1830 / 304 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Aufloͤsung der Kammer wird durch die gegenwaͤrtigen Wahlen sehr vereinfacht. Dadurch daß uns das . die aus⸗ geschiedenen Deputirten aufs neue zuschickt, giebt es uns zu verstehen, daß der Augenblick noch nicht gekommen sey, An— dere an deren Stelle zu ernennen. Hinsichtlich des Wahlge— setzes mag man noch den Versuch einer Herabsetzung des Census machen, wobei man jedoch dafuͤr Sorge zu tragen ha— ben wird, daß man die Wahl⸗-Kollegien nicht denjenigen Klas— sen oͤffnet, die dem Einflusse der alten Aristokratie unterwor— fen sind. Bei der Abfassung eines Kommunal-Gesetzes lasse man die Munizipal-Conseils von den Buͤrgern, die Maires aber von dem Koͤnige, nach einer ihm vorgelegten Kandida— ten⸗Liste, waͤhlen. Die National,Garde muß in den Graͤnzen ihrer urspruͤnglichen Institution, d. h. im rein buͤrgerlichen Sinne erhalten werden und demnach uͤberall unter der Lei— tung der Civil-Behoͤrde stehen, deren maͤchtigste Stuͤtze sie ist. Was die Pairswuͤrde anbetrifft, so wird das Gesetz von 1831 viel zu thun haben, um ihren Glanz wiederherzustellen und endlich eine verfassungsmaßige Aristokratie zu begruͤnden, die, von ihrem Entstehen an dem Lande nichts als Vortheile gewaͤhrt. Die Stellung der Justiz-Beamten ist bereits in der Charte festt¶gesetzt, und es bleibt sonach jetzt nichts uͤbrig, als die durch den Tod oder freiwilliges Ausscheiden erledigten Stellen all— maͤlig mit aufgeklaͤrten Maͤnnern zu besetzen. Wir haͤtten jetzt nur noch von den materiellen Interessen zu sprechen, hier wuͤnschen wir eher Freiheit als Unterstuͤtzung. Doch duͤrfen die Monopole nur allmaͤlig und mittelst Ent— schaͤdigung fuͤr wohlerworbene Rechte anfgehoben werden. Ueber solche Grundlagen sollten sich, wie uns daͤucht, ehren— werthe Maͤnner leicht verstaͤndigen koͤnnen. Was die jetzige

Verwaltung ins Verderben stuͤrzt, ist, daß sie eine Menge wichtiger Fragen unentschieden laͤßt; die Unschluͤssigkeit der Regierung erzeugt allein die Unruhe der Gemuͤther, und diese Unruhe ist ein Uebel, das deren tausend andere nach sich zieht. Das neue Ministerium muß sonach seinen Antritt

gleich dadurch bezeichnen, daß es jene Fragen zur Sprache bringt und sie auf eine erwuͤnschte Weise loͤst.“

„Wir begreifen nicht“, äußert dagegen das Mémorial de la Scarpe, „wie die Pariser Blatter auf Anlaß der letzten Pariser Unruhen, Vorfaͤlle, die selbst die schwan— kendste und getheilteste Verwaltung wenigstens fuͤr den Au— genblick befestigen mußten, von einem Ministerwechsel spre— chen koͤnnen. Welcher Monarch wuͤrde so unvorsichtig seyn, sein Ministerium auf das Verlangen derer zu verandern, die er selbst als Anarchisten behandelt hat? Was fuͤr Maͤnner muͤß— ten die Minister seyn, die durch solche Ereignisse nicht ver— einigt wuͤrden? Wer wuͤrde endlich unklug genug seyn, auf einem solchen Wege Minister zu werden, ohne vorauszusehen, daß er in kurzem auf demselben Wege wieder werde abtreten muͤssen? Und am Vorabende der Wahlen, wodurch der Wunsch Frankreichs sich auf gesetzliche Weise kund geben wird, sollte man ein neues Regierungs-System improvisiren und dasjenige mißbilligen, welchem die Stimmen eines

Drittheils von Frankreich neue Kraft verleihen konnen!

