1830 / 248 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 07 Sep 1830 18:00:01 GMT) scan diff

1900

77 Jahren, bediente seine greisen Gaͤste. Hoͤchst ruͤhrend war es, als der aͤlteste, Ignaz Falk, 87 Jahre alt, den 26 auf die Gesundheit unsers geliebten Großherzogs aus“‘ rachte.

Hamburg, 4. Sept. Seit einigen Abenden ha⸗ ben hier tumultuarische Auflaͤufe statt gehabt, denen jedoch, allem Anschein nach, kein bestimmter Plan oder eine politi— sche Tendenz zu Grunde liegt. Der hiesige Magistrat hat sich indeß durch diese Vorfälle veranlaßt gefunden, heute meh⸗ rere Mandate anschlagen zu lassen; durch das eine werden die alten Aufruhrgesetze erneuert; nach einem zweiten sollen bis auf weitere Bestimmung alle Wirthshaͤuser von 7 Uhr Abends an geschlossen seyn; alle Buͤrger sollen von diefer Zeit ab sich und ihre Hausgenossen moͤglichst zu Hause hal— ten. Im Uebrigen ist die Buͤrgergarde unter den Waffen, um etwanigen Excessen vorzubeugen, und so steht zu hoffen, daß eine ernste Storung der oͤffentlichen Ruhe nicht stattfin— den werde. .

8d ger reich.

Wien, 1. Sept. Se. Kaiserl. Majestaͤt haben den bis— herigen K. K. Hofkanzler und Praͤsidenten der Studien⸗Hof— Kommission, Anton ern, Grafen Mittrowsky von Ne— mischl, zum Oberst⸗Kanzler der K. K. vereinigten Hofkanzlei u ernennen geruhet. Derselbe hat gestern in seiner neuen

igenschaft den Diensteid bei Hofe in die Haͤnde Sr. Ma— jestaͤt abgelegt.

Die allgemeine Handels-Zeitschrift von und fuͤr Ungarn meldet aus Pest vom 27. August: „Der Absatz von Landes-Produkten an dem gegenwartigen Markt hat noch alle davon gehegten Erwartungen uͤbertroffen. Besonders ilt dies von Wolle. Einschur ist groͤßten Theils aufgeräumt.

weischur und Zakel fanden aber einen solchen Begehr, daß man sich kaum eines ähnlichen zu erinnern weiß; der bedeu— tende Vorrath, der am Platze war, soll bereits ganz vergrif— fen seyn, und geschehen nicht noch starke Zuführen, was nicht zu nenen ist, so werden noch viele Kaͤufer unbefriedigt bleiben.

Mexiko.

Die neuesten New-⸗Yorker Blaͤtter enthalten Nach— richten aus Veracruz bis zum 22. Juni. Die Partei war

in offenem Kampfe mit der Regierung. Capitgin Kollins von dem Packet⸗Schiff „Virginia“, welches diese Nachrichten

n in Veracruz offizielle Berichte von einer Niederlage der Re⸗ erungs⸗Truppen bei Akapulko eingegangen waren. General Bravo und Oberst Bartubusso waren von den Soldaten Guerrero's gefangen genommen worden. Nach Berichten in der Zeitung von Veracruz von ein paar Tagen vorher, war Akapulko nicht in der geringsten Gefahr. Am 14ten ruͤckte General Badigo mit einer Division von Bravo ge— gen Tekpan vor, mußte sich aber mit Verlust zuruͤckziehen. Die Wichtigkeit der Verhandlungen mit Europa hat, wie gemeldet wird, die Regierung bewogen, Hrn. Sebastian Camacho, Gouverneur von Veracruz, zum außerordentlichen Gesandten und bevollmaͤchtigten Minister zu ernennen, um sie ins Werk u setzen. cen zusch Blatter theilen aus New-⸗-JYorker Zeitun—⸗ gen bis zum 8. August Folgendes mit: „Durch die Ankunft des Schooners, der „Pelikan“, von Tampiko erfahren wir, daß am 5. Juli, wo der „Pelikan“ abging, die Nachricht

