1830 / 319 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Wed, 17 Nov 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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daruͤber 20, 90 Fr.; in Staͤdten von 30 bis 50,000 Einw. 15,000 Fr.; in Städten von 20 bis 30, 009 Einw. 10,900 Fr.; tin Städten von 19 bis 20, 000 Einw. S, O00 Fr.; in Staͤd— en von 5 bis 10,000 Einw. 4,0090 Fr.; in Staͤdten von 5,900 Einw. und darunter 2, 0090 Fr. Diese Caution muß

n baarem Gelde oder in Staats-Renten geleistet werden.

Art. 4. Jede Buchdruckerei, die gestiftet wird, ohne daß jene Anzeige zuvor gemacht oder die betreffende Caution gestellt worden, soll wie eine heimliche betrachtet, und die vorgefundenen Pressen, Typen und sonstigen Utensilien sollen in Beschlag genom⸗ men und zum Besten des Staats veraͤußert, die Eigenihuͤmer oder Verwahrer aber mit einer Geldbuße von resp. 1000 bis 10,000 Fr. unö einer Haft von 1 bis 5 Monaten bestraft werden. Art. 5. Ein jeder Buchhändler, der die im 2. Art. angeord— nete Anzeige nicht gemacht hat, soll mit einer Geldbuße von 100 bis 1600 Fr. und mit einer Haft von 6 Tagen bis 1 Monat belegt werden. Art. 65. Die gegenwartigen Inhaber eines Buchdrucker- oder Buckhaäͤndler-PBatens sind von jener Anzeige und Cautionsleistung ausgenommen.“ Die Hera— thungen uͤber diesen Gegenstand werden am 19ten d. M. be⸗ ginnen. Es erfolgte hierauf die Aufnahme und Vereidi— gung der Herren Salvandy, Goupier, Fournier, Lelong, Daunou, Murat und Gravier. Sodann faßte Hr. Andrs (Lozere), als Berichterstatter uͤber die Proposition des Hrn. Bavoux in Betreff der Zeitungen und periodischen Schriften, die Berathungen, wozu diese Proposition in der letztern Siz—

zung Anlaß gegeben hatte, zusammen und beharrte bei den

von der Kommission gemachten Anträgen. Man ging hier— auf zu den einzelnen Actikeln des Entwurfs über. Hr. Bavoux wollte die Cautions⸗Summe auf den vierten Theil vermindert, die Kommission wollte sie auf die Hälfte herabgesetzt und He. v. Traehy wollte sie ganz und gar abgeschafft wissen, indem, seiner Meinung nach, die Bedingung der Caution leistung schnurstracks der Charte zuwiderlaufe. „Man sollte fast glau⸗ ben“, äußerte derselbe, „das Zeitungs-Hewerbe seh das ver— derblichste von allen. Wan verkauft oͤffentlich Waffen, Pul⸗ ver, fogar Gift, ohne daß man von den Verkaͤufern eine Caution verlangt, und man will dem Gedanken eine solche Fessel anlegen. Will man die Presse wahrhaft nuͤtzlich ma⸗ chen, so befreie man sie von allen diesen Hindernissen. Man muß auch nicht gar zu argwoͤhnisch gegen das Menschenge— schlecht seyn.“ Der Redner verlangte schließlich, daß man die Cautionsleistung ganzlich aufhebe, den Stempel durch eine Patentsteuer ersetze und das Post-Porto auf resp. 1 oder 2 Eentimen fuͤr das Blatt, je nach dem Formate, ermaͤßige. Hr. v. Lameth widersetzte sich dagegen jeder Modification in der gegenwartigen Gesetzgebung über die Buchdruckereien und den Buchhandel. „Erlauben Sie mir“, bemerkte er unter Anderm, „daß ich mich bei dieser Meinungs Aeußerung auf meine Erfahrung stuͤtze, obgleich diese in den Augen des jun— gen Frankreichs eine schlechte Empfehlung seyn mag. Ich bin Augenzeuge der Begebenheiten von 1791 und ein Opfer der damaligen Unternehmungen der Demagogen gewesen. Lei— der besteht eine entsetzliche Aehnlichkeit zwischen der Herab— wuͤrdigung der jetzigen verfassungsmäßigen Monarchie und. .. (Unterbrechung,) Es ist nothwendig, daß wir uns bei Zeiten jedem Versuche wibersetzen, wodurch die Be— festigung des guten Systems, wie es Montesquieu nennt, vereitelt werden koͤnnte. Ich beschwoͤre Sie, den gegenwartigen Umstaͤnden Ihre ganze Aufmerksamkeit

