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sungen und Zwecke der gewaltsamen Bewegungen sind, welche seitwem in verschiedenen Landern entstanden; so kommen sie doch alle in der Wahl der Mittel uͤberein. Ueberall sind dies Aufstaͤnde des Volks wider die bewafnete Macht der Regie⸗ rung. Fanden solche anch in allen Jahrhunderten statt, ohne eben eins neuen Vorbilds zu beduͤrfen: so deutet doch ihre An— haͤufung seit den Julitagen nicht zweifelhaft dahin, daß die⸗ fen Erscheinungen der Zeit die Begebenheiten zu Paris als Muster vorgeleuchtet haben.
Es wurde sehr unbillig sein, die franzoͤsische Regierung verantwortlich dafuͤr zu machen, wenn Frankreichs Bei spiel ohne ihr Zuthun anregend gewuͤrkt hat. Auch entschuldigt es sich selbst, wenn eine neue , . nicht mit vollem Erfolge zu verhindern vermag, daß Bewegungen, welche sie im Innern bekämpft, sich dem Auslande mitthei⸗ len; und daß Privatunternehmungen, von ihrem Gebiete aus⸗ gehend, die Ruhe fremder Staaten gefaͤhrden. Franzoͤsische Blatter haben selbst wiederholt, daß Paris nicht Frankreich und die Stimme einiger parjser Zeitschriften nicht die Mei— nung des franzoͤsischen Volkes sei; und es mag aus dieser Ansicht nur fur eine Zeitungsphrase gelten, wenn solche Schriften Volksaufstaͤnde, im Auslande durch Frankreichs Beispiel angeregt, als eine eigenthuͤmliche Vertheidigungs— waffe der französischen Verfassung bezeichnen. Mag endlich eine Drohung, die der Lebhaftigkeit des Redners entschluͤpfte, und eine theilnehmende Bewegung, die seine Zuhoͤrer uͤber—⸗ raschte, auch fuͤr uns mit dem Augenblicke verhallen, der sie erzeugte. Aber eben diese wohlwollende Aufnahme von Be⸗ gebenheiten, die leicht einer andern Deutung fähig waͤren, berechtigt auch an die alte Bemerkung zu mahnen, daß Frank⸗ reich, so reich ausgesteuert durch Natur, Wissenschaft und Kunst, mit allen Elementen der Groͤße und des Gluͤcks, kei⸗
c, nen verderblichern Feind hat, als sich selbst. Nur wenn
Frankreich selbst ernstlich und beharrlich die Meinung auf— dringen wollte, daß die bloße Existenz seiner jetzigen Ver fas— sung ein Schreckbild fuͤr das feste Land von Europa sei, und daß es nur von ihm abhaͤnge, die Thronen des selben durch Erregung von Volksaufstaͤnden umzustuͤrzen, wurde das Wohl⸗ wollen verschwinden muͤssen, das bisher mitten unter den Vorsicht gebletenden Bewegungen der Zeit die Fortdauer der Segnungen des Friedens verbuͤrgte. Nichts aber koͤnnte tie⸗ fer, als dies, das innerste Interesse Frankreichs selbst ver⸗ letzen: und wie richtig die Regier ag selbst diese Ber ali nisse würdigt, ist so eben in der Depurstkenkammer ausge ochen, und mit lebhaftem Beifalle anerkannt worden.
Mur die ungluͤcklichen, die mit sich selbst zerfallnen Voͤl⸗ ker, oft nur die Schuld der Vaͤter buͤssend, die Volker, in deren Schooße feindselige Gewalten und unvereinbare For de⸗ rungen einander bekämpfen, enthalten einen Zunder, der zur Flamme des allgemeinen Aufstandes auflodern kann. Aber Völker, deren gebildete und wohlhabende Masse kein groͤßres Elend zu denken vermag, als die Auflösung der ge elligen Srdnung, deren Schutze sie den Genuß aller Guter ihres Le⸗ bens verdanken, vereinigt nichts wuͤrksamer zur Vertheidigung, als ein Versuch, den Feuerbrand des Aufruhrs in ihre fried, liche Heimat zu werfen. .