gr, , . gebracht, hat zugleich erzaͤhlt, daß den 21sten i

dort einlief, General Guerrero habe im Suͤden, gegen Aka⸗

pulko hin, eine Schlacht gegen die Regierungstruppen gewon⸗ nen, wobei diese 400 Todte auf dem Schlachtfelde gelassen auch sey in der Hauptstadt eine Verschwoͤrung, zur rmordung des Vice⸗Praͤsidenten, General Bustamente, ent⸗ deckt worden, in die viele Offiziere und Militairpersonen ver⸗ wickelt sind. Neun der Verschwörer sind ergriffen worden und werden wahrscheinlich erschossen werden. Sonst herrscht durchweg Ruhe in der Republik. Die Straßen sind weniger als sonst von Raͤubern beunruhigt. Die Regierung machte große Anstreugungen, um ihre Finanzen zu verbessern, und in allen Staaten wurden Maaßregeln ergriffen, um einer er⸗ warteten neuen Spanischen Expedition zu widerstehen.

Die Hamburger Boöͤrsenhalle giebt folgenden mit obigen Nachrichten uͤbereinstimmenden Auszug eines Briefes aus Mexiko, vom 26. Juni:

„Am 2isten d. wurde wieder eine Verschwoͤrung ent—⸗ deckt, deren Ziel die Ermordung des Praͤsidenten Bustamente war; in Folge dessen sind der Deputirte Gondra und zehn andere Yorkinos ggroͤßtentheils Lieutenants in der Armee) nebst zwei Franzosen arretirt worden. Die Letzteren verthei⸗ digten sich, und der befehligende Offizier, Oberst Infanzon,

wurde getoͤdtet. Bei Gondra fand man seine Korrespondenz mit Guerrero, die jetzt publizirt werden soll. Guerrero be⸗ hauptet sich noch mit seinen schwarzen Anhaͤngern in der Ge— gend von Akapulko. Uebermorgen beginnen die außeror— dentlichen Sitzungen des Kongresses, dem wir fremden Kauf— leute vereint eine Repraͤsentation uͤber die zu baldige Verfall— zeit der Einfuhrzoͤlle uͤbergeben haben, aber uns nicht sehr mit einem guͤnstigen Erfolge schmeicheln.“

Columbien.

Nordamerikanische Blaͤtter bringen ebenfalls die (aus Londoner Zeitungen letzhin von uͤns gegebene) Nachricht, daß der General Sukre auf Anstiften Obando's ermordet worden.

Der New-⸗Hork Advertiser will bestimmt wissen, daß Bolivar den Euntschluß, Columbien zu verlassen, aufge— geben habe und die naͤchste Präͤsidenten-⸗Wahl den 23sten Oktober abwarten wolle. Er scheine offenbar zu hoffen, daß die Wahl auf ihn fallen werde. Im Uebrigen bemerkt daf— selbe Blatt, daß Bolivar, welchen Entschluß er auch fassen moge, immer großen Anstoß geben wuͤrde, „denn“ (aͤußert es) „bleibt er in Columbien, so wird man sagen, daß er es nie verlassen wollte, und daß Alles nur ein glänzendes Possen— spiel war, um desto sicherer wieder zur Herrschaft zu gelan—⸗ gen. Beharrt er aber bei seinem Entichluß, zu gehen, so wird

man ihm vorwerfen, seln Land zur Zeit der größesten Gefahr

verlassen zu haben.“

,,

Berlin, 6. Sept. Man schreibt aus Solingen: Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz Wilhelm passirte auf der Durchreise von Koln nach Lippstadt am 30sten Morgens ge— gen 9 Uhr Solingen und geruhte in dieser alten Fabrikstadbt, eine, so viel es die Zeit erlaubt hatte, fuͤr Hoͤchstdenselben eingerichtete Ausstellung der mannigfaltigen Erzeugnisse unse⸗ rer Industrie in Augenschein zu nehmen. Se. Königl. Ho—