Nein, einen solchen Fehler wird man nicht begehen, denn der Koͤnig kann in einem Repraͤsentativ-⸗Staate und bei einer ge— setzlichen Ordnung der Dinge, in welcher er sich seiner Kraft und seiner Pflichten bewußt ist, ein Ministerium wohl nach einer Wahl, aber niemals nach einem Aufstande modificiren. Hat man durch diese Bewegungen auf die Wahl⸗Kollegien in den Provinzen einwirken wollen, so hat man sich groͤblich getaͤuscht. Nichts war, fuͤr uns wenigstens, geeigneter, un— sere Wahl auf gemaͤßigte, den weißen wie den rothen Radi— kalen abgeneigte, Maͤnner zu leiten. Dies wird, wie wir glauben, in den meisten Departements der Fall seyn, und die große Mehrzahl der neuen Deputirten wird die Meinung des linken Centrums, d. h. die des Landes, repraͤsentiren.“ Der Moniteur enthaͤlt einen ausfuͤhrlichen Bericht des Ministers des Innern an den Koͤnig, und in Folge dessen zwei Koͤnigliche Verordnungen vom 19gten d. M., wodurch die Verwaltung der Bruͤcken und Chausseen neu organisirt

und vereinfacht wird. Folgenden ist der Haupt-Inhalt der⸗

selben: „Das . Land soll, wie bisher, in Betreff des Bruͤcken- und Chaussee⸗Baus in 15 Divisionen getheilt blei—⸗ ben, die von den Inspektoren alljaͤhrlich inspicirt werden, jedoch dergestalt, daß immer nur ein Drittheil derselben auf Reisen ist, zwei Drittheile aber an den Sitzungen des Ra— thes fuͤr den Bruͤcken- und Chaussem⸗Bau Theil nehmen. Die General-Inspektoren sowohl, als die Divisions-Inspek— toren, haben ihren Wohnsitz in Paris und koͤnnen denselben nur mit Bewilligung des General-Direktors verlassen. Sie erhalten an Buͤreau-Kosten ein Jeder 1200 Franken und, wenn sie reisen, 8S Franken fur die Poststation und 12 Fran⸗ ken an Diaͤten. Alle uͤbrigen ihnen bisher bewilligt ge—

wesenen Emolumente fallen dagegen fort. Zwischen dem Divisions; Inspektor und dem Ingenieur en Chef wird ein Mittelgrad unter dem Titel eines dirigirenden Inge— nieur en Chef gestiftet, der nur den Ingenieurs erster Klasse nach 20jähriger Dienstzeit bewilligt werden darf. Es kann deren nie mehr als 6 geben. Bei Versetzungen liquidiren die dirigirenden Ingenieurs en Chef 8 Fr. fuͤr die Poststa— tion, die andern Ingenieurs à Fr. und die Eleven 2 Fr. Das General-Conseil der Bruͤcken und Chausseen besteht aus dem General-Direktor als Praͤsidenten, den General- und Divi— sions-Inspektoren, und einem Ingenieur en Chef mit bera— thender Stimme, als Secretair. Die dirigirenden Ingenieurs en Chef und die Direktoren der Hafen-Bauten wohnen, wenn sie in Paris sind, den Sitzungen des Conseils mit einer berathenden Stimme bei. Im Schooße dieses Con— seils werden zwei Kommissionen, die eine fuͤr den Straßen— und Bruͤcken-Bau, die andere fuͤr die Schifffahrt gebildet. Sie versammeln sich woͤchentlich einmal, insofern von dem General-Direktor keine außerordentliche Sitzung angesagt wird. In Folge dieser Bestimmungen werden 2 General— Inspektoren, 7 Divisions-Inspektoren, 3 Ingenieurs en Chef und 1 Adjunkt pensionirt, 2 Divisions-Inspektoren, die Her— ren Dutens und Bérigny, zu General-Inspektoren, 10 In— genieurs en Chef zu Divisions-Inspektoren und 6 gewoͤhn— liche Ingenieurs zu Ingenieurs en Chef ernannt.“

Gestern Mittag fand auf dem Marsfelde die angekuͤn— digte Musterung von 9 Legionen der National-Garde durch den General Lafayette statt.

