1830 / 330 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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surgenten erhaltenen Wunden gestorben ist, wurde gestern mit ausgezeichneten militairischen Ehrenbezeugungen zur Erde bestattet.

Ein Amsterdamer Blatt meldet: „Wie man ver⸗

nimmt, ist wirklich in einem Englischen Hafen fuͤr Rechnung der provisorischen Regierung in Bruͤssel ein Kaperschiff aus— geruͤstet worden und bereits in See gegangen. Inzwischen koͤnnen wir auf guten Grund versichern, daß unser Köͤnig die zweckmaͤßigsten Maaßregeln zur Beschuͤtzung des Handels hat nehmen lassen. Eine Korvette und zwei große Briggs kreu⸗ zen schon im Kanal, und täglich wird aus dem Mittellaͤndi⸗

schen Meere noch eine Brigg zur Verstaͤrkung des Blokade⸗

Geschwaders erwartet. Ucbrigens werden die Flandrischen Fischer streng im Auge behalten, und visitirt man ihre Schiffe, um sich zu überzeugen, ob sie auch nicht mehr als gewohnlich bemannt sind oder Waffen am Bord haben. Die Ostender Lootsen⸗Boote buͤrfen ebenfalls nicht auslaufen oder werden, falls sie dies thun, genommen und nach dem naͤchsten Hol— ländischen Hafen aufgebracht. Dein Geruͤchte, daß in Duͤn⸗ kirchen Kaperschiffe ausgeruͤstet worden, wird auf das be—⸗ stimmteste widersprochen.“

Da aus der Schiffs Verbindung der noͤrdlichen mit den im Aufstande begriffenen suͤdlichen Provinzen des Reiches sehr leicht ein Nachtheil fuͤr die ersteren entspringen koͤnnte, so ist durch Koͤnigl. Beschluß vom 20sten d. M. jede in diesseitigen Schiffen geschehende Ein- oder Ausfuhr nach oder von diefen Provinzen untersagt worden.

Durch Koͤnigl. Beschluß vom 18ten d. ist verfuͤgt wor— den, daß alle Gold, und Silber-Arbeiten, welche den in den suͤdlichen Provinzen uͤblichen Probierstempel tragen, als auslaͤndische angesehen und mit einem besondern interschei⸗ dungszeichen versehen werden sollen.

Amsterdam, 22. Nov. Zwei Fragen draͤngen sich zunaͤchst in Bezug auf die Belgische Angelegenheit auf, deren eine jedoch leichter zu loͤsen seyn duͤrfte, als die andere, uͤber deren wahrscheinliche Loͤsung die Leiter der Belgischen Revolution selbst noch sehr im Ungewissen zu seyn scheinen, Wer wird das linke Ufer der Schelde erhalten? Das ist die erste, und zwar eine fuͤr das aus der Trennung der beiden Länder sich gestaltende Verhältniß uͤberaus wichtige Frage. Daß diese Trennung selbst kein Gegenstand der Kon— troverse mehr seyn kann, wird sowohl dies, als jenseits des Moerdyk nicht mehr in Zweifel gestellt. Holland, wo man laͤngst das bruͤderliche Verhaͤltniß mit Belgien als ein stief⸗ bruͤderliches erkannte, Holland, das sich fuͤr den zuruͤckgesetz— ten Bruder ansah, und zwar dem praktischen Begriffe nach mit größerem Rechte als Belgien, denn während hier dem alten Handel eine Quelle nach der andern ver siegte, kamen dort die theilweise erst seit dem Jahre 1815 entstandenen Fabriken mit jedem Jahr in großeren Flor, Holland stimmt Ein Dank und Loblied an, den undankbaren Bruder, der die Wohlthaten des gemeinschaftlichen Vaters mit dem bittersten Hohne vergalt, eines Bandes entlassen zu sehen, das seiner Bestimmung, aus zwei kleinen Voͤlkern ein groͤßeres maͤchtiges und begluͤcktes zu machen, so wenig entsprochen hat. Allein Belgien will nicht allein, was Holland will, es moͤchte dem aͤltern Bruder auch noch ein Stuͤck seines Erbtheils entziehen und hat dies in der an die Londoner Konferenz ertheilten Antwort, worin es mit Bezug auf die suͤdlichen Provinzen heißt: „y Lompris la rive gauche de 1'Escaut * ziemlich deutlich ausgesprochen. Es gruͤndet angeblich seinen Anspruch auf den hierunter ver— standenen der Provinz Seeland einverleibten Theil des lin— ken Schelde-Ufers auf den Umstand, daß derselbe vor dem Jahre 1814 mit dem Franzoͤsischen Schelde-Departement dereinigt war und seit der Invasion der Franzosen im Jahr 1795 als integrirender Theil der Flandrischen Provinzen an— gesehen wurde. Daß aus den Ersberungen der Franzosischen Revolution ein rechtsbegruͤndeter Anspruch hervorgehe, wird wohl kein Europaͤischer Staatsmann zugeben; dasselbe Argu— ment konnte unseren Belgischen Nachbarn sehr leicht auch auf andere Laͤndertheile einen Anspruch verleihen. Seelaͤn— disch Flandern hat seit dem Westphaͤlischen Frieden den ver— einigten Provinzen gehört und will ihnen auch ferner gehoͤ⸗ ren, wie davon die tapfere Gegenwehr zeugt, welche die Ein— wohner von Oostburg zu wiederholten Malen den eindrin— genden Insurgenten bewiesen haben. Es wuͤrde dies selbst, falls man, wie die Belgier es verlangen, das Princip des Volkswillens hinsichtlich der Laͤnder-Bestimmung als hoͤchste