zu widmen. Sie wissen so gut wie ich, daß man sein Ziel

eben so gut verfehlt, wenn man es hinter sich laßt, als wenn man es gar nicht erreicht. Huͤten wir uns vor jeder ruͤck— gaͤngigen Bewegung, furchtbare Reactionen möchten die Folge davon seyn; aber bleiben wir auch auf dem sesten Boden stehen, auf dem der Thron errichtet ist; ein einziger Schritt weiter koͤnnte uns an einen schluͤpfrigen Abhang fuhren, auf dem ein Stillstehen nicht mehr moglich ware. Man wird mir erwiedern, daß die Republik' der Mehrzahl der Franzosen nicht zusage. Dies mag wahr seyn; unter Umstäͤnden aber, wie die jetzigen, schreitet man wider seinen

Willen vorwaͤrts, und eine kleine Minorität schreibt einer

großen Majoritaͤt Gesetze vor. Fortgerissen von dem Strome der Demagogie gelangt man unmerklich zu einem jaͤhen Ab— grunde, dessen Tiefe der Geist kaum zu ergründen verniag, und der nur allzu bald mit Thränen und Blut geduͤngt wird.“ Herr Salverte schloß sich den Ansichten des Herrn von Trach an und hielt die täglich geäußerten Besorgnisse fuͤr übertrieben. Der Marquis v. armier dagegen trat zur Bekämpfung derselben auf. Als Beweis, wie nothwendig es sey, dem Preß-Unfuge zu steuern, fuͤhrte er einen in der Nr. des Figaro vom 7. Nov. enthaltenen Aufsatz an, worin dieses Blatt sich uͤber den bejahrten Hrn. v. Lameth, mit Ruͤcksicht auf die von dem selben Tages zuvor in der Deputirten⸗Kammer abgegebe⸗

ne Meinung folgendermaßen äußert: „Aus Mitleid fuͤr sein Alter wollen wir das Gefuͤhl, das seine Rede uns eingefloͤßt hat, nicht naher bezeichnen; Achtung den Todten; Friede den Leichen!“ „Wie ist es moͤglich“, heißt es im weiteren

Verfolge dieses Artikels, „daß das Alter die Geisteskraͤfte

eines Menschen so veraͤndern kann, daß ihm aus den Erin— nerungen seiner Jugend nichts zuruͤckbleibt, und daß er selbst denjenigen seiner Zeitgenossen, die am stiefmuͤtterlichsten be— handelt worden, in keinerlei Weise mehr gleicht.“ Der Red— ner bemerkte, er halte es fuͤr seine Pflicht, eine so große Un— schickfsichkeit gegen einen Deputirten, so wie gegen die Waͤh— ler, die er repraͤsentire, der Kammer zu bezeichnen. Der Ge— neral Lafayette sprach sich gegen jede Cautions-Leistung aus, wobei er sich auf das Beispiel Englands und der Nord— amerikanischen Freistaaten berief, wo die Zeitungen ebenfalls keine Caution zu stellen hätten. „Ich degreife eine solche Art von Censur“, fügte er hinzu, „unter einem Systeme, wie das Napoleonische, der größte Despotismus, der je— mals in Frankreich geherrscht hat; aber in unsrer gegenwaͤr— tigen Epoche der Freiheit und Wahrheit bedürfen wir einer solchen nicht. Wir haben zur Steuerung des Preß-Unfugs Gefetze und eine Jury. Mehr brauchen wir nicht, und was die Frage des Stempels betrifft, so glaube ich, wie die Ame— rikaner, daß der menschliche Gedanke kein besteuerungs fähiger Gegenstand ist. Ich bringe daher auf die vollstaͤndige Ab— schaffung der Cautionen fuͤr die periodische Presse.“ Herr Guizot äußerte sich über den Gegenstand in folgender Weise:

