1830 / 315 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 13 Nov 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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rfahrungen Herr Laffitte nicht fuͤglich als ein Neuling be⸗ . i, nee, mehreren Jahren an der Spitze einer mächtigen Partei und an Geschaͤststhaͤtigkeit gewohnt, sollte er doch wohl eben so faͤhig zu Kabinets⸗Geschaͤsten seyn, als die gewohnliche Klasse von Politikern. Er war überdem ein Vertrauter Napoleons, der ihn bei jeder wichti— gen Angelegenheit zu Rathe zog, wenn er seinen Rath auch nicht immer befolgte. Es muß das Interesse der Franzoͤ— sischen Regierung seyn, in Frieden zu bleiben; und, obgleich man den dermalen in Aemtern stehenden Personen Gesinnun⸗

gen zuschreibt, die in gewissem Grade von den Ansichten der gemaͤßigten Maͤnner abweichen, die sich zuruͤckgezogen haben, so fuͤrchten wir doch nicht, daß sie einen Streit mit anderen Maͤchten durch Entwickelung von Grundsaͤtzen ver⸗ anlassen werden, die sich nicht mit dem Entschluß vertragen, einen Frieden aufrecht zu erhalten, zu dessen erster Grund— lage die Bedingung gehört, einem jeden Staate die Leitung seiner eigenen Angelegenheiten zu uͤberlassen, wenn nicht etwa bie Sicherheit seiner Nachbarn bebroht wird; Frankreich be⸗ darf der Ruhe, und kein Ministerium wird im Stande seyn, zu einem Kriege zu schreiten, blos um Krieg zu fuͤhren; denn obgleich eine ungeheure Volksmasse unter jedem Vorwande und fur jeden Gegenstand auf Verlangen der Regierung be— reit seyn wuͤrde, zu marschiren, so besteht doch unter der ver—⸗ moͤgenden Klasse der Nation ein tief gefuͤhlter Wunsch fuͤr den Frieden, und die Deputirten⸗ Kammer wird sich nicht so schnell zu einer Kriegserklärung gegen irgend einen Staat entschließen, ausgenommen wenn unzweideutige Gruͤnde der Nothwendigkeit es erheischen. Das Kluͤgste und Ehrenvollste wird seyn, die Dinge ruhig so zu lassen, wie sie sind. Die Franzosen sind fluͤchtigen Charakters, jedoch nicht unsinnig enug, um durch offen sive Anwendung demokratischer Grund⸗ 6. einen Krieg herbeizufuͤhren, und es ist wahrtich nicht einzusehen, warum man nicht eben so gut mit Herrn Laf⸗ fitte, dem Pariser Banquier, in freundschaftlichen Verhaͤlt⸗ nissen stehen koͤnne, als mit Herrn von Polignge, dem un⸗ mittelbaren Repraͤsentanten des Franzoͤsischen Adels. Was Herrn Laffitte an guͤnstiger Stimmung für andere Maͤchte

