1830 / 311 p. 5 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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hoch anrechnen wird. Der Fuͤrst Talleyrand soll sich das An⸗ s sehen eines Rathsbeduͤrftigen und sich Rathes Erholenden ben und durch dieses Benehmen dem Herzog, der wie be— 66 keine Superioritaͤt dulden kann, schmeicheln. So hat er fi das Vertrauen des Englischen Kabinets erworben, und

einer Geschicklichkeit duͤrfte es die neue Franzoͤsische Regie⸗

rung zu danken haben, wenn man sie bald völlig die Stel⸗ lung der vorigen einnehmen und sie im Genusse aller Vor⸗ theile sieht, welche die Vertraͤge von 1814, 1815 und 1817 dem alten Frankreich zugestanden haben. Ob Fuͤrst Talley⸗ rand aber spaͤter, und besonders bei Loͤsung der Algierischen Frage, die, beilaͤusig gesagt, den Englaͤndern nicht minder als die Belgische am Herzen liegt, sich so willfahrig zeigen, oder ob er nicht einen andern Ton anstimmen wird, scheint zwei— felhaft. Zwar hat Fuͤrst Talleyrand die Zuruͤckberufung ei— nes Theiss der Occupationsarmee zu bewirken versprochen und giebt dieses schon fuͤr eine große Konzession aus. In, dessen ist es, beim Lichte betrachtet, nichts Anderes als eine Erleichterung fuͤr Frankreich, ohne dessen etwanige weitere Absichten im geringsten zu gefährden. Auf jeden Fall gewinnt faͤr den Augenblick die persönliche Lage des Herzogs bei die— fer Intimität, indem er dem Parlamente einige beruhigende Versicherungen geben und die Hoffnung einer Räumung des Algierischen Gebietes durchschimmern lassen kann, wenn dieser Gegenstand in der naͤchsten Sitznng zur ernstlichen Diskussion kommt. Dadurch wurde das Ministerium wenig- stens aus einem Theile seiner sonstigen Verlegenheit gezogen.“

Niet er lande.

Aus dem Haag, 3. Nov. In der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten hat man das Gesetz zur Bestrafung von Aufruhr-Versuchen in den nördlichen Provinzen in Berathung gezogen, und ist dasselbe, nachdem 15 Mitglieder, so wie die Minister der Justiz und des Innern, sich daruͤber hatten vernehmen lassen, mit 9 ge— gen 8 Stimmen angenommen worden.

Die Staats-Tourant berichtet uͤber die den neueren Gefechten (Vergl. Middelburg) in Zeelaͤndisch Flandern vor— angegangenen Ereignisse, daß Oberst- Lieutenant Ledel, dessen Truppen anfangs nur 150 Mann stark waren, die bis Sluis vorgedrungenen Insurgenten saͤmmtlich wurde zu Gefangenen gemacht haben, wenn es diesen nicht, nachdem sie 3 Todte und mehrere Verwundete verloren hatten, gelungen ware, mit Huͤlfe eines Bauern, Namens Mabezone, nach West⸗ Capelse zu entkommen; dieser Bauer sey jedoch dafuͤr verdien⸗ termaßen bestraft worden. Die Einwohner dieses Theils von Zeeland sind abrigens zum größtem Theile vom besten Geiste deseelt. So hat man in Terneuzen, nachdem die Insargen⸗ ten sich zuruͤckgtzogen hatten, aus eigener Bewegung einen Flamänder, Namens van Hercke, der jenen huͤlfreiche Hand geleistet haben soll, festgenommen und nach Goes gebracht.