Gestuͤtzt auf diese sittliche Kraft, behutsam ohne Arg⸗ wohn, friedlich ohne Furcht, möge das wirthliche Ufer auch fen ein Meer umgränzen, das sich nach dem Sturme nur
angsam abzustillen vermag. ;
Königliche Sch auspiele.
Mittwoch, 15. Dez. Im Opernhause, auf Befehl: Oberon, Koͤnig der Elfen, romantische Feen⸗Oper in ] Ab— theilungen, mit Ballets; Musik von C. M. v. Weber. (Hr.
Ballotte, erster Tanzer des K. K. Theaters zu Mailand, wird hierin tanzen.) ö
Preise der Plätze: Ein Platz in den Logen des ersten Ranges 1 Rthlr. 10 Sgr. ꝛe.
Donnerstag, 16. Dez. Im Schauspielhause: Philipp, Drama in 1 Akt, nach dem Franzoͤsischen. Hierauf: Der Zeitgeist, Possenspiel in à Abtheilungen, von E. Raupach.
Koönigstädtisches Theater.
Mittwoch, 15. Dez. Zum erstenmale wiederholt: Sol⸗ daten ⸗Liebe, Lieder spiel in 1 Akt, nach dem Franzoͤsischen, bear⸗ beitet von Fr. Genée. Vorher: Die Erbschaft, Schauspiel, in 1 Akt, von Kotzebue. Zum Beschluß:; Der junge Werther oder: Qualen eines gefuͤhlvollen Herzens, Posse mit Ge— sang in 1 Akt.
Donnerstag, 16 Dez. Zauberspiel in 2 Akten.
Sonntag, 19. Dez. Zum erstenmale: Das Kloster von Tonnington, oder: Die Pensionairin, Melodrama in 3 Ak— ten, nach dem Franzoͤsichen des Victor Ducange, frei bear— beitet von Fr. Gen ée.
Der Diamant des Geisterkoͤnigs,
Börse. Der 14. Dezember 1830.
Berliner
Amtl. Fonds- und Geld- Caurs- Zettel. (Prersis. Cour.) * 3 7rd, dera. a,.
8
St. Schuld Sch. Osipr. Pfandbrt. Er. Engl. Anl. 18 bomm Pfandbrl. Pr. Engl Anl. 22 Kur- n. Leum. do. Pr. Engl. Obl. 30 Sechlesische do. Kurm. Ob. m. I. C kKkst. C. d. R- u. N. Neum Int. Sch.d. L. ðch.d. .- nu. N. 2 e, ee. dnigshg. do. Eine do. Dauz. do. in Th. ]-
Iloll. vol Da. , Nene dito IFriedrichsd' or.
Disconto .
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Westpr. PIdh. Crus x. Pan. do.
Wechsel- Cours.
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Freriss Cour. Briefe Geld. 142
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Augsbur
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Auswärtige Börsen.
London, 4. Dezember. 3proe. Cons. aul Rechnang S2 i. Brasil. 574. 58. 583. Nexic. 3553. Russ. 833. 943. Span. 156.
Din.
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Gedruckt bei A. W. Hayn.
Redactenr John. Miteecdactenr E ott el.
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1 8 RK
Allgemeine
Preußische Staats⸗-Zeitung.
M 348.
Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.
Des Königs a haben geruht, den Ober, Landes- gerichts⸗Assessor von chlebruͤgge zu Hamm zum Rath hei dem Oher-Landesgerichte zu Breslau zu ernennen.
Des Koͤuigs Masestaͤt haben die erledigte Landrathsstelle des Trebnitzer Kreises, im Regierungs⸗Bezirk Breslan, dem . von Poser auf Pannewitz zu verleihen geruht. =
Ihre Majestaͤt die Königin und Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Friedrich der Niederlande sind aus
dem Haag hier eingetroffen.
Zeitungs-⸗Nachrichten.
Ausland.
Frankreich.