heit wurde am Hause des Kaufmanns Hrn. Peter Knecht von dem aus Duͤsseldorf eingetroffenen Regierungs⸗-Praͤsiden⸗

ten, Freiherrn von i. , dem Landrath des Kreises, dem Buͤrgermeister der Stadt und den Chefs der angesehensten Handelshaäͤuser empfangen, in deren Begleitung Hoͤchstderselbe die in den Fabrikgedäͤuden des Hausbesitzers eingerichtete Ausstellung und dessen Werkstaͤtten besichtigte. Ueberall, wo der verehrte Koͤnigssohn in unserer schoͤnen Provinz erscheint, kommt ihm der unzweidentigste Beweis reger Anhaͤnglichkeit entgegen, die auf einem zur Ueberzeugung gewordenen herz⸗ lichen Gefuͤhle aller Klassen der Buͤrger 6 ist.

Ueber die am 3h sten v. M. in Achen ausgebroche⸗ nen und (wie wir gestern gemeldet haben) bereits gluͤcklich gedaͤmpften Unruhen enthaͤlt die Achener Zeitung (welche

am 31. August nicht erschienen war) in ihrem Blatte vom

Iĩsten d. M. folgende ausfuͤhrlichere Mittheilung:

„Mit dem freudigsten Gefühle duͤrfen wir sagen, daß,

wenn auch die Gährungen, die in den benachbarten Nieder landen am Schlusse der vorigen Woche uns immer naͤher ka— men, den Anreiz zu dem gegeben haben mogen, was hier vor⸗ fiel, doch der allerbestimmteste Unterschied dabei stattfindet, daß bei

uns durchaus kein politischer Vorwand als Aushaͤngeschild

, . ward. Nur der allerniedrigste Poͤbel beging, von Raubsucht angetrieben, schaͤndliche Ausschweifungen. Der erste Aufregungspunkt war um 2 Uhr Mittags bei der Fa—⸗ brik des Herrn Nellessen, wo unter den Arbeitern Unzufrie— denheit ausgebrochen seyn sollte; dieses Geruͤcht verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die ganze Stadt und versam— melte ein Zustroͤmen der Neugierigen. Man hatte das Ge— rucht ausgesprengt, daß den Arbeitern Abzuͤge gemacht waͤ⸗ ren; wir verweisen auf den Widerruf dieser Anschuldigung, welche dieses achtbare Haus in der heutigen Zeitung bekanüt macht. Freche, nach Beute luͤsterne Boͤsewichte, gefolgt von schreienden Buben, Weibern und Kindern, zogen von da vor das Haus des Herrn James Cockerill, erbrachen dasselbe mit Gewalt und pluͤnderten es bis auf die geringste Kleinigkeit aus. Gluͤcklicherweise konnte die Familie durch eine Hinter⸗ pforte des Gartens sich retten.

Gutgesinnte Buͤrger eilten, sich zu bewaffnen; weil aber die Dringlichkeit der Gefahr nicht gestattete, die Ankunft der Munition abzuwarten, und man deshalb auf die Anwendung des Bajonetts beschraͤnkt war, so wurden zwar die Meute— rer Anfangs aus dem Hause getrieben und mehrere von ih— nen verwundet, bis es ihrer großen Zahl gelang, durch Stein⸗

wuͤrfe das schwache Detaschement zuruͤckzudrängen und sich

wieder in den Besitz des Hauses zu setzen.

