1830 / 317 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Mon, 15 Nov 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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Debatte Anlaß. Der Marquis von Catelan widersetzte sich dem Antrage, indem die Vergehen, deren Ahndung Hr. Dubouchage verlange, bereits im Strafagesetzbuche verzeichnet waͤren. Der Graf v. Pontécoulant theilte diese An⸗ sicht; entweder, meinte er, wuͤrde man durch die An— nahme der gedachten Proposition eine bloße Wiederholung der in dem Strafgesetzbuche enthaltenen Bestimmungen ver anlassen, oder man wuͤrde in Widerspruch mit denselben ge— e , und gleichsam ein zweites Sakrilegiums-Gesetz her⸗ beifuͤhren; er glaube daher, daß man nur den Hauptgegen— stand der Proposition des Hrn. Bubouchage, wonach der Kir— chenraub den in bewohnten Haͤusern begangenen Diebstaͤhlen gleich geachtet werden solle, festhalten muͤsse. In demselben Sinne sprach sich der Graf v. St. Prie st aus. Der Mar—⸗ quis v. Catelan tadelte den Cassatlonshof, daß er, den An— sichten der Koͤnigl. Gerichtshoͤfe zuwider, in mehreren Fallen die Kirchen bewohnten Gebaͤuden gleich geachtet habe, indem im 3. Art. des Strafgesetzbuches, worin naher auseinander⸗ gesetzt werde, was man unter bewohnten Haäusern zu verstehen habe, von Kirchen durchaus keine Rede sey; wolle man diese von nun an unter die Klasse jener Gebaͤude mit begrei⸗ fen, so fey es angemessen, daß die Regierung selbst mit einem folchen Vorschlage hervortrete. Nachdem noch der Vicomte Dubouchage selbst zur Vertheidigung seiner Proposition aufgetreten, entschied die Kammer mit ziemlich starker Stim⸗ men-Mehrheit, daß dieselbe nicht in Betracht zu ziehen sey. An der Tages-Ordnung waren jetzt die Berathungen uͤber den von der Deputirten⸗Kammer in ihrer Sitzung vom 7. Okt. (Nr. 287 d. St. 3.) angenommenen Gesetz⸗ Entwurf wegen Revision der von 1807 bis 1828 bewilligten Pensionen. Der Graf v. Sainte-⸗Aulaire widersetzte sich diesem Ge⸗ setze, indem es eine ruͤckwirkende Kraft habe; er halte, fuͤgte er hinzu, die Aufhebung des Gesetzes vom 144. Sept. 1807 (wodurch Pensionen bis zur Hoöͤhe von 20,000 Fr. bewilligt werden konnten) fuͤr sehr angemessen, glaube aber nicht, daß

die, kraft desseiben verliehenen Pensionen zuruͤckgenommen

werden konnten. „Lassen Sie uns offen seyn, meine Her— ren“, bemerkte der Redner, „es handelt sich hier nicht dar⸗ um, eine Ersparniß zu machen, denn dazu ist der Gegen— stand zu unbedeutend, sondern darum, gegen einen uͤber⸗ wundenen Feind Strenge zu uͤben; die Pensionen sollen nicht

