1756
Uhr hob der Praͤsident die Sitzung mit dem Bemerken auf, daß er den König fragen werde, wann und in welchem Kostuͤm er die Deputation empfangen wolle. Deputirten Kamm er. Die Sitzung vom 14 Au— gust, in welcher Hr. Laffitte den Vorsitz fuͤhrte, eroͤffnete derseibe mit der Vorlegung mehrerer bei der Kammer einge⸗ gangenen Adressen, worin die Einwohner von St. Quentin, Thäteau⸗-Thierry, la Fere, Epinal, Limoges und Chateauroux die von den Deputirten getroffenen oder noch zu treffenden Verfuͤgungen billigen. Der Vice⸗Praͤsident theilte hierauf der Versammlung sechs ihm zugegangene Schreiben mit, wor— in die Herren Syrieys de Mayrinhaec, Deputirter des De⸗ partements des Lot, Pas de Beaulieu, Le Mesre, Potteau d'Hancarderie und von 1 Epine, Deputirte des Departements des Nordens, so wie Hr. Devandeuil, Deputirter des Depts. der obern Marne, ihre Entlassung einreichen. (Die fuͤnf er⸗ stern hatten gegen die Adresse, der sechste fur dieselbe ge⸗ stimmt. Nachdem diese saͤmmtlichen Schreiben dem Minister des Innern uͤberwiesen worden war die Eidesleistung an der Tagesordnung. Der Vice ⸗Praͤsident bemerkte, daß es ohne Zweifel einem jeden Depurirten freistehe, seinen Eid zu motiviren, daß er aber die Eides formel selbst: „Ich schwoͤre dem Koͤnige treu, der Verfassungs-Urkunde und den Gesetzen des Landes gehorsam zu seyn, und mich in Allem so zu betra⸗ gen, wie es einem guten und loyalen Deputirten zukommt ö nicht aͤndern könne. Hr. Mercier verlangte, daß man statt „Koöͤnig“, „Koͤnig der Franzosen“ sage. Mehrere Mitglie⸗ ber der linken Seite unterstützten diesen Antrag. Hr, von Corcelles dagegen trug darauf an, daß man die Ei⸗ desleistung so lange ganz aussetze, bis die Formel durch ein Gesetz verändert worden sey. Beide Vorschlaͤge wurden indeß verworfen und die Eidesleistung ging sofort in der Art vor sich, daß die Deputirten bei ihrem Namen in alphabetischer Reihefolge aufgerufen wurden. Die Meisten leisteten den Eid unbedingt; Eimge dagegen moti⸗ virten denselben. So sagte z. V. der Vicomte von Aban⸗ court „Mit zerrissenem Herzen an das Ungluͤck einer Fa⸗
milie denkend, der ich stets treu gedient habe, aber uͤberzeugt, H
daß das Band, welches uns an einander knuͤpfte, durch die Verordnungen vom 25. Juli und selbst noch an dem Tage gewaltsam zerrissen worden ist, wo ein Minister, die Worte des Friedens zuruͤckweisend, im Namen seines Herrn das Blutvergießen fortzusetzen befahl, kann ich nur noch meine Pflichten gegen mein Land befragen, und ich schwoͤre daher unbedingt und voller Vertrauen zu dem Fuͤrsten, den die Nation sich gewahlt hat, treu zu seyn u. s. w.“ Herr Agier äußerte: „Wenn es sich nur um ein persoͤnliches In⸗
teresse handelte, so konnte ich wegen des zu fassenden Ent⸗