„Es ist schon gesagt worden, und ich wiederhole es, daß hier zwei Fragen vorliegen, die finanzielle und die politische, Obgleich ich die erstere keinezweges fuͤr gleichguͤltig halte, so ist es doch offenbar die politische Fragé, naͤmlich die uͤber die zu leistende Eaution, welche die Gemuͤther vorzugsweise beschaͤftigt. Aus dieser Thatsache allein geht schon hervor, daß die Caution nicht eine rein fiskalische Magßregel ist und nicht die Buͤrgschaft fuͤr die Bezahlung der Geldstrafen, zu denen die Herausgeber der Blaͤtter etwa verurtheilt werden möchten, zum alleinigen Zwecke hat. Die Cautzon ist eine Buͤrgschaft dafuͤr, daß die Herausge⸗ ber der Journale Maͤnner sind, die den hoheren Staͤnden der Gesellschaft angehören, und beweist bie Wichtigkeit der Meinung, welche ein Blatt repraͤsentirt, den Werth naͤmsich, den diese Mei⸗ nung darauf legt, ein Organ zu haben. Die Caution hat den Zweck, die Leitung der pexiodischen Blaͤtter und die Verantwort⸗ sichkeit dafur in eine hoͤhere Sphaͤre zu stellen und zu verhin⸗ dern, daß die Redaetion nicht dem Ersten Besten in die Haͤnde falle. Diese Garantie entspricht vielen anderen in der Gesell⸗ schaft vorhandenen Garantieen, welche nicht nur in Geld⸗Cau⸗ tiõnen sondern in gewissen Beschraͤnkungen bestehen. So steht z. B. die zahl der Advokaten, Notare und einer Menge anderer Persönen fest, weil sie mit wichtigen Interessen beauftragt sind, bie man nicht einem Jeden anvertrauen kann. Eine Garantie von derselben Art ist die Caution; sie ist nicht praͤpentiv, son⸗ dern heschraͤnkend, insofern sie verhindert, daß die Macht, welche

die perlodische Presse ausübt, nicht von Jedermann ausgeuͤbt

werde. Verfolgt man die fortschreitende Entwickelung der Ge⸗ sellschaften, jo wird man finden, daß das System der Bedingun⸗ gen und Buͤrgschaften uberall auf das System der Praͤventiv⸗ Maaßregeln und der Privilegien gefolgt ist. Nirgends ist man ohne alle Beschraͤnkung zu einem Zustande der Freiheit uͤberge⸗ gang Daß diese Bedingungen und Buͤrgschaften ewig zauern sollen, mochte ich nicht behaupten. Mit Wahrschein⸗ lichkeit darf man aber annehmen, daß diese oder jene Buͤrg⸗ schaft und Bedingung allmaͤlig aufgehoben werden wird. Dies ist der naturliche Gang der Dinge, das Fortschreiten der Gesellschaft. Aber in keines Menschen Gewalt steht es, der Zeit voranzueilen; eine gewisse Epoche muß einer andern vorangehen. Dem Gange der Vorsehung kann man nicht ohne Gefahr für die Gesellschaft vorgreifen. So weitreichende Dinge liegen nicht in dem Kreise menschlicher Gesetze; es gieht hier Be⸗ dingungen, die mit der Vorsehung im genauesten Zusammen⸗ hange stehen und die zwar fuͤr einen Augenblick verschwinden können, aber den Einfluß, den die Menschen ihnen verweigern, durch staͤrkere Regetionen, als diejenigen waren, die man ver mei⸗ den wollte, wieder, gewinnen. Nach dieser Rechtfertigung der Caution fraß es sich, ob eine Abschaffung oder Verminderung der selben ze e, seyn wurde. Vor drei Jahren wurde die Caution fuͤr die hiesigen Blaͤtter von 10,1900 Fr. auf 600 Fr. herabgesetzt; dasselbe geschah verhaͤltnißmaͤßig mit den Departe⸗ mental-Blaͤttern, und es fragt sich nun, ob es angemessen sey⸗ dieselbe abermals zu vermindern oder gar ganz abzuschaffen) Ich bin nicht dieser Ansicht. Um die Frage zu enischeiden, muß man den gegenwartigen Zustand der perlodischen Presse in seineni Ver⸗ hältnisse zu dem Zustande der Gesellschaft und des Landes betrach⸗

ten. Die Presse hat sechzehn Fahre lang unter einem schweren

Druck der Gesetzgebung gelebt; sie war aber dennoch nicht aller Freiheit beraubt; sie narf? gegen eine feindliche Macht kaͤmpfen, und der Beweis, daß sie frei war, liegt darin, daß sie gesiegt hat. Waͤhrend sie unter der Herrschaft dieser harten Gesetzge— bung kaͤmpfte, hatte sie ein Gefuͤhl der Zuruͤckhaltung, ja sogar der Furcht; ste hielt nicht Alles für erlaubt und möglich und