Instanz wollte gelten lassen, eine Refutation der Belgischen

Änspruͤche seyn, abgesehen davon, daß die Bewohner des ganzen Landstriches von Cadzand bis zu der dem Fort Bath gegenuͤberliegenden Sanbflaͤche, die groͤßtentheils als Fischer eben so viel auf der See als in ihrem vom Wasser durchschnittenen Laͤndchen leben, Hollaͤndischen Ursprungs

sind, die Hollaͤndische Sprache nicht die Flamaͤndische reden und mit der Mehrheit der Holländer, zum Unterschiede von den frommkatholischen Provinzen Ost- und West⸗Flandern, den protestantischen Glauben theilen. Was jedoch diesen Land— strich den Belgiern so wichtig macht, das ist seine Beherr— schung der Häfen von Antwerpen und Gent. Ohne den Besitz dieses Theiles von Flandern wuͤrden die Hollander nicht 150 Jahre lang im Stande gewesen seyn, so streng auf die Sperrung der Schelde zu wachen. Es handelt sich hier also um ein Lebens-Prineip; die Belgier fuͤrchten aber— mals den maͤchtigen fuͤr die Handelsschifffahrt des nordwest— lichen Europa so bequemen Strom geschlossen zu sehen, und darum wollen sie sich den Schluͤssel aneignen. Wir sind je— doch jetzt uͤber die Zeit hinaus, wo man im Angesichte von ganz Europa und mitten im Frieden den Kaufleuten einer alten Handelsstadt die Verbindung mit dem Meere, oder ei— ner Indischen Compagnie, wie die, welche sich im J. 1727 in Ostende gebildet hatte, den Handel mit Ost- und -West— indien wehren duͤrfte. sit den Privilegien des Einzelnen sind auch die der Staaten verschwunden, und schwerlich duͤrfte Holland im neunzehnten Jahrhundert zu der fruͤher schon so gehaäͤssig gewordenen Politik des Ausschließens und der Strom⸗ Absperrung zuruͤckkehren wollen. Wenn inzwischen Antwerpens besorgter Handelsstand von dieser Seite nichts zu fuͤrchten haben durfte, so haben auch andererseits die Hollaäͤndischen Kaufleute nicht zu besorgen, daß die geoͤffnete Schelde ihnen nach wie vor den alten Handel entziehen werde. Denn nicht bloß die freie Schelde-Schifffahrt war es, was Ant— werpen seit 15 Jahren zum Nachtheile Rotterdams und Amsterdams so bsuͤhend machte; es war auch seine Ver— bindung mit Hollands Kolonieen, die es fast ausschließlich mit den Erzeugnissen des Europaͤischen Gewerbfleißes versorgte, es war der Schutz, den es unter Oraniens geach— teter Flazge genoß, was Antwerpen zu einem der bedeutend— sten Spebitions-Plaͤtze erhob; indirekt hat auch dazu die er— schwerte Rheinschifffahrt beigetragen, welche die eonsumtions— reichen Rheinlaͤnder bewog, einen großen Theil ihres Bedarfs auf dem kostspieligeren Wege uͤber Antwerpen zu beziehen. Unstreitig wird diese letztere jetzt erleichtert werden; da nun die beiden ersterwaͤhnten Punkte von selbst wegfallen und der Hollaͤudische Handel von mancher Beschraͤnkung, die der Fa⸗ brikenstand Belgiens erheischte, wird befreit werden koͤnnen, so ist, der geoͤffneten Schelde unerachtet, ihm die lang ent— behrte Regsamkeit wieder zu versprechen. Aus allem diesen aber geht fuͤr die erste von uns aufgeworfene Frage die Er⸗ wieberung hervor, daß Holland im Besitze jenes oben erwaͤhn⸗ ten Theiss des linken Schelde-⸗Ufers bleiben wird und muß. Die zweite Frage betrifft nicht mehr die Gestaltung der aͤn— ßeren, sondern die der inneren Verhaͤltnisse Belgiens und ist dieselbe, die bereits im Anfange der Belgischen Revolution angeregt worden, seitdem aber immer schwieriger geworden zu seyn scheint. „Wer wird das Haupt des Staa⸗ tes seyn?“ so fragte schon vor laͤngerer Zeit der Cour— rier des Pays-Bas, “) und wer wagt es jetzt wohl, auf diese Frage auch nur eine irgend einige Wahrscheinlich— keit fur sich habende Antwort zu ertheilen? Welch ein bnn— tes Gewirre von Vorschlaͤgen auf dem Tapete ist, kann man am leichtesten aus den Belgischen Blaͤttern ersehen, von de⸗ nen jedes einen andern Kandidaten anpreist und dabei zum Theil wahrhaft kindische Plaͤne zur Vergroͤßerung des neuen Staates entwirft. Die Frage der Monarchie oder Republik

ist, seitdem de Potter ganz unvermuthet vom Schauplatze

abgetreten und der Kongreß ruhiger sich darstellt, als es von ihm erwartet wurde, nicht mehr zweifelhaft. De Potter soll zwar seine Machinationen in Bruͤssel fortsetzen, und es ist auch gar nicht zu erwarten, daß er seinen mit so vieler Muͤhe und so großem Geld⸗Aufwande erworbenen Namen plotzlich aufgeben und sich in das stille Privatleben zuruͤckziehen werde; wird er es jedoch mit dem ganzen Kongresse, der sich durch das Uebergehen zur Tagesordnung, als sein Schreiben vorgelesen worden, auf eine so demuͤthigende Weise gegen ihn ausgesprochen hat, aufnehmen wollen? Moͤglich ist dies wohl; denn indem de Potter die Dimission, die seine Kollegen beim Kongresse eingereicht, nicht ebenfalls unterzeichnen wollte, er⸗ klaͤrte er, daß er die Suprematie des Kongresses, den der Ruf der provisorischen Regierung erst gebildet habe, nicht anerkenne; und es bleibt 6 also immer noch der Ausweg, endlich im Namen seiner Partei gegen die Entscheidung des Kongresses zu protestiren. De Potter Luͤrfte sonach dem Kongresse zum Trotz eine Republik durchsetzen wollen; allein es ist zu bezweifeln, daß der Kongreß in einem