in Vergleich zu Herrn von Polignae vielleicht abgeht, kann

er durch gesunde Urtheilskraft ersetzen und in Folge derselben die Verbindungen zwischen Großbritanien und Frankreich auf einen eben so festen Fuß stellen, als es Pri⸗ vat-Freundschaft thun wurde, die in öffentlichen Angelegen⸗ heiten ein sehr schwankendes Ding ist und immer leicht den Argwohn der Nationen erregt. Es giebt ae heft Leute bei uns, welche von dem demokratischen Charakter der Franzoͤsi⸗ schen Regierung und von der Aufmunterung, die der selbe der mißleiteten W fee r esse geben koͤnnte, welche in der Haupt⸗ stadt sowohl als an andern Orten die oͤffentliche Ruhe zu stoͤren sucht, große Gefahren befuͤrchten. Wir gehören nicht zu diesen Leuten, obwohl wir keinesweges blind sind, in Betreff der Nothwendigkeit strenger Maaßregeln, wenn das Volk, durch gewaltthaͤtige Handlungen von Verraͤthern aus einer höhern Klasse aufgereizt, es jemals versuchen sollte, das bestehende System umzustuͤrzen. Wir wuͤrden indessen in einem Lande, wo so viel gesunde Vernunft und richtiges Gefühl vorherrscht, lieber an diese beiden Eigenschaften appel⸗ siren. Die Englische Nation weiß zu gut, was sie sich selbst schuldig ist, als daß sie ihre Pflichten gegen die Obrig⸗ keit und gegen die allgemeine Ordnung, die von der Obrigkeit ohne den Beistand des achtungswerthen Thei⸗ ses des Publikums nicht aufrecht erhalten werden kann, jemals aus den Augen setzen sollte; und obschon es nicht in laugnen ist, daß woöhlunterrichtete Männer immer mehr der Meinung sind, daß zeitgemaͤße Konzessionen bei gerechten und vernuͤnftigen Anspruͤchen mehr Gutes stiften duͤrften, als Handlungen einer nicht zeitgemäßen Strenge; so sind wir doch uͤber zeugt, daß in England unter allen Klassen, den Pöͤ⸗ bel ausgenommen, eine Genei theit vorherrscht, jede Verwal⸗ tung zu unterstuͤtzen, die ent chlossen ist, die Integritaͤt der Verfassung zu behaupten und der Anarchie vorzubeugen, ohne

deshalb gegen Verbesserungen, die dem Geiste der Zeit und

der Vernunft entsprechen, blind zu seyn. Wir wuͤrden un daher an die gesunde Vernunft und nicht an die Leidenschaf⸗ ten des Publikums wenden und sind uͤberzeugt, da wir es nie vergebens thun wurden, wenn wir zur kräftigen Aufrecht⸗ 6 der Ordnung und einer vernuͤnftigen Freiheit auf⸗ forderten ·

Im Seotem an liest man Folgendes; „Karl X. lebt fehr eingezogen. Wenn er ausgeht, 1 begleiten .. im⸗ mer zwei oder drei Personen seines Gefolges; seine Kleidung ist die eines einfachen Buͤrgers. blikums weder 2 sich zu ziehen, noch vermeidet er sie, je= doch sieht man es ihm an, daß er seine ungluͤckliche Lage fuͤhlt.

Er sucht die Blicke des Pu

Wie lange er in Holyrood bleiben wird, ist sehr ungewiß; da aber Viele aus seinem Gefolge in der Stadt Wohnungen gemiethet haben, deren Einrichtung kostspielig ist, so darf man auf einen laͤngern Aufenthalt schließen. Der Erzbischof von Rheims, der bei des Königs fruͤherem Aufenthalte in Ho⸗ lyrood dessen Almosenier war, ist im Begriff, ein Haus zu miethen. Vor einigen Tagen kam in New-⸗Haven ein Dampf⸗ boot mit dem uͤbrigen Gefolge des Koͤnigs an, das aus un— gefaͤhr 30 Individuen besteht. Heute Vormittag trafen der Herzog und die Herzogin von Angouleme in einem praͤchtigen mit vier Pferden bespannten Wagen im Palaste ein; ihre Dienerschaft saß in einem mit 2 Pferden bespannten Halb— wagen. Sie schienen sehr ermuͤdet, was wohl eine natuͤrliche Folge ihrer langen und etwas schnellen Reise war. Die Ge⸗ sammtzahl unserer Gaͤste beläuft sich auf 90 bis 100 Per so⸗ nen, und da die Neugier taͤglich und stuͤndlich eine Menge von Herren und Damen nach dem Palast hinzieht, so ge⸗ wahrt dieser Theil der Stadt ein Bild von Leben und Be⸗ wegung, das an verflossene gute Zeiten erinnert.“

In der Nachbarschaft von Margate (Kent) wurden neu⸗ lich zwei Schmuggler verhaftet, bei denen man 61 Gefaͤße mit Branntwein fand; sie wurden zu Erlegung von 109 Pfd. oder, falls sie sie nicht zahlen koͤnnten, zum Gefaͤngniß ver⸗ urtheilt; eines vermuthlichen Brandstifters, dem man auf der Spur war, konnte man nicht habhaft werden.

