1812
mehr als ich davon uͤberzeugt seyn, daß die Schranken, in welche man die Buͤhne eingeengt hatte, unnuͤtz sind. Ich will damit nicht sagen, daß es gar keines Theater⸗Reglements bedürfe, und Sie selbst theilen gewiß diese meine Ansicht; aber je mehr Freiheit man der Buͤhne laͤßt, desto leichter werden auch geistige Erzeugnisse entstehen, die dem Lande und den Wissenschaften Ehre machen.“
Ueber die Einschiffung Sr. Majestaͤt Karl's X. und sei— ner Familie in Cherbourg geben hiesige Blaͤtter folgende Details: „Aus dem ersten Wagen stiegen Herr v. Damas, . v. Mesnard, Frau von Gontaut und der Herzog von
uiche und eilten nach dem Schiffe. Frau von Gontaut sprach beim Abschiede mit Thraͤnen zum Marschall Maison: Wie bitter ist es, Frankreich zu verlassen. In dem zweiten Wagen saßen Karl X. in einfachem blauen Leibrock, der Dauphin in einem olivenfarbenen Ueberrock und mit einem grauen Hute, die Dauphine in einfacher Kleidung, der Her— zog von Bordeaux, Mademoiselle, die Herzogin von Berry in Amazonenkleidung und mit einem Mannshute. Der Her—⸗ zog von Bordeaux stieg zuerst aus, der Dauphin fuͤhrte ihn und reichte der Dauphine den Arm. Unter dem Gefolge be— merkte man die Herzoge von Ragusa, Armand v. Polignac,
nd v. Guiche.“ ? Der 86 von Chateaubriand hat seinen Abschied als Staats⸗Minister genommen und auf eine Pension von 12,000 Fr., die er als Pair bezog, Verzicht geleistet.
Herr Viennet hat in einer der letzten Sitzungen der Kammer zwei Petitionen auf das Buͤreau des Praͤsiden— ten niedergelegt; in einer derselben traͤgt ein Offizier darauf an, daß die Ueberreste Napoleons nach Frankreich zu—⸗ ruͤckgebracht werden in der andern macht ein Justizbeam— ter den Vorschlag, die geistlichen Functionen fuͤr unvertraͤglich mit den politischen und buͤrgerlichen zu erklaren.
Der Ami de la Réaligion giebt folgendes als den Schaden an, der bei der Erstuͤrmung des hiesigen erzbischoͤf— lichen Pallastes am 23sten und 29sten v. M. angerichtet wor⸗ den: 15 die gaͤnzliche Zerstoͤœrung eines großen Gebaͤudes, von dem nuͤr noch Dach und Mauern stehen; 2) die Vernichtung eines bedeutenden dem Seine⸗Departement angehoͤrigen Mobi⸗ liars. 3) Die Vernichtung aller auf die Verwaltung des Pariser Erzbisthums bezuͤglichen Papiere. 4) Die Zerstoͤrung einer großen Anzahl von Kunstgegenstaͤnden, Gemaͤlden und sieben Led och, worunter die aus 20,600 Banden bestehende des Erzbisthums. ö
Abbé Nicolle und Herr von Maussion, zwei hisherige Mitglieder des Conseils fuͤr den oͤffentlichen Unterricht, sind
auf Pension gesetzt worden. n Pi gent des Marschall Ney wurde gestern nach dem
Pantheon gebracht. , Die hiesige Praͤfektur laͤßt bedeutende Arbeiten beginnen, welche alle Industrie⸗Zweige beschäftigen werden; in mehreren e, dee, . in der Koͤniglichen, werden die brod— losen Drucker beschaͤftigt.
An der fruͤheren Stelle des Hotel Egerton soll zwischen den Straßen St. Honoré und Rivoli eine neue Straße durch⸗ gebrochen werden. . .