Eben dieses Blatt meldet auch: „Berichten aus Bergen op Zoom zufolge, waren daselbst alle im dortigen

afen liegenden Transportschiffe im Auftrage des General

hassé fuͤr die Regierung gemiethet worden, um nach Ant⸗ werpen abzugehen und daselbst den uͤberzähligen Theil der in der Citadelle befindlichen Truppen aufzunehmen. dieser Mannschaften war damals bereits ansgeruͤckt, wie dies auch aus einem aus dem Fort Bath vom 30sten Okt, datir⸗ ten Bericht des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar hervorgeht, worin es unter Anderm heißt, daß derselbe dort mit einer Anzahl Truppen der ersten und zweiten Division angekommen sey. Der groͤßte Theil der aus der Citadelle von Antwerpen zuruͤckkehrenden Truppen wird sich zu dem unter dem Befehle des General⸗Lieutenant van Geen stehen— ben Armee⸗Corps verfugen. Es ist ubrigens der Abzug der— selben aus der Citadelle keinesweges als ein Verlust fuͤr den General⸗Lieutenant Chasse ,, denn dieser Befehlsha⸗ ber behaͤlt eine hinreichende Macht bei sich, um sich in der von ihm besetzten Citadelle auch fernerhin halten zu können. Die hier und dort verbreiteten Geruͤchte, als habe der Gene— ral Chasse Befehl erhalten, die Stadt Antwerpen in keinem Falle mehr zu beschießen, sind gaͤnzlich ungegruͤndet und kön⸗ nen hiermit auf das buͤndigste widerlegt werden.“

Der die Flotte vor Antwerpen befehligende Contre-Ad⸗ miral Lucas ist, dem Vernehmen nach, zum Ober⸗Befehlsha⸗ ber der bewaffneten Macht auf den Stroͤmen und Fluͤssen ernannt worden.

Durch einen Koͤnigl. Beschluß sind die Anstalten ange— geben, welche getroffen werden sollen, um auch das erste Auf— 6a. der nicht dienstthuenden (rustenden) Schuttereien zu—

ammenzuberufen. Von allen Seiten stellen sich fortwährend Freiwillige und gehen auch bestaͤndig sehr bedeutende Geschenke an baarem Gelde sowohl als an Kriegsbeduͤrfnissen ein.

Ein Theil

Unter der Ueberschrift: „Die beiden Kongresse“, enthaͤlt das Journal de la Haye in einem der letzten Blatter einen Aufsatz, worin es unter Anderm heißt: „Zwei Kon— gresse ziehen in diesem Augenblicke die Aufmerksamkeit der Bewohner des Koͤnigreichs der Niederlande auf sich, je nach⸗ dem diese dem Norden oder dem Suͤden dieses Koͤnigreichs angehören. Der erste jener Kongresse ist die National-Ver⸗ sammlung, die von der Belgischen provisorischen Regierung in Bruͤssei zusammenberufen worden ist, und welcher gegen⸗ uͤber diese Regierung wahrscheinlich nicht lange Stand halten wird. Der andere eigentliche Kongreß ist der der fremden Maͤchte, deren Gesandte, wie man sagt, im Haag (? zu— sammentreten werden. Von der Entscheidung dieses Euro—⸗ paͤischen Kongresses haͤngt schließlich unser Heil oder unser Untergang ab. Untersuchen wir, womit beide politische Ver sammlungen sich beschaäftigen durften. Einerseits werden die Gesandten der großen Maͤchte zu pruͤfen haben, ob es rath— sam sey, im Angesicht Europa's einzuraͤumen, daß die ver fas⸗ sungsmäßigen Monarchieen nichts als ein Traum seyen. In der That, wird die Bruͤsseler Revolution als rechtmäßig be— funden, so steht unwiderruflich fest, daß das Prinzip der Erb⸗ lichkeit in allen Landern vernichtet ist, und daß es keine an— dere Souverainetaͤt, als die des Volkes giebt, das seinen Herrscher, wann und so oft es will, wechseln kann. Man laͤsse diesen Grundsatz jetzt in Betreff Belgiens gelten, und das ausgestreute Saamenkorn wird im naͤchsten Jahre gewiß seine Fruͤchte tragen. Es handelt sich diesmal Um ein weit hoͤheres Interesse, als alle bisherige; es gilt Le⸗ ben oder Tod. Die Voͤlker verlangen nach Ordnung, Frie— den und Ruhe, und wenn sie an dem Koͤnigthum haͤngen, so liegt der Grund darin, daß diefes ihnen alle diese Dinge verbuͤrgt hat; sie betrachten die Monarchie als einen sicheren Hafen gegen politische Stuͤrme. Ist daher eine Insurrection aus— gebrochen, so darf man nicht durch unzeitiges Temporisiren dazu beitragen, daß sie um sich greife und sich konsolidire. Bei dem bevorstehenden Kongresse kann nicht blos die Rede da— von seyn, dem Koͤnige der Niederlande und seinem Volke einen Dienst zu leisten; man muß dem Strome der Revolu— tionen uͤberhaupt einen Damm entgegensetzen, wozu es in

