21350
und Folgsamkeit nicht verschwunden ist, und mit der Zu— versicht eines gebornen Hanauers vertraue Ich darauf, daß Ihr auch ferner nicht die geringste Unordnung zulassen wer— det. In dieser Voraussetzung habe Ich Mich bereits bei Sr. Königlichen Hoheit dem Kurfuͤrsten, Meinem Herrn Vater, dafuͤr verwendet, daß die Erhebung der indirekten Abgabe (Mauth) nicht weiter stattfinde, bis auf dem Land— tage, zu welchem Ihr Deputirte aus Eurer Mitte senden werdet, uͤber die fortdauernde Aufhebung dieser Abgabe be— rathen seyn wird. Eben so erwarten Ich mit Vertrauen von den Bewohnern des Landes, namentlich von den der standes— herrlichen Bezirke, daß sie sich als gute und treue Hessen beweisen und sich jeder Unordnung enthalten werden, die sie ihrer Verbindlichkeiten gegen ihre Standesherrschaften nicht entheben, sondern sie nur zur Verguͤtung alles verursach— ten Schadens verpflichten und außerdem die Schuld und die Folgen eines Verbrechens auf sie laden würde. Ha— bet Ihr dagegen gerechte Beschwerden, so werbe Ich stets geneigt seyn, diese Sr. K. H. dem Kurfuͤrsten vorzulegen und Mich fuͤr deren Abhuͤlfe zu verwenden. Ich wuͤrde je— doch diese Verwendung nur dann eintreten lassen konnen, wenn fortan auch nicht die geringste Unordnung mehr statt findet, und Ich bin gewiß, daß Ihr das Vertrauen, welches Ich in Euch setze, nicht taäͤuschen und durch Euer gutes Be— tragen und Folgsamkeit gegen die Behörden Meinem Her— zen auch fernerhin gestattet werdet, daß Ich Mich mit Freu— den als Hanauer betrachten kann.“
Naͤchst der obigen Proclamation enthaͤlt die Hanauer Zeitung Folgendes:
„Mit innigem Bedauern vernehmen wir, daß in den meisten Ortschaften unserer Provinz bedenkliche Unruhen aus— gebrochen sind, in Folge deren sich manche Gegenden in voͤl— liger Anarchie befinden. Die Wuͤnsche aller wahren Vater— landsfreunde vereinigen sich dahin, daß unsere schoͤne und volkreiche Provinz von dem verderblichen Zustande, in wel— chen sie verfallen ist, baldigst errettet werden moͤge. Die vor— trefflliche Proclamation, welche Se. Hoheit unser allverehrter Kurprinz am gestrigen Tege zu erlassen geruhten, wird, un— serer festen Ueberzeugung gemaͤß, hierzu wesentlich beitragen und in allen Theilen der Provinz mit gleichem Jubel aufge— nommen werden. — Viele Beamten mit ihren Familien tref— fen fortwaͤhrend in hiesiger Provinzial⸗Hauptstadt ein, da sie genoͤthigt waren, ihrer persoͤnlichen Sicherheit wegen ihren Wohnort zu veraͤndern.“
Gestern ist hier nachstehende Kundmachung erschie— nen: „Bewohner von Hanau! In der Stunde der Ge— fahr haben wir die Waffen ergriffen, zum Schutze der hei— ligsten Guter, fuͤr Ordnung und Recht. Zwar ist sie fast verschwunden, doch ist es noͤthig, sich fester an einander an— zuschließen, Ordnung in unsere Glieder zu bringen und durch unsere kräftige aber ruhige Haltung den geschreckten Gemuͤ— thern das verlorne Gefuͤhl der Sicherheit wieder zu geben. So sammelt Euch denn, jeden Angriff der Stoͤrer unserer Ruhe entschlossen zuruͤckͤzuweisen! Ihre Zahl ist nur gering, und der Ernst unserer Schritte wird ihnen zeigen, daß sie nicht ungestraft uns widerstehen. Hanau, am 28. Septem— ber 1830. C. Roͤßler, Oberst des bewaffneten Buͤrger⸗Corps.“
Ida hien. 3
Neapel, 19. Sept. Vorgestern ertheilten Se. Maj. der Koͤnig dem Grafen Anatole Montesquiou eine Privat— audienz, in welcher dieser Sr. Majestaäͤt ein eigenhaͤundiges
Schreiber igs Ludwig Phili Der Schreiben des Koͤnigs Ludwig Philipp uͤberreichte. Der 6 3 Mt. 99
Graf wurde vom Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten, Fuͤrsten von Cassaro, eingefuͤhrt.
Inland.
