1830 / 355 p. 5 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Thu, 23 Dec 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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wohner unsers schoͤnen Schweizerlandes gluͤcklich und frei, wie gewiß keine andere Nation auf Erden. Man weiß es aber, durch welche Einwirkungen so viele aus unserem Volke, dem sonst der Ruf des Biedersinns, der Ordnungsliebe und eines hellen gesunden Verstandes eigen war, zu dem unseligen Kah verleitet wurden, jene Zeit eines wahren, unter dem Schutz gesetzlicher Freiheit genossenen, friedlichen Gluͤckes als eine Zeit des Elends und der Unterdruͤckung zu betrachten. Die sich immer erneuern— den Angriffe auf Verfassungen und Gesetze, die Verdaͤchti⸗ gungen Schweizerischer Obrigkeiten, das rastlose Streben nach Umwaͤlzung und Zerstoͤrung, sie sind nunmehr in ihren bittern Fruͤchten anerkannt. Durch sie kam das Vaterland an einen Abgrund, wo nichts retten kann, als vielleicht treuer Rath, bruͤderliche Huͤlfe und festes Zusammenhalten im Ver— ein der Eidgenossen. Hier liegt also die erste nothwendige Veranlassung zur Einberufung einer Tagsatzung, damit der zffentlichen Ordnung, da, wo sie noch besteht, eine Stuͤtze gereicht, der Gesetzlosigkeit, wo sie jene verdrängt hat, moͤglichst Einhalt ge⸗ than werde; beides aber mit steter Beachtung des Grundsatzes, daß der Bundesbehoͤrde keine Berathung zustehe über solche Verbesse⸗ rungen und Modificationen, welche durch verfassungsmaͤßige Ge— walten freiwillig und auf gesetzlichem Wege in dem Gemein— wesen der einzelnen Kantone würden bereits eingefuhrt wor— den seyn, oder noch spaͤter eingefuͤhrt werden. Was sodann zweitens die Einberufung einer außerordentlichen Tagsatzung unerlaͤßlich macht, ist das Beduͤrfniß thaͤtiger und schuͤtzender Vorsorge fuͤr die Bundesverhaͤltnisse im Innern. Es ist der Tagfatzung, als Stellvertreterin der gesammten Schweiz, vornehmste Pflicht, nach Vorschrift des Art. VIII., alle er— forderlichen Maaßregeln auch fuͤr die innere Sicherheit der Eidgenossenschaft zu ergreifen. Sie soll die Verhaͤltnisse un⸗ ter den Kantonen, wie jene der Einzelnen zur Gesammtheit, sorgfaͤltigz pflegen und durch Aufrechthaltung des eid— genössischen Verbandes verhuͤten, daß nicht die Natio— nal-Existenz der Schweiz in der Schweiz selbst verloren gehe. Zunaͤchst wuͤrde ihr besonders obliegen, zur Sicherstellung ei— nes regelmäßigen Fortganges der Geschaͤfte Verfuͤgungen zu treffen, welche der abtretende Vorort unter so schwierigen Verhaͤltnissen nicht wohl aus sich allein anordnen darf; in keinem Falle aber will er sich der Verantwortlichkeit aussetzen, wo das eidgenoͤssische Amt in Bern nothwendig aufhoͤrt, fuͤr dessen Uebertragung an den hierzu berufenen Stand etwas unterlassen zu haben. Drittens und endlich erfordern die Ver— haͤltnisse gegen das Ausland eben so dringend, daß der Schweizerische Bundesstaat moͤglichst bald durch eine Tag— satzung vertreten werde. Solche bedenkliche Gährungen, welche bei allen angkaͤnzenden Staaten großes Aufsehen erre— gen, lassen mit diesen sehr unangenehme Verwickelungen be⸗ fürchten, und es wurden sich dieselben noch unendlich vermehren, wenn aus der Zerruͤttung einzelner Kantone ein Unvermögen der Eidgenoffenschaft entstaͤnde, ihre oberste Bundes gewalt aufzustellen und durch sie die wichtigsten gemein— samen Angelegenheiten zu besorgen. Diesem Uebel vorzubeugen, thut vor Allem Noth, und darum muß sich die Schweiz unver⸗ züglich dem Ausland gegenuͤber als Nation darstellen, was keine Kantons-Regierung, sondern die Tagsatzung allein ver— mag. .