schlusses zweifelhaft seyn; da es aber hier vor Allem das all⸗ gemeine Interesse gilt, so halte ich dafuͤr, daß das Mandat meiner Koömmittenten hinreichend ist, und daß sie mich ganz besonders beauftragt haben, mein Land vor jeder Art von Gesetzlosigkeit und Tyrannei zu bewahren; da ich mich nun nicht dem Vorwurfe aussetzen will, daß ich durch ein strafba⸗ res Zaudern dazu beigetragen, uͤber das Vaterland Anar— chie und Verwirrung zu verbreiten, und da ich uͤber⸗ zeugt bin, daß man durch die Verletzung eines heiligen Eid⸗ schwurs mich des meinigen entbunden hat, so leiste ich den neuen Eid ohne Vorbehalt.“ Herr von Berbis sagte: „In den letzten Sitzungen der Kammer war ich der Meinung, daß mein Gewissen mir nicht erlaube, den Thron fuͤr erledigt zu erklaͤren; unter den jetzigen dringenden Umstaͤnden aber nehme ich die Worte: salus populi suprema les zum Wahl—⸗ spruche und leiste aus diesem einzigen Grunde den Eid.“ Hr. Berryer bemerkte: „Gewalt hebt kein Recht auf: die Legi⸗ timitaͤt ist ein Recht, das kostbarer fuͤr die Volker, als fuͤr die Koͤnige ist; wo aber in einem Staate das Recht des Staͤr⸗ kern gilt, da muß der Einzelne sich unterwerfen, und der Wohlgesinnte ist der Gesellschaft noch alle seine Kraͤfte schul⸗ dig, um größeren Uebeln vorzubeugen. Nach dieser Ansicht halte ich es fuͤr meine Pflicht, mich den ehrenwerthen Maͤn— nern anzuschließen, denen ich heilsame Absichten fuͤr mein Land zumuthe, und ich leiste daher den verlangten Eid.“ Hr. v. Brigo de sprach sich folgendermaßen aus: „Auch ich bin bereit, diesen Eid zu leisten, doch haͤtte ich wohl gewuͤnscht, zuvor eine Auslegung uͤber zwei Worte zu erhalten, deren Sinn ich nicht recht verstehe. Was heißt Treue? was Gehor— sam? Hat Treue einen ausgedehnteren Sinn, als Gehorsam? Bedeutet Gehorsam etwas mehr, als Treue? Wenn Niemand einen Unterschied zwischen beiden Worten zu machen weiß, so muß ich annehmen, daß beide dasselbe bedeuten, und ohne mich in diesem Falle darum zu kuͤmmern, warum man das eine auf den Konig, das andere auf die Charte gn— gewandt hat, schwoͤre ich beiden gleiche Treue.“ Als
bei dem Buchstaben C. der Name Chantelauze aufgerufen wurde, entstand einiger Lärm. Hr. von Corceelles schwor, unter Vorbehalt der Bestaäͤtigung seines Eides durch das Volk, die ihm unerlaͤßlich schien. dieser Vorbehalt erregte ein gewaltiges Murren. Herr v. Berbis meinte, ein sol— cher Eid sey nicht zulaͤssig, wogegen der Vice-Praͤsident ihn für guͤltig hielt, indem der Vorbehalt sich nur auf ein kuͤnf— tiges Ereigniß beziehe, welches durchaus nicht wahrscheinlich sey. Da indeß die Versammlung sich hierbei nicht beruhi— gen wollte, so fand Herr von Corcelles sich bewogen, seine Meinung schriftlich aufzusetzen. Mittlerweile wurde der Na⸗ mens⸗Aufruf fortgesetzt. Als der Vicomte von Martignae an die Reihe kam, äußerte er: „Es giebt Zeiten und Um— stände, wo die Linie der Pflicht eben so schwer zu befolgen, als vorzuzeichnen ist; ich habe lange und xeiflich uͤber den Entschluß nachgedacht, der mir in meiner besondern Stellung zieme; ich schmeichle mir mit der Hoffnung, daß in Frank— reich Niemand die Beweggruͤnde meines Handelns verkennen wird. Ich schwoͤre.