Die letzten Berichte aus verschiedenen Theilen der Graf⸗ schaft Kent schildern den Zustand der selben als etwas ruhi— ger, obgleich noch große Unruhe und Besorgniß vorherrschend sind. Kein Tag vergeht, ohne daß sich die arbeitenden Klas⸗ sen versammelten und die Paͤchter mit gewaltsamen Maaß⸗ regeln bedrohten, die indessen fast niemals in Ausfuͤhrung gebracht werden, t

Ein Schreiben aus Gibraltar vom 14. Okt. meldet, daß Marschall Bourmont mit seinen zwei Söoͤhnen dort an⸗— gekommen sey und das von Malta kommende Paketboot er— warte, um sich nach England einzuschiffen.

Am 29sten Okt. war der woͤchentliche Durchschnittspreis von Weizen 614 Shilling 3 Pence; von Gerste 35 Shill. 11 Pence und von Hafer 22 Shill. 10 Pence. Der Zoll von ausländischem Getreide war; fuͤr Weizen 25 Shill. 8 Pence, fuͤr Gerste 9 Shill. 4 Pence und Hafer 10 Shill. 9 Pence. ;

London, 5. Nov. Die Thron⸗Rede hat den hinsichtlich der selben fruͤher im Publikum gehegten Erwartun⸗ gen nicht entsprochen; denn erstens hatte man darauf rech⸗ nen zu konnen geglaubt, daß die Regierung sogleich auf die Untersuchung des Zustandes der arbeitenden Klassen in Eng⸗ land fowohl als in Irland antragen und Mittel vorschlagen werde, die Armuth derselben zu erleichtern, um sie den Hän⸗ den der Aufwiegler zu entziehen, die sie bei deren verzweifel ten Kage zum Werkzeuge ihrer boͤsen Plaͤne machen; statt dessen aber ließ man nur Drohungen gegen alle etwanige Ruhestoͤrer hoͤren. Man erwartete, die Minister wuͤrden zur Beruhigung des Buͤrgerstandes einen Plan fuͤr eine maͤßige Reform des Unterhauses ankuͤndigen, oder doch zum wenig⸗ sten eine bedeutende Verminderung der Steuern; statt dessen verspricht man in der Rede nur im Allgemeinen Spar sam⸗ keit, und der Herzog von Wellington erklärt, so lange er er⸗ ster Minister bliebe, wuͤrde er nie eine Veranderung in der Vertretung vorschlagen, da solche ihm die vollkommenste duͤnkt, welche die menschliche Vernunft ersinnen konnte. Man hatte sich an den Gedanken gewöhnt, der Grundsatz der Nicht⸗ inmischung in fremde Angelegenheiten habe so fest. bei unse⸗ rer Regierung Wurzel gefaßt, daß von keiner andern Ein⸗ mischung in die Niederlaͤndischen Angelegenheiten die Rede seyn konnte, als von freundlichem Rath, und statt dessen spricht die Thron⸗Rede von der Aufrechthaltung der mit un—⸗ seren Alliirten eingegangenen Vertrage, die man durch die neulichen Begebenheiten als aufgehoben gewaͤhnt hatte. Fret⸗ lich haben die Minister seitdem ihre Bereitwilligkeit zu erkennen gegeben, in jeden Verbesserun s⸗Vorschlag, den man zu BGunsten der arbeitenden Klassen machen konnt te, einzugehen; auch hat der Secretair fuͤr Irland nich⸗ weniger als vier Bills angekuͤndigt, wodurch einige der wichtigsten Klagen des Landes gehoben werden sollen, und erklart, daß er jeden a,, des Herrn O'Connell ohne keidenschaft oder persßnliche Nücksicht wuͤrdigen wolle; die Minister im Unterhause, naͤmlich die Herren eel und Mur⸗ ray und Lord L. Gower, haben zwar anerkannt, daß dies Verlangen nach Reform sehr verbreitet sey; hierbei haben sie auch zu verstehen gegeben, daß sie sich nicht jedem Vorschlage