Mittelst einer im heute erschienenen Gesetz-Buͤlletin be— kannt gemachten Koͤnigl. Verordnung vom 18. September wird die Bildung eines vierten Bataillons bei den Linien— Regimentern befohlen, wodurch dieselben 3000 Mann an Unter-Offizieren und Gemeinen stark werden.

Die Ankunft des General Lamarque in Angers hat in der dortigen Gegend Besorgnisse erregt, welche das Jour— nal des Débats als ungegruͤndet darzustellen bemüht ist. „Die Sendung des General Lamarque in die westlichen De— partements“, sagt dieses Blatt, „die schon seit mehreren Mo— naten unter seinem Ober-Befehl stehen, ist durchaus friedli— cher Natur. Er soll im Namen der Regierung dem Lande Schutz fuͤr den Kultus und Achtung fuͤr die Freiheit der Per— sonen und Meinungen verbuͤrgen, insoweit die Aeußerung der letztern nicht die oͤffentliche Ordnung zu stoͤren droht. Er soll Vergessenheit fruͤherer Zwistigkeiten und die Absicht verkuͤn— den, die Spuren derselben durch eine gerechte und wohlwol— lende Verwaltung zu verwischen. Er soll den Mitgliedern des Klerus, welche sich auf den Kreis der durch das Evan— gelium vorgezeichneten Pflichten beschraͤnken, den Beistand der Regierung zusichern und die Strenge der Gesetze nur gegen diejenigen Individuen, sie moͤgen nun Laien oder Priester seyn, in Anspruch nehmen, welche ihren Einfluß auf das Volk etwa mißbrauchen mochten, um es zur Widersetzlichkeit gegen die mit der Vollziehung der Gesetze beauftragte Be— hoͤrde anzureizen.“

Das in Angers erscheinende Journal de Maine et Loire erklart die Geruͤchte von aufruͤhrerischen Bewegungen in der Vendée fuͤr ungegruͤndet; es versichert, nicht 20 Sol— daten von der Garde Karls X. seyen in dieser Provinz vor— handen, obgleich mehrere Blaͤtter die Zahl derselben auf 2000 Mann angegeben haͤtten.

Auf den Antrag des Ministers des Innern werden im Sitzungs-Saale der Deputirten⸗Kammer mehrere Verschoͤne⸗ rungen vorgenommen werden. Die zwei großen Nischen der Hinterwand des Saales sollen durch zwei 75 Fuß hohe allegorische Statuen, die Freiheit und die öffentliche Ordnung, als die beiden Grundgedanken der Verfassung, darstellend, geschmuͤckt und unter der Statur der Freiheit ein Basrelief, die Ankunft des Herzogs von Orleans auf dem Stadthause vorstellend, angebracht werden. Auf dem Gesims der Nischen sollen vier 53 Fuß hohe Figuren aufgestellt werden, von denen zwei, mit der Statue der Freiheit in Verbindung stehend, die Kraft und die Gerechtigkeit, und die beiden andern sich auf die oͤffentliche Ordnung beziehenden den Frieden und die oͤffentliche Wohlfahrt darstellen werden. Der naͤchste Zweck die⸗ ser Verschoͤnerungen ist, ausgezeichneten Kuͤnstlern Beschaͤf—⸗ tigung zu geben.

Die Regierung hat eine Untersuchung in Betreff der vielen Feuersbruͤnste einleiten lassen, welche einen Theil von Frankreich heimgesucht haben. Die General-Prokuratoren bei den verschiedenen Gerichtshoͤfen sind beauftragt, die Ma— terialien dazu zu sammeln und sie ungesaͤumt dem Justiz⸗ Minister einzusenden.