Die Rotte der Meuteker drang nun gegen das Gefaͤng

1901

niß, um dies zu erbrechen; waͤre ihr das gelungen, so mochte das Schicksal der Staat sehr traurig gewesen seyn. Gluck, licherweise wurde es von etwa 40 Bewaffneten aus einem 9 Bewachung desselben bestimmten Militair⸗Kommando aus

uͤrgern bestehend, vertheidigt, die theils im Innern des Gefaͤngnisses Ordnung halten, theils den Zugang besetzen konnten. Von hier aus fielen die ersten Schuͤsse auf den an⸗ dringenden Poͤbel, der jedoch, diesen trotzend, den Angriff mehremale wiederholte, bis die Toͤdtung eines der Haupt— Anfuͤhrer erfolgte und die fast gleichzeitig unter Trommel schlag herbeieilende Patrouille durch Pelotonfeuer die Meute⸗ rer auseinander sprengte. Von dem Augenblicke an war die Ruhe so ziemlich hergestellt. Man brachte viel der Raͤdels—⸗ fuͤhrer ein; Verbrecher, die zu zehn- und zwanzigjaͤhriger Kettenstrafe verurtheilt gewesen sind; aber unter ihnen auch junge Burschen von kaum 15 Jahren.

Die Bewaffnung der Buͤrger⸗Compagnien war inzwischen theilweise bewerkstelligt; an der Spitze einer Compagnie, durchzog der Herr Buͤrgermeister Oeder, unter Trommelschlag die Stadt, und verlas folgende

Bekanntmachung.

Bei den dringenden die oͤffentliche Ruhe, die Sicherheit der Personen und des Eigenthums gefaͤhrdenden Verhält— nissen ist es durchaus erforderlich, daß sich alle gute wehr— hafte Buͤrger dieser Stadt zur Handhabung der gesetzlichen Ordnung, der allgemeinen und besondern Sicherheit mit den sich in ihren Haͤnden etwa besindlichen Waffen vereinigen, es wird noͤthig, starke Patrouillen anzuordnen, welche sich in allen Theilen der Stadt verbreiten, und weitere Excesse waͤh⸗ rend der kommenden Nacht verhindern.

Es ergeht in dieser Hinsicht die dringendste Aufforde— rung an saͤmmtliche gute Bürger hiesiger Stadt, sich bei dem allgemeinen Sammelplatze auf dem Prinzenhofe heute Abend praͤcis 8 Uhr einzufinden.

Achen, 30. August 1830.

. Die Oberburgermeisterei.

Es geschahen zwar einzelne Steinwärfe; doch durchzo— gen alsbald zahlreiche a , die Stadt, welche waͤhrend der Nacht vieles Raubgesindel aufgefangen haben. Seit Ein—⸗ bruch der Nacht ist die Ruhe hergestellt worden und es auch fortwährend geblieben. ,

Nicht genug kann der vortreffliche Geist geruͤhmt werden,

den die gesammte Buͤrgerschaft zugleich mit der umsichtigsten

Thaͤtigkeit darthat, die Meuterei zu ersticken, und die mit

unermuͤdetem Eifer fortfäaͤhrt, die Ruhe zu erhalten und dem

Unfuge vorzubeugen. Ihre Bemuͤhungen sind durch den

herrlichsten Erfolg belohnt. Mehr als 118 Personen sind waͤhrend der vorletzten Nacht und am gestrigen Tage zur Haft gebracht. Eben so ruͤhmlicher Erwaͤhnüng verdienen

die braven Fabrikarbeiter dieser Stadt, welche, weit davon entfernt, an den Unruhen Theil zu nehmen, ihre entschiedenste Mißbilligung uͤber die Pluͤnderer ausgesprochen haben.

