1784
und von der Thronbesteigung Koͤnig Wilhelm IV. dem hie⸗ sigen Koͤnigl. Großbritanischen Botschafter uͤberbracht. Diese Trauer⸗Botschaft wurde durch die in der Naͤhe von Tarapia vor Anker liegende Englische Fregatte „Blonde“, nach An— zahl der Lebensjahre des verstorbenen Monarchen, durch 68 von Minute zu Minute geloͤste Kanonenschuͤsse verkuͤndigt, welche von der in der Bai ven Bujukdere vor Anker lie genden Russischen Fregatte „Fuͤrstin Lowiez“ wiederholt wurden.“
I
Berlin, 22. August. Aus Breslau wird gemeldet: „Der 11. August war fuͤr eine bedeutende Anzahl Kantoren und Schullehrer der Schlesischen Gebirgsgegend ein festlicher und froher Tag. Der Oberlehrer am Koͤnigl. Schullehrer⸗ Seminar zu Breslau, Hr. Hientzsch, hatte namlich bei Meh—
reren derselben die Ider eines Gesang Jestes in Anregung ge— bracht und dabei ein sehr bereitwilliges Entgegenkommen ge⸗ funden. Ueber hundert Kantoren und Schullehrer, meist aus
Kirchenstyle, ältererer und neuerer Zeit, nicht nur eine naͤ— here Bekanntschaft mit diesen Werken selbst, sondern auch eine lebendige Theilnahme an kirchlicher Vokal⸗Musik bewirken sollen. Und dieser erste Ver such gewaͤhrte die sichere Ueber— zeugung, daß Schlesien in dieser Hinsicht keinem andern Deut— schen Lande nachstehen und daß eine allgemeine Vereinigung zu dem in Rede stehenden Zwecke Leistungen moglich machen wird, welche Geist und Herz gleich wohlthäͤtig ansprechen werden. Haͤtten diese Gesang-Feste auch keinen andern Ge⸗ winn, als unsere Kantoren und Schullehrer zu hoͤherer Thaͤ⸗ tigkeit fuͤr den Kirchen- Gesang in ihren Schulen und Ge— meinden anzuregen, sie inniger unter einander zu die— sem erhabenen Zwecke zu verbinden, durch wahren Kunst— sinn verwandte Gemuͤther einander naͤher zu bringen und zu gleichem Wirken zu vereinigen, so waͤre er wahrlich reich genug, um das Unternehmen selbst zu rechtfertigen. Und dieser Gewinn wird nicht ausbleiben, wenn die kuͤnftigen sangfeste dem ersten gleichen. Nach einer kurzen sehr igen Einleitungsrede des Ober⸗ lehrers Herrn Hi vurden kleinere Gesangstuͤcke aus des Genäannten Lied ssnmlung probirt. Waͤhrend dieser Zeit war der Musik-Direktor, Herr Bernhard Klein aus Berlin, angekommen und versuchte mit den Anwesenden einige groͤßere von ihm komponirte Gesangstuͤcke. Um 11 Uhr nahm die eigentliche Aufführung ihren Anfang mit dem Cho⸗ ral: Mein erst Gefuͤhl sey Preis und Dank ꝛc. Zu den aus— gezeichnetsten Stuͤcken gehoͤrten: der Psalm von Schnabel: Herr unser Gott! wie groß bist Du ꝛc. Dann: Hoch thut euch auf, ihr Thore der Welt ꝛc. Der Herr ist mein Hirt ze. Ich will singen ꝛ. Auferstehn ꝛc., saͤmmtlich von B. Klein. Das nur einmal Probirte, den meisten Mitgliedern ganz Unbekannte, ging so vortrefflich und wurde mit so vieler Praäcision vorgetragen, daß nicht nur Aller Erwartungen uͤbertroffen wurden, sondern selbst der beruͤhmte Komponist des Oratoriums David den Saͤngern seinen vollkommen⸗ sten Beifall zollte. Der Zuhoͤrer waren nur wenige, und so sollte es auch seyn, denn es galt ja nur einen ersten Ver— fuch, und es war dabei auf nichts weniger als auf Osten—⸗ tation angesehen. — Hierauf folgte ein froͤhliches Mittags⸗ mahl, gewuͤrzt durch mehrere herrliche Gesange aus der schon gedachten Lieder⸗Sammlung und durch herzlich ausgebrachte Toaste fuͤr unseres allverehrten frommen Königs und seines
erhabenen Hauses Wohl. — Nach Tische wurden wiederum Gesanguͤbungen vorgenommen und, da die Witterung guͤnstig war, der Platz vor der Ruine Kynsburg benutzt.