Das Memorial des Pyrenses enthält in einem Schreiben aus Pau vom 19. Okt. nachstehende Details uͤber

das Einruͤcken der Spanischen Fluͤchtlinge in Spanien: „Die ausgewanderten Spanier haben sich endlich entschlos— sen, ihr gefaͤhrliches Unternehmen auszufuͤhren. Die letzte telegraphische Depesche, welche die Zerstreuung aller an der Graͤnze gebildeten Haufen anordnete, hat nicht wenig zu die— sem Entschluß beigetragen. Mehrere Franzoͤsische Freiwillige haben Paͤsse genommen, um in ihre Heimath zuruͤckzukehren. Oberst Valdes ruͤckte an der Spitze von 400 Mann am 14. um 11 Uhr Morgens durch das Dorf Urdache in Spanien ein. Alle waren unbewaffnet bis an die aͤußerste Graͤnze vorgegangen. Hier oͤffnete man die Kasten und vertheilte die Waffen. Mit dem Rufe: Es lebe die Verfassung! wurde das Spanische Gebiet betreten. Eine Menge von Einwoh— nern begab sich auf den Weg, welchen Oberst Valdes kam, wiederholte denselben Ruf und beeilte sich, den Truppen Vor— raͤthe aller Art zu bringen. Am 15ten ist Valdes in Zugar— ramurdi eingeruͤckt. Dieser Punkt, so wie Urdache, wa— ren von den Milizen geraͤumt worden, die sich in ziemlich starker Anzahl in Vera und San --Esteban befanden. Beide Stellungen sind von der der Consti— tutionnellen nur wenig entfernt. So weit gehen die zuver— laͤssigen Nachrichten. Umlaufenden Geruͤchten zufolge, haben die Constitutionnellen sich Vera's bemächtigt und marschirten gestern auf Irun. Ein ganzes Regiment und 209 Zoll⸗-Sol— daten sollen mit dem Rufe: Die Freiheit lebe! zu ihnen uͤbergegangen und ein Kloster mit einer Contribution von 200,000 Fr. belegt worden seyn. Diese Nachrichten beduͤr— fen indeß der Bestaͤtigung. General Vigo ist, nachdem er Valdes bis nach Urdache begleitet, mit dem Obersten Cagnelo auf der Post hierher zuruͤckgekommen. Fast alle in der hie— sigen Umgegend liegenden Detaschements hatten sich bereits, nach St. Jean-Pied-de-Port zu, nach der Graͤnze hinge— zogen. Die Beschlagnahme von 140 Patrontaschen, zu wel— cher die Französische Behörde in der Wohnung Vigo s ge— schritten war, hat ihm einen großen Strich durch seine Pläne gemacht. Die National-Garde von Monein hat sogar ein vom Obersten Cagnelo gefuͤhrtes Detaschement Spanier an— gegriffen. Dieser mußte in ein Gehoͤlz entfléehen, hier die Waffen vertheilen und auf Nebenwegen die Graͤnze zu ge— winnen suchen. General Vigo ist mit seinem Adjutanten und einem Obersten, wahrscheinlich Pablo, von hier abgereist; er wendet sich nach Tardets. Das aus Stndenten und Kuͤnst— lern bestehende heilige Corps hatte bereits fruher dieselbe Rich tung eingeschlagen. Sie hoffen, Jacca ohne Flintenschuß einzunehmen. Nachschrift. So eben hoͤren wir, ein Reisender habe die Nachricht uͤberbracht, daß 100 Mann von der Garnison von Pampelona mit ihren Offizieren auf das Franzoͤsische Gebiet uͤbergegangen seyen, um sich mit den Con— stitutionnellen zu verbinden.“ J

Die ganze suͤdliche Graͤnzlinie ist mit Franzoͤsischen Trup— pen besetzt, die Befehl haben, die Bewegungen der Spani— schen Fluͤchtlinge zu beobachteu und alle diejenigen, welche zu— ruͤckgeworfen werden und das Franzoͤsische Gebiet wieder zu betreten versuchen moͤchten, zu entwaffnen.