Beilage

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dazu widersetzen wuͤrden; und vor Allem haben sie die Ver— sicherung ertheilt, daß sie bei dem verkuͤndigten Entschluß, die Vertraͤge zu behaupten, durchaus keinen Krieg beabsichtigten; dennoch aber ist Alles verstimmt, und schon das Fallen der Stocks um 2 pet. unter den geringsten Preis, zu dem sie seit dem 25. Juli gesunken waren, zeigt an, daß das Publi— kum sich in seinen Etwartungen getaäͤuscht findet. Die vor etlichen Tagen vorgefallenen Schlägereien mit der Polizei waren nicht so gefährlich, als man sie anfaͤnglich dargestelt hat, aber doch ernstlich genug, um den Geist zu erkennen zu geben, der unter dem Volke herrscht. Auch wurde der Her— zog von Wellington am Dienstag und Mittwoch mit Stein— wuürfen verfolgt, und man darf nicht zweifeln, daß, nach der von ihm angenommenen drohenden Stellung, der Haß des Pöbels gegen ihn an Heftigkeit gewinnen muüͤsse. Der König wird dennoch naäͤchsten Dienstag das Fest der Bürgerschaft besuchen, wenn auch strenge Vorkehrungen getroffen werden müßten, die Feindseligkeiten des Gesindels gegen die Mini— ster und die Polizei (denn gegen den Konig würden selbst die Verworfensten nichts unternehmen) in Schranken zu hal— ten. Dennoch sind viele Leute sehr besorgt. Im Parlament

haben sich inzwischen viele gewichtige Stimmen gegen die Ne⸗

gierung vernehmen lassen; vor Allem sind die Reden des Grafen Grey und Winchelsea und des Herzogs von Rich— mond im Oberhause, so wie die des Herren Brougham und des Lord Althorp im Unterhanse, bemerkenswerth. Aber trotz der starken Opposition scheint es doch den Whigs, To— ries und Oekonomisten an einem Vereinigungsband zu feh— len, weshalb sie es auch nicht wagten, durch den Vorschlag einer Gegen ⸗Adbresse ihre Kräfte mit der Asministration zu messen. Im Oberhause ging die von ministerieller Seite als Antwort auf die Koͤnigl, Rede vorgeschlagene Adresse un in— gefochten durch, und im Unterhause wurden einige Zusaͤtze nur