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fuͤhlte oft ihre Schranken. Diese Stellung ist ihr nach meiner Meinung heilsam gewesen; sie hat sich in dieser Zeit an Vorsicht, KÄrbeitfainkeit und Geduld gewöhnt und sich in diesem Kampfe weit mehr vervollkommnet, als dies unter einer unbeschraͤnkten Freiheit geschehen seyn wuͤrde. Die Lage der Presse in jener Zeit war die des ganzen Landes; sie wurde 9 bedruͤckt; sie ver⸗ theidigte sich und war zuletzt siegreich, Dlese Stellung hat jetzt aufgehört. Die Presse hat, nun das Bewußtseyn, einer unge heuten Macht; sie kennt keine Furcht mehr. Aber obgleich ihr kein Feind mehr gegenuber steht, so sind doch noch Spuren jenes früheren Verhaͤltnisses vorhanden, und dieses uͤbt noch immer große Gewalt auf sie aus. Außer den alten Journalen, welche die sen Kampf durchgefochten, sind neue aus der letzten Revolution hervorgegangen; zwischen diesen beiden Klassen van Blättern besteht ein merkliche Ünterschied. Nach meiner Ansicht Tepräsentiren die alten Blatter jetzt nicht mehr die Meinung Frankreichs in dem Grade, wie sie es vor sechz Mongten tha— ten; ich glaube nicht, daß ste jetzt noch in derselben vollkommenen Shinpätßie mit deim Lande sichen, die ihnen fruher so große Kraft verlieh. Sie sprechen nur noch partielle Meinungen gus, die man Faction, Kategorie nennen kann, die aber nicht der Aus druck der ganzen Nationgl-Ansicht sind. Auch glaube ich, daß die alten Journale fich oft taͤuschen, und, daß ste nicht nur in ihren Angaben, sondern auch in ihrer Politik, haͤuig irren, daß ihr Rath oft schlecht und ihre Sprache ungeziemend ist, und daß in ihren Ansichten Uebertreibung und in ihrem Rathe Gefahr liegt, Dennoch wurde man ihnen Unrecht thun, wollte man sie revolutionngir nennen; die alten Journgle haben keines weges ei⸗= nen solchen Ehgrgkter. Ungeachtet der Irrthuͤmer, die ich ihnen vorwerfe, sinde ich keine Spur von Angechie in ihnen; ihre Ten= denz geht nicht auf den Umsturz der Gesellschaft. Als vor kur⸗ zem Kufstände unter den Arbeitern gusbrachen und wir Versuche zu Unruhen zu bekaͤmpfen hatten, erhoben sich fast alle gegen diese Undrdnungen und sprachen für die Sache der Ordnung und Ge— fetzlichkeit. Sie halten sich also in den Graͤnzen der Preßfreiheit. lind warum Weil sie noch Spuren des fruͤhern langjaͤhrigen Kampfez an sich tragen, weil sie die guten Gewohnheiten, die Tugenden, die sie sich damals erworben, noch bewahren, Anders sst es mit einigen neuen Blattern. Aus der Revolution und der. Trunkenheit des Sieges hervorgegangen, sind sie voll angzchischer Lehren, voll Aufforderungen zur Gewaltthaͤtigkeit und Drohun⸗ gen gegen alles estehende, gegen alle anerkannten Gesetze und die ganze gesellschaftliche ö Ihr Charakter ist von dem der aiten Journale sehr verschieden. Dicz ist ein wichtiges Faitum, wel⸗ ches den Zustand der periodischen Presse charakterisirt— Was würde man unter diesen Umstaͤnden durch eine Aufhebung der Caution bewirken? Den alten Blaͤttern wurde man dadurch kei⸗ nen Vorschub leisten; diefe sind dabei ganz aus dem Spiele; nur den neuen Blaͤttern, welche ein schlechtes Gepraͤge tragen und, vhne an dem Kampfe Theil genommen zu haben, aus dem ersten Rgusche und den ersten Unordnungen der Sieges entstan den sind,/ würde man eine Beguͤnstigung gewaͤhren. Dies wurde unter den jetzigen Umstaͤnden nicht nür schlecht an und fuͤr sich, son⸗ dern auch dem Grundgedanken unserer Regiexung zuwider seyn. Dieser Grundgedanke ist die Oeffentlichkeit, der Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen, zwischen der Wahrheit und dem Irethum. Alle Krafte sollen sich vor der pffentlichen Vernunft, Kelche die vberste Richterin ist, entwickeln können. Für die Wahrheit und für daz Gute ist nur Freiheit vorhanden, wenn auch die entgegengesetzten Extreme derselben genießen, Aber man darf durchaus das Bbse nicht beguͤnstigen, Es ist nicht wahr, daß die Regierung in diesem großen Kampfe zwischen Wahrheit und Irrthum neutral sey, es ist nicht wahr, daß sie

