1830 / 235 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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von seinen Freunden etwas uͤber Rußland gehoͤrt?“ „gan, antwortete er, mit der 8 uͤber den Bart fahrend, „eben jetzt erzählt uns Mirza Sadych herrliche Sachen von unserm öh und unsern Russischen Städten; wenn ich ihn re— den hoͤre, so kommt mich, trotz meiner Jahre, die Lust an, mich sogleich zu Pferde zu setzen und einen Zug nach Moskau und St. Petersburg zu machen. Das ist ein Land!“ „Du wuͤrdest nicht weit reiten“, sagte Mirza Sadych, „Moskau ist nicht Karabagh, dort reist man nicht zu Pferde, sondern in Kaleschen und auf Droschken. . „Und wie viel Agatschen ) sind von hier bis Moslau

fragte Ismail. „Viel, was weiß ich, 109, 200, 300“, er⸗ wiederte Mirza Sadych. „Ich erinnere mich“, fuhr er fort, „als wir mit Naib-Sultan *) nach Gaischa?‘) kamen, sing er auf der Straße einen Armenier auf und fragte ihn, wie weit Moskau noch sey. „„Nicht weit, gleich da““, gab der Kurumsiach ) zur Antwort. Kann ich in einer, Woche dahin kommen? fragte Naib⸗Sultan. „„Viel eher ü. war die Antwort. Jetzt haben wir's gesehen, wie nahe Moskau ist, und wie leicht es ist, hinzukommen.“ „Ja damals wolltet ihr als ungebetene Gaͤste hin“, bemerkte Ismail Beg, „aber unser Moskauer Sardar ?) war schon in Eriwan und Tabris, ehe ihr noch erfahren konntet, wo der. Weg nach Moskau führt.“ Ja, ja! war die etwas muͤrrische Antwort Mirza Sadych's. Nun fragte ich den Mirza, wie

ihm Moskau gefallen hahe. „So etwas“, sagte er,

sieht man weder im Arabistan, noch im Lande der Osma⸗ , in Tschpimatschin „), nicht einmal in Iran selbst, dem Sitze des großen Nachkommen der Chadsharen. Was fuͤr Pallaͤste, welche Minarets! wie wir deren selbst in den Geschichten unsrer Derwische nicht finden.“ „Und was fuͤr Frauenzimmer giebts in Rußland!“ unterbrach ihn ein Sarbasen⸗Offizier, der bis dahin schweigend seine Pfeife geraucht hatte, „sie tanzen mit mehr Leichtigkeit, als die Dsheiranen, und sind mit den Maͤnnern so dreist, als wenn sie selbst zu dem Geschlechte gehoͤrten; wenn wir in euern Abendgesellschaf— ten eure Frauen und Tochter mit den Maͤnnern tanzen sahen, hielten wir sie fuͤr Bajaderen, die fuͤr Geld eure nn⸗ terhalten, und konnten uns nicht bereden, daß diese Chanu⸗ men und Begumen 10) zu ihrem eigenen Vergnuͤgen tanz— ten. Ich begreife nicht, was eure Weiber fuͤr ein Ver— gnuͤgen daran finden, sich schwindlich zu drehen und zu sprin— en; waͤre es nicht weit anstaͤndiger, wenn sie mit unterge— schlagenen Beinen saͤßen und den Schauspielern zusaͤhen und zuhörten. Bei Mahomed! diese Art gefaͤllt mir gar nicht!“ Du hast Recht, sagte Mirza Sadych, selbst der weise Prophet hat den Weibern Zuruͤckhaltung gegen die Maäͤnner anbefohlen. „Duͤrfen denn; unterbrach ihn Seid *) Ali⸗Kuli, bei den Russen die Weiber vor fremden Maͤnnern erscheinen?“ Saͤßest du nicht immer in deiner

uͤtte, antwortete Ismail Beg, so wuͤßtest du, daß die

ussischen Frauen keine Schleier tragen, daß sie mit ihren Maͤnnern ausfahren und sogar mit ihnen essen und darum doch nicht schlimmer sind, als die eurigen.“ Darauf war Seid im Begriff, uns Unglaͤubige mit tausend Fluͤchen zu uͤberhaͤufen, allein mit einem Seitenblicke auf mich ließ er den Kopf haͤngen und brummte sein:; ja! ja! „So ist es in Rußland“, sagte Mirza Sadych, „dort haben sie ihre eignen

4 Agatsch, eine Strecke Weges, die man zu Pferde in einer Stunde Jeit zuruͤcklegen kann. 5 . . min 8. abethopol. . . ? 85 . Tartaren die Armenier, wenn sie veraͤcht⸗ von ihnen sprechen. 1 8 . , die Tartaren unsern Feldmarschall.