“ Der Graf v. Montauzon aͤußerte: „Ich bin meinem Gewissen und meinen Kommittenten die Erklärung schuldig, daß ich das Prinzip der Legitimitaͤt stets als eine Buͤrgschaft der Ruhe der Staaten be— trachtet habe; zugleich glaube ich aber, daß in der Lage, worein Frankreich durch die offenbare Verletzung der Charte und den darauf erfolgten Widerstand versetzt worden ist, alle Maßregeln, die dazu geeignet sind, das Vaterland vor der Anarchie, dem Buͤrgerkriege und dem Kriege mit dem Aus— lande zu bewahren, in den Pflichten jedes guten Franzosen liegen. Ich schwoͤre u. s. w.“ Hr v. Vatimesnil sagte; „Ich bin der don der Kammer abgegebenen Erklarung unbedingt beigetre— ten, weil ich glaube, daß die Vaterlandsliebe uͤber jedes an— dere Gefuͤhl den Sieg davon tragen muͤsse. Ich schwoͤre da⸗ her unbedingt.“ Außer den bisher namentlich aufgefuͤhrten Deputirten leisteten 202 Mitglieder der Kammer den Eid ohne Weiteres, unter diesen auch Hr. Royer -ollard. Nach Beendigung dieses Geschaͤfts theilte der Vice-Praͤsident der— Versammlung das nachstehende Abdankungsschreiben des Hrn. yde de Neuville mit.“ *
„Mein Herr Praͤsident! Umstaͤnde, woruͤber ich allein Richter seyn kann, zwingen mich, auf die Ehre, der Kammer ferner anzugehsren, zu verzichten; ich ersuche dieselbe, meine Abdankung anzunehmen. Kaum halte ich es fuͤr noͤthig, hin— zuzufuͤgen, daß ich bis zu meiner letzten Lebensstunde stets die heißesten Wuͤnsche fuͤr das Gluͤck und die Freiheit meines Landes hegen werde. Haben Sie die Guͤte, der Kammer meine lebhafte Erkenntlichkeit fuͤr die Beweise der Theilnahme und des Wohlwollens, die ich unausgesetzt von meinen Kolle—
gen erhalten habe, zu erkennen zu geben.“
Hr. Thénard forderte hierauf Hrn. v. Corcelles nach—⸗ traͤglich noch auf, seinen Eid in bestimmteren Ausdruͤcken, als die obigen, zu leisten, und dieser sagte nunmehr: „Ueber⸗ zeugt, daß die Einwilligung der Franzsoͤsischen Nation zu al⸗ len unsern Operationen erforderlich ist, gebe ich den Wunsch zu erkennen, daß dieselbe in der moͤglichst kuͤrzesten Frist er⸗ solge. Ich schwoͤre.“ Hiernaͤchst bestieg H lefsert die NRednerbuͤhne, um folgenden Gesetz-Entwurf vorzuschlagen und zu entwickeln:
„Art. 1. Alle Diejenigen, die an den ruhmwuͤrdigen Tagen des 26 — 29. Juli bei Vertheidigung der National⸗ sache verwundet worden sind, so wie Alle, die sich sonst da— bei ausgezeichnet haben, nicht minder die Witwen und Wai⸗ sen derer, vie unterlegen sind, sollen Belohnungen und Pen—⸗ sionen aus Staats- Fonds erhalten. Art. 2. Jeder, dessen Eigenthum in Folge jener Ereignisse gelitten hat, soll auf Kosten des Staats entschaͤdigt werden. Art. 3. Um das Andenken der gedachten Ereignisse zu bewahren, soll eine Me— daille geschlagen und unter alle diejenigen vertheilt werden, die einen thaͤtigen Antheil an den gluͤcklichen Resultaten jener denkwuͤrdigen Tage genommen oder sonst dazu beigetragen haben. rt. 4. Zur Ausfuͤhrung dieser Maßregeln wird die Regierung eine Kommission ernennen, die uͤberdies den Aaftrag hat, uͤber den Betrag und die Verwendung aller zu demselben Zwecke in Paris, in Frankreich und im Auslande gesammelten Beitraͤge Bericht zu erstatten.“ .