— Nachrichten aus Du sseldorf zufolge, haben in den Niederungen Weizen und Roggen stark gelitten und koͤnnen sich nun nicht mehr erholen. Der Buchweizen steht uͤber all schlecht, und auch der Flachs, der theilweise in dem wuchern— den Unkraute erstickt ist, verspricht nur eine mittelmaͤßige Ernte. Am meisten hat jedoch der Graswuchs gelitten, und die Heuernte ist in mehreren Kreisen fast gaͤnzlich verloren gegauͤgen. Wo man das Gras hat maͤhen koͤnnen, ist es späͤter entweder fortgeschwemmt oder bei dem anhaltenden Regen verdorben; groͤßtentheils aber ist es in Folge der
dauernden Uberschwemmungen auf dem Halm verfault. Auch
die Kleeheu-Ernte ist mißrathen, und die Futter⸗Vorraͤthe sind daher sehr gering. In den Kreisen Rees, Kleve und
Geldern, wo die Rhein-Weiden laͤngere Zeit unter Wasser
standen, und wo aus diesem Grunde das Vieh in den Staͤl⸗ len bleiben mußte, entstand wegen der Fuͤtterung desselben
große Noth, und man hat sich haͤufig genoͤthigt gesehen, den dem Schweidnitzer, Waldenburger, Striegauer, Bolkenhainer, Hafer grun abzumähen, um nur futtern zu koͤnnen. Die Landeshuter, und auch Einige aus dem Reichenbachschen und Sommerfruͤchte stehen aber sehr gut, und der Hafer beson— Frankensteinschen Kreise, hatten sich in Kynau versammelt, zunaͤchst zwar nur, um einen Versuch zu machen, ob auch
Schlesien, nach dem Beispiele andrer Deutschen Lander, im gen j e . Stande seyn durfte, in der Zukunft Gesang-Feste zu veran- lich ist, so darf man die Hoffnung auf eine gute Ernte die⸗
stalten, die durch Auffuͤhrung berühmter Meisterwerke im ser unentbehrlichen Frucht nicht aufgeben.
ders verheißt eine ungewoͤhnlich reiche Ernte. Hinsichtlich der Kartoffeln sind die Meinungen noch schwankend, da die gegenwärtige Witterung jedoch fuͤr sie ebenfalls sehr gedeih⸗
Königliche Schau spiele.
Montag, 23. August. Im Schauspielhause: Zum er⸗ stenmale: Die Doppelverheiratheten, Lustspiel in 1 Aufzug nach Scribe. Hierauf: Medea, Drama in 1 Aufzug von Gotter, mit musikalischen Zwischensaͤtzen von G. Benda. (Neu einstudirt. ) (Mad, Crelinger: Medea. Herr Kruͤger: Jason.) Und: Das Geheimniß, Sing spiel in 1 Aufzug. (Herr Hoppe: Waller.)
Dienstag, 24. August. Im Schauspielhause: Der Di⸗ plomat, Lustspiel in 2 Abtheilungen; Hierauf: Die Lokal⸗ posse, Lokalposse mit Gesang, in 1 Aufzug, von J. E. Mand.
Mittwoch, 25. August. Im Opernhause: Titus, Oper in 2 Abtheilungen; Musik von Mozart. (Dlle. Heinefetter, erste Sängerin der Italiaͤnischen Oper zu Paris: Sextus als Gastrolle. Herr Bader: Titus.)
Koͤnigstädtisches Theater.
Montag, 23. August. Die weiße Dame, komische Oper in 3 Akten. (Herr Holzmiller: Georg Brown.)
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Auswärtige Börsen.
Amsterdam, 17. August. Niederl. vwirkl. Schuld 60. Kanz-Bill. 283. Oesterr. 5proę. Metall. 95. Part.-ObI. 350. Russ. Engl. Anl. 10143. Russ. Anl.
Hamb. Cert. 1002.
Hamburg., 20. August,. Oesterr. 4proc pr. ult. 94 (Brief). Bank-Actien pr. ult. 1290.
1
Russ. Engl. Aul. des I. 103. Poln. 119. Dän. 683.
St Petersburg, 13. August. Hamburg 3 Mon. 93. 6proc. Insc. in Bank- Ass. 138.
Wien, 17. August. 5proc. Metall. 983. Aproc. 934. 1proc. 233. Loose zu 100
FI. II9. Part. Oblig. 1273. Bank-Actien 12983.
Paris, 16. Aug. 5proe. Rente per compi. 102 Fr.
Neue ste Börsen⸗Nachrichten.