9) China. . itel der vornehmen Persischen und Tartarischen Frauen. 3 n,. . Das Wort Seid ist Arabisch

und bedeutet „Herr.“

Gebraͤuche, ganz verschieden von den unsrigen. Die Russen zahlen nichts fuͤr ihre Braͤute, sondern bekommen, wenn sie eine nehmen, noch Geld, Sachen, Land und Leute dazu. Ihre Speisen, nicht nur den Bosbasch, *) sondern auch den Kjaͤbab, 13) essen sie nicht wie wir, sondern mit eigenen silbernen und eisernen Werkzeugen; dabei sitzen sie ohne alle Rangordnung, Juͤngere uͤber Aelteren, wie sich's trifft; vor und nach dem Essen werden die Haͤnde nicht gewaschen; sie reiten nicht, sondern fahren in Wagen, sogar auf Droschken, und gehen sie zu Fuß, so lassen sie sich von einem, hoͤchstens zwei Dienern folgen; dagegen haben sie waͤhrend der Mahl— zeiten deren eine Menge, so daß man auf jeden Gast zwei

bis drei Diener rechnen kann.“

(Schluß folgt.)

3 Suppe mit Hammelfleisch und Safran. 13) Gebratenes.

Königliche Schauspiele.

Dienstag, 24. August. Im Schauspielhause: Der Di— plomat, Lustspiel in 2 Abtheilungen, Hierauf: Die Lokal— posse, Lokalposse mit Gesang, in 1 Aufzug, von J. E. Mand.

Mittwoch, 25. August. Im Opernhause; Titus, Oper in 2 Abtheilungen; Musik von Mozart. (Dlle. Heinefetter, erste Saͤngerin der Italiaͤnischen Oper zu Paris: Sextus als Gastrolle. Herr Bader: Titus.)

Koͤnigstädtisches Theater.

ienstag, 24. August. Alle sind verliebt, Lustspiel in 1

Akt. , ö ,, ,. wiederholt: Der Muͤller

und sein Kind, Parodie mit Gesang, in 2 Akten zusammen—⸗ gezogen; Musik von Franz Gläͤser. .

Mittwoch, 25. August. Arsena, die Maͤnnerfeindin, ko⸗

misches Feen⸗Singspiel in 2 Akten; Musik von Franz Glaͤser.

Berliner Börse. Den 23. August 1830.

Amtl. Fonds- und Geld Gours Zettel. (Prerus6s. Cour.)

237 Briej. Gelcl St. Schuld- Sch. 4 87 85 & stpr. Plandhrt. Pr. Engl. Anl. 18 5 101 Ponim. Pfandhrf. Pr. Engl. Anl. 22 5 101 Kur- u. Neum. do. Pr. Engl. Obl. 30 4 95 Schlesische do. Kurm. Gb. m.. C. 4 981 Dom. - Pfandbrt. Neum. Iut Sch. d. 4 98 Rkst. C.d Ku. N. Berl. Stadt - Ob. 4 101 L. Sch. d. .- i N.

Eönigsbg. do. 4 1 981 ̃ , *. 47 16 Holl. vollw. Dub. Neue dito

do. in Th. 37 Dan. do. in Friedrichsd'or.

Woestpr. Pfdh. 4 Gross lz. Pos. do. 4 101 Disconto ....

385111111111

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Auswärtige Börsen.

Hamburg, 21. August. Bank- Actien 1282. Engl. Russ. Anl. 1025. Silb. Rub. 99. Dän. 685. Poln. pr. 31. Aug. 1183. Engl. Neapol. S5. Fale. 73.

Wien, 18. August. 5proc. Metall. 983. 4proc. 233. Loose 2u 100 Fl. 1783.

Part. Oblig. 1274. Bauk-Actien 1276.

Neueste Böoörsen⸗Nachrichten.

Paris, 17. Aug, Sproc, Rente ger en pr gte Fr.

Fr. 25 C. Zproc. fin cour. 77 Fr. 35

10 C. 5proc. fin cour. 103 Fr. 35 C. Zproc. per compt. 7 5yroc? Neap. Falc. per compt. 75 Fr. 95 C. 5proe. fin our. 76 Fr. 25 C.