Bern, 14. Dez. Die eidgenoͤssische Militair⸗Aufsichts⸗ Behoͤrde, welche unter dem Vorsitze des Herrn Schultheiß Fischer aus den nachbenannten eidgenoͤssischen Ohersten: Guiger von Pranzins, Herzog von Effingen, May und Ledergerwer, besteht, ist auf den 20sten d. einberufen worden.

FY g mn d.

Berlin, 22. Dez. Des Koͤnigs Majestat haben nach Inhalt des Amtsblatts der Koͤnigl. Regierung zu Oppeln, auf die von dieser Behoͤrde erstattete Anzeige von dem er folg—

ten Bau eines neuen Schulhauses für beide christliche Kon⸗

fessionen und Errichtung einer hoͤhern Buͤrgerschule zu Rati— bor *), unterm 15ten v. M. nachstehende Allerhoöͤchste Kabinets⸗ Ordre zu erlassen geruhet:

Die von der Regierung in ihrem Zeitungs- Berichte vom; verflossenen Monate angezeigte kostbare Einrichtung eines neuen Schulhauses fuͤr beide christliche Konfessionen und einer hoheren Buͤrgerschule zu Ratibor, zeigt, daß die Kommune daselbst von dem richtigen Sinne belebt ist, welcher fuͤr religioͤse Bil⸗ dung und geistige Entwickelung der Jugend keine Opfer scheut, und dem Magistrate und den Stadtverordneten, besonders ihrem Vor⸗ steher, dem Kaufmann Scotti, gebuͤhrt das Lob der thaͤtigen

Y Beides ist in Nr. 323. dieser Zeitung gemeldet worden. Gedruckt bei A. W. Hayn. .

Einwirkung auf die ire n dieses Zweckes, von welchem auch das Gedeihen der Nachkommen ausgeht. Der Regie— rung gebe Ich auf, Mein beifalliges Anerkenntniß durch die Amtsblätter bekannt zu machen. Potsdam, den 15. November 1830. Friedrich Wilhelm.“

Ihre Koͤnigliche Hoheit die Kronprinzessin hat dem hiesigen Kunsthaͤndler, Herrn Bolzani, welcher Hoͤchstder sel—⸗ ben ein Stuͤck Sammet aus inlaͤndischer von ihm erzeugter Seide, so wie auch die von ihm ver faßte Schrift uͤber den Seidenbau, zu uͤberreichen die Ehre gehabt hatte, als ein Zeichen der Anerkennung seiner Bestrebungen fuͤr diesen Zweig der Industrie eine goldene Denkmuͤnze mit Hoͤchstihrem a , mittelst gnaͤdigsten Schreibens zugehen zu lassen geruht.

Aus Stettin, vom 19ten dieses Monates schreibt man: „In der Nacht vom 15ten bis zum 16ten dieses Mo— nates erlitt der Staat durch den gegen 12 Uhr erfolgten, durch einen hoͤchst beklagenswerthen Zufall herbeigefuuͤhrten, Tod des Koͤnigl. General-Lieutenauts und Divisions, Commandeurs Hrn. v. Borcke Excellenz zu Stargard einen sehr herben Ver— lust. Der Verstorbene hatte sich am 15ten Nachmittags auf der Jagd befunden, beim Vergleichen seiner eigenen mit einer Kugel geladenen Buͤchse mit einem andern Gewehre hatre er die erstere etwas hart auf den Boden gestoßen, der Schuß war losgegangen und die Kugel dicht uͤber dem Herzen in die Seite und durch die Lunge gedrungen und unterhalb der Schulter hinten herausgefahren. Der Verwundete, sogleich die Toͤdlichkeit der Verletzung fuͤhlend, wurde auf seinen drin— genden Wunsch um 7 Uhr Abends, noch lebend und bei vol— ler Besinnung, jedoch unsaͤglich leidend, nach Stargard zuruͤck— gebracht. Er war noch im Stande, mit seiner trostlosen Gattin und einigen anderen hinzugeeilten Freunden einige liebreiche und troͤstende Worte zu wechseln, verlor jedoch bald nachher das Bewußtseyn und verschied san innerer Verblutung ruhig und ergeben gegen Mitternacht. Wer den Dahingeschiede⸗ nen naher gekannt, hat ihn eben so lieben als hochachten muͤs⸗ sen und wird seinen ungluͤcklichen Tod schmerzlich beweinen. Der Staat verliert an ihm einen hoͤchst braven und kennt— nißreichen Offizier, seine Freunde und Bekannte einen treuen Freund und verehrten Sonner, die Stadt Stargard ins be— sondere einen Militair-Kommandanten, der ihr in freundli— cher Gesinnung gegen sie sehr gewogen gewesen und unend— lich werth geworden war. Gestern fand die feierliche Beer— digung mit militairischen Ehrenbezeigungen statt.

