes mit dem Ersuchen einsandte, dieselbe der Kammer mitzuth ei⸗ len. Als der Praͤsident die Versammlung befragte, ob sie ge— sonnen sey, dieses Aktenstuͤck in das Archiv der Kammer nie— derzulegen, stimmten einige Deputirten dafur, andere trugen auf die Tagesordnung an. Die Abdications-Akte in das Archiv deponiren, meinte Hr. Mauguin, heiße, ihr einen gewissen Werth beilegen, heiße gleichsam anerkennen, daß es der Abdankung Karls X. bedurft habe; dies sey aber nach seiner Ansicht keinesweges der Fall gewesen. Noch am 28. Juli habe sich eine Kommission zu dem Herzoge von Ragusa begeben, um ihn zu ersuchen, von dem Könige die Zuruͤcknahme der Verordnungen vom 25. Juli zu erbitten und ihm unter dieser Bedingung die Vermittelung der De— putirten zur Beschwichtigung des aufgeregten Volkes zu ver⸗ sprechen; man habe aber den Krieg vorgezogen, und das Waf— fengluͤck se dem Volke guͤnstig gewesen; uͤberdies habe aber die Franzoͤsische Nation seit der Wiege der Monarchie das Recht gehabt, ihre Souveraine selbst zu waͤhlen; Hugo Capet sey vom Volke auf den Thron berufen worden, das sein Wahlrecht fort und fort bis auf die Regierung Philipp Au— gusts hehauptet habe; dieses Recht sey sonach von jeher ein Eigenthum der Nation gewesen, und sie duͤrfe jetzt, wo der Thron in Folge des errungenen Sieges erledigt sey, nach Belieben damit schalten; von der Abdications⸗Akte werde mit⸗ hin keine weitere Notiz zu nehmen seyn. Nichts desto we— niger entschied sich die Mehrzahl der Versammlung, als der Praͤsident die Frage stellte, ob die Akte in das Archiv nie— dergelegt oder ob daruͤber zur Tagesordnung geschritten wer— den solle, fuͤr den erstern Antrag. Die aͤußerste linke Seite allein stimmte fuͤr den zweiten. Der Praͤsident befragte hierauf die Versammlung, ob sie nicht die Anhoͤrung des Berichts uͤber die Antraͤge des Herrn Berard bis auf den folgenden Morgen verlegen wollte, da der Be⸗— richterstatter mit seiner Arbeit noch nicht voͤllig fertig sey; die Versammlung entschied aber, daß sie den Bericht abwar⸗ ten wolle. Mittlerweile machte Herr Bavoux folgenden An— trag: „Die Deputirten⸗Kammer zollt der Ciro en. ihren Dank; sie ersucht die Regierung, sich mit der Errichtung ei— nes Denkmals zu beschaͤftigen, das der spaͤtesten Nachwelt die Ereignisse der letzten Tage aufbewahre. Dasselbe soll die Inschrift fuͤhren; Der Stadt Paris das dankbare Frankreich.“ Nachdem dieser Antrag einstimmig angenommen worden, be— stieg Herr Dupin der Aeltere die Rednerbuͤhne, um seinen Bericht uͤber die Vorschlaͤge des Herrn Berard abzustatten. „Es ist nicht meine Absicht“, äußerte er im Wesentlichen, „auf alle die Artikel zuruͤckzukommen, die den Gegenstand der trefflich entwickelten Proposition unsers ehrenwerthen Kollegen, des Herrn Berard, ausmachen; ich werde mich darauf beschraͤnken, diejenigen herauszuheben, die von Ihrer Kommission veraͤndert worden sind. Die Kommission hat einstimmig die Nothwendigkeit erkannt, den Thron fuͤr erle⸗