General Mina wird in diesen Tagen hier erwartet; ihm werden die andern bisher in England gewesenen Haͤupter der Spanischen Fluͤchtlinge, wie der Admiral Cayetano Vaides, ArguElles, Isturiz und Andere, folgen. 3
In Bezug auf den (vor einigen Tagen mitgetheilten) Artikel aus dem Journal des Deébats, das sich fuͤr die
Beibehaltung der jetzigen Deputirten⸗-Kammer ausspricht,
aͤußert sich der Globe folgendermaßen: „Das Journal des Debats befindet sich, unserer Meinung nach, in einem voll— kommenen Irrthum, wenn es glaubt, man habe die letzte
Revolution vorausgesehen, und der Sieg gehoͤre zu den Re⸗
sultaten, die im Kreise der Berechnungen lagen. Es schoͤpft hieraus seine Gruͤnde, um die 221 an die Spitze zu stellen
und sie ar Abfassung der organischen Bestimmungen der.
Grundgesetze zu leiten. Auf diese Weise ware eigentlich gar keine Trennung des Vergangenen von der Gegenwart vor— handen gewesen; Alles haͤtten die Waͤhler unter dem Polig—⸗ nacschen Ministerium vorausgesehen, und heute, unter der Regierung Ludwig Philipp J., wuͤrden die 271 fuͤr alles Wei— tere sorgen. Es muͤßte dem folg irgend eine wunderbare und unsichtbare Bruͤcke uͤber den Abgrund gespannt gewesen seyn, der binnen zwei Tagen die bestehende Aristokratie und einen Thron verschlang, waͤhrend die 221 trockenen Fußes allein und ohne Kampf die Bruͤcke passirt hatten. Das waͤre freilich ganz huͤbsch und bequem gewesen; es verhaͤlt sich aber nicht so. Die Trennung zwischen dem Vergangenen und der Gegenwart war vollstaͤndig, weil das Volk allein unmittel— har dazwischen getreten ist; weil die Kammer selbst, mit ih⸗
rer etwas saumseligen Einmischung, nur in Folge demokrati⸗ scher Machtvollkommenheit als das letzte Ueberbleibsel der alten Verfassung dastand; weil die beiden anderen souverai⸗ nen Gewalten im Schiffbruch untergegangen waren und man die eine (das Koͤnigthum) umbilden und die andere (die Pairs⸗Kammer) durch Beschraͤnkung verbessern mußte. Diese große Thatsache muß laut anerkannt werden; unmoͤglich ware es, sie zu verhuͤllen, und thaͤte man es, so hieße es, sich selbst gaͤnzlich in Hinsicht des Geistes täuschen, der in der neuen Politik obwalten muß. Diese Politik kann nicht mehr die der Restauration seyn, und daher halten wir die der— malige Kammer nicht fuͤr faͤhig, sie zu begreifen und mit festem Sinn zu befolgen. Sie wuͤrde damit endi—⸗ gen, ihre eigenen Zweifel und ihre Unentschlossenheit dem Ministerium mitzutheilen.“ — In aͤhnlichem Geiste aͤußert sich der Courrier fran gais. Er sagt unter Anderem: „Die dermalige Kammer begreift die Ereignisse nicht, die Frank— reich umgestalteten; immer noch fuͤrchtet sie die Demokratie, sie hat es noch immer mit dem Gleichgewicht der Gewalten und allen Gemeinplaͤtzen der Restauration zu thun; sie steht gegen das Ministerium im Hintergrunde, so wie es mit die⸗ sem in Bezug auf den Koͤnig der Fall ist. Nur der zag—⸗ hafte, zoͤgernde Theil des Ministeriums kann sich mit dieser Kammer vertragen, und wenn man daran denkt, sie beizube⸗ e, so beweist das nur, daß die am wenigsten nationa—⸗ en Minister im Conseil die Oberhand haben; man wuͤrde also Grund zu den ernstesten Besorgnissen haben und sich zu einer kräftigen Opposition vorbereiten muͤssen. Die derma— lige Kammer kann nicht beibehalten werden. Man verlange von ihr ein Wahl-Gesetz und ein Budget, und dann ist ihr Beruf zu Ende.“