Haus suchungen haben einen großen Theil des geraubten Eigenihums wieder auffinden lassin. Die Buͤrgerbewaffnung sorgt durch Patrouillen dafuͤr, daß die Sicherheit und Ruhe

der Stadt nicht wieder gestoͤrt werde.“

In der Sitzung der geographischen Gesellschaft am äten d. M. wurde ein Schreiben des auf einer wissenschaft— lichen Reise begriffenen Dr. Westphal aus Konstantinopel an die Gesellschaft vortragen. Herr Geheime-Rath Engel hardt theilte eine alte Aufnahme einer Preußischen Gegend aus dem Jahre 1659 mit. Herr Major von Oesfeld eine

Uebersicht der nach verschiedenen Maaßstäben geordneten und

aufgefuͤhrten Karten und Grundrisse, so wie eine Karte der Telegraphenlinien zur Zeit des Kaiserreichs Frankreich. Herr

Direktor Kloͤden machte eine Anfrage, Kalklagen in der Uker—

mark betreffend. Herr Professor Dowe sprach uͤber die Er⸗ mittelung der mittleren Barometerhoöͤhe eines Ortes und der

Meeres flache, mit Ruͤcksicht auf die herrschenden Winde. Herr Grimm uͤber das Phaͤnomen der Emporhebung Schwe—

dens und die Moͤglichkeit, die n. und das Maaß zu be— stimmen. Herr Hauptmann Reimann trug neuere Nach⸗ richten uͤber die Insel St. Helena vor. Mehrere Karten und Neuigkeiten wurden zur Ansicht vorgelegt.

Biographische Notizen. (Fortsetzung. )

„Als nach dem Feldzuge von 1797 die Truppen ihre Winter⸗ guartiere bezogen hatten, erhielt Ludwig Philipp ein Schrei— ben seines Vaters, worin ihn dieser aufforderte, seine Schwe⸗ lter abzuholen und sie nach Belgien zu begleiten. Die Prin⸗ zessin, die namlich fruͤher mit Frau von Genlis eine Reise nach England gemacht hatte, befand sich in einem der im Emigrations⸗/ Gesetze bedachten Faͤlle und sah sich genoͤthigt,

Frankreich zu verlassen. Ihr Bruder brachte ste nach Tour⸗ nay, wo er sich noch befand, als der Convent ein Verban— nungs-Dekret gegen alle Mitglieder des Hauses Bourbon erließ. Ludwig Philtpp wollte bereits in den Vereinigten

Staaten einen Zufluchtsort aufsuchen, als das Dekret wenige Tage darauf zuruͤckgenommen wurde und er im Februar des Jahres 1793 wieder in den Dienst eintrat. Er schloß sich der vom General Miranda kommandirten Armee an, zeich— nete sich im Kommando zweier Divisionen bei dem Angriffe auf die Dorfer Middelwinde und Nerwinde aus und beckte sodann mit ungemeiner Geschicklichkeit den Ruͤckzug nach Tirlemont.“

„Um diese Zeit sah Duͤmouriez sich genoͤthigt, nachdem sein Plan, den National Convent aufzulösen, gescheitert war, sein Va⸗ terland zu verlassen. Ludwig Philipp, der die Sache der Revolu⸗ tion mit jugendlichem Eifer umfaßt und lange fuͤr ihren Sieg ge— kaͤmpft hatte, mißbilligte ihre Aus schweifungen. Lebhaften Schmerz erregten in ihm die Graͤuel, durch welche die geheimen Feinde dieser Sache sie augenscheinlich verabscheuungswerth machen wollten., Laut gab er daruͤber seinen Unwillen zu erkennen, und bald sollte auch er das Schicksal aller guten Patrioten theilen; seine Festnehmung wurde dekretirt. Um dem Schaf— fott, das seiner wartete, zu entgehen, sah er sich genoͤthigt, seinen Waffen- Gefaͤhrten Lebewohl zu fagen und Frankreich gu verlassen. Er begab sich nach Mons, wo ihm der Erz— herzog Karl die Stelle eines General- Lieutenant in der Oesterreichischen Armee anbieten ließ. Der Prinz lehnte je⸗ doch das Anerbieten mit Dank ab und traf Anstalten zu sei— ner Abreise.“