Nachdem diese Proposition den Buͤreaus zur Pruͤfung uͤber⸗ wiesen worden, trat der Graf v. Sade mit dem Antrage hervor, eine besondere Kommission zu ernennen, die sich mit Allem, was den Bau des neuen Saales der Deputirten— Kammer betrifft, beschaͤftige und namentlich die bisher ent— worfenen Plane zu diesem Bau pruͤfe; er selbst schlug dazu das Oblongum vor, indem er zugleich den Wunsch zu erken⸗ nen gab, daß kuͤnftig jeder Redner von seinem Platze aus
Beilage
r. Benj. D e⸗
t757 Beilage zur Allgemeinen Preußischen Staats⸗-Zeitung M 230.
spreche. Herr Carl Dupin dagegen stimmte fuͤr die Cir⸗ und der Stadt Rouen machten gestern dem Koͤnige ihre Auf—
kel-⸗Form, als diejenige, die dem Hauptzwecke, daß namlich der Redner von der Tribuͤne herab sich allgemein verstaͤndlich machen koͤnne, am meisten entspreche. Der Graf Alex. von Laborde pflichtete dieser Ansicht bei und hielt die Cirkel— Form auch dann noch fuͤr die bessere, wenn kuͤnftig jeder Redner von seinem Sitze aus sprechen sollte. Herr Mer⸗ cier meinte, daß man vor der Hand wohl noch etwas Bes— seres zu thun habe, als daruͤber zu debattiren, ob der kuͤnf— tige Saal rund oder viereckig zu bauen sey. Nichts desto weniger entschied die Versammlung, daß der Vorschlag des Hrn. v. Sade in Betracht gezogen werden solle. Herr Du ver- gier de Hauranne verlangte, daß die Kammer eine Kom— mission von 9 Mitgliedern ernenne, die sich mit den in dem Reglement vorzunehmenden Modificationen beschaͤftige. Auch diese Proposition wurde angenommen und den Buͤreaus zur Pruͤfung uͤberwiesen. Hierauf schlug Herr Mereier einen Gesetz-Entwurf folgenden Inhalts vor:
„Art. 1. Saͤmmtliche Beamte des Verwaltungs- und Gerichtswesens sind verbunden, dem Koͤnige der Franzosen den Eid der Treue, so wie der Verfassungs-Urkunde und den Gesetzen des Landes Gehorsam, zu schwoͤren. Art. 2. Jede andere Eidesformel ist abgeschafft. Art. 3. Alle im Art. 1. erwähnten Beamten haben den obigen Eid unver— zuͤglich zu leisten, widrigenfalls von ihnen angenommen wird, daß sie ihr Amt niederlegen.“
Auch diese Proposition wurde in Erwägung gezogen, wobei Hr. Marchal nur noch den Wunsch zu erkennen gab, daß man derselben, ihrer Wichtigkeit wegen, vor jeder andern den Vorzug gebe. Die Sitzung wurde um 47 Uhr aufgehoben.
Paris, 12. August. Der Koͤnig arbeitete gestern mit den provisorischen Kommissarien fuͤr die Departements der auswärtigen Angelegenheiten und des Innern, Marschall Jourdan und Herrn Guizot, und ertheilte demnaͤchst dem ersten Praͤsidenten des Koͤniglichen Gerichtshofes von Paris, Baron Seguier, eine Privat⸗Audienz.
