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Kommission so gut als uns bekannt sind, und die eine so solide Grundlage zu einer Anklage bilden, daß ich mich nur wundern muß, wie sie der Kommission nicht hinlaͤnglich scheinen konnten, um sofort fär die Annahme der Salverteschen Praposition zu stimmen. Statt deffen verlangt die Kommission, bei uͤbrigens lobenswer⸗ then Absichten, etwas von Ihnen, das Sie ihr gar nicht bewil, ligen konnen; dies will ich Ihnen bewelsen. Der 43ste Artikel der Charte sagt, daß alles Recht vom Könige ausgehe. Dieser Artikel ist auf den Minister, wie auf den Privatmann, anwendbar. Die Kammer kann sich also richterliche Befugnisse nur zueignen, wenn der König sie mit dem Charakter eines Richters bekleidet. Das Mandat des Volkes verleiht ihr ein solches Recht nicht. Ber iste Artikel verfuͤgt: „Die Deputirten⸗- Kammer hat das Recht, die Minister anzuklagen und sie vor die Pairs - Kammer zu laden, die allein be fügt ist, über sie zu rich ten.“ Rus dieser Bestimmung schließt die Kommission, daß die Depu⸗ sirten- Kammer sich zu einer Anklage⸗Kammer aufwerfen und
durch die Vermittelung ihrer Kommission alle Befugnisse eines
Instructions⸗Richters aus ben koͤnne. Hiernach würden Sie die Angeschuldigten vorladen lassen und in Verhör nehmen durfen, und wäre die untersuchung endlich geschlossen, so wurde die Kommission auf die Anklage oder Frei sprechung derselben antra⸗ en. Im erstern Falle wuͤrden die Angeschuldigten das Recht
aben, sich zu vertheidigen. Enblich kaͤme der Tag hergn, wo
die Kammer cinen Beschluß fassen muͤßte; entweder wuͤrde sie alsdann die Minister fur n halten und sie in Anklage⸗ stand verfetzen, oder sie fuͤr unschusdig erklaͤren und frei sprechen. In beiden Faͤllen aber, vorzuͤglich in dem letztern, wuͤrde die
Rammer gi eigentlich die Minister vichten; denn man rich⸗
tet nicht blos, wenn man verurtheilt, sondern auch wenn man freispricht. Und dies ist so wahr, daß der 246ste Artikel der Kriminal⸗Gerichts⸗ Ordnung ausdruͤcklich bestimmt, daß der An⸗ geschuldigte, hinsichtlich dessen die Anklage Kammer entschie⸗ den, daß eine gerichtliche i , nicht zulaͤssig ist, in derselben Rechtssache auch nicht mehr gerichtlich verfolgt werden darf. Geht die Kammer 1 auf den Antrag der Kommission ein, so giebt sie zu, daß sie sich das Amt eines Richters, sey es um Zeuthen zu verhöͤren oder die Minister festnehmen zu lassen, aneignen dürfe, ohne daß irgend ein Gesetz ihr ein solches ver⸗ leiht. Sie wirft sich alsdann zum Richter uͤber die Minister auf und maaßt sich dadurch ein Recht an, das allein der Pairs⸗
Kammer zusteht. Denn der 47ste Art. der Charte raͤumt der Deputirten Kammer nur pie Befugniß ein, die Minister anzu⸗ schul digen, und der Pairs⸗-Kammer, sie zu richt en. Es scheint mir überflüͤssig, meine Herren, diesen Gedanken noch ausfuͤhr⸗ licher zu entwickeln. Wenn Sie daher, wie ich, der Meinung sind, daß meine Ansicht auf dem Texte der Charte und auf dem wahren ant ef. der Gesellschaft beruhe, so werden sie Ihrer ĩ
Kommisstion die verlangte Vollmacht verweigern und ihr dagegen aufgeben, Ihnen sofort einen Bericht uͤber die Proposition des Herrn Salverte selbst abzustatten.“