Pairs-Kammer. Die Sitzung vom 7 Dez; er⸗ oͤffnete der Marguis v. Malleville mit einem Berichte über den Gesetz⸗ Entwurf wegen der Zettel-Anschlaͤger und oͤffentlichen Ausrufer, worin er auf die unveraͤnderte Annahme dieses Entwurfes antrug. Die Berathung daruͤber sollte am folgenden Tage stattfinden. — Der Graf v. Su ssy, so wie nach ihm ein zweiter Pair, berichteten sodann uͤber einige bei der Kammer eingegangene Bittschriften von keinem erheb⸗ lichen Interesse. — Hierauf begann die Diskussion uͤber den Gesetz Entwurf wegen der Zeitungen und sonstigen periodischen Schriften. Man wird sich erinnern, daß der Herzog von Broglie als Berichterstatter in dieser Sache in der Sitzung vom 3. Dezember (s. Nr. 344. d. St. Z darauf angetra⸗ gen hatte, nicht blos die kuͤnftig von den Zeitungs⸗-Schreibern zu bestellende Caution, sondern auch den Stempel und das Postporto fuͤr die Zeitungen zu ermaͤßigen. Zugleich aber hatte er auch verlangt, daß hinfuͤhro der verantwortliche Ge⸗ schaͤftsfuͤhrer einer Zeitung alleiniger Eigenthuͤmer der zu be⸗ stellenden Caution seyn sollte. Der See-Minister er— klaͤrte jetzt, daß die Regierung auf den obigen Vorschlag we— gen Ermaͤßigung der Caution auf die in Antrag gebrachten Saͤtze eingehe, daß sie dagegen dieser letzteren estimmung nicht beipflichten koͤnne. Nach dem Gesetze vom Jahre 1819 hatten die Geschäftsfuͤhrer nur den Besitz des vier— ten Theils der zu leistenden Caution nachzuweisen ge— braucht; jetzt schlage die Kommission vor, daß man von dem Geschaäftsfuͤhrer den Gesammt-Betrag der Caution ver— lange; das Ministerium koͤnne den Nutzen dieser Neuerung nicht wohl einsehen; allerdings sey es nothwendig, daß der fuͤr die Redactiou verantwortliche Geschaͤftsfuͤhrer auch bei dem ganzen Unternehmen interessirt und mithin Eigenthuͤmer eines Theils der Caution sey; weshalb er aber alleiniger Ei— genthuͤmer der Caution seyn solle, leuchte dem Ministerium nicht recht ein. Der Herzog v. Broglie erwiederte, daß er die Grunde, warum die Kommission den Gesammt-Betrag
der Cautions⸗-Summe von den Geschaͤftsfuͤhrern verlange, in
seinem Berichte ausfuͤhrlich entwickelt habe; der Zweck der Cautionsstellung sey nämlich nicht blos, den Geschaͤftsfuͤhrer einer Zeitung fuͤr die Gelbbußen in Haͤnden zu haben, zu de— nen er etwa bei einem Preßmißbrauche kondemnirt werden möchte, sondern zugleich dem Lande die Gewißheit zu gewaͤh— ren, daß diejenigen, die eine Zeitung schreiben oder vielmehr stiften, durch ihr Vermoͤgen und ihre ganze gesellschaftliche Stellung gewissermaßen eine Buͤrgschaft fuͤr ihre sittliche und geistige Ausbildung geben. Aus diesem Gesichtspunkte betrachtet
Berlin, Donner stag den 16ten Dezember
1830.