In der Gazette liest man in obiger Hinsicht: „Es waltet gegenwaͤrtig ein wichtiger Streit zwischen den Tagesblaͤttern ob. Der Gegenstand desselben ist die Fortdauer oder die Aufloͤ— sung der dermaligen Kammer, und in der That ist diese An⸗ gelegenheit wichtig fuͤr die Zukunft Frankreichs. Bis jetzt ist nur das Prinzip der Revolution festgestellt worden; die Fol⸗ gen dieses Prinzips wurden von Anfang an durch einen Ver— ein von Interessen bestimmt, der, die souveraͤne Macht an sich reißend und die drei gesetzgebenden Gewalten verstuͤmmelnd, eine monarchische und constitution nelle Repraͤsentation impro⸗ visirte. Bei diesem Verfahren bediente sich die Ver sammlung einer unrechtmäßigen und nicht bestaͤtigten Macht. Sie gab ich selbst ihr Mandat, sie that es, um der Anarchie vorzu—
eugen, und die Furcht vor dieser Anarchie ertheilte der Usur⸗
pation ihren Beifall. Mittlerweile muß man, da das Prin— zip festgestellt ist, es auch nothwendigerweise ins Leben rufen. Mehrere Tagesblaͤtter haben sich zu Organen dieser Logik der Ereignisse aufgeworfen, die immer dahin streben, sich zu ver⸗ vollstaͤndigen, und darum verlangt man einen Aufruf an die Waͤhler, als das einzige Mittel, um das zu bestaͤtigen, was die Kammer im Namen des Volks gethan hat. enn die Regierung nicht der Aufloͤsung der Kammer ausweicht, un— tergraͤbt sie die Quelle ihres Daseyns schon dadurch, daß sie dann außer der Kammer, von der sie eingesetzt ward, noch eine ihr uͤberlegene Macht anerkennt. Die in Folge dieses Aufrufes gebildete Versammlung wuͤrde Zweifel hinsichtlich der Regierung erregen und koͤnnte eben so gut eine Repu⸗— blik proklamiren als die dermalige Verfassung anerkennen. Man begreift die Wichtigkeit dieser Frage und kann sich denken, welche Anstrengungen von der einen sowohl als von der andern Seite werden gemacht werden, um sie in einem oder dem andern Sinne zu loͤsen. Einerseits sind die Interessen, an— dererseits die Grunde vorhanden. Im Laufe einiger Monate soll eine Frage geloͤst werden, die uͤber die Zukunft Frank— reichs entscheidet. Wenn diejenigen Tagesblaͤtter, die diese Kammer beibehalten wollen, in Verlegenheit sind, um ihr Bestehen mit Doctrinen in Uebereinstimmung zu bringen, die das Prinzip der Souverainetaͤt in das Volk versetzen, so befinden sich die anderen, die fuͤr die Erneuerung der Kam⸗ mer sind, in einer logischeren Lage, indem beinahe alle es fuͤr gut hielten, daß die Kammer es uͤber sich nahm, die Rechte des Volkes ohne Vollmacht auszuuͤben, woraus die natuͤrliche Frage entspringt: warum sie es nicht auch ferner thun sollte? Wie man sieht, sind die beiderseitigen Kaͤmpfer in einen Pro— zeß verwickelt, dem nur Thatsachen ein Ende machen konnen, was allen denen widerfaͤhrt, deren Raisonnements nicht auf wahren Prinzipien beruhen.“ ö.