eingezogen werden, weil sie zu stark, sondern weil sie uͤber⸗

haupt Mannern zu Theil geworden sind, Lie wir hassen und feit zehn Jahren als eine Geißel des Landes bekümpfen. Eben deshalb aber, ich gestehe es frei, wuͤnsche ich, daß man ihnen die Wohlthat des Gesetzes nicht entziehe, daß man sie bei ihren Rechten schuͤtze. Ich glaube hierbei nicht einem Ge⸗ fühle übertriebener Großmuth Raum zu geben; ware dies aber der Fall, so wuͤrde man mir wenigstens einraͤumen muͤs⸗ sen, daß ein solches Gefuͤhl mir nicht neu ist; denn schon weimal (in den Jahren 1815 und 1828) habe ich mich in hnlicher Weise gegen ruͤckwirkende Maaßregeln ausge— sprochen. Das zweitemal geschah es zu Gunsten eines Konvents-Mitgliedes, und ich entsinne mich noch sehr wohl des Geschreis, das damals daruͤber von gewissen Baͤn⸗ ken der Deputirten⸗Kammer erhoben wurde. Etwas Aehnli⸗ ches habe ich zwar von Seiten meiner jetzigen Kollegen nicht zu fuͤrchten; wuͤrde ich aber wegen meiner heutigen Meinungs— Aeußerung in den oͤffentlichen Blaͤttern eben so angefochten, als im Jahre 1823 in der Quotidienne, so wuͤrde ich ziem⸗ lich mit denselben Gefuͤhlen mich darein zu finden wissen. Ich wiederhole es, m. H., nach einer Revolution, wie die letzte, muß das Gesetz fuͤr Alle gleich seyn. Es waͤre ein schmaͤhli⸗ cher Irrthum, wenn man hoffen wollte, die gewaltigen Lei⸗ denschaften, dit selbst nach der gerechtesten Staats ⸗Umwaͤlzung unvermeidlich sind und Alles zu verschlingen drohen, durch Zugestaͤndnisse zu beschwichtigen. Damit der Strom in sein Bett zuruͤckkehre, setze man ihm das gemeinsame Gesetz des Rechtes und der Billigkeit als einen unerschuͤtterlichen Damm entgegen. Wenn Sie heute die Pension des

errn von Peyronnet einziehen, so werden einige aufge— klaͤrte Maͤnner Ihren wahren Beweggruͤnden Gerechtig— keit wider sahren lassen, die Masse des Volkes aber wird sich uͤberzeugt halten, daß Sie einem seinem Ge— genstande nach sehr kleinlichen, in seinen Folgen aber vielleicht verderblichen Rachgefuͤhle Raum gegeben haben. Ich kann nicht endigen⸗ ohne mein Bedauern zu erkennen zu geben, daß ich eine Maaßregel verwerfen muß, die den Beifall der Majoritaͤt der Deputirten⸗Kammer einer Kammer erhal— 2 welche ich liebe und ehre, und der alle guten Franzo— sen so großen Dank fuͤr den Muth und die Weisheit schul— dig sind, die sie in diesem Augenblicke bethätigt.“ Der Mi— nister des Innern trat zur Widerlegung des Herrn von Sainte ⸗Aulaire auf: „Meine Herren“, begann er, „der vo—

rige Redner hat Grundsaͤtze und Gesinnungen geaͤußert, die ihrer Hochherzigkeit wegen uͤberall in dieser Ver sammlung einen Anklang finden mässen. Ich lasse seinen edlen Absich⸗— ten Gerechtigkeit widerfahren; zugleich sey es mir aber auch gestattet, die Frage auf ihren wahren Stand zuruͤckzufuͤhren. Es ist nicht meine Absicht, die Retroaktivitaͤt zu vertheidigen. Wenn der Ihnen vorgelegte Entwurf einem gesetzlichen Rechte zu nahe traäͤte, wenn er Wohlthaten vernichtete, die allein dem Verdienste zu Theil geworden, so wurde ich den selben nicht zu rechtfertigen suchen. Die Retroaktivitaͤt muß allen Denen zuwider seyn, die nach der Aufrechthaltung der gesell⸗ schaftlichen Ordnung trachten, und es kann Niemanden ge⸗ ben, der mehr als ich geneigt waͤre, ein Prinzip zu verwer— fen, das eine Regierung kompromittirt, ohne ihr zu dienen. Es handelt sich indeß darum, Mißbraͤuche abzustellen, die durch eine falsche Anwendung des Gesetzes vom 11. Sept. 1807 eingefuͤhrt worden sind, nicht aber darum, diesem Ge⸗ setze selbst zuwider zu handeln. Das eben erwahnte Gesetz vom Jahre 1807 sollte nur bei ausgezeichneten Dienstleistun⸗ gen und unzureichenden Vermoͤgens-Umstaͤnden in Anwendung kommen. So oft also Pensionen bewilligt worden, wo keine dieser beiden Bedingungen vorhanden war, muß man auch die betreffende Königl. Verordnung als gesetzwidrig betrach— ten. Nach dem mehr erwaͤhnten Gesetze sollten ferner die jaͤhrlich bewilligten Pensionen nicht die Summe von 3 Mill. uͤberschreiten. Ob diese Bestimmung beobachtet worden, wird ebenfalls die Revision ergeben. Man will mit einem Worte nur gesetzwidrige Verordnungen nicht anerkennen. Am Schlusse feiner Rede hat Hr. v. Sainte-Aulaire mit seinem schoͤnen Talente in unsern Herzen ein Gefuͤhl zu erwecken gesucht, das niemals darin schlummert; er hat unser Mitleid zu Gunsten derer in Anspruch genommen, die durch das