Vergl. Nr. 299 der Staats⸗Zeitung, Schreiben aus Am⸗ sterdam vom 22. Ott. ö

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Kampfe mit de Potter unterliegen werde. Die groͤßere Wahrscheinlichkeit ist also, nachdem in den Sectionen des Kongresses nur 10 Stimmen fuͤr die Republik sich ausgespro⸗ chen, fuͤr die monarchische Regierungsform, die, da man bis—⸗ her Alles so viel als moͤglich den Franzosen nachgemacht hat, der Franzoͤsischen ziemlich aͤhnlich sehen duͤrfte? Wer wird hier jedoch, wie in Frankreich der Herzog von Orleans, der Vermittler seyn? Den Prinzen von Oranien, der den Vel— giern, aus wahrer Liebe zu ihnen, und weil er einsieht, daß

er der Einzige sey, der eine wahrhafte Versoͤhnung wiederher⸗—

stellen kann, entgegengekommen ist, weist die bethöͤrte Menge zuruͤck, und darum duͤr fen auch diejenigen ziemlich zahlreichen Mit⸗ glieder des Kongresses, die in ihm den Anker des Heils erken⸗ nen, sich nicht laut fuͤr ihn aussprechen. Welcher von den vielen anderen Fuͤrsten, die in den Belgischen Zeitungen ge— nannt werden, duͤrfte es nun aber wohl unternehmen wollen, des schwierigen undankbaren Regenten-Amtes uͤber das aus den Elementen einer ewigen Zwietracht gebildete Belgische Volk sich zu unterziehen? Die meisten Wuͤnsche soll ein auch als Feldhert geachteter Prinz eines großen Regentenhauses, das fruͤher schon in naheren Beziehungen zu Belgien stand, fuͤr fich vereinigen. Es soll sogar bereits eine Deputation mit der Anfrage, ob er die Belgische Krone wohl übernehmen wuͤrde, an ihn abgesandt worden seyn. Schwerlich ist jedoch zu glauben, daß dieser edle Fuͤrst die gluͤckliche Zuruͤckge— zogenheit, in der er seit langerer Zeit schon lebt, mit dem ruhmlosen Berufe vertauschen werde, der Vermittler zwischen einem eben so eingebildeten als trotzigen Adel, einer maͤchti⸗ gen und ehrgeizigen Klerisei und einer die Klubs von ganz Belgien leitenden gefaͤhrlichen Republikaner-Partei zu seyn. Wo ist hier wohl die Ruhe, wo ein Stillstandspunkt abzu— sehen? Hat nicht Belgien mit seiner sogenannten vom Kon— gresse einstimmig ausgesprochenen Unabhaͤngigkeit erst den Keim zu einer nie zu beschwichtigenden Unzufriedenheit ge— legt? Wenn die schoͤnen Worte „Unabhaͤngigkeit“ und „Frei⸗ heit“ erst den Reiz des Neuen verloren haben, wird dann nicht die Noth der vielen brodlosen Fabrik-Arbeiter im Kon— trast mit den beiden Staͤnden, die sich so weich im Schooße des Nichtsthuns gebettet, um so schneidender hervortreten? Spanien und Frankreich, die beide einen langen Einfluß auf die Belgischen Provinzen