Berlin, 5. Okt. Nachrichten aus Duͤsseldorf zufolge war der Herr Staats-Minister und Ober⸗-Praͤsident Freiherr v. Ingersleben am 29sten v. M. dort angekommen, um sich von da zum Empfang Sr. Koͤnigl. Hoh. des Prinzen Albrecht und Höchstdessen Gemahlin nach Cleve zu begeben, wo Ihre Koͤnigl. Hoheiten am 4ten d. erwartet wurden.
— Die verstorbene Superintendentin Taͤge hat in ihrem Testamente der staͤdtischen Armenkasse in Pasewalk ein Legat von 1000 Rthlr. mit der Bestimmung ausgesetzt, daß die
Zinsen diests Legats alljaͤhrlich unter acht dasige Armen gleichmäßig, jedoch ohne Anrechnung auf diejenige Unter—
von der Kommune gereicht wird.
23
Königliche Schau spiele.
Mittwoch, 6. Oktober. Im Opernhause: Göoͤtz von Berlichingen, Schauspiel in 5 Abtheilungen, von Goͤthe.
Zu dieser Vorstellung werden Opernhaus-Billets ver— kauft, welche mit Donnerstag bezeichnet sind.
Wegen Krankheit der Mad. Schulz kann die Oper Euryanthe heute nicht 2 werden, es bleiben aber die dazu bereits gekauften Billets bis zur Darstellung dieser Oper guͤltig.
Im Schauspielhause: Pour la rentrée de Mlle. Lan- cestre: 1) Les premieères amours, vaudeville en 1 acte, bar Scribe. 2) Velva, ou: 'Orpheline muette, piece en 2 parties, par Scribe.
Donner stag, 7. Okt. Im Schauspielhause, zum er sten⸗ male wiederholt: Philipp, Drama, in 1 Aufzug, nach dem Franzoͤsischen des Scribe. Hierauf: Die Schleichhaͤndler, Possenspiel in 4 Abtheil., von E. Raupach.
Freitag, 8. Okt. Im Opernhause: Die Benefiz⸗Vorstel⸗ lung. Hierauf: Das Schweizer Milchmaͤdchen, großes Bal— let in 2 Abtheilungen. (Dlle. Therese und Dlle. Fanny Els— ler, Solotänzerinnen des KK. Hoftheaters am Kaͤrnthner Thore zu Wien, werden hierin tanzen.
Im Schauspielhause: Franzoͤsische Vorstellung.
Koöͤjnigstädtisches Theater. Mittwoch, 6. Oktober. Der Alpenkoͤnig und der Men— schenfeind, Zauberspiel in 2 Akten.
Donnerstag, 7. Oktober. Fra Diavolo, oder: Das Wirthshaus zu Terracina, komische Oper in 3 Akten.
,, Den 5. Oktober 1830. Amtl. Fonds- und Geld- Cours Lettel. (Preus. Cor. )
rr. r St. Schuld- Sch.] 4 892
Er. Engl. Anl. I8 5 983 Pr. Engl. Anl. 22. 5 9875 Pr. Engl. Obl. 30 844 Kurm. Ob. in.l.C. 9175 Neum. Int Sch. d. 4 317 Berl. Stadt- Ob. 9 Königsbęg. do. — Elbinger do.
Ostpr. Ptandhrł. Pomm. Pfandhrf. Kur- u. Nenm. do. Schlesische do. Rkst. C. d. K- n. XN. z. Sch. d. - u N.
6 Holl vollwv. Duk. Dan. do. . 35 t Neue dito : —
VWestpe. Pldb. 96 Friedrichsd'or 81213 Gross ii. Pos, do. 97 PDiseonta ... . 55 —QQ 0.
Wechsel- Cours. . Brief. Geld.
Kurz 1381 2 lt. 157 Kur 1497 2 At. 148. London LStl. 13 Mt. 6 21 Paris 300 Er. 2 Mt. 791 , 150 El. 2 Mt. 101 Augsburg . 1017
n
6 g . .
1
Leipꝛig — Erankfurt a. M. 2 Mt. 1013 Petersburg BN 3 Woch. 30 Warschau ö Kurz 99
Nesse
. 2 X
111
Auswärtige Börsen. Amsterdam, 30. September.
1 . wirkl. Schuld 41. rn, t, 193. Qesterr. 5proc-
j London., 28. Sept. ö 3proc. Cons. S8. ZIproc. 98. Brasil. 7J0. Russ. 1013.
Hierbei Nr. 70 des Allgemeinen Anzeigers.
Neueste Boͤrsen⸗Nachrichten.
Paris, 29. Sept. 5proc. Rente fin cour. 95 Fr. 30 C. Zproc. fin le,
65 Fr. 20 C. proc. Neap. Falc. 67 Fr. 45 C. Fproc. Span. Rente perp. 401.
Frankfurt a. M., 2. Okt.