Gesetz verkuͤrzt werden sollen; er fuͤrchtet, daß man uns eines

Rachgefuͤhls beschuldige. Meine Herren, ein solches Gefuͤhl ist der Franzoͤsischen Regierung nicht eigen, und die oͤffentliche Meinung würde daher auch nicht daran glauben. Jedermann hat vielmehr in dem vorliegenden Gesetze nichts als eine Maaßregel der Billigkeit erkannt, welche gehaͤssige Mißbraͤuche abstellen und uns in den Weg der Sparsamkeit und Gesetz⸗

lichkeit zuruͤckfuͤhren soll, den die vorige Verwaltung in einer

Zeit, die bereits der Geschichte angehört, gewaltsam verlassen hatte.“ Nachdem noch der Graf v. Argout sich zu Gunsten des Gesetz Entwurfes ausgesprochen hatte, wurde der I ste Artikel desselben, wodurch bloß das Gesetz vom 11. Sept. 1807 aufgehoben wird, au genommen. Ueber den 2ten Artikel wegen Nevision saͤm milicher von 1807 bis 1828 bewilligten Pensianen ließ sich der Graf Roy vernehmen. Er war im Allgemeinen der Meinung, daß die kraft des Gesetzes vom 11ten Septbr. 1807 durch Koͤnigl. Verordnungen bewilligten Pensionen, insofern sie das darin festgesetzte Maximum nicht uͤberschritten, nicht zu— ruͤckge zommen werden konnten, indem selbige das Eigenthum derer, die sie erhalten, geworden waͤren und einen Theil der Staats schuld ausmachten; es sey unbestreitbar, daß die Re—⸗ gierung allein berufen sey, die Gesetze wegen der Pensions—⸗ Bewilligungen in Anwendung zu bringen, und er koͤnne den Kammern das Recht, bei der Regulirung des Budgets Pen— sionen, die den Gesetzen gemaͤß bewilligt worden, zu verwer⸗ fen, eben so wenig zugestehen, als die Befugniß, die zur Entrichtung dieser Pensionen erforderlichen Fonds zu ver⸗ weigern; er sey weit entfernt, die gegenwartige Gesetzgebung uͤber die Pensionen fuͤr vollkommen zu halten, indessen koͤn⸗ ne man einer Neuerung in derselben niemals eine ruͤckwir⸗ kende Kraft geben. Als es hierauf zur Abstimmung kam, wurde der Ste Artikel mit starker Stimmenmehrheit ver⸗ worfen (was eine lebhafte Sensation erregte) und der obige 1ste Artikel, der nunmehr das ganze Gesetz bildet, zu⸗ letzt mit 82 gegen 10 Stimmen angenommen. (Das Gesetz muß nun noch einmal in die Deputirten-Kammer gebracht werden.) Die Versammlung vertagte sich sodann bis auf den naͤchsten Dienstag. ö

Deputirten-Kammer. Sitzung vom 6. Nov. Nach der Aufnahme des Herrn Férussae als Deputirten des Dpts. des Tarn und der Garonne berichtete Herr Odier uͤher den von dem Finanz⸗Minister in der Sitzung vom 18. Sept. (s. Nr.

269 der Staats⸗Zeitung) eingebrachten Gesetz Entwurf we

gen der zur Bestreitung der außerordentlichen Ausgaben des laufenden Jahres erforderlichen Zuschuͤsse im Gesammtbetrage von 67,49gö5, 1090 Fr. und machte verschiedene Vorschlaͤge zu Ersparnissen, in deren Folge jene Summe sich nun auf 64, 990, 160 Fr. stellt, und die sich aus den auf den 10ten d. M. angesetzten Berathungen naher ergeben werden. Es erfolgte hierauf die Aufnahme einiger Deputirten, deren Wahl fuͤr guͤltig befunden worden war. Herr Kératry⸗