Herr Thil sprach sich zu Gunsten des Antrags der Kommission aus. Es sey nothwendig, meinte er, diese letz tere in den Stand zu setzen, sich vor der Berichterstattung die benoͤthigten Aufschluͤsse zu verschaffen, damit sie ihrerseits wieder es der Kammer moͤglich machen konne, mit voller Sachkenntniß zu urtheilen; unmoͤglich koͤnne man der Kom— mission das Recht streitig machen, als Instructions-Richter
aufzutreten, denn da die Kammer die Minister anschuldigen
daͤrfe, so muͤsse sie auch befugt seyn, die Beweise der An— klage zu sammeln, damit letztere auf einer festen Grundlage beruhe; allerdings erklaͤre die Charte, daß alles Recht vom Koͤnige ausgehe; dadurch aber, daß die Kammer sich die er— forderlichen Beweise zu verschaffen suche, um nach Pflicht und Gewissen zu entscheiden, ob eine Anklage zulaͤssig sey oder nicht, werfe sie sich noch nicht zum Richter uͤber die Minister auf. „Ich glaube daher“, so schloß Herr Thil, „daß, von welcher Seite man auch das System des Herrn Persil betrachten mag, dasselbe in gleichem Maaße von der Billigkeit, der Vernunft und dem Rechte verworfen wird. Ob der Bericht an den Koöͤnig und die Verordnungen vom 25. Juli schon hinlaͤnglich seyen, um eine Anklage zu begruͤn— den, ist eine Frage, die gar nicht hierher gehoͤrt. Es kann in dem wohlverstandenen Interesse des Publikums liegen, daß eine Untersuchung angestellt, amtliche Aktenstuͤcke befragt und Zeugen verhört werden, um den Plan des vorigen Ministeriums in seinem auen Umfange kennen und die Straffaͤlligkeit jedes einzelnen Ministers beurtheilen . koͤnnen. — Herr Mestadier stimmte gegen den
ntrag der Kommission; ohne Zweifel duͤrfe die Kammer nur mit voller Sachkenntniß entscheiden; hieraus gehe aber noch nicht hervor, daß sie das Recht habe, Geldstrafen zu verhaͤngen, sich alle offentlichen Archive aufschließen zu lassen und Verhaftsbesehle zu verfugen. „Denn was sind,“ fuͤgte der Redner hinzu „die Befugnisse des Instructions-Richters? Er ladet Zeugen vor, laßt die Nichterscheinenden mit Gewalt holen, oder verurtheilt sie zu einer Geldbuße von 100 Fr., verfuͤgt sich nach der Wohnung des Angeschuldigten und durchsucht dessen Papiere, erlaͤßt Verhafts, und sonstige Be⸗
fehle und berichtet uͤber das Resultat der Untersuchung an die Raths⸗-Kammer, die ihrerseits, wenn sie einstimmig ist, den Angeschuldigten in Freiheit setzen kann. Jetzt sollen die Befugnisse des Instructions⸗Richters und der Raths-Kam⸗ mer, die das Gesetz wohl von einander unter— scheidet, in der Person von 9g Deputirten verschmolzen werden. Mit welchem Rechte darf aber die Wahl-⸗Kammer Geldbußen verhaͤngen und Verhaftungen vornehmen? Moͤge ein Jeder die moglichen Folgen einer solchen Usurpation in reifliche Erwaͤgung ziehen. Ich meinerseits kann einer gesegtzwidrigen Maaßregel, die der Macht des Koͤnigs und der persoͤnlichen Freiheit in gleichem Maaße und ohne irgend einen Nutzen fuͤr die Gesellschaft zu nahe tritt, meine Zuͤstimmung nicht geben. Geht die Kammer auf den Antrag der Kommission ein, so kann diese sich saͤmmtliche Archive, selbst das der auswaͤrtigen Angelegenheiten öoͤffnen lassen, und alle Staatsgeheimnisse werden einer Kommission von 9 Mit gliedern der Kammer bekannt. Ueberlassen wir es dem Mi— nisterium, meine Herren, uns oder der Pairs⸗Kammer die⸗ jenigen