uͤbten, sehen, seltsam genug, ihre einander widersprechenden Verfassungen auf diesem Heerde der Unruhen mit einander vereinigt. Wenn es darauf an— kaͤme, wurden Gent und Bruͤgge, Lüttich und Namur, eben so gut ihre Koͤniglichen Apostolischen Freiwilligen herstellen können, als Madrid und Toledo; wirklich haben auch die fanatischen Landleute, die sich in den beiden Flandern bewaff— net, um ihre andersglaͤubigen Nachbarn anzugreifen, so we— nig einen Begriff von ihren constitutionnellen Rechten, daß sie fast einzig und allein ihren Priestern die Sorge uͤber, lassen haben, die Kandidaten fuͤr den National-Kongreß zu bestimmen, daher auch die 65 Abgeordneten von Ost- und West-Flandern fast sammt und sonders das Interesse der Klerisei vertreten. Im Kontraste damit bildet dagegen die staͤdtische Garde von Bruͤssel und einigen anderen Orten ein Seitenstuͤck zur Franzoͤsischen National-Garde; wenn auch nicht eben so wie diese, ist sie doch mehr, als der große Haufe in den Provinzen, und namentlich das Landvolk, von dem Berufe durchdrungen, eine verfassungsmäßige Ordnung zu behaupten. Die städtische Garde war es, die aus einem sehr natuͤrlichen Gefuͤhle von Schaam nicht zugeben wollte, daß im Theater von Gent ein freches Lied des Hrn. Campenhout, „la Gantoise“ genannt, in welchem eine Strophe voll Schmaͤhungen gegen den edlen Herzog Bernhard von Sach— sen⸗ Weimar, den Wohlthaͤter von Gents Armen, gerichtet ist, gesungen werde. Ein gewisser Onraat war zwar unver— schaͤmt genug, im „Journal des Flandres“ zu behaupten, daß alle Wohlthaten des Herzogs durch die Treue, die er seinem Koͤnige in der letzten Zeit bewiesen, verwischt worden seyen; nichtsdestoweniger hat doch jenes Lied in Gent keine Gnade mehr finden koͤnnen. In den Fabrikstädten, namentlich aber in Gent, Bruͤssel, Verviers u. s. w., faͤngt man uͤber— haupt schon an, die Nothwendigkeit einzusehen, jeden Exceß und folglich auch jede Uebertreibung im Zaume zu hal— ten, weil diese leicht zu Aufruhr und Pluͤnderung fuͤhren koͤnnten, zu denen ein nur alluugährender Stoff vorhanden ist. Taͤglich kommen von dem Heere, wo es jetzt weniger zu pluͤndern giebt, die sogenannten Freiwilligen einzeln zuruͤck, und uͤberall auf dem platten Lande wimmelt es von auslaͤndi—⸗ schen und einheimischen Abenteurern, die den Verlust der sonst so vortrefflichen Marechaussee nur allzufuͤhlbar machen, besonders in den Waͤldern und Forsten, die sowohl von Wild als von Holz bald ganz und gar gelichtet seyn werden. Die Errichtung einer stabilen Ordnung der Dinge, die Ernennung