als die Meinungen einzelner Mitglieder vorgeschlagen und

ohne Abstimmung verworfen. Aber es kann nicht lauge waͤh— ren, bis der wahre Stand der Parteien sich zeigen muß, da in Hinsicht auf Reform sowohl, als auf die Belgischen An— elegenheiten, Vorschlaͤge angekuͤndigt sind, welchen die Mini— cer sich gewiß widersetzen werden. Hinsichtlich der Auflösung der Union zwischen Großbritanien und Irland fand sich fa st keine einzige Stimme, welche es mit Herrn O Connell hielt; alle Redner kamen darin uͤberein, daß das lockende Beispien Belgiens die Demagogen in Irland zu dieser neuen Forderung verleitet habe. Offenbar haben indeß dieselben so viel damit bewirkt, daß alle Englischen Mitglieder sich geüeigter zeigen, den Zustand jener Insel in Betrachtung zu ziehen. Das Benehmen dieses Mannes aber ist so empoͤrend, besonders die Frechheit, womit er jeden edlen Charakter angreift, und die Feigheit, womit er alle Genugthuung verweigert, wie neulich bei Sir H. Hardinge, daß man ihm in dem hiesigen Klub, dessen Mitglied er ist, auf allgemeine Verabredung den Ruͤcken zugekehrt hat. Auf diese Art wird man die Irländer, welche Vernunft annehnien wollen, erkennen lassen, daß, während man dem Vertreter einer ihrer wichtigsten Pro⸗ vinzen alle Achtung bezeigt, man den Menschen, der sich selbst nicht zu achten weiß, nach Gebuͤhr verachtet. Nach⸗ richten von Kent zufolge, sind die Brandschaͤden seit einigen Tagen zwar er, n. haͤufig, aber doch noch häufig genug, um, nebst ben drohenden Versammlungen, welche taglich von Arbeitern gehalten werden, und den Drohbriefen, die man an Herrschaften und Paͤchter schickt, die Grafschaft in Furcht u halten. Indessen hat man sich doch etwas ermannt, und n einigen Dörfern hält man des Nachts bewaffnete Wache. Leider ist heute die Nachricht eingegangen, daß die Brandle⸗ gung sich auch in der Grafschast Susfex verbreitet hat, na— ment lich in dem Dorfe Battle bei Hastings.

Nieder lande.

Q Amsterdam, 5. Nov. Keine großere Verblen, dung kann es wohl geben, als die, mit der ein großer Theil des Franzoͤsischen Volkes die Belgische Revolution betrachtet. Von Anfang an ihren Zweck und ihre Triebfedern verken⸗ nend, haben die Frauzosen am Verlaufe derselben durch Wort und That einen Antheil genommen, der einer edlern menschlichern Angelegenheit zu goͤnnen gewesen wäre. Es wurde ein Raͤth⸗ sel in der Weltgeschichte bleiben, wie ein Volk, das das auf— geklaͤrteste des Jahrhunderts seyn will, das vor Allem jede Hierarchie verwirft und oft das wahrhaft Heilige nicht achtet, weil es zur Priester⸗Herrschaft fuhren konnte, doch die von dem

Courrier de la Meuse und dem Catholique des Pays⸗Bas (Journal des Flandres) gepredigten Grundsatze gutheißen und unterstuͤtzen kann es wurde, sagen wir, ein Raͤthsel bleiben, wenn nicht die Geschichte der Parteien in Frankreich seit der Re⸗ stauration der Bourbons die Auflösung dazu enthielte. Da— mals schon, als noch der Meinungs⸗Kampf in Frankreich ein rein parlamentarischer und weit davon entfernt war, gewalt— same Umwaͤlzungen nach innen wie nach außen herbelfuͤhren zu wollen, wiesen Quotidienne und Gazette de France auf die Niederläͤndische Opposition als eine wahrhaft musterhafte hin. In dem Belgischen Treiben, dem Widerspiele dessen, was in Frankreich vorging, erkannten sie mit richtigem Blicke die groͤ—⸗

hatte, das einem andern durch Verschiedenheit der Sprache, des Glaubensbekenntnisses, der Sitten und Gewohnheiten, ja der ganzen äußern Lebensweise als schtoffe Opposition ge— genuͤbergestellt und physisch sogar ihm uͤberlegen war. Sie unterließen nicht und unterlassen auch jetzt noch nicht, auf den