Aktenstuͤcke vorzulegen, deren Bekanntwerdung es fuͤr nuͤtzlich haͤlt. Man hat so oft gesehen, daß berathschlagende Versammlungen sich von einem augenblicklichen Eindrucke ha— ben hinreißen lassen. Sie wissen, daß in England der Pro⸗ zeß von Warren Hastings uͤber Jahre dauerte; 87 Pairs wa—⸗ ren inzwischen gestorben oder aus dem Parlamente aus ge— schieden. Eben so könnte Ihre Kommission einen Minister gefaͤnglich einziehen lassen und die Untersuchung nach Gefal⸗— len verzögern. Nicht also ist der 47ste Artikel der Charte zu verstehen. Wir Alle, meine Herren, sind von der Liebe zur Wahrheit und Gerechtigkeit durchdrungen; aber um uͤber die Anklage der vorigen Minister zu berathschlagen, brauchen wir uns nicht eine Gewalt anzumaßen, die das Gesetz uns nicht ver— leiht, und die uns von den betheiligten Parteien mit Recht streitig gemacht werden konnte.“ — Hr. Ba vonx sprach sich ganz in dem Sinne des Hrn. Thil aus. Den Einwand des Herrn Mestadier betreffend, daß die Kommission, wenn man auf ihren Antrag einginge, die Befugnisse des Instructions—⸗ Richters und der Raths-Kammer in sich vereinigen wuͤrde, war der Redner der Meinung, daß, wenn die Kommission erst die verlangte Vollmacht erhalten haͤtte, sie selbst zwei oder drei ihrer Mitglieder bezeichnen konnte, die das Amt der In⸗ struetions- Richter uͤbernaͤhmen. — Nachdem sich noch Herr Villemain für, Herr Dupin d. Aelt. aber aus dem Grunde wider den Antrag der Kommission erklart hatte, weil er dafuͤr hielt, daß die Kammer uͤber die Straffaͤllig⸗ keit der Minister schon hinlaͤnglich unterrichtet sey, bestieg noch Herr Salverte die Rednerbuͤhne und erklärte, daß
ihm jede Anklage unmoͤglich scheine, wenn man die Kom—
mission nicht mit der bendthigten Vollmacht versehe. In derselben Weise sprach sich Hr. Mauguin aus. Den.
Beschluß der Debatte machte der Berichterstatter Herr Bérenger selbst, indem er es der Kammer anheim stellte,
ob sie ein Amendement des Herrn Villemain, wonach die Kommission keine Verhaftsbefehle, sondern bloße Vorladungen⸗ sollte verfuͤgen koͤnnen, annehmen wolle oder nicht; im erstern Falle aber zugleich darauf antrug, auch noch zu bestimmen, daß die Kommission keine Geldbußen sollte verhaͤngen duͤrfen. Dieses Amendement fand indessen keine Unterstuͤtzung. Als uͤber die Proposition der Kommission selbst, folgenden Inhalts: „Die Kammer ermächtigt die mit der Pruͤfung des Salverteschen Vorschlages wegen Anklage der vori gen Minister beauftragte Kommission, alle die Befug⸗ nisse auszuüben, die den Instructions-Richtern und Raths⸗Kammern zustehen;“ abgestimmt wurde, blieb der erste Versuch zweifelhaft, bei dem zweiten aber wurde dieselbe angenommen, worauf mehrere Deputirten noch die Abstimmung mittelst Kugelwahl verlangten. Zwar hielt eine große Anzahl von Mitgliedern der linken Seite eine solche Abstimmung fuͤr ber ifi r. Berenger selbst aber schloß sich, bei der Wichtigkeit des Gegenstandes, hem obigen Verlangen an. Hr. Demargay, Hr. v. Cor— celles und andere Deputirte der linken Seite erklaͤrten da⸗ gigen, daß sie alsdann nicht mitstimmen wuͤrden, da durch die bstimmung durch Aufstehen und Sitzenbleiben die Frage bereits entschieden sey, und da, wenn man die geheime Abstim⸗=
mung hätte haben wollen, solche fruͤher hätte verlangt wer⸗—