Hhproc. Span. Rent 50. 5proc. dito Guebh. 55. 5proc. Cortes⸗Bons 20. ; ; n. , n,, 20. beau s ö., proc. Metall. 63. 9613. 4proc. 913. 913. 23proc. 553. 1proc. 23. B.

Bank⸗Aetien 1540. 1538. Part. Obl. 1263. Loose zu 100 Fl. 1733. B. Poln. Loose 593. 59.

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Gedruckt bei A. W. Hayn.

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Redacteur John. Mitredaeteur Cottel.

ernannt worden.

Aœllgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

M 235.

Amtliche Nachrichten.

Kröni k des Tag es.

Im Bezirk der Koͤnigl. Regierung

zu Magdeburg ist der Kandidat des Predigt-Amts, Heinrich Ferdinand Schreiner, zum Adjunkten des evangelischen Predigers Matthisson in Bertingen, in der Dioͤces Neuhaldensleben, cum spe succedendi bestellt worden.

zu Oppeln ist dem zeitherigen Pfarrer Philipp So— bel in Falkowitz die erledigte Pfarrey in Czarnowanz kon— ferirt worden.

Abgereist: Der Kaiserl. Russische General der Kaval— lerie und General-Adjutant Sr. Majestaͤt des Kaisers, Fuͤrst Trubetzkoj, uͤber Bruͤssel nach London.

Der Ober⸗Jaͤgermeister und Chef des Hof-Jagd-Amtes, General⸗Major Fuͤrst Heinrich zu Carolathz-Beuthen, nach Carolath.

Zeitungs-Nachrichten.

Ausland.

gr an kr en ch.

Paris, 17. August. Gestern Vormittags verfuͤgte der Großsiegelbewahrer sich nach dem Pallaste der Pairs-Kammer, um die Verordnung vom 13ten d. M, wodurch die Namen und Titel der Prinzen und Prinzessinnen der Koͤnigl. Fami— lie veraͤndert werden, in das dortige Archiv niederzulegen. Die gedachte Verordnung wurde aus fuͤhrlich in die Register des Civil-Etats des Koͤnigl. Hauses eingetragen und uͤber diese Formalitaͤt in Gegenwart des Groß-Referendarius ein Protokoll aufgenommen.

Der Koͤnig hat unterm 13ten d. M. eine Verordnung erlassen, wonach eine aus drei Mitgliedern bestehende Kom— mission niedergesetzt werden soll, um den Zustand der alten Civilliste zu constatiren, fuͤr die Erhaltung des beweglichen und unbeweglichen Eigenthums, woraus dieselbe bestand, Sorge zu tragen, saͤmmtliche Ausgaben auf den zu bieser Erhaltung erforderlichen Fuß zu rebuciren, die Rechnungen des bisherigen General-Intendanten zu sammeln und das Liquidations-Geschaͤft einzuleiten. Zu Mitgliedern dieser Kommission, mit deren Functionen kein Gehalt verknuͤpft ist, und die ihre Instructionen durch den Finanz⸗-Minister erhaͤlt, sind der Pair Graf v. Montalivet und die Deputirten Her— ren v. Schonen und Duvergier de Hauranne ernannt worden.

Mittelst Verordnung vom 14ten d. M. ist:

Herr Viefoille des Essarts zum Praͤfekten des Departements der Goldkuͤste statt des Herrn von Vismes;

von Barennes zum Praͤfekten des Departements der

Obern Garonne statt des Herrn von Camus du Martroy; ⸗Fumeron d' Ardeuil zum Praͤfekten des Departements Hérault statt des Herrn Ereuzé de Lesser; Bureaux de Puzy zum Praͤfekten des Departements Obern Pyrenäen statt des Herrn Amad. Vern— ette;, und der Graf Dulac zum Praͤfekten des Departements der Nievre statt des Herrn Scguier, Durch zwei andere Verordnungen vom ern und 14ten d. M. werden 26 neue Unter-Praͤfekten estellt.