In einem Schreiben aus Bayonne vom 20sten d. M.

meldet man: „Alle Spanier, die sich in hiesiger Gegend be— fanden, sind jetzt auf Spanischem Gebiete, mit Ausnahme der Mitglieder der provisorischen Regierungs-Kommission. Mina hat bei seiner Ankunft in Spanien einen Tages befehl erlassen, wonach Jeder, der sich einen Diebstahl zu Schulden kommen laͤßt, sogleich erschossen werden soll. Dieser Befehl ist bereits an Mehreren vollzogen worden. Auch hat er al— les schlechte Gesindel ausrangirt und hierher zuruͤckgeschickt. Juan Romero Alpuente, ehemaliger Deputirter bei den Kor— tes, hat in einer Proclamation die Arragonier aufgefordert, auf die Seite der Insurgenten zu treten.“ Seit einigen Tagen suchen einige Spanier, von einem Franzosen als Dolmetscher begleitet, unter den hiesigen Ar— beitern Rekruten fuͤr das Heer der Insurgenten zu werben. Es haben sich auch bereits 90 anwerben lassen und werden morgen nach der Spanischen Graͤnze abgehen.

Im Departement des Calvados haben an mehreren Punkten die Feuersbruͤnste aufs neue begonnen.

Aus Toulon schreibt man unterm 18ten d. M.: „Das 5 Handlungshaus, Paulet Roux, hat mit 560, 000 r. fallirt.“

General Tiburtius Sebastiani ist von Paris in Toulon

angekommen, um sich mit dem naͤchsten Dampfboote nach

Korsika zu begeben.

Vor kurzem sind in Calais mehrere fuͤr die Haͤuser Laffitte und Rothschild bestimmte Kisten mit Gold- und Sil— berbarren von London angekommen und befinden sich auf dem Wege hierher. ;

Der Messager des Chambres aͤußert: „Nach aus—⸗

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fuͤhrlichen uns von Algier zugekommenen Details uͤber die Nachforschungen der Untersuchungs-Kommission scheint es er— wiesen, daß von dem Schatze in der Kassaubah nichts unter— schlagen worden ist, und daß es selbst physisch fast unmoͤglich war, eine nur irgend bedeutende Summe davon zu entwen— den. Anders war es mit den Privat-Schaͤtzen des Dey und der uͤbrigen vornehmen Tuͤrken, welche sich nach Maaßgabe der Summen, die man ihnen mitzunehmen erlaubte, loskau— fen mußten. Auf diese indirekten Beraubungen hat die Un— tersuchungs-Kommission jetzt ihr Augenmerk zu richten und die Bedruͤcker ans Tageslicht zu ziehen.“

Herr Hericart de Thury, bisheriger Direktor der oͤffent— lichen Bauten der Stadt Paris, hat seinen Abschied erhal— ten, und soll fuͤr die Zukunft dieser Verwaltungszweig mit den Buͤreaus der Präfektur des Seine-Departements ver⸗— einigt werden.

Die Bauten im kleinen Luxembourg naͤhern sich ihrem Ende. Die fuͤr die vorigen Minister bestimmten Zimmer sind fertig. Die Kamine sind vermauert und fuͤr die Hei— zung der Zimmer Hefen erbaut worden.

Großbritanien und Irland.