den müͤssen. Der Vice-Praͤsident verlas dreimal den betref⸗ fenden Artikel des Reglements, worin es heißt: „Ueber jeden Vorschlag, der ein Gesetz zum Gegenstande hat, muß mittelst Kugelwahl abgestimmt werden. Hinsichtlich aller uͤbrigen Pro⸗ positionen aber stimmt die Kammer durch . und Sitzenbleiben ab, es sey denn, daß sie sich anders ent— scheide.“ Hr. Bourdeau erinnerte an einen fruͤhern Fall (im Jahre 1816), wo ein Gesetz⸗ Entwurf beim Aufstehen
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und Sitzenbleiben mit großer Stimmen-Mehrheit angenom— men, bei der geheimen Abstimmung aber mit eben so gro— ßer Stimmen⸗Mehrheit verworfen worden sey. ¶ Gelächter.) Herr Laffitte bemerkte, daß er keinen andern Ausweg saͤhe, um aus diesem Labyrinthe herauszukommen, als wenn er die Kammer befragte. Mittlerweile nahm der Laͤrm immer zu, da die linke Seite von einem solchen Befragen durchaus nichts wissen wollte. Mit vieler Muͤhe gelang es dem Praͤsiden ten endlich, uͤber die Frage, ob die Kugelwahl statt finden solle, abstimmen zu lassen. Eine erste Abstimmung gab kein Resul⸗ tat. Die zweite Abstimmung aber fiel bejahend aus; es wurde daher sofort der Namens⸗-Aufruf veranlaßt, welcher 279 anwesende Mitglieder ergab. In den Wahl, Urnen fanden sich 186 weiße und 93 schwarze Kugeln, so daß gerade doppelt so viel Deputirte für, als wider den Antrag gestimmt hatten. Diese große Majoritaͤt — be— merkt das Journal des Deébats — waͤhrend die Abstim— mungen durch Aufstehen und Sitzenbleiben zweifelhaft zu seyn
schienen, erregte allgemeine Verwunderung. Um 57 Uhr 9
hob der Praͤsident die Sitzung mit dem Bemerken auf, daß die naͤchste Sitzung erst am Montag den Lssten stattsinden wuͤrde. (Aus den oben erwähnten Reden der Herren Ville— main, Dupin d. Aelt., Salverte, Mauguin und Berenger behalten wir uns noch einen Auszug vor.)
Paris, 21. Aug. Der Koͤnig ertheilte gestern, nach— dem er mit dem Justiz-Minister gearbeitet hatte, dem Mar— schall Maison eine Privat-Audienz und empfing Deputatio— nen des Cassations- und Rechnungshofes, so wie die Profes⸗ soren des Konservatoriums und die Lehrer und Zoͤglinge der Kunstschulen.
Mittelst Königl. Verordnungen vom vorgestrigen Datum ist Herr von Villiers du Terrage zum Praͤfekten des Depts.
des Nordens, an die Stelle des Herrn Alban von Villeneuve,
und Herr von Sainte⸗Hermine zum Praͤfekten der Vendée, an diẽ Stelle des Herrn von Auderie, ernannt worden. Auch fuͤnf neue Unter-Praͤfekten sind bestellt worden.
Die Pairs-Kammer hält heute Nachmittag eine Sitzung. In dieser oder in der naͤchsten Sitzung wird derselben ein Gesetz- Entwurf wegen Anwendung der Jury auf Preß- und andere politische Vergehen vorgelegt werden.
err Amy hat nunmehr seinen Abschied genommen und
ist in seiner Stellung als Praͤsident beim Koͤnigl. Gerichts— hofe hierselbst durch Herrn Tripier, bisherigen Rath bei dem— selben Tribunale, ersetzt worden.
Der Minister des Innern hat achtzehn Maires, die un⸗
ter der vorigen Verwaltung wegen der, bei den letzten Wah—
len von ihnen bewiesenen Unabhängigkeit der Gesinnung ab⸗
gesetzt worden, wieder in ihre Posten eingesetzt. Dem Vernehmen nach sind 3 hiesige Polizei⸗Kommissa⸗ rien ihres Amtes entsetzt worden.