sey das Princip der Cautionsstellung etwa dasselbe, was das Princip des Census von 300 Fr. für die Waͤhler und von i000 Fr. fuͤr die Waͤhlbaren sey. Der Herzog v. Monte⸗ bello theilte diese Ansicht vorzuͤglich aus dem Grunde nicht, weil es unter den gegenwaͤrtigen Geschaͤftsfuͤhrern Manchen geben möchte, der nicht im Stande ware, die verlangte Cau⸗ tion allein zu stellen, und dessen Existenz sonach aufs Spiel gesetzt werden wurde. Nach einigen Bemerkungen des See— Ministers in demselben Sinne trat der Herzog v. Broglie zum zweiten Male zur Behauptung der Ansichten der Kom⸗ mission auf. Der Graf v. St. Aulaire vertheidigte die⸗ selben, wogegen der See⸗Minister sich zum dritten Male ber Annahme derselben widersetzte. ach ihm ergriff der Herzog Deeazes das Wort und aͤußerte sich in dem Sinne des Herzogs v. Montebello; auch er war der Meinung, daß der Vorschlag der Kommission eine ruͤckwirkende Kraft auf die bestehenden Journale habe; man koͤnne von einem Ge⸗ schaͤftsfuͤhrer nicht verlangen, daß, nachdem er bisher nur den vierten Theil der gesetzlichen Caution mit 1509 Fr. entrich⸗ tet, er plöͤtzlich die ganze Caution mit 2400 Fr. stelle; Der Redner trug sonach darauf an, daß man kuͤnftig nur die Haͤlfte der Cautions-⸗Summe von dem Geschaͤftsfuͤhrer verlange. Die Minister stimmten diesem Antrage bei. Als es indeß zur Abstimmung kam, wurde derselbe mit 58 gegen ä0 Stimmen verworfen und der betreffende Artikel in der⸗ seiben Absassung, wie die Kommission sie vorgeschlagen hatte, angene e nenen. Dieser Artikel lautet nunmehr also: „Art. 1. Wenn eine Zeitung oder perzodische Schrist ofter als zweimal in der Woche, es sey an bestimmten Ta—⸗ gen oder lieferungsweise und unre elmäßig, erscheint, so soll die zu leistende Caution 2409 8 Renten betragen. ) Sie soll drei Viertheilen dieses Satzes gleichkommen, wenn die Zeitung oder periodische Schrift nur 2mal woͤchentlich herauskommt; der Haͤlfte, wenn das Blatt nur einmal wöchentlich, und dem vierten Theile, sobald dasselbe nur einmal monatlich erscheint. Die Caution fuͤr die— jenigen Tagesblaͤtter, die in den Departements, mit Aus— nahme derer der Seine und der Seine und Oise, erscheinen, soll 800 Fr. Renten **) in Staͤdten von 50, 000 Seelen und daruͤber, 500 Fr. Renten *) in den uͤbrigen Staͤd— ten, und resp. die Haͤlfte dieser beiden Summen fuͤr dieje⸗ nigen Zeitungen und periodischen Schriften betragen, die in minder kurzen Zwischenraͤumen erscheinen. Der verant— wortliche Geschaͤftsfuͤhrer der Zeitung muß den Gesammt— Betrag der Cautions Summe eigenthuͤmlich besitzen. Giebt es zwei oder drei verantwortliche Geschaäͤftsfuͤhrer, so muß ein Jeder derselben resp. die Haͤlfte oder den dritten Theil der Tautions⸗ Summe eigenthuͤmlich besitzen. Der Cau— tions⸗-Betrag, der uͤber die obigen Satze hinaus bereits entrichtet worden, soll zuruͤckerstattet werden.“
Der Baron Mounier hatte noch einen Zusatz in An⸗ trag gebracht, wonach den Geschaͤftsfuͤhrern der bereits be⸗ stehenden Zeitungen zur Erfuͤllung der in dem neuen Gesetze aufgestellten Bedingungen eine 6 monatliche Frist bewilligt werden sollte. Auch dieser Antrag wurde angenommen, jedoch Behufs einer neuen Abfassung zuvor noch einmal an die Kommisston verwiesen. Die Fortsetzung der Berathung wurde sodann auf den folgenden Tag verlegt.
Deputirten⸗ Kammer. Die Sitzung vom 7. De— zember begann mit einer sehr lebhaften Scene, wozu Herr Petou Anlaß gab. Dieser bestieg naͤmlich die Rednerbuͤhne,
) Sie . sich bisher auf 6009 Fr. Die Deputirten⸗Kam⸗ mer hatte sie auf 5h00 Fr. herabgesetzt. e Die Deputirten⸗ Kammer hatte jene Caution auf 1000 Fr. festgesetzt. = fi 3 Die Deputirten⸗ Kammer hatte sie auf 6090 Fr. be⸗ immt.