50 C. proc. fin cour. 102 Fr. 60 C. Zproc. per Compt. 76
Fr. 70 C. Zproc. fin cour. 77 Fr. 5 C. 5proc. Neap. Falc. 75 Fr. 50 C. Hproc. Span. Rente perp. 473. 5proc. dito
Guebh. 57. Frankfurt a. M., 19. August. Oesterr. 5proe.
J
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retall. 963. 96. 4proc. 91. 913. 2zproc. 553. 1proc. 23. B.
Bank ⸗Aetlen 1539. 1537. Part. Obl. 1263. Loose zu 100 Fl. H74. B. Poln. Loose 583. 583.
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Gedruckt bei A. W. Hayn.
Redacteur John. Mitredaeteur Cottel.
All gem rin r
Preußische Staats -Zeitung.
M 234.
Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.
Angekommen: Der Koͤnigl. Sicilianische außerordent⸗ liche Gesandte und bevollmaͤchtigte Minister am hiesigen Hofe, Chevalier Ruffo, von Paris.
Abgereist: Der Kaiserl. Russische Wirkliche Geheime Nath und Kammerherr, außerordentliche Gesandte und be—⸗
vollmaͤchtigte Minister am Königl. Sicilianischen Hofe, Graf von Stackelberg, nach Neapel.
Durchgerei st: Der Kaiserl. Russische Feldjaͤger Jno— , , als Courier von St. Petersburg kommend, nach
eimar.
Zeitungs-Nachrichten.
Ausland.
Frankreich.
Paris, 1. August. Der Koͤnig praͤsidirte gestern in einem Minister⸗Rathe, der von 10 bis 1 Uhr dauerte. De— putationen der Staͤhte Niort und Saint⸗Denis und mehrere Generale, unter denen man auch die General-Lieutenants Vi⸗ comte Donnadien und Graf Bordesoulle bemerkte, machten Sr. Maj ihre Aufwartung.
Der Koͤnig hat folgende Proclamation an die Nation erlassen:
Franzosen!
Ihr habt Eure Freiheiten gerettet; Ihr habt mich berufen, um Euch den Gesetzen gemaͤß zu regieren. Euer Tagwerk ist ruͤhmlich vollbracht; das meinige beginnt erst. Meine Sache ist es, der gesetzlichen Ordnung, die Ihr erobert habt, Achtung zu verschaffen. Ich kann Niemanden gestatten, sich uͤber dieselbe hinwegzusetzen, denn ich selbst bin ihr unter⸗ worfen. Die Verwaltung muß uͤberall wieder ihren Lauf beginnen. Zahlreiche Veraͤnderungen haben schon statt ge— funden; andere werden noch vorbereitet. Die Autoritaͤt muß den Haͤnden von Maͤnnern uͤbergeben seyn, die der Sache der Nation fest anhaͤngen. Eine so rasche und weit um fas⸗— sende Bewegung hat nicht zu Stande kommen koͤnnen, ohne eine augenblickliche Verwirrung hervorzubringen; diese ist aber ihrem Ende nahe. Ich fordere alle guten Buͤrger auf, sich ihren Behoͤrden anzuschließen und ihnen behuͤlflich zu seyn, zum Besten Aller die Ruhe und Freiheit aufrecht zu
eihalten. Reformen sind in verschiedenen Verwaltungszwei⸗
gen nothwendig. Die Erhebung gewisser Steuern druͤckt das Land schwer. Es sollen Gesetze vorgeschlagen werden, um diesem Uebel abzuhelfen. Bei der Pruͤfung derselben soll jeder Reclamation Gehoͤr gegeben, kein Interesse uͤber— gangen, keine Thatsache verkannt werden. Bis neue Ge— setze erscheinen, ist man aber den bestehenden Gehorsam schul⸗ dig. Die politische Vernunft verlangt solches; die Sicherheit des Staats gebietet es. Moͤgen alle Wohlgesinnten ihren Ein⸗ fluß anwenden, um ihre Mitbuͤrger hiervon zu uͤberzeugen. Was mich anbetrifft, so werde ich weder in der Zukunft mei—⸗ nen jetzigen Versprechungen, noch in der Gegenwart meinen Pflichten zuwider handeln. Franzosen! Europa schaut mit Liner Bewunderung, worin sich einiges Erstaunen mischt, auf unsere glorreiche Revolution; man fragt sich, ob die Macht der Civilisation und Betriebsamkeit denn wirklich so groß sei, daß solche Ereignisse sich zutragen koͤnnen, ohne daß der gesellschaftliche Zustand dadurch erschuͤttert wird. Ver— scheuchen wir in dieser Beziehung jeden Zweifel; eine eben so regelmaͤßige als volksthuͤmliche Regierung folge rasch auf
Berlin, Dienstag den 24sten Au gu st
1830.
liche Ordnung, dies ist der Wahlspruch, den die Pari National⸗Garde auf ihren Fahnen fahrt.“ Moͤge 1 das Schauspiel seyn, das Frankreich Europa darbietet, und wir werden in wenigen Tagen das Glück und den Kuhm des Vaterlandes auf Jahrhunderte begruͤndet haben. ; Paris den 15ten August 1830. Ludwig Philipp. Der Großsiegelbewahrer und gu f. Ministet, 3 Dupont (v. d. Eure).