In der Mittagsstunde machte eine Deputation der hie— sigen Advokaten in ihrer Amtskleidung dem Koͤnige ihre Auf— wartung. Herr Dupin der Aeltere redete hierbei, als Aelte⸗
ster des Advokatenstandes, den Koͤnig in folgender Weise an;
„Sire! wir kommen, um dem Könige die Ehrfurcht und Huldigung eines Standes darzulegen, in welchem der Her— zog von Orleans Freunde, Rathgeber und Vertheidiger ge⸗ 66 hat. Ich fuͤhle mich gluͤcklich, jetzt deren Organ zu eyn. Sire! Ihre Sache ist die unsrige, denn sie ist die der Gesetze. Man hatte dieselben verletzt! Sie haben sie wie— derhergestellt. Wir werden, indem wir dieselben anrufen, alle unsere Kraͤfte anstrengen, um sie aufrecht zu erhalten. Ew. Majestaͤt und Ihre erhabene Familie koͤnnen auf unsre unerschuͤtterliche Treue rechnen.“ Se. Majestaͤt erwiederten: „Meine Herren! Ich danke Ihnen fuͤr die Waͤnsche, die Sie Mir so eben ausgedruͤckt haben. Ich koͤnnte Meine Gefuͤhle nicht besser aussprechen, als indem Ich Alles das wiederholte, was so eben Ihr Aeltester gesagt hat. Ich freue Mich uͤber die Umstaͤnde, welche Ursache sind, daß Sie ihn in diesem Augenblick zu Ihrem Organ haben. Seit mehreren Jahren
Mein vertrauter Rathgeber in allen Meinen Privat-Ge—
schaͤften und allen dieselben betreffenden Berathungen bei⸗ wohnend, hat er alle Meine Angelegenheiten, alle Meine Gesinnungen kennen gelernt. Er weiß (und Ihr ehrwuͤrdi— ger Dekan, Herr Delacroix-Frginville, den Ich mit großem Vergnuͤgen an seiner Seite sehe, weiß es auch), wie sehr Ich die Freiheit liebe, welche Ehrfurcht Ich vor den Gesetzen hege, und wie aufrichtig Ich dem Vaterlande ergeben bin! Ich verspreche Ihnen, daß hinfuͤhro die Gerechtigkeit mit Festig⸗ keit gehandhabt werden und daß vor Allem in der Anwen— dung der Gesetze Aufrichtigkeit herrschen soll. Dies sind die einzigen Mittel, der Nation wieder Vertrauen einzufloͤßen und der Ruͤckkehr derjenigen Uebel vorzubeugen, zu deren Beseitigung beigetragen zu haben Ich Mir Gluͤck wuͤnsche.“ Dieser Antwort folgte der Ruf: „Es lebe der Koͤnig!“ — Hierauf naͤherte sich die Koͤnigin Herrn Dupin und faßte seine Hand mit den Worten: „Ja wohl, Herr Dupin, Sie kennen alle unsere Gesinnungen.“ — „Und ich, hohe Frau“, erwiederte Herr Dupin, „bin uͤberzeugt, Ewr. Majestät die Gesinnungen des ganzen Advokatenstandes ausgedruͤckt zu
haben.“ . Auch Deputationen des Departements der Niedern Seine
wartung.
Außer dem Departement der Niedern Seine, haben die Staͤdte Rouen, Peronne, Amboise und Aurillae, ber Koͤnigl. Gerichtshof in Straßburg und das Konsistorium der in Frank— . Israeliten Gluͤckwunsch-Adressen an den Koͤnig
et.
Die Praͤsidenten der Gerichtshoͤfe, General-Prokurato—⸗ ren und Praͤfekten leisteten bisher in die Haͤnde 4 Koͤnigs und knieend den Amts⸗Eid. Auf den Antrag des Justizmi⸗ nisters hat der Koͤnig angeordnet, daß die Eidesleistung kunf— tig stehend geschehen soll. In dieser Form hat ihn bereits gestern der Praͤsident Seguier geleistet.
Der Koͤnig ging gestern in buͤrgerlicher Kleidung und mit einem Regenschirm in der Hand in der Naͤhe des Palais⸗ Royal spazieren, wurde aber bald erkannt und sah sich, um den freudigen Zurufungen und Begruͤßungen der sich um ihn draͤngenden Volksmenge zu entziehen, genoͤthigt, nach dem Pallaste umzukehren, wohin ihm der Ruf: „Es lebe Koͤnig . 9. l. ö. nachfolgte.
ie Koͤnigin besuchte gestern, von Ihren Prinzessin— nen Toͤchtern und Ihrer Schwaͤgerin begleitet, 66 5 reth Beaujon, um den dort befindlichen Verwundeten Trost zuzusprechen und Huͤlfe zu bringen. Abends empfing Ihre Majestaͤt, von ihrer Familie umgeben, in Ihren Gemaͤchern mehrere Personen, unter denen man auch den Marschall Soult bemerkte, mit dem der Konig sich lange Zeit unterhielt.