Königliche Schau spiele. Donnerstag, 23. Dez. Im Opernhause: Die Indianer in England, Lustspiel in 3 Abtheilungen, von Kotzebue.

Im Schauspielhause: 1) La carte à payer, vaudeville comique en 1 acte. 2) La revanche, comédie en 3 actes. 3) Les oisifs, domédie en Lacle. .

Zu dieser Franzoͤsischen Vorstellung sind Schauspielhaus— Billets guͤltig, welche mit Dienstag bezeichnet seyn werden.

Königstädtilsches Theater. Donnerstag, 25. Dez. Soldaten, Liebe, Liederspiel in Akt. Hierauf: Das Abentheuer auf dem Weihnachtsmarkt, Lokal⸗Posse in 2 Akten. ö

Auswärtige Börsen. ö 1 ,, 2. M., 18. Dezember. proc. MNetallid. S6z. S6z. 4Bproc. 764. J53. 214broc. 45. 1prec. 19. Briet. Bank- Actien 1f84. 1189 Pert. 3, 114. Loose zu 1090 FI. 164. Poln. Loose 42. Brief-

Hamburg, 20. Dezember. Oesterr. 33. Metall. SJ. 4proc. JI3. Part. Oblig. 114 Bank- Actien 9840. Engl. Russ. Siz. Kuss. Anl. Hamb. Gert. 80z. bproc. Pap. Iusc. 583. Dan. 535. Poln. pr. 31. Dea. 80.

London, 14. Dezember. 3proc. Cons. 823. Brasilian. 58. Dan. 57z

Griech. Mex. 38. Port. Russ. 90. Span. 16

Paris, 14. Dezember. öbroe. Rente pr. ompt. 88 Fr. 80 C. fin Cour. S8 Fr. 90 C. 3 proc. pr. compt. 358 Er. 50 CG. fin cour. 58 Er. 60 G. 5broc- Neap. 5 compt. 59 Fr. 50 C. fin cour. 59 Fr. 60 C. 5proc- Span. Rente perp. 46. Wien, 17. Dezember. proc. Netall Soz. 4proe. S816. 1pProc.—.

Loose ru 100

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Fl. 1655. Part. Oblig. 1153. Bauk-Actien 10021. Redacteur John. Mitredacteur Cottel.

2769 Zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Staats ⸗-Zeitung Æ 355.

des (gestern abgebrochenen) Berichts des . ; 1 . . ritter eil. . Wir haben . . H., im ersten Theile dieses Berichtzs

die den Haupt

unmittelbar damit , , sche ein öffentliches Geruͤcht, i nes nhl damit in Verbindung bringe

dann haben wir Ihnen einen

hintenansetzen konnten,

̃ s nun noch uͤbrig, Ihre Aufmerksaͤmkeit auf i 6 fene n, 3 bei ir Untersuchung uͤber Ihre Kompetenz

en on und Sie in Stand schen sollen. die leitenden seyn u die vor dem ple er ton

len, ob die Eivil⸗Parteien,

e

l bildenden Thatsachen, so wie die . nden Umstaͤnde dargelegt; so⸗ llen Ueberblick der Brandstif⸗ das wir nicht n wollte. Es die Prinei⸗

u beurthei⸗

erschienen

sind, ein Recht haben, zu verlangen, daß ihre Anspruͤche vor

demselben