Der Minister des Innern wird dem Minister-Rathe
naͤchstens einen Gesetz⸗ Entwurf vorlegen, wodurch allen ver,
bannten Konvents-Mitgliedern die Ruͤckkehr nach Frankreich
gestattet und alle seit der Restauration gefaͤllten Urtheile we⸗ gen politischer Vergehen zuruͤckgenommen werden. Die Stadt Rochelle will dem Admiral Duperré, der im Jahr 1775 dort geboren wurde, einen Ehrensaͤbel uͤbersenden. Aus Toulon schreibt man unterm 15. August: „Die Korvette „Echo“ ist von Algier, das sie am 10ten b. verlas—
sen hat, hier angekommen; sie brachte Depeschen fuͤr den
See⸗Minister mit, die sogleich weiter befoͤrdert wurden. Die Korvette „Diligente“, die am 6ten von hier abgesegelt ist, mußte bereits in Algier angekommen seyn, als die „Echo“ von dort abfuhr. Man wird daher uͤber den Eindruck, den die Pariser Ereignisse auf die Expeditions-Armee gemacht ha— ben, bald etwas erfahren. Einem Geruͤchte nach ist zwischen dem Ober⸗Befehlshaber der Land⸗Armee und dem der Flotte Zwietracht ausgebrochen. Admiral Duperré soll sogleich die dreifarbige Flagge auf allen Schiffen haben aufziehen lassen, waͤhrend Graf Bourmont sich weigerte, dies zu thun. Dem zufolge finde keine Verbindung zwischen der Land- und See⸗ macht mehr statt. — Briefe aus Algier fahren fort, den moralischen Zustand der Land⸗Armee als sehr unguͤnstig zu schildern; die Befehle koͤnnen oft nicht ausgefuͤhrt werden, und Alles ist in Verwirrung. Die oberen Offiziere wuͤnschen nach Frankreich zuruͤckzukehren, um von den Strapazen des Feldzuges auszuruhen, den um sich greifenden Krankheiten auszuweichen und in der Heimath die Fruͤchte des Sie⸗ ges zu genießen. Beim Englischen Konsul sind von einem Privatmanne, der offenbar nur den Namen hergegeben hat, zwanzig Millionen niedergelegt worden. — Der See⸗Minister hat angeordnet, alle aus Algier kommenden Fluͤtschiffe nach
dem Kriegsfuße auszuruͤsten; die in der Naͤhe von Toulon!
liegende Neserve⸗ Armee hat Befehl erhalten, sich zur Abfahrt bereit zu halten. Ihre Gegenwart in Afrika ist um so noͤ⸗ thiger, als alle Seeplaͤtze der Regentfchaft starke Besatzungen erfordern und die Armee schon ohnehin sehr schwach ist.“
Mehrere Handwerker haben auf der Polizei-Praͤfektur anonyme Briefe abgegeben, worin sie aufgefordert werden, nach den Elysaͤischen . zu kommen, um sich dort uͤber die Zerstoͤrung der Maschinen zu berathen.
Der Messager des Chambres aͤußert: „Das Mi⸗ nisterium will, wie es heißt, von den Kammern einen außer⸗ ordentlichen Kredit von 60 Millionen verlangen, um den Handelsstand zu unterstuͤtzen. Die Verlegenheit an der Boͤrse liegt einzig und allein in der Schwierigkeit des Dis— contirens, deren Ursachen kein Geheimniß sind. Sie liegen in der Zuruͤckhaltung der Kapitalisten seit der letzten Krise und in der Unzulaͤnglichkeit der von der Bank dem Handels⸗ stande geleisteten Huͤlfe. Es handelt sich deshalb darum, eine Anleihe zu machen, um das Discontiren zu erleichtern und den Privat⸗Kredit durch den Staatsdienst zu unterstuͤtzen.“
Einem Tagesbefehl des General Lafayette gemäß, findet morgen eine vorlaͤufige Musterung der zwoͤlf Legionen der hiesigen National-Garde statt; dieselben werden sich in vier Brigaden bilden, deren Anfuͤhrer die General-Adjutanten von Saint⸗Aignan, v. Tracy, v. Laborde und Tourton sind. Der junge Fuͤrst von der Moskwa wird die reitende National⸗Garde mustern.