Das Journal des Débats aͤußert: „Einige Per so— nen wollen die Staatsgewalt in Frankreich als der Kraft und des Kredits entbehrend darstellen. Dies ist mindestens ein grober Irrthum. Die neue Staatsgewalt wuͤrde nur
Beilage
1813 Beilage zur Allgemeinen Preußischen Staats-Zeitung M 237.
dann schwach seyn, wenn sie ihre Kraft nicht kennte oder sich derselben nicht bedienen wollte. Vor drei Wochen hat— ten wir eine Revolution; man schlug sich in den Straßen. Es waͤre wahrlich ein Wunder, wenn jetzt Alles schon wie⸗ der seinen gewoͤhnlichen Gang genommen haͤtte und auch die letzten Spuren der mit einer großen Revolution verbundenen moralischen , . verschwunden waͤren, waͤhrend die Spuren unseres Blutes noch sichtbar sind. Und dennoch muß schon jetzt eine Erscheinung die ,, mit Ver⸗ trauen erfuͤllen und auch die furchtsamsten Gemuͤther beruhi— en, und diese ist der allgemeine Abscheu des Volkes vor der 3 Wir haben uns fuͤr die Freiheit geschlagen und sie erobert; aber unser erstes Wort nach dem Siege war: Laßt uns die Ordnung wieder herstellen. Die Liebe zur Ordnung, die sich von allen Seiten kund giebt, macht die moralische Kraft der Regierung aus. Nein, der jetzigen Staatsgewalt fehlt es nicht an Kraft, um den Gesetzen Achtung zu verschaffen. Der Koͤnig besonders und die Deputirten Kammer haben eine un— geheure Kraft. Selbst die strengsten Republikaner bestreiten nicht die Popularitaͤt des Koͤnigs. Seine Rechtlichkeit, seine Freiheitsliebe, die Einfachheit seines Lebens, seine Familie, Alles erwirbt ihm das Vertrauen und die Liebe des Volkes. Freilich geht dieser Koöͤnig zu Fuß, mit einem Regenschirm in der Hand, wir begegnen ihm in buͤrgerlicher Kleidung auf unsern Quais, in unsern Straßen. Das ist fuͤr Frankreich
ein neues Schauspiel, welches gewissen Leuten Entsetzen ver⸗
ursacht, die gewoͤhnt sind, einen Koͤnig nur an seinem ver— goldeten Wagen, seinen acht Pferden und seinen Wachen zu erkennen. , , Tages beruht die Macht nicht mehr auf dergleichen Dingen. Der König, welcher sagen kann: unter— werft Euch der gesetzlichen Ordnung, wie ich selber es thue, hat tausendmal mehr wahre Autoritaͤt, als derjenige, welcher agen wollte: Unterwerft Euch der gesetzlichen Ordnung, ich befehle es Euch, ich, der ich mich ihr nicht unterwerfen werde. Auch die Deputirten-Kammer hat mehr Kraft, als sie viel— leicht selbst weiß. Wenn ihr etwas fehlt, so ist es die Kennt— niß und Wuͤrdigung ihrer selbst. Wenn sie maͤchtig seyn will, so kann sie es seyn. Und warum sollte sie es nicht seyn, sie, die uns einen Koͤnig und eine veraäͤnderte Verfassung geben konnte. Sie verfolge daher ihr begonnenes Werk, sie mache dreist von ihrer Autoritaͤt Gebrauch und fasse Vertrauen zu dem gesunden Sinne des Landes. Das Land hat Vertrauen zu ihr, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die Kam— mer , n. eins mit der Revolution von 1830 ist. Sie hat Alles gethan, was gethan werden mußte, um unsere friedliche Wiedergeburt zu vollenden. Sie ist voll Einsicht und Geschicklichkeit. Die meisten ihrer Mitglieder haben eine Geschäftskenntniß, welche Maͤßigung einfloͤßt, ohne Festigkeit
auszuschließen. Allerdings ist es wuͤnschenswerth, daß neue