Unterschied dessen, was man in beiden Landern wolle, auf— merksam zu machen. „Verwechsle doch Niemand,“ ruft die Quotidienne, „die Revolution in Belgien mit der von Frank— reich;“ und sie hat Recht, dies zu sagen, denn ihre liberalen Kollegen verfallen nur allzuoft in den Irrthum. Allein sie fuͤgt hinzu: „Um wieviel edler und groͤßer sind die Zwecke der ersteren im Vergleiche mit der letzteren!“ In dieser er— blickt sie den Umsturz alles Heiligen, den Untergang der Kirche, wahrend jene, ihrer Meinung nach, zur Herrschaft der Priester und der frommen Congregationen fuͤhren wuͤrde. Dies hoffen und wuͤnschen auch der Courrier de la Meuse und das Journal des Flandres, und darum protestixren sie so ehr und aus allen Kraͤsten gegen eine Vereinigung mit Frankreich. „Seht nur,“ ruft das Genter Blatt, das Herrn von la Mennais und sein „Avenir“ bestaͤndig citirt, „seht nur, wie die Priester in Frankreich behandelt werden, und fordert daun noch eine Vereinigung der religioͤsen Belgier mit den suͤndhaften Frauzosen; ewigen Bürgerkrieg koͤnnte und wuͤrde dies nur zur Folge haben. Um eine Vereinizung noch abschreckender darzustellen, ruft dasselbe Blatt, das srüher so sehr gegen die Holländische Sprache p.rotestirt hatte, doch den Sprach⸗

arg seyn wuͤrde, den Flamändern das Franzoͤsische aufdringen zu wollen, als es fruͤher eine Gewaltthätigkeit war, das Hol— länbische einzufuͤhren. Es frazt sich nun, ob es der Priester⸗ Partei gelingen werde, diese Grunde auch auf dem Natio— nal-Korigresse durchzuführen, wo sie unstreitig sehr zahlreiche Vertreter haben wird, denn begeits werden an vielen Orten die Geistlichen vorzugsweise auf die Wahllisten gebracht. Ihr gegenuber steht ber in Belgien nicht minder mächtige Pha— lanx der Gewerbtreibend en und Fabrikanten, die in der Selbst⸗ staͤndigkeit Belgiens den Untergang ihrer Industrie sehen. Diese Klasse war es auch, die dem Beginn der Revolution ganz fremd geblieben ist; die Trennung von Holland uns sei— nen Koloniern war weder ihrem Interesse noch ihren Wuͤn— schen gemaͤß, und gleichsam wider Willen sah sie in den Stru—⸗ del der Menge sich mit hineingezogen. Je mehr nun ihre Fabriken jetzt ins Stocken gerathen, je mehr ihre Arbeiter brodlos werden, um so mehr wird auch die Nothwendigkeit empfunden, sich einem andern Lande anzuschließen. Hier ist also eine maͤchtige Partei zu bekämpfen, während andererseits die Republikaner ebenfalls bei den Priestern keine Gnade finden koͤnnen. Und doch sind es vielleicht weniger diejeni⸗ gen, die sich Frankreich gern anschließen moͤchten, als eben die Republikaner, die ihren mächtigsten Stuͤtzpunkt in Frank— reich finden, wo man es gern sieht, daß die von einer gemaͤ⸗ ßigten Kammer verbannten Theoriern in einem Nachbar -⸗Lande gleichsam paradigmatisch zur Ausfuhrung gebracht werben. Journale, wie der Globe, der Courrier frangais, und noch mehr die in der letzten Zeit entstandenen Revolutionsblaͤtter, sind weit davon entfernt, den Wunsch der Wieder⸗Vereini⸗ gung Belgiens mit Frankreich offen auszusprechen. Sie freuen sich des Sieges, den die Revolution dort davongetragen, und freuen sich um so mehr, als sie, dem Anscheine nach, in

gegangen ist, als die Franzssische Umwaͤlzung des J. 1830. Ihnen galt die Belgische Opposition immer für liberal, denn allzusehr mit eigenen innern Angelegenheiten beschästigt, hat—⸗ ten sie sich niemals um den wahren Stand der Dinge im Auslande recht bekuͤmmert, oder liebten es auch, die Fremde

nach der Heimath zu modelliren. Daß diese Opposition selbst

ßere Wahrscheinlichkeit des Sieges, die ihre Partei in einem Lande

üuterschied als Argument zu Hülfe und meint, daß es eben so

ihren Resultaten noch weiter gehen duͤrfte und bereits weiter

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