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stattete sodann den Kommissions-Bericht uͤber den in der Sitzung vom 9. Okt. vorgelegten Gesetz Entwurf wegen der Rational⸗Belohnungen ab, zu deren Bestreitung dem Mini— ster des Innern ein Kredit von 7 Millionen eroöͤffnet werden soll. Er trug auf die Annahme dieses Entwurfes an, indem er jedoch zugleich einige Aenderungen hinsichtlich der darin enthaltenen Bestimmungen in Vorschlag brachte, Nament⸗ lich erklaͤrte er, daß die Kommission sich fast einstimmig gegen die Stiftung einer besonderen Dekoration fuͤr diejenigen, die sich an den drei Julitagen besonders hervorgethan, ausgesprochen habe, indem leicht Neid und Eifersucht dadurch erregt wer— den koͤnnte. Dagegen brachte er die Einsetzung eines jaͤhrli⸗ chen National⸗-Festes fuͤr den ganzen Umfang des Reichs zur Verewigung der letzten politischen Umwaͤlzung in Antrag. Nachdem Hr. v. Saint ⸗Aignan sich ein Amendement zu Gunsten der Einwohner von Nantes vorbehalten hatte, wurde die Eroͤffnung der Berathungen uͤber diesen Gegenstand auf den naͤchsten Sitzungstag (Sten) angesetzt. Hr. Martin Laffit te stattete demnaächst einen unerheblichen Petitions— Bericht ab. Hierauf begann die Diskussion uͤber den von der betreffenden Kommission ermaͤßigten Vorschlag des Hrn. Bavoux wegen der den öffentlichen Blaͤttern zu gewaͤhrenden Erleichterungen, als: Verminderung der Caution, Herabsetzung des Zeitungsstempels, Ermaͤßigung des Postportos u. s. w.

r. Rudrh-⸗de Puyraveau unterstuͤtzte den urspruͤnglichen

ntrag und widersetzte sich den von der Kommission in Vor— schlag gebrachten Modificationen. Der Graf Alex. v. Laborde sprach sich ebenfalls zu Gunsten der Preßfreiheit aus; um dieselbe moglichst zu verbreiten, meinte er, muͤßten aber auch die Zeitungen wohlfeil seyn, und dies koͤnnten sie nur, wenn man ihnen selbst die noͤthige Erleichterung gewähre. Herr v,. Lameth dagegen hielt den Antrag des Hrn. Bavoux fuͤr unzeitig und der Preßfreiheit selbst nachtheilüig. „Wollen wir uns“, aͤußerte er unter Anderm, „diese Freiheit bewahren, so muͤssen wir jeden Mißbrauch derselben zu verhindern suchen. Wenn ich an die Anschlagzettel denke, womit die Straßen der Hauptstadt seit zwei Monaten besudelt sind, so muß ich mich wundern, daß die Regierung sich nicht der be— stehenden Gesetze bedient, um diefem Unfüge zu steuern. Ich stelle nicht in Abrede, daß die Zeitungen uns bis zu der letz— ten Revolution große Dienste geleistet haben. Durch den Vorschlag des Herrn Bavoux schadet man aber den guten Blattern und nuͤtzt denen, die blos die oͤffentliche Meinung irre leiten. Man wird mir vielleicht erwiedern, daß die de— mokratischen Grundsaͤtze bei den vernuͤnftigen Leuten keinen Eingang finden; es giebt aber in der Gesellschaft eine Menge