Oesterr. 5proc. Metall.
gI7. 91. proc. 82z. 23proc. 49. 1proc. 19. Bank⸗Aetien
1300. Part. Obl. 118. Loose zu 100 Fl. 165. Poln. Loose 513. B3.
Gedruckt bei A. W. Hahn.
RNedaettur John. Mitredaeteur Cotte l.
stuͤtzung, vertheilt werden sollen, welche jenen Armen bereits
, en,, k
Allgemeine
Preußische Staats -Zeitung.
e 2738.
Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.
Se. Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm (Sohn St. Majestaäͤt des Koͤnizs) ist von Magdeburg hier eingetroffen.
Der Justiz⸗Kommissarius von der Leithen in Bochum ist zugleich zum Notarius im Bezirke des Ober⸗Landesgerichts zu Hamm bestellt worden.
Angekommen: Se. Excellenz der General⸗Lieutenant und ECommandeur der gten Diviston, von Grolmann, von Glogau. . . . t
Der Königl. Niederlaͤndische Kabinets-Courier Ginot, aus dem Haag. 4 . . ,
Abgereist. Der Kaiserl. Russische Feldjaͤger Lange, als Courier nach St. Petersburg.
Zeitungs⸗-⸗RNachrichten. Ausland.
Frankreich.
Deputirten⸗ Kammer. Bei Eroͤffnung der Sitzung vom 28. Sept zeigte der Praͤsident an, daß Herr Olliær, Notar in Toulgufe, der Kaminer die Sunime von 11,3009) Fr. als den Ertrag einer Kollekte zu Gunsten der an den drei Julitagen Verwundeten, so wie der Witwen und Waisen der Gefallenen, eingesandt habe. — Hierauf wurden die Be— rathungen uͤber die beahsichtigte Anklage der Minister, und zwar zunaͤchst uͤber den Grafen von Peyronnet fortge⸗ fetzt. Ueber den ersten Anklagepunkt (s. d. gestrige Blatt der St. 3.) ergriff Herr von Boisbertrand das Wort. „Meine Herren“, aͤußerte er, „Sie haben den Worten eines meiner ehrenwehrten Freunde (Hrn, von Lamezan) zu Gun⸗ sten eines der vorigen Minister (Montbel) einige Aufmerk—⸗ samkeit geliehen; was er gethan, hatte ich mir zu thun vor— genommen, denn auch mir gebot die Freundschaft, einen Mann zu vertheidigen, den es unmoͤglich ist nicht zu achten, wenn man ihn naͤher kennt. In diesem Augenblicke ruft mich eine andere Pflicht auf diese Rednerbuͤhne; nicht daß ich glaubte, mein Zeugniß koͤnnte unter den gegenwartigen Umstaͤnden von großem Gewichte seyn, — ich weiß nur all⸗ zugut, welche Vorurtheile gegen den letzten Minister des In— nern vorwalten; — aber das Gewissen draͤngt mich, und ich wurde es mir mein ganzes Leben hindurch zum Vorwurfe machen, wenn ich Ihnen in diesem kritischen Augen— blicke nicht erklaͤrte, daß, als Herr von Peyronnet in das Ministerium eintrat, er mir auf das bestinimteste die Absicht zu erkennen gab, den Gesetzen gemaͤß das Land zu verwalten und alle Volksfreiheiten aufrecht zu erhalten. In dieser Sprache blieb er sich bis zum 25. Juli gleich, und ich kann mir daher seinen Beitritt zu den verderblichen Verordnungen nicht anders als durch die Festigkeit einer großen Seele er⸗ klaͤren, die lieber Alles uͤber sich ergehen lassen, als den An⸗ schein haben will, der Furcht nachzugeben. Drei Beschwerden sind es vorzuͤglich, die man gegen Hrn. v. Peyronnet anbringt; erlauben Sie mir, daß ich in wenigen Worten darauf ant⸗ worte. Erstlich will man in dem Zusammentreffen der Ein⸗ berufung der Deputirten mit der Aufloͤsung der Kammer einen den Erstern gelegten Fallstrick erkennen. Ich mag mich bei der Frage, ob auf Voraussetzungen uͤberhaupt ein Werth zu legen sey, nicht laͤnger aufhalten; ich frage aber, ob es nicht leichter gewesen waͤre, sich eines Deputirten in seinem
Berlin, Donnerstag den Tten Oktober
19830.