Gestern war im Palais⸗Royal Tafel von 80 Couverts; unter den Anwesenden befanden sich der Fuͤrst Talleyrand, mehrere Generale, Zoͤglinge der polytechnischen Schule u. s. f.
Das Journal des Déb ats meldet: „Karl X. befindet sich in Falgise, und wollte sich heute einschiffen; er hat nur noch 109 Mann bei sich. Er wollte sich nach einer der Eng— lischen Inseln Jersey oder Guernsey begeben; die Schiffe haben aber Befehl erhalten, voruͤber zu segeln. Wie es heißt, wird er nunmehr nach Palermo gehen.“
Der Moniteur bemerkt: „Einige Deputirte haben fuͤr gut befunden, in der heutigen Sitzung der Kammer nicht zu erscheinen. Weigern sie sich, dem Könige Ludwig Philipp und seiner Regierung den Eid zu leisten, so entkleiden sie sich selbst ihrer Eigenschaft und verzichten auf den ihnen ge⸗ wordenen Antrag. Man darf annehmen, daß das Ministe⸗ rium eine Maaßregel treffen wird, die sie noͤthigt, diese Pflicht zu erfuͤllen oder die Deputirtenstelle niederzulegen. Im Falle der Weigerung wuͤrde unfehlbar fuͤr ihre Ersetzung durch an⸗ dere Deputirte gesorgt werden.“
Ueber das Ausscheiden des Herrn Hyde de Neuville aus der Deputirten⸗ Kammer äußert das Journal des Débats: „Wir sind nicht die Richter uͤber die Beweggruͤnde zu diesem Schritte, jedoch hegen wir die Ueberzeugung, daß bei dieser, so wie bei allen Handlungen seines Lebens, Herr Hyde de Neuville nur den Eingebungen seines Gewissens gefolgt ist. Die Deputirten-Kammer bedauert lebhaft den Verlust eines so waͤrdigen und loyalen Kollegen. Wir thei⸗ len ihren Schmerz und wuͤnschen mit ihr und ganz Frank— reich, daß einer der achtbarsten Charaktere unserer Zeit nicht auf immer fuͤr das Staatsleben verloren seyn moͤge.“
Die definitive Ernennung des Ministeriums, die bereits seit einigen Tagen erwartet wurde, hat, noch ehe dieselbe durch den Moniteur bekannt geworden war, dem heute fruͤh erschienenen Globe zu folgenden Betrachtungen Veranlassung gegeben: „Vielerlei Namen sind genannt worden, die das Ministerium bilden sollen, und verschiedene Systeme, die man bei der Organisation desselben zu beobachten gedenkt, wur— den angefuͤhrt. Man sprach von einem großen nach Engli— schem Muster zu bildenden Kabinette, in welchem nicht blos die Portefeuille habenden Minister, sondern auch die Unter⸗ Staats⸗Secretaire oder General⸗Direktoren, unter welche die von jedem Ministerium ressortirenden Geschaͤfte vertheilt wer⸗ den, Sitz und Stimme haben sollten. — Man versicherte zunaͤchst, daß Herr Dupont v. d. Eure Großsiegel⸗Bewahrer bleiben wuͤrde. Es entspräche dies dem theuersten Wunsche des Landes. Die hohe einfache Tugend dieses Mannes, der Jedermann Gerechtigkeit widerfahren laͤßt, verleiht dem Kabinette gleichsam eine populaire Sanction. Man sprach zwar auch von Herrn Dupin, doch glauben wir, daß dieser jetzt ent— fernt worden, und daran, daͤchten wir, hat man wohlgethan. Niemand kann mehr, als wir, das Talent dieses großen Ad—⸗ vokaten bewundern; auch steht sein Charakter bei uns in höͤ⸗—