Menschen, die nicht e,, die sogar unwissend sind. In

Hiernach bitte ich Sie zu berechnen, welchen großen Schaden diejenigen Journale anrichten muͤssen, die taͤglich die Gleich⸗ heit der Guter und die Herrschaft des Volkes verkuͤndigen. Allerdings ist diese Herrschaft ein Prinzip der Charte; ich verstehe dasselbe aber also: die Volks -Souverainetaͤt kann in Frankreich nicht auf eine rein demokratische Weise geuͤbt werden; 32 Millionen Menschen koͤnnen kein Gesetz ge— ben, und unsere Regierung heißt deshalb eine repraͤ— sentative, weil das Volk seine Vertreter wahlt. Das Volk ist also souverain an dem Tage, wo es seine Depu⸗ tirten ernennt; es ist unterthan, sobald es Sie ernannt hat. Wer die Volks-Souverainetaät anders versteht, der kann sie mit der constitutionnel⸗monarchischen Regierungs⸗Form nicht in Einklang bringen, und ich glaube daher, daß das jetzige Ministeriuin alle seine Kraͤfte aufbieten muß, um dem Preß— Unfug zu steuern und diejenigen zu bestrafen, die sich dabei uͤber die Gesetze erheben. Hier erscheinen Journale auf un⸗ gestempeltem Papier; dort werden die handgreiflichsten Luͤgen gedruckt. Noch heute habe ich eine Proelamation oͤffentlich ausrufen hoͤren, welche blos darauf abzielt, Besorgnisse zu erwecken und die Rente hinabzudruͤcken; es ist eine Kriegs⸗ Erklaͤrung Preußens gegen Belgien. Unmoͤglich koͤnnen die Mi— nister regieren, wenn ste die sen Umtrieben nicht ein Ziel setzen; durch die Verminderung der Cautions⸗Summe wuͤrde man aber die Zahl der kleinen Journale noch vermehren. Daß es eine Tendenz zur Demokratie giebt, muß Jedermann einleuchten; es ist gewiß, daß Versuche gemacht worden sind, die Republik einzufuͤhren. Als wir vor einigen Monaten berathschlagten, um dem damaligen General- Statthalter die Huldigung der Nation darzubringen, trat Hr. Bernard mit dan er frung in diese Kammer, daß man gleichzeitig auf dem Gre ve⸗ Platze über die Republik berathschlage, und daß sie um 5 Uhr publi⸗ zirt werden solle. Wir verfuͤgten uns daher auch sofort zum Statthalter und begleiteten ihn bis zum Rathhause, wo seine Gegenwart die Gemuͤther umstimmte. . Es ist endlich Zeit, daß die Regierung aus ihrem Zustande der Unthaͤtigkeit er⸗ wache, und ich beschwoͤre Sie daher, m. H., jeden Vorschlag

zu verwerfen, wodurch derselben eine ultra⸗demokratische Ten⸗ denz gegeben werden konnte.“ Hr. Bernard stellte das obige Faktum in Abrede. Hr. v. Lameth beharrte dagegen auf seiner Behauptung, und Hr. Laffitte (der damals in der Kammer den Vorsfttz fuͤhrte) bestaͤtigte sie, indem er zu— gleich bemerkte, daß er zwar die fuͤnfte Stunde als in welcher die Republik hatte dekretirt werden sollen) nicht habe aussprechen hoͤren, daß es indessen damals ohne Zweifel viele Anhaͤnger der Republik gegeben habe. Herr B. Constant bemerkte, daß das Unwesen mit den Anschlagzetteln in gar keiner Beruͤhrung mit der vorliegen⸗ den Frage stehe, indem diejenigen, die dergleichen Zettel ver— breitéẽten, keiner Cautionsstellung unterworfen waͤren. Nach einigen Bemerkungen uͤber die Nothwendigkeit, die zu lei⸗ stende Cautions-⸗ Summe zu ermaͤßigen, fuͤgte der Redner hinzu; „Ich bin stets der Meinung gewesen, daß die Repu⸗ blik in Frankreich, bei der Richtung der Gemuͤther, so wie bei der ganzen industriellen, merkantilischen, politischen, mi— sitairischen und geographischen Lage dieses Landes, unmoͤglich sey. Die monarchische Form allein halte ich fuͤr angemessen. Doch hat die Republik auch ihre guten Seiten, wodurch die unbescholtensten Maͤnner leicht geblendet werden koͤnnen. Wohl mag sich daher nach den 3 Julitagen cine Stimme zu Gun— sten derselben erhoben haben; hieraus darf man aber nicht schließen, daß diese Manner auch heute noch die Republik wolle. Nein, sie verlangen die beste aller Republiken: eine verfassungsmaͤßige Regierung unter einem patriotisch gesinn— ten Koͤnige, der die Integrität des Bodens zu beschuͤtzen,