eines Staats-Oberhaupts, wird daher auch dem Kongresse immer dringender erscheinen. Doch wer wird dieses muͤhse— lige undankbare Geschäͤft uͤbernehmen? Dies ist die vorhin bereits von uns aufgeworfene Frage, die wir aus der vor uns liegenden, den Belgischen Blaͤttern entlehnten, Liste von seltsamen Propositionen zu beantworten uns nicht getrauen.

Mastricht, 19. Nov. Zur Feier des Geburtstages J. Maj. der Koͤnigin der Niederlande hatte der General Dibbetz gestern die Besatzung der Festung zu einer großen Parade ausruͤcken lassen; bei dieser Gelegenheit hielt er eine Anrede an die Truppen, welche mit freudigstem Jubel aufgenommen und mit dem Rufe: es lebe der Koͤnig! beantwortet ward. Spaͤter gab der General ein Bankett an eine zahlreiche Ver— sammlung von Behoͤrden und Offizieren.

Luͤttich, 22. Nov. Es heißt, daß 6 8,000 Mann Hollaͤndische Truppen von Breda aus gegen Venloo vorge— ruͤckt sind; das hier verbreitete Geruͤcht, daß sie bereits bis Hasselt vorgeruͤckt seyen, hat sich als voreilig erwiesen.

Heute ist der an der Landesgränze belegene Niederlaͤn— dische Flecken Vaels von ungefaͤhr 150 Mann Belgischen Truppen wieder besetzt worden; sie haben die Weisung erhal— ten, das jenseitige Gebiet auf das strengste zu respektiren.

Die Gesellschaft der Volks-Freunde in Paris hatte be— kanntlich zur Unterstuͤtzung der Belgier ein Corps bewaffne— ter sogenannter Freiwilligen abgesandt, die von der Gesell— schaft auch besoldet und unterhalten wurden; jetzt soll dieses ö den Befehl erhalten haben, nach Frankreich zuruͤckzu— ehren.