Parlaments-Verhandlungen. Beide Haͤuser wa— ren am 26. Oktober zum erstenmale versammelt. Im Ober— hause erschien um W Uhr Nachmittags der Lord-Kanzler, begleitet von den Koͤnigl. Kommissarien, Grafen Bathurst, Lord Roßlyn, Herzog von Buckingham und Erzbischof von Canterbury. Nachdem die Mitglieder des Unterhau— ses, auf die an sie ergangene Einladung, sich ebenfalls im Oberhause eingefunden hatten, forderte sie der Lor d-Kanz— ler auf, dem Willen des Koͤnigs gemaͤß, zur Wahl eines Sprechers zu schreiten und das Resultat ihrer Wahl am morgenden Tage dem Koöͤnige vorzulegen. Im Unter— hause, wo bereits fruͤher in der langen Gallerie der Lord— Stewart mehreren Mitgliedern den Eid abgenommen hatte, schritt man, nach der im Oberhause empfangenen Botschaft, zur Wahl des Sprechers, die neuerdings, und zwar ein— stimmig, auf Hrn. C. Manners Sutton fiel. Sir Rob. Peel trug sodann auf die Vertagung des Hauses an, wel— chem Antrage, den Hr. Brougham unterstuͤtzte, Folge ge— geben wurde.

London, 26. Okt. JJ. Majestaͤten sind gestern mit dem Prinzen George von Cumberland von Brighton hier eingetroffen; gleich nach deren Ankunft stattete der Herzog von Cumberland dem Koͤnige einen Besuch ab.

JJ. Koͤnigl. Hoheiten die Herzogin von Kent und die Prinzessin Victoria, mit Gefolge, langten vor einigen Tagen aus Malvern in Bath an.

In den letzten drei Tagen ist wiederholentlich Kabinets— Rath gehalten worden; jede Sitzung dauerte zwei bis drei Stunden.

Ihre Majestät haben aus der Seiden-Manufaktur in Spitalfields Proben von den kostbarsten Seidenstoffen ver— langt, um sich aus einem derselben ihren bei dem bevorstehenden großen Feste zu tragenden Anzug verfertigen zu lassen; diese Maaßregel hat unter den armen Webern die groͤßte Freude verbreitet, weil sie hoffen, daß das von der Koͤnigin gegebene Beispiel die guͤnstigsten Folgen fuͤr sie haben werde.

In Lewes (Grafschaft Sussex), wohin J. J. Maje— staͤten neulich von Brighton aus eine Spazierfahrt machten, wurden sie auf das feierlichste und herzlichste empfangen und mit einem glänzenden Dejeuner bewirthet. In Beantwor⸗ tung einer bei dieser Gelegenheit an den Konig gerichteten Anrede äußerten Se. Maj., es sey allerdings daß Lewes seit 600 Jahren keinen Besuch von einem Engli— schen Koͤnige erhalten a zugleich fuͤgten Se. Maj. hinzu, daß Ihr verewigter Bruder den Ort gewiß besucht haben wuͤrde, wenn er nicht durch seinen uͤblen Gesundheits-Zustand davon abgehalten worden wäre. Im Laufe der Rede gab der Konig seine Absicht zu erkennen, jahrlich eine geraume Zeit in Sussex zuzubringen, und erwaͤhnte dabei eines von ihm ertheilten Beser n, dem zufolge die Miliz dieser Grafschaft künftig den Namen Koͤnigliche Sussex-Miliz fuͤhren solle. Nach einigen Bemerkungen uͤber den bluͤhenden Ackerbau der Grafschaft tranken Seine Majestaͤt auf das Wohl der Einwohner von Sussex und der anwesenden Notabeln von Lewes. Nach einer kurzen Pause nahm der Koͤnig (dem Courier zufolge) wieder das Wort und sagte: „Sie haben auf das Wohl Ihrer Majestàt getrunken. Als ich Ihnen fuͤr den mir gebrachten Toast dankte, that ich es auch fuͤr die Koͤnigin. Unter den vielen guͤnstigen Umstaͤnden, die meine Thronbesteigung begleiteten, ist keiner, der so sehr mei⸗ ne Dankbarkeit gegen die Vorsehung in Anspruch nimmt, als