Ueber die Reise Sr. Majestaͤt Karls X. meldet der Moniteur; „Die Reise Koͤnig Karls X. und der Prinzen und Prinzessinnen seiner Familie ist ihrem Ziele nahe; alle werden sich heute mit einem Gefolge von etwa 70 bis 89 Personen einschiffen. Die Gardes du Corps, die sie beglei— tet haben, sollen in Cherbourg entlassen werden und dort ihre Pferde und Waffen abliefern. Einige Stunden nach der Einschiffung wird von dieser langen Reise keine andere Spur als die Erinnerung an das tiefe Stillschweigen zuruͤck— bleiben, das auf dem ganzen Wege herrschte und durch wel— ches die Bevoͤlkerung ihre Gesinnungen kund gab, ohne sich eine Bewegung oder einen Laut zu erlauben, der fuͤr ver— letzend haͤtte gelten koͤnnen. Die Koͤnigl. Kommissarien, welche beauftragt waren, Se. Majestaͤt Karl X. zu begleiten und fuͤr seine Sicherheit zu wachen, naͤmlich der Marschall Maison, die Herren von Schonen Odillon-Barrot und von W PVörnmerayr, haben sich ihres Auftrags mit eben so viel Zartgefuͤhl, als Festigkeit und Wurde, entledigt.“
In hiesigen Blättern liest man: „Karl X. geht entweder nach England oder nach Sicilien, wo ihm der Koͤ— nig Ludwig Philipp J. seine bei Mlermo liegenden herrlichen Besitzungen zum Aufenthalte angeboten hat. Im Gefolge Karls X. befinden sich die Herzoge von Luxemburg und Armand von Polignae und die beiden Ex-Minister Montbel und Capelle. Ueber den Fuͤrsten von Polignae weiß man gar nichts. Die Nachricht von seiner An— kunft in England scheint sich nicht zu bestäaͤtigen. Dagegen befindet sich Herr v. Haussez bestimmt dort. Capitain Du⸗ mont d Urville, der die Fahrzeuge, auf denen sich die Koͤnigl. Familie einschifft, befehligt, hat von der Regierung den Be⸗ fehl erhalten, in keinem Niederlaͤndischen Hafen vor Anker zu 3 ;
Der oniteu'r berichtigt die (im vorgestrigen Pariser Artikel unter II. gegebene) Verordnung . a . muͤsse: Unser vielgeliebter Sohn, der Herzog von Chartres, wird, als Kronprinz, den Titel eines Herzogs von Or— leans fuͤhren.
Das Journal des Débgts äußert: „Vor vierzehn Tagen hatten wir eine Volks-Revolution; jetzt haben wir eine zweite von jener sehr verschiedene Revolution, naͤmlich die der Bittsteller und Bewerber um Aemter. Von sieben Uhr Morgens an stroͤmen aus allen Vierteln der Hauptstadt Schagren in schwarzem Frack zu Fuß und zu Wagen mit der National-Kokarde am Hut und dem dreifarbigen Bande im Knopfloch nach den Minister-Hotels und be— e. hier eine foͤrmliche Belagerung. Vergebens ver— ucht der Minister oder sein Secretair durch irgend ein 6 Thuͤrchen zu entschluͤpfen; alle Ausgaͤnge sind be—
etzt, und wenn nicht ein unterirdischer Gang aus dem Ho— tel ins freie Feld fuͤhrt, wie bei alten Festungen, so ist es nicht moͤglich, zu entkommen. Diese neue Insurrection nimmt von Tage zu Tage zu und breitet sich auch auf die Depar—⸗ tements aus. Alle ersonenposten sind voll von solchen, die in Paris ein gutes Amt suchen wollen. Die Wuth nach Aemtern ist so tief in unsern Sitten eingewurzelt, daß man eine Anstellung haben muß, wenn man auch dadurch um sei— nen Ruf kommen sollte. Es gilt fuͤr eine Erniedrigung, nichts vom Staats⸗Budget zu 9 . Nichts schmeichelt
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die Niederlage der absoluten Gewalt. Freiheit, oͤffent⸗
der Eitelkeit mehr, als ein Titel. giebt nur ein Mittel,