Brüͤssel, 21. Nov. Gestern faßte der National-Kon⸗ greß auf den Antrag des Grafen Werner v. Merode den einstimmigen Beschluß, in der St. Gudula-Kirche von Bruͤs— sel eine feierliche Messe fuͤr die Seelenruhe aller in der letz⸗ ten Revolution gebliebenen Belgier lesen zu lassen und die provisorische Reglerung eben so wie die Mitglieder des Kon— gresses zur Beiwohnung dieser Feier einzuladen. Man ging darauf zur fernern Diskussion uͤber die Regierungsform uͤber. Es ließen sich zwoͤlf Redner vernehmen; darunter der Abt von Smet, Hr Lebean, Hr. de Roo, Hr. Peetinx, Hr. He— lias d'Huddeghem, Hr. Thienpont, Hr. v. Theux und Hr. v. Leeuw fuͤr die Monarchie, Hr. David (Buͤrgermeister von Verviers), Hr. Devaux, der Abt von Haerne und Hr. v. Robaulx fuͤr die Republik. Der Heftigste unter den Republikanern war Hr. v. Robaulx, der, als er sagte; „Eines Tages werden die Maͤnner, die uns jetzt verlassen haben, sich dessen voll Schaam und mit Erroͤthen auf der Stirn erinnern“, zuerst von mehreren Mitgliedern und sodann vom Praͤ— sidenten zur Ordnung gerufen wurde. Nichtsdestoweniger ließ er sich in seinen Demonstrationen nicht 96. = halten und brachte am Ende das Amendement in Vorschlag, daß man die Entscheidung des Kongresses dem Volke zur Bestaͤtigung vorlegen moͤge. „Es ist noth— wendig“, sagte er, „zu wissen, ob unsere Ansicht auch die des Volkes sey, welches die Revolution eigentlich bewirkt hat, und 6b dieses sich nicht veranlaßt finden duͤrfte, unsere Entschei— dung zu vernichten.“ Hr. Forgeur erhob sich gegen diesen Vorschlag mit großem Eifer: „Diese Appellation an den gro— ßen Haufen“, rief er, „diese Beleidigungen und Drohungen gegen die Mesoritaͤt dieser Versammlung. .““ Hier wurde der Redner von einigen auf der Seite des Hrn. v. Robaulx sitzenden Mitgliedern durch den Ruf zur Ordnung unterbro— chen. „Sie haben“, rief man ihm zu, „die Polizei in die— ser Versammlung nicht zu handhaben.“ Hr. Forgeur fuhr fort: „Sie haben eine ganz ungebraͤuchliche Sprache ver— nommen, die Sprache der Leidenschaften. Man will außer— halb diefes Kreises einen Stuͤtzpunkt suchen. Man hat Sie auf eine in der Zukunft zu bewirkende Vernichtung Ihrer Beschluͤsse hingewiesen; man hat Ihr Mandat bestrit⸗ ten; man hat sich geweigert, Sie als konstituirende Gewalt anzuerkennen; man hat mit einer Art von Ver— achtung alle Redner behandelt, die auf dieser Tribune die repräͤsentative Monarchie vertheidigten, man hat gethan, als verstaͤnde man ihre Argumente nicht, man hat Ihnen von einer republikanischen Jugend erzaͤhlt, welche die Revolution zu Stande gebracht; nun, ich gehöre, meinem Alter und mei— nen Studien nach, ebenfalls zu der neuern Generation, und in ihrem Namen protestire ich auf dieser Rednerbuͤhne gegen ene Behauptung. Die Republik hat eben so im Volke wie in diefer Versammlung nur eine schwache Minoritaͤt fuͤr sich.“ Nach Beendigung dieses Vortrages beschloß man, die weitere Diskussion auf Montag zu verschieben, nachdem auf den Vorschlag, auch am Sonntag eine Sitzung zu halten, sich nur 30 Mitglieder dafuͤr erklart hatten. Sein Amendement hat Hr. v. Robaulxr, nach der Vorschrift des Reglements, auf das Bureau niedergelegt.