ar keine Rolle dabei zu spielen habe; sie hat eine Rolle zu

unsten des Guten zu spielen; das Gute, nicht das Boͤse , hat fie zu beschuͤtzen; letzterem hat sie nur Freiheit zu gewaͤhren. Will man ig seyn, ohne zu beguͤnstigen, so setze man die Stempel-Gebühren und das Porto hergb; beide halte ich fuͤr

zu hoch, aber eine ,, der Caution wurde nur den e

neuen Blaͤttern, lch schlechte Lehren zu verbreiten suchen, zu Gute kommen. Ich stimme gegen jede rniedrigung und Auf⸗ hebung der Caution, aber, wenn es thunlich ist, für Herabsetzung der Stempel⸗Gebühren und des Porto's, indem ich dem Amende⸗ ment des Herrn Barthe (welches spaͤterhin zur Sprache kommen wird) beitrete. .

Der Graf Alexander von Laborde meinte, daß, wenn man die Cautions⸗Leistung als eine Vor sichts⸗Maaßregel gel⸗ ten lassen wolle, man eine solche nicht minder von den Ad⸗ vokaten, den Theater-Direktoren, den Entrepreneurs eines offentlichen Fuhrwerks, ja von den Deputirten selbst, verlan⸗ gen muͤsse, da Letztere ebenfalls mit dem Worte Mißbrauch treiben und Dinge sagen koͤnnten, die dazu geeignet waren, die offentliche Ruhe zu stoͤren. Er verlangte sonach, daß man die Cautionssumme mindestens auf den vierten Theil herab⸗ setze. Herr von Férussae widersetzte sich einer jeden Er— maßigung der Caution, glaubte dagegen, daß die Stempel⸗ Gebuͤhren zu vermindern seyn wurden. Als es hierauf zur Abstim mung uber den ersten Theil des Amendements des Herrn von Tracy, wonach die Cautions-Leistung ganz und gar abgeschafft werden sollte, kam, wurde derselbe mit großer Stimmen. Mehrheit verworfen, worauf . von Tracy auf seine ubrigen obenerwaͤhnten Vorschläge verzichtete.

Hierauf kam die Proposition des Herrn Bavoux, die Cau— tions summe auf den vierten Theil zu reduziren, an die Reihe; auch diese wurde mit großer Stimmen-Mehrheit verwor— fen. Beide Male stimmten diejenigen Minister, die zugleich Deputirte sind, in dem Sinne der Majoritäͤt mit. Der Vorschlag der Kommissien wurde dagegen mit schwacher Stimmen-⸗Mehrheit angenommen. Derselbe lautet also:

„Wenn eine Zeitung oder periobische Schrift oͤfter als zweimal in der Woche, sey es an bestimmten Tagen oder lie— ferungsweise und unregelmäßig, erscheint, so soll die zu lei⸗ stende Caution 300 Fr. Renten betragen. Sie soll drei Vier⸗ theile dieses Satzes betragen, wenn das Blatt nur 2 Mal woͤchentlich, die Haͤlfte, wenn es nur 1 Mal woͤchentlich, und ein Biertel, wenn es nur 1 Mal im Monate erscheint. Der Betrag der Caution fuͤr diejenigen Tagesblaͤtter, die in den Depts., mit Ausnahme derer der Seine und der Seine und Dise, erscheinen, betragt 1000 Fr. Renten in Staͤdten von 50, 000 Seelen und daruber, und 600 Fr. in den uͤbri— gen Staͤdten; er betraͤzßt nur die Haͤlfte dieser beiden Sum— men fuͤr diejenigen Zeitungen und periodischen Schriften, die in langeren Zwischenräumen erscheinen. Der Betrag der— jenigen Cautions⸗-Summe, der uͤber jene Saͤtze hinaus be— reits entrichtet worden ist, soll zuruͤckgegeben werden.“