Frankreichs Ruhm zu bewahren und die Freiheiten der Nation

zu ehren und zu erweitern weiß. Nicht dadurch wird man die oͤffentliche Meinung gewinnen, daß man uns stets von Gefahren spricht, die nirgends bestehen, und von Demagogen, die sich nirgends zeigen. (Zeichen des Zweifels im Tentrum.) Es giebt eine andere Klasse von Menschen, die weit gefaͤhrlicher als diese sind, und die man wohl bewachen muß, vorzuͤglich wenn man sie heutiges Tages die Grundsaͤtze der Freiheit mit derselben Feder vertheidigen sieht, mit der sie noch am 24. Juli Schaffotte und Verbannungen verlangten. Man huͤte sich vor denen, die die Regierung dadurch zu hemmen uͤnd in Mißkredit zu bringen suchen, daß sie ihr Inkonsequen⸗ zen zur Last legen. Ich bin weit entfernt, gegen die Verfech—⸗ ter Ler Verordnungen vom 25. Juli strenge Maaßregeln zu

verlangen; alle Meinungen muͤssen geachtet werden. Sollten diese

Manner aber zufallig von den Worten zur That uͤbergehen und ein Komplott schmieden, so hoffe ich, daß das neue Mi— nisterium Frankreich zu beschuͤtzen wissen und nicht vergessen werde, daß die constitutionnelle Monarchie unter Ludwig Philipp unser letzter Hoffnungsanker ist. Ich unterstuͤtze den Antrag des Herrn Bavour.“ Nach Herrn B. Constant ergriff der See Minister das Wort und äußerte sich folgendermaßen:

. „Die der Kammer vorliegende Proposition schl ct ei gleich wichtige Fragen in sich: die finanzielle und die politische. Die . berührt die wesentlichsten Interessen. In Linem Augen⸗ blicke, wo das Stgats-Einkemmen durch den Widerstand geschmaͤ⸗ lert wird, den die gesetzliche Erhebung einer von den Kammern ehen so gesetzlich . Steuer ckleidet, koͤnnen Sie auch nicht den kleinsten Theil deselben aufgeben, ohne den oͤffentlichen Kredit zu beeintraͤchtigen. Die Hülfsuellen des Landes sind un⸗ ermeßlich; sie muͤssen aber sorgfaͤltig geschont, gewissenhaft erhal⸗ ten werden. Die Regierung hat hinsichtlich der von den Zeitun⸗ en zu stellenden Caution noch keinen bestimmten Entschluß ge⸗ iht, sie glaubt aber, daß man dabei von dem Grundsatze nicht abweichen duͤrfe, daß die Caution ssumme im genauesten Verhaͤlt⸗ niffe mit dem Betrage der den Zeitungen aufzulegen den Geldbu⸗ ßen, fo wie mit dem moͤglicherweise von ihnen zu verlangenden Schaden-Ersatze stehen muͤsse. Di⸗ Regierung wird nie die Hienste vergesfen, die die periodische Presse ihr geleistet hat. RFachdem die Zeitungs-Redaktoren mit der ganzen Macht ihres Talentes die Plaͤne der vorigen Regierung bekämpft, waren sie guch die Ersten, die durch eine hoch erzige Handlung, wodurch sie sich der Berbannung bloßstellten, matersellen Wider stand leisteten. Ihre Bemühungen, verbunden mit denen aller ütrigen Burger and den unfrigsn, haben uns die Freiheit verschafft; lassen Sie uns jetzt darauf bedacht seyn, sie unz zu erhalten. Dem Muthe während des Kampfes laͤßt sich nur die Hochherzigkeit nach Been⸗ digung desselben . Seite stellen. Wir theilen diese Gesinnungen: sie follen bie Richtschnur unserer Politik seyn, Wir verlangen die e . ohne Einschraͤnkung, aber auch ohne Unfug; wir verlangen illes, was der Volkssinn verlangt, aber auch Alles, was die Vor⸗ sicht anräaͤth und gebsetet, Wir wünscheng daß kein Er ceß die , . deren Dienste wir mit Vergnügen anerkennen, aufs? piel setze; ie hat keine aufrichtigeren . als uns. uns peinlich, die Ausschweifungen derer hervorzuheben, die dieselbe mißbrauchen; allein die Heffentlichkeit Celbst ist, das wirksamste Mittel gegen die Nachtheile derselben. Ich bin im Besitze einer Bruckschrift, die diesen Morgen in ganz Paris verbreitet worden ist. Noch nie ist die Schamlosigkeit der Luge weiter getrieben