Im Marine-Ministerium ist eine aus dem Vice⸗Admi⸗ ral Truguet und den Contre⸗Admiralen Roussin und Berge— ret bestehende Kommission ernannt worden, um die Anspruͤche der seit der Restauration entlassenen See-Offiziere auf Ent⸗ schaͤdigung zu pruͤfen.
Ein sonderbares Zusammentreffen ist es, daß der Mar⸗ schall Maison, einer der Kommissarien, welche Karl X. nach Cherbourg begleitet haben, Ludwig XVIII. bei seiner ersten Ruͤckkehr nach Frankreich und Karl X., damaligen Grafen von Artois, bei seinem Einzuge in Paris empfangen hatte.
Die hiesigen Blaͤtter heben es auch als zwei bemerkenswerthe Umstaͤnde hervor, daß die beiden Nord Amerikanischen Schiffe, auf denen Karl X. sich mit seiner Familie eingeschifft hat, einem Bruder Napoleons, Joseph Buonaparte, angehoͤren, und daß der Capitain Dumont d'Urville, der diese Schiffe
im Auftrage der Franzoͤsischen Regierung befehligt, sich im
Jahre 1814 als Lieutenant auf dem Schiffe befand, das den
derzog von Orleans damals mit seiner Familie von Palermo nach Fron rei zuruͤckfuͤhrte; der Herzog von Chartres, der jetzige Kronprinz, war damals 4 Jahr alt.
Der Temps aͤußert seine Unzufriedenheit daruͤber, daß in dem neuen Staatssiegel die Lilien beibehalten worden sind, . wuͤnscht dieselben durch den Gallischen Hahn ersetzt zu ehen. Dem selben Blatte zufolge werden die gewesenen Mit⸗ glieder des Staats-Raths, welche im vorigen Jahre nach der Ernennung des Polignaecschen Ministeriums ihren Ab— schied nahmen (Agier, Salvandy, Bertin Devaux, Hely d'Oyssel u. a. m.), wieder in denselben berufen werden.
Die Setzer und Drucker der großen Renouardschen Buchdruckerei gaben gestern Abend auf dem Theater Luxem— bourg eine aus mehreren Lustspielen bestehende Vorstellung zum Besten zweier in den Tagen des 27. und 28. Juli schwer verwundeter Drucker.
Die im Buͤreau des Constitutionnel eingegangenen Bei— traͤge fuͤr die in den letzten Revolutionstagen Verwundeten betragen heute 312,900 Fr.
. Das gewesene Konvents-Mitglied Perard ist aus Dublin hier angekommen. . 6
Die Deputation des Englischen Vereins der Freunde der Parlamentar⸗Reform ist, den Baronet Sir Thomas Beevor und Herrn James Cobbet, den Sohn des Praͤsidenten der Gesellschaft, an der Spitze, gestern hier angekommen.
Die bekanntlich aus den Niederlanden verbannten von Potter, Tielemans und Bartels sind gestern hier angekom—⸗ men; der vierte, v. Neve, ist krank in Straßburg zuruͤck⸗ geblieben. ;
Die verhafteten Minister sollen naͤchstens hierher ge⸗ bracht werden. .
In Tivoli wird morgen Abend ein großes Fest, das Bombardement und die Einnahme von Algier und die 268 sion des Kaiserschlosses darstellend, gegeben werden. er Eintrittspreis ist 3 Fr.
Der Globe äußert uͤber die Sitzung der Deputit ten⸗ Kammer vom 17. d. M. unter Anderem Folgendes: „Der Antrag des Herrn Destutt de Tracy ist, unserer Ansicht nach, dem neuen gesellschaftlichen Geiste völlig angemessen und unter den jetzigen Umstaͤnden dringend. Seit langer