entfernten Wehnsitze, als mitten in der Hauptstadt, zu bemaͤch⸗ tigen. Die zweite Beschwerde betrifft die von Hrn. v. Pey⸗ ronnet der Kammer vorgelegten Gesetz-⸗Entwuͤrfe. So lange
aber ein solcher Entwurf die gesetzliche Sanction noch nicht
erhalten hat, ist er auch keine Thatsache, die vor den Rich⸗ terstuhl des Gesetzes gehoͤrt, sondern ein bloßer Gedanke; und hat er jene Sanction erhalten, so ist er das Werk der Kammern und kann nicht mehr den Ministern zur Last ge— legt werden. Was drittens die bei Gelegenheit der Wahlen verfügten Absetzungen der Beamten betrifft, so mag man sich späͤterhin das Recht zuerkennen, dergleichen Handlungen strenge zu beurtheilen. Alles haͤngt in solchen Dingen von dem ge⸗ schriebenen Gesetze ober der offentlichen Meinung ab. Die voͤllige Unabhängigkeit der Staatsbeamten kann dereinst zu einem politischen Dogma werden; vor der Hand aber scheint mir wenigstens, daß dieses Dogma nicht besonders von uns geachtet wird. Auch moͤchte die jetzige Regierung sehr unbe⸗ dachtsam handeln, wenn sie die Absetzungs⸗Befugniß als einen Mißbrauch und Eingriff in unsre verfassungsmaͤßigen Rechte be⸗ trachten wollte.“ Als der Redner nach seinem Platze zuruͤckkehrte, hoͤrte man auf der linken Seite mehrere Stimmen rufen: „Lassen Sie uns nicht antworten.“ Auf die Frage des Praͤsidenten, ob Niemand das Wort verlange, erfolgte daher auch das tiefste Schweigen, und der erste oben erwaͤhnte Anklage⸗Punkt, so wie demnäaͤchst auch der zweite, dritte und vierte, wurden mit großer Stimmenmehrheit fuͤr begründet erklaͤrt. Der Namens- Aufruf ergab 286 anwesende Deputirte. Hiervon stimmten 233 für die Anklage und 51 da wider. Jetzt kan de Reihe an Hrn. Chantelguze, zu dessen Gunsten sich Hr. Tar dy vom Loire⸗Dept. in folgender Weise vernehmen ließ: „Meine Herren! Indem Sie beschlossen, daß uͤber jeden der Ex-Minister besonders abgestimmt werden solle, nahmen Sie offenbar die Moͤglichkeit an, daß die Anklage⸗ Punkte nicht für alle Angeklagten dieselben seyn und daß dem zufolge auch Ihre Beschluͤsse Ihrer Ueberzeugung gemäß fuͤr jeden derselben verschieden ausfallen koͤnnten. Sie ha⸗ ben einen Ihrer Kollegen, der seine lebhafte innere Bewe⸗ gung nicht in seinen Busen verschließen konnte und seine Stimme zu Gunsten eines Freundes erhob, an dessen edlen Charakter und ehrenwerthes fruͤheres Leben er, wie ich leb⸗ haft wuͤnsche, Sie nicht vergebens erinnert haben wird, nicht ohne Theilnahme angehoͤrt. Es sey daher auch mir vergoͤnnt, fuͤr denjenigen der vorigen Minister, mit dem Sie sich in diesem verhaͤngnißvollen Augenblicke beschaͤftigen, eini—= ge Worte zu sagen und, mit ihm von den Waͤhlern eines und desselben Departements ernannt, die Pflicht zu erfuͤllen, die mir von meinem Gewissen und von den freundschaftli⸗ chen Verhaͤltnissen vorgeschrieben wird, welche zwischen De— putirten bestehen muͤssen, die mit einander dieselben ortlichen Interessen zu vertreten haben. Erlauben Sie mir, die Ehre des Departements, das uns ernannt hat, aufrecht zu erhalm ten und den Gedanken zuruͤckzuweisen, dasselbe habe in Ihre Mitte einen Verräther seines Vaterlandes schicken konnen. Sie wissen es, m. H., die Absicht, und zwar die Absicht allein, macht das Verbrechen aus. Umsonst sucht diese Ab⸗ sicht, wenn sie eine strafbare ist, sich in der Tiefe des Her⸗ zens zu verbergen; die Vorsehung weiß es stets so zu fuͤgen, daß sie sich selbst verraͤth, und selten laͤßt die goͤttliche Ge⸗ rechtigkeit die Gerichte dieser Erde ohne die zur Faͤllung des Urtheils noͤthigen Beweise. — Ehrgeiz ist die gewohnliche Quelle der Staatsverbrechen. Aber der Mann, der als gu— ter Gatte und liebevoller Vater seine Wuͤnsche auf die ge— setzliche und regelmaͤßige Befoͤrderung beschraͤnkte, die er, seiner Erziehung, seinen Studien und seinen Diensten nach, erwarten durfte; der Mann, dessen Neigungen stets ein fach und maͤßig waren, hatte dadurch seine ö hinlaͤnglich davon uͤberzeugt, daß er von jenem hitzigen ieber frei sey, welches die daran Leiden den antreibt, Alles daran zu setzen,