Maͤnner in die Kammer eintreten, sie duͤrfen aber dieselbe nicht ganz in Beschlag nehmen. Bei den besten Absichten sind Maͤn⸗ ner, die bisher den Staats Angelegenheiten fern standen, man⸗ chen Fehlgriffen in der Geschaͤfts⸗Praxis ausgesetzt. Laßt uns die Kammer vervollstaͤndigen, aber nicht den vielleicht unver⸗
besserlichen Fehler begehen, sie aufzuloͤsen. Wir fuͤr unser
Theil erwarten viel von der Kammer, wenn sie sich nicht einschuͤchtern laßt, wenn sie ihre Kraft kennen lernt und die⸗ selbe gebraucht.“
Ueber die vorgestrige Sitzung der Deputirten⸗ Kammer liest man im Temps folgende Bemerkungen: „Diese Sitzung verdient besondere Aufmerksamkeit; sie ist mit nuͤtzlichen Ar— beiten ausgefuͤllt worden. Man schreitet auf einem guten Wege vorwaͤrts und wird Unterstuͤtzung finden, wenn man von demselben nicht abweicht. Wir wollen diese ganze Sitzung analysiren; es ist der Muͤhe werth. Die rechte Seite und das rechte Centrum werden leer; sie uͤben Gerechtigkeit gegen sich, denn eine rechte Seite ist jetzt nicht mehr moglich. Wenn dieselbe sich unter der vorigen Regierung begnuͤgt hatte, den monarchischen Theil der Charte zu vertheidigen, so waͤre ihre heutige Stellung noch erträglich; so aber war sie damals in offenem Aufstande gegen die ganze Charte und predigte heil—⸗ same Strenge, energische Maßregeln, Staatsstreiche. Was wuͤrde sie heute nach den Folgen der Verordnungen vom 25. Juli sagen? Ihre Lage ist eben so laͤcherlich, als ihre Lehren gehaͤssig waren. Es ist fuͤr . kein Platz mehr in der Kam⸗ mer vorhanden; sogar die Kuͤhnheit des Herrn von Curzay weicht vor dieser Unmoͤglichkeit zuruͤck. Das rechte Centrum hat das große Unrecht begangen, daß es sich fuͤrchtete. Es wagte, groͤßtentheils wenigstens, nicht, sich in der letzten Siz⸗
zung mit der Linken zu vereinigen und fuͤr die Adresse der 221 zu stimmen, die dann die Adresse der 281 gewesen seyn wuͤrde. Auf so viel Stimmen hatte man gehofft. Sein Ge— wissen sagt ihm jetzt, daß, wenn es die National⸗Sache offen angenommen haͤtte, der Thron vielleicht aufgeklaͤrt worden waͤre, dergestalt, daß es sich in gleichem Grade gegen den Thron und das Land schuldig betrachtet. Diese peinliche Stellung ist eine Folge des Mangels an Charakter. Das Ausscheiden einiger Deputirten aus der Kammer ist nicht zu bedauern; es ist gut, daß die Maͤnner mit schoͤnen Redens— arten die Kammer verlassen. Durch die Protestationen ber Ausscheidenden wollen wir uns nicht in Schrecken setzen las— sen, sie werden nichts Ansteckendes haben. Mehrere Wah— len sind, wegen Verletzung des geheimen Votums, annullirt worden. Dieses Beispiel war nothwendig; es ist eine Art von Rundschreiben an alle Praͤsidenten kuͤnftiger Wahl-Kol— legien und an alle Waͤhler, welche Beamten sind. Der An⸗ trag des Herrn Mercier und der Bericht des Hrn. Marchal uͤber den Eid der Beamten laͤßt nichts zu wuͤnschen uͤbrig, einen Punkt etwa ausgenommen. Warum hat man zu den Worten: „Gehorsam gegen die constitutionnelle Charte“ nicht hinzugefuͤgt: „so wie sie am 9. August 1830 angenommen worden ist?“ Wir muͤssen seit funfzehn Jahren gelernt haben, Mißtrauen gegen jeglichen Vorbehalt zu hegen. — Die vom Kriegsminister vorgeschlagenen Garantieen für die Rechte der Offiziere der Armee wurden seit langer Zeit verlangt. Der Gesetz⸗Entwurf scheint uns genugend zu seyn. Ein ähnliches Gesetz ist fuͤr die Civil-⸗Beamten noͤthig, wenn man deren Unabhaͤngigkeit sicher stellen will. Den vom Minister des Innern vorgelegten Gesetz-Entwurf uͤber das Wiederwahlen empfangen wir mit Dankbarkeit. Ein alter Wunsch wird dadurch erfuͤllt, und dieser Schritt ist um so verdienstvoller,