Herr Barthe (der neue Deputirte des Seine Departe⸗ ments) hatte einen andern Vorschlag folgenden Inhalts ge— macht;: „Die durch die Verordnung vom 1. April 1816 ein— gefuͤhrte und durch die spaͤteren Finanz-Gesetze bestaͤtigte Auf⸗ lage, wodurch der Stempel fuͤr ein jedes in Paris gedruckte Blatt um 17 Centime, und derjenige fuͤr jedes in den Pro— vinzen gedruckte Blatt urs z Centime erhoͤht wird, ist auf⸗ gehoben.“ Einen aͤhnlichen Antrag, nur in anderer Abfas⸗ sung, hatte auch Hr. Bavoux gemacht. Hr. Barthe, welcher bei dieser Gelegenheit zum erstenmale die Rednerbuͤhne be— stieg, ußerte unter Anderm: „Die Publikationen auf dem Wege der periobischen Presse sind so vielfaͤltig, daß die fiskallsche Frage ebenfalls von großer Wichtigkeit ist. Seitdem die Sitzungen in der Pairs-Kammer oͤffentlich sind, haben die meisten Zeitungen ihr Format vergrößern muͤssen und werden sich auch genothigt sehen, den Abonnements-⸗Preis zu erhoͤhen, wenn mein gegenwärtiger Vorschlag verworfen werden sollte. Von den 22 Cent., die ein jedes Zeitungs— blatt dem Herausgeber einbringt, verbleiben, nach Abzug des Stempels, des Post-Porto's ünd des Papiers, nur 5 Cent. fr die Redactions,, Deuck- und sonstigen Kosten. Eine Zei— tung kann sich daher nicht halten, wenn sie nicht mindestens 5 —= 6000 Abonnenten hat. Die alten Journale wuͤrden also den Abonnements-Preis erhohen muͤssen, und die Stiftung neuer Journale wurde ganz unmoͤglich seyn. Die periodische Presse hat aber in neuerer Zeit ihre Pflichten mit großem Muthe erfuͤllt, und es ist daher wohl billig, daß man sie nicht durch fiskalische Gesetze erdruͤcke. Eine Revolution ist immer ein ernstes Ereigniß. Es bedurfte einer schmaͤhlichen Verletzung unserer schuͤtzenden Institutionen, um das dem Lande aufgelegte Joch abzuschaͤtteln. Es mag in Folge die— ser Umwaͤlzung noch einige Gaͤhrung in den Gemuͤthern ge— ben, die sich durch Zusaimenrottungen, aufruͤhrerische 27. schlagzettel und luͤgenhafte Auszuͤge aus dem Moniteur dem Lande verkuͤndigt. Es fehlt uns aber nicht an Gesetzen gegen einen solchen Unfug, und diese muͤssen vollzogen werden. Sind sie unvollstaͤndiz, so mag die Regierung uns Vorschlaͤge zu beren Verbesserung machen. Es wird ihr an einer Stuͤtze in dieser Versammlung nie fehlen. Frankreich ist freisinniger Gesetze wuͤrdig, aber es will auch die Ordnung und den Frie— den. Dieselben Burger, die sich in der Uniform der Natio— nal⸗Garde uͤberall gezeigt haben, wo die Aufrechthaltung der Ordnung ihre Gegenwart noͤthig hatte, werden auch auf den Banken der Jury mit gleicher Festigkeit und Umsicht die Gesetze verthesdigen. Von diesen Grundsaͤhen sind wir alle belebt, doch ef. wir daruͤber nicht die Dienste vergessen, die die Presse uns geleistet hat; man erzeige sich daher nicht allzu kaͤrglich gegen sie, sondern bewillige ihr einige Centimen, die sie uns tausendfach dadurch ersetzen wird, daß sie der National-Tribune zur Erzielung einer weisen Sparsamkeit in den Staats-Ausgaben Beistand leistet.“ Als uͤber den Antrag des Herrn Barthe abgestimmt werden sollte, verlangte zuvörderst Herr Odier zu wissen, wieviel der bisherige rothe Zeitungs⸗Sfempel, um dessen Abschaffung es sich handelt, dem Staate eingetragen habe, und als Herd Calmon bemerkte, daß der jährliche Ertrag sich etwa auf Z84,689 Franken be— laufe, fragte jener den Praͤsidenten des Minister⸗Raths, ob def Summe sich anderweitig ersetzen lassen wuͤrde. Herr Laf— fit te erwiederte aber: „M. H., die Regierung hat sich bereits durch das Organ des General Sebastiani uͤber die Noth⸗ wendigkeit ausgesprochen, die bestehenden Steuern beizube⸗