„Gezwungen, einen Zufluchts-Ort gegen die Proseription

zu suchen, wollte er zunächst nach der Schweiz gehen und verließ Mons, unter einem erdichteten Namen und beglei— tet von seinem Adjutanten Caͤsar Duͤcrest, am 12. April 1793. Mit diesem Tage faͤngt fuͤr ihn eine Reihefolge von schmerz— lichen Ereignissen, Leiden und fast romanhaften Wechselfaällen an, die er alle muthig und standhaft ertrug. Er fuͤhrt einen geachteten Namen und ist gezwungen, ihn zu verlaͤugnen; er besitzt ein ungeheures Vermoͤgen und hat doch Alles verlo— ren; er ist Franzose, hat dazu beigetragen, diesen Namen noch glorreicher zu machen, und muß sich nun fuͤr einen reisenden Eng⸗ laͤnder ausgeben; zum Lohn fuͤr seine Dienste ist er proskribirt; er durchstreist ein Land, wo er den Feind oft in die Flucht geschla⸗ gen; unbesiegt ist er doch selber fiuͤchtig. Endlich muß er auch noch, ein trefflicher Sohn und ein eben so trefflicher Bruder, die n, . Einziehung seiner ganzen Familie erfahren. In Basel am 22. April 1793 angekommen, erwartete er dort einige Tage seine Schwester; diese befand sich jedoch mit Frau v. Genlis in Schaffhausen, wohin sich Ludwig Philipp ebenfalls begab. General Montesquiou, der in Bremgarten unter dem Namen Rionel einen Zufluchtsort gefunden hatte, horte von dem Schicksale der ungluͤcklichen Geschwister und beeilte sich, einige Schritte zu thun, um mindestens der Prinzessin von Orleans und der Frau v. Genlis einen Zu— fluchtsort im Kloster Bremgarten zu verschaffen, was ihm auch mit vieler Muͤhe gelang. Fuͤr Ludwig Philipp konnte er jedoch kein Obdach finden, und freimuͤthig aäͤußerte der alte Krieger gegen ihn: „Fuͤr Sie giebt es keinen andern Ausweg, als in den Gebirgen herumzuirren, sich nirgends aufzuhalten und alles Ungemach einer solchen Existenz bis zu der Zeit zu tragen, wo die wahren Patrioten aufhoͤren wer⸗ den, ein Gegenstand der Verfolgung zu seyn. Ist dieser Tag einst gekommen, so werden Sie von Ihren Irrfahrten eine Oodͤyssee schreiben koͤnnen, die von Interesse seyn durfte.“ Diese Worte waren eben nicht sehr troͤstlich; Ludwig Phi— lipp horte sie jedoch voll Muth. Gluͤcklich, seine Schwester hebe gen zu sehen, befolgte er den Rath des Generals und egab sich auf die unstaͤte Wanderschaft.“

„Es giebt wenige Menschen hier, denen Ludwig Phi⸗ lipps Schicksaie im Auslande ganz unbekannt sind. Allein, in den Gebirgen herumirrend, 6 er taͤglich die wenigen Mittel, die ihm noch geblieben waren, sich vermindern. Be⸗

staͤndig in der Besorgniß, erkannt, angegeben und festgenom⸗

men zu werden, wußte er, einer der eifrigsten Vertheidiger Franzoͤsischen Ruhmes und Franzoͤsischer Freiheit, am Mor⸗

dermann kennt Horace Vernet's schoͤnes Gemaͤlde, das einen dieser Momente darstellt: Ludwig Philipp, von Muͤdigkeit

uͤberwaͤltigt, j dem St. Gotthard angelangt, bittet vergeb— lich bei den Moͤnchen des Hospitiums um eine gastliche Auf— nahme. Wenden wir jedoch die Blicke von diesen Leidens Sceenen und folgen Ludwig Philipp auf ein Gebiet, wo wir 7 den ganzen Adel seines Charakters entwickeln und jene

rund saͤtze einer gesunden Philosophie, in denen er von früͤ⸗

hester Jugend an erzogen worden war, ins Werk setzen sehen.

gen nicht, wo er Abends sein Haupt niederlegen wurde. Je