als das Prinzip dieses Gesetzes, sowohl auf den, der es vor-
gelegt hat, als auf einen großen Theil derer, die es annehmen werden, Anwendung findet. Die Rede des Ministers ist klar und offen. Wir machen jedoch auf eine Luͤcke in dem Gesetze aufmerksam. Als wir verlangten, daß ein Deputirter, der den Eid gegen den Koͤnig und die Charte nicht leisten wolle, oder der inzwischen ein besoldetes Amt angenommen habe, wieder gewahlt werden muͤsse, fuͤgten wir hinzu, daß gewisse fiskalische Functionen den Deputirten, der sie angenommen hat, ganz ausschließen muͤßten. Diese Ausschließung ist im Gesetz-Entwurfe nicht erwähnt. Wir begreifen, daß ein Mi— nister, ein Staatsrath, ein Justizbeamter Deputirter seyn kann; anders ist es dagegen mit einem Finanz-Einnehmer, Praͤfekten, General⸗Prokurator und kommandirenden Generale eines Departements. — Ueber die dringende Nothwendigkeit der Unternehmung oͤffentlicher Bauten herrscht nur eine Stimme; man sorgt fuͤr dieses Beduͤrfniß. — Der Antrag des Herrn Delessert und der Bericht des Herrn Jars uͤber die Belohnung der in den letzten Tagen des Juli verwundeten Helden und die Unterstuͤtzung der Familien der Gebliebenen werden keine Opposition finden; sie entsprechen dem Wunsche Frankreichs. — Die Abschaffung der Todesstrafe fuͤr politi⸗ sche Vergehen wird eine der Trophaͤen unserer glorrei— chen Revolution seyn. Die gewichtige Stimme des General Lafayette erhob sich zu Gunsten dieses menschen⸗ freundlichen Wunsches. Der Schatten des Marschall Ney schwebte in diesem Augenblicke uͤber der Rednerbuͤhne und bewog die Kammer, den Antrag in Erwaͤgung zu ziehen. — Herr von la Pinsonniere hat einen Wunsch erfuͤllt, den wir vor drei Tagen geäußert hatten. Herr von Martignac nahm von der Proposition dieses Deputirten Veranlassung, auf einen fruͤheren Vortrag zuruͤckzukommen; seine Worte wa— ren aber mehr hochherzig, als parlamentarisch, mehr geistreich, als logisch. Noch einen Schritt weiter, und er wird der Wahrheit nahe kommen. Verlohnt es jetzt noch der Muͤhe, zur rechten Seite zu sprechen? Ein Deputirter saß vorge— stern auf den Banken derselben, und vielleicht stand hinter ihm auch nicht mehr einer der Waͤhler, die ihn ernannt ha— ben. Wir wiederholen es, die Sitzung vom 17. ist nuͤtzlich angewendet worden; es war die erste dieser Art seit dem 9. August. Von solchen Sitzungen muß aber nicht nur in jeder Woche, sondern an jedem Tage eine vorkommen.“
Die am 16ten d. M. auf dem Vendséme-⸗Platze stattge⸗ fundene tumultuarische Bewegung (s. Nr. 24 der Staats⸗ei⸗ tung) hat den Baron von Piazanet bewogen, zu seiner Rechtfertigung ein Schreiben in das Journal . Dé⸗ bats einruͤcken zu lassen, worin er es fuͤr durchals unge—⸗