einigen Monaten vielleicht zu spaͤt seyn mochte. Anderer⸗

seits wird in Bruͤssel ein National-Kongreß eröffnet werden, wo alle Fragen, die dem gesellschaftlichen Gebaͤude als Grund⸗ lage dienen, zur Sprache kommen werden. Alles, was der Jakobinismus Schmutziges und Ekelhaftes darbietet, Alles, was die hochtrabendste Üeberspannung, der stupideste Duͤnkel in einigen Individuen zusammenzuhaͤufen vermag, wird Bruͤssel bezaubern und Europa erbauen. Hier werden alle Monarchen zu Tyrannen, die Frechheit zur Freiheit, Mord und Plünderung zur Gerechtigkeit, das Reich des niedrigsten Gesindels zur rechtmaͤßigen Souverainität gestempelt. Dies ist der Zustand, den der noͤrdliche und suͤdliche Theil des Reichs darbietet. Mittlerweile zeigt sich eine allgemeine Ent— muthigung, die Zukuuft stellt sich in den duͤstersten Farben dar, und nur mit Entsetzen kann man an sie denken.“

Gleichsam als ein Gegenstuͤck zu diesen ernsten Betrachtun⸗ gen liefert das ob gedachte Blatt die nach stehende hoͤchst lau⸗ nige geschichtliche Zusammenstellung: „Ich befand mich“, er— zaͤhlt der Verfasser, „zu Anfang des Jahres 1824 in Flo⸗ renz. Gleich am Tage nach meiner Ankunft wurde ich, als kaum die Sonne aufgegangen war, von der herzzerschneidendsten Musik aus dem Schlafe geweckt, die je ein menschliches Ohr beleidigt hat. Ich sprang sogleich aus dem Bette und wurde unter meinem Fenster eine Schaar halb zeriumpter Kinder gewahr, die freudig und laͤrmend einen Halbkreis um einen

jungen Taugenichts bildeten, den sie, wie es schien, durch ih—

ren entsetzlichen Ohrenschmaus ehren wollten. Dazwischen erscholl der wiederholte Ruf: Viva'l re dei monelli! (Es lebe der Koͤnig der Straßenbuben!) Und der angebliche Koͤnig warf sich in die Brust und verneigte sich gegen die Menge mit komischer Wuͤrde. Bald erfuhr ich, daß unter dem ge— meinsten Pöbel von Florenz die Sitte herrsche, sich alljaͤhrlich an diesem Tage es war der San Romolo⸗Tag einen König zu wahlen und demselben 24 Stunden lang puͤnktlich zu gehorchen, nach Verlauf welcher Frist der gekrönte Held nothgedrun⸗ gen abdanken muͤsse, um wieder zu werden, was seine Unterthanen waren ein Taugenichts. er Neugier wegen verließ ich mein Zimmer und mischte mich unter die Hofleute des ein, tägigen Monarchen, der hierauf die Zahl seiner Getreuen e und, nachdem er sich mit einer ziemlich schmutzigen Ew rp geschmuͤckt, seine Befehle zu ertheilen begann. Es würde mich zu weit fuͤhren, wenn ich all die spaßhaften

Streiche erzaͤhlen wollte, die dieses sonderbars Fest verherr⸗

Beilage

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2403 Beilage zur Allgemeinen Preußischen Staats-Zeitung Æ 311.