Berlin, Mittwoch den Zösten Au gu st

Der Koͤnig begab sich gestern nach dem Louvre, besich—

18309.

tigte das Gebaͤude und unterhielt sich dort lange Zeit mit den Architekten uͤber Plaͤne zur Vollendung dieses großen Pallastes, um den brodtlosen Arbeitern Beschaͤftigung zu ge⸗ ben. Vielleicht wird der schon fruͤher vorgeschlagene Plan, eine runde Gallerie nach dem Carousselplatz zu erbauen, in Ausfuͤhrung kommen. Die Stadt und die Regierung haben mehrere wichtige Beschluͤsse gefaßt, um die Besorgnisse uͤber die Noth der arbeitenden Klasse zu beschwichtigen. Mehrere bedeutende Neu-Bauten sollen unternsmmen werden. Eine Special-⸗Kommission ist ernannt worden, um sich mit den bedeutendsten Fabriken-Besitzern uͤber die Mittel zur Beschaͤf⸗ tigung der Arbeiter zu verabreden. Um die Linien⸗Truppen und die National-Garde bei der Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung zu unterstuͤtzen, soll ein neues Corps bewaffne⸗ ter Buͤrger errichtet werden, das insbesondere fuͤr die innere Bewachung und Polizei der Hauptstadt sorgen und Sold erhalten soll. In den Bureaux des Constitutionnel, des Journal des Debats und andern Blaͤttern sind Subscriptio⸗ nen fuͤr die brodlosen Buchdrucker eroͤffnet worden.

Gestern fand in der Orangerie der Tuilerieen das von den fruͤheren Zoͤglingen der polytechnischen Schule zu Ehren ihrer jungen Kameraden veranstaltete Gastmahl statt; die Tafel bestand aus 300 Couverts. Der Kronprinz, die Ge⸗ nerale Bertrand, Gourgaud, Fabvier, der Herzog v. Mon— tebello, der Graf Montalivet, der Baron Karl Dupin u' A. wohnten diesem Bankette bei, auf welchem Herr von Saint— Aulaire, als der aͤlteste unter allen anwesenden fruͤheren Zoͤg⸗ lingen der Schule, den Vor sitz fuͤhrte.

Eine Deputation der Asiatischen Gesellschaft, ihren = sidenten, Herrn Abel-Remusat an der ö 1 2 die Ehre, dem Koͤnige ihre Aufwartung zu machen. Se. Maj. antworteten auf die Anrede des Praäfsidenten: „Meine . Mit Vergnuͤgen sehe ich Sie wieder. Was der

erzog von Orleans fuͤr die Asiatische Gesellschaft war, das⸗ selbe wird ihr auch der Koͤnig seyn. Ich habe ihre Arbeiten schätzen gelernt und werde fortfahren, sie zu beguͤnstigen, weil ich den ganzen Nutzen derselben kenne.“

In allen Festungen und großen Staͤdten des Landes ist die Nachricht von der Thronbesteigung Ludwig Philipps i. mit 191 Kanonenschuͤssen verkuͤndet worden.

Gestern nahm der Praͤsident des Cassations⸗Hofes, Graf von Portalis, den Mitgliedern dieses Kollegiums den Amts—

Eid ab. Auf Urlaub abwesend waren die Herren Dupaty, Crouseilhes und Bonnet; die Herren Pardefflis und La! Ri— vière hatten ihren Abschied genommen, und Herr Clausel de Coussergues hatte sich krank melden lassen. Zu demselben Zwecke war gestern auch der Rechnungshof unter seinem Praͤsidenten, dem Marquis von Barbe⸗Marbois, versammelt. Einige Raͤthe und Referendarien waren Krankheits halber abwesend. ö ö

Der Praͤfekt des Seine-Departements hat eine Kom— mission ernannt, um die Forderungen zu untersuchen, welche fuͤr die waͤhrend der letzten Unruhen geleisteten Lieferungen und fuͤr erlittenen Schaden bei der staͤdtischen Behoͤrde an— gemeldet worden sind. ;

Zwei Gendarmen-⸗Offiziere und ein verkappter Jesuit sind in dem Augenblick, wo sie die Haufen der Handwerker und Arbeiter aufzureizen suchten, verhaftet worden.

Ein Gesetz-Entwurf uͤber die Arbeiter wird der Depu—

tirten- Kammer in ihrer heutigen Sitzung vorgelegt werden.

Der Herzog von Broglie hat seine Arbeit uͤber den Staats— e beendigt und wird dieselbe im heutigen Minister-Rathe vorlegen. .

Drei hiesige Blatter (der Constitutionnel, der Messager des Chambres und das Journal du Commerce) enthalten ein jedes einen Aufsatz uͤber die beiden, der Deputirten,-Kam— mer vorgelegten Wahl-Gesetz⸗Entwuͤrfe, und alle drei sprechen mehr oder weniger ihre Unzufriedenheit damit aus. Der