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lichten die ausgelassene Freude des kleinen Voͤlkchens, die Duldsamkeit und Gutmuͤthigkeit der Voruͤbergehenden, endlich das possierliche Wesen des gekroͤnten Helden selbst, der sich gewisse herablassende Manieren und eine Wuͤrde anzueignen wußte, woruͤber man sich haͤtte zu Tode lachen moͤgen. Mit der Abdication des re dei monelli, verließ auch ich wieder Florenz, besah Rom, Neapel und ganz Italien, besuchte die Schweiz, Frankreich, und gelangte endlich nach Bruͤssel, das ich bereits seit mehrern Jahren bewohnte, als ich daselbst gegen Ende August d. J. Zeuge einer Revolution war, deren Grund die Einwohner selbst nicht kannten und erst acht Tage spaͤter erfuhren. Ich hielt mich vom Schauplatze der Begebenhei⸗ ten fern. Eines Tages aber, als nach einem blutigen Gefechte die Koͤnigl. Truppen die Stadt geraͤumt hatten, war ich doch begierig, die Helden-Armee zu sehen, die so eben von einem Spant, schen? Generale gemustert ward. Ich machte mich daher auf den Weg. Als ich dem Schauplatze mich näherte, hoͤrte ich ein dumpfes verworrenes Geschrei und gewahrte bald einen undisciplinirten Troß, ihm voraus eine schlechte Musik, an dessen Spitze Don Juan van Halen einen kleinen Mann salutirte, dessen Gesicht mir auffiel. Sein ganzes Aeußere, sein Benehmen, die Schärpe, die ihn zierte, und die komische Wichtigkeit, die er sich zu geben wußte, riefen mir plotzlich eine frühere Scene ins Gebaͤchtniß zuruck. Florenz! rief ich unwillkuͤhrlich, und der kleine König der Straßenbuben ver— gegenwaͤrtigte sich mir. Es war dieselbe Ceremonie, eine Armee von gleichem Schlage, ein eben so wuͤrdiger Chef. Da ich fremd war, so erlaubte ich mir die Frage, wie man denn diesen Belgischen Fuͤrsten nenne. „Es ist kein Fuͤrst,“, erhielt ich zur Antwort, „er ist blos vom Volke gewaͤhlt; wir haben ihn gewahlt.“ Ganz richtig, dachte ich bei mir, gerade wie mein Koͤnig von Florenz. „Und wie heißt denn Ihr Auserwaͤhlter?“ fragte ich weiter. „De Potter“, war die Antwort, und der Name war mir bekannt. Ich hatte von einem Schriftsteller dieses Namens gehort, der die Kirche fuͤrchter⸗ lich angefeindet hatte. Indessen konnte dies wohl nicht der— selbe seyn, da sich unter dem Poͤbel mehrere Geistlichen befan⸗ den, die, lauter als alle Andern, riesen: Es lebe Potter! Wer indessen auch der Fremdling seyn mochte, die Aehnlichkeit dieser Scene mit derjenigen, die ich in Florenz erlebt, war so groß, daß ich mich nicht enthalten konnte, laut zu rufen: das ist der leibhaftige Koͤnig der Monelli! Straßenbuben

hätte ich mich wohl gehuͤtet zu sagen. Die Umstehenden

glaubten jetzt, daß die Monellis irgend ein fremdes Volk . und nahmen mein Gleichniß mit vielem Wohlgefal— len auf.“

Aus dem Haag, 2. Nov. Der Prinz von Oranien ist heute fruͤh nach London abgereist; die Grafen von Limburg-Styrum, von Crucquemburg und Du Mon— ceau, Adjutanten Sr. Koͤnigl. Hoheit, so wie auch Herr Engler, Offizier der Buͤrgergarde, sind in seinem Gefolge. Der Prinz uͤberbringt Sr. Britischen Majestaͤt ein Schrei⸗ ben des Koͤnigs seines Durchlauchtigen Vaters. Gestern kamen hier zwei Deputirte aus Antwerpen an, um den Koͤ— nig zu bitten, ihre Stadt vor einem zweiten Bombardement zu verschonen; sie erhielten zur Antwort, daß dies vom Be— hehmen der Antwerpener Buͤrger und der Insurgenten ab— hinge, und daß General Chassé hiernach sein Betragen und seine Maaßregeln richten wuͤrde. In Amsterdam steigert sich noch immer der Enthusiasmus fuͤr die Sache des Koͤnigs. Der Redacteur des Allgemeinen Handelsblattes ist wegen

eines in sein Blatt eingeruͤckten Artikels, nach welchem die

Insurgenten bereits gegen Breda und Bergen op Zoom im Marsch seyen, . aus einem Kaffeehause und Tages darauf von der Börse geworfen worden. Ohne Zuthun der Polizei wäre er noch viel schlechter davongekommen, indem das Volk sich bereits seiner bemaͤchtigt hatte. Man hofft, daß der den Generalstaaten vorgelegte Gesetz-Vorschlag zur Hülfe der Finanzen, von welchem die heutige Staats⸗Cou⸗ rant das Naͤhere enthaͤlt,“) durchgehen wird, besonders wenn die Erklaäͤrung gegeben wurde, daß die Zinsen der wirklichen Schuld ba ar ausgezahlt werden sollen. Der Herzog von Sachsen-Weimar ist mit 3090 Mann gluͤcklich aus der Citadelle von Antwerpen ausmarschirt und in Baz am andern Ufer der Schelde angelangt, wodurch der General Chassé Lebensmittel genug fuͤr die uͤbrige Garnison der Cita—

) Vergl. die gestern gegebenen Nachrichten aus dem Haag.

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delle behaͤlt und zugleich disponible Truppen zur Vertheidi— gung des bedrohten Nord-⸗Brabants gewonnen sind. Rotterdam. 3. Nov. Gestern Mittag ist Se. Köoͤ⸗ nigl. Hoheit der Prinz von Oranien mit einem Englischen Dampfschiffe von hier nach London abgegangen. Se. Koͤ⸗ nigl. Hoheit war beim Abschiede sehr gerührt und hat den Wunsch zu erkennen gegeben, Holland bald in bessern Zeiten wieder zu sehen.

In Gorkum hoͤrte man gestern von des Morgens 8 Uhr bis zum Nachmittage einen sehr starken Kanonen-Donner, und glaubte man der Richtung des Windes nach schließen zu durfen, daß der Schall von Antwerpen herkomme.

Middelburg, 1. Nov. Die hiesige Zeitung ent⸗ haͤlt nachstehenden Kriegsbericht: „Am 27. und 28. Oktober haben ungefaͤhr 100 Mann Belgische Aufruͤhrer die Stadt Sluis auf eine kurze Zeit besucht, ohne indessen Contribution zu fordern. Sie kamen von da in dem nahe gelegenen St. Anna Ter-Muyden an, wo sie die Brabanter Fahne auf dem Thurme aufsteckten und sich da einquartierten; indessen wur— den sie am 29sten durch unsere uͤber Sluis angekommenen Truppen angegriffen und vertrieben; diese holten die Bra— banter Fahne wieder von dem Thurm und kamen damit nach Sluis, wo sie mit Enthusiasmus von den Einwohnern em— pfangen wurden. Bald nachher gingen die Truppen wie⸗ der nach Oostburg, indem man in Erfahrung brachte, daß die Aufruͤhrer einen Angriff auf diesen Ort machen wuͤrden. Dieses hat sich denn auch so ereignet. Gestern Mittag gegen 12 Uhr hatte hier ein Gefecht zwischen unsern Truppen und den Aufruͤhrern statt, wobei letztere mit einem großen Ver— lust zurückgeschlagen wurden. Da ungefahr 1000 Mann der Aufruͤhrer mit einer Kanone auf der Route von Sluis nach DOostburg vorgeruͤckt waren, fanden sie an der Barriere, wo ungefahr 50 Mann standen, Widerstand, und es kam zum Gefecht. Der Oberst-Lieutenant Ledel, welcher die Trup— pen kommandirte, ließ darauf eine falsche Retraite machen, wodurch die Aufruͤhrer in die Stadt gelockt wurden; die uͤbrige Infanterie, welche in einer Seitenstraße verborgen war, mächte darauf einen Ausfall, welcher ein heftiges Ge⸗ fecht zur Folge hatte, wobei die Aufruͤhrer mit einem großen Verlust an Hd und Verwundeten in die Flucht gejagt wurden; auch haben sie einige Gefangene verloren. Von un⸗— serer Seite sind 2 getoͤdtet und 11 verwundet worden, unter letzteren der Capitain Groeneveld. Zufolge der letzt erhal⸗ tenen Nachrichten ist die Kanone und der Munitionswagen der Aufruͤhrer in unsere Haͤnde gefallen. Die Buͤrger von Oostburg haben bei diesem Ausfall aufs neue tapfere Huͤlfe geleistet. Wir hoffen, Gelegenheit zu haben, die Na⸗ men der Buͤrger und Militairs, welche sich bei dieser Gele— genheit ausgezeichnet haben, bekannt zu machen.“

Antwerpen, 1. Nov. Die Herren Ch. Rogier und Graf v. Robiano haben neuerdings eine Proclamation an die hiesigen Einwohner erlassen, in der sie sich dahin aus— sprechen, daß unbezweifelt der Befehlshaber der Citadelle sehr bald vom Haag aus die Ordre erhalten werde, dieselbe zu raͤumen, weil sonst das erbitterte Belgien eine furchtbare Rache an den Hollaͤndischen Provinzen nehmen wuͤrde. „Die⸗ ser Zustand der Dinge“, so fahren die genannten Herren fort, „scheint von der Art zu seyn, daß dadurch die uͤbertrie⸗ bene ünruhe beseitigt werden kann, die ein großer Theil der hiesigen Einwohner an den Tag legt, und die zu einer Aus⸗ wanderung Anlaß giebt, welcher man sehr bald ein Ziel zu setzen wuͤnschen muß. Diejenigen, die, vor einem Schrecken zuruͤckbebend, der noch in diesem Augenblicke durch nichts ge⸗ rechtfertigt erscheint, ihr Domizil und ihr Besitzthum verlas⸗ sen, setzen dieses freiwillig einem Schaden aus, dessen Aus⸗ dehnung bei der unter den gegenwaͤrtigen Umstaͤnden herr⸗ schenden Aufregung nicht zu berechnen ist. Strenge Maaß⸗ regeln sind genommen worden, um zu verhindern, daß keine Provocation, keine Unklugheit von der Seite einzel⸗ ner Individuen zu einer Ruͤckkehr von Feindseligkeiten Anlaß geben, deren Folgen so beklagenswerth gewesen sind. Einwohner von Antwerpen, verbannt eine Furcht, die in ih⸗ rer Uebertreibung fast eben so ungluͤckselig ist, als es das Ue⸗ bel selbst seyn warde, und erwartet mit Ruhe den Ausgang der Unterhandlungen. Seyd uͤberzeugt, daß nichts, das zu wissen Euch von Interesse seyn kann, Euch verborgen bleiben soll, und daß die provisorische Regierung sich beeilen wird,

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zur Erhaltung Eurer schoͤnen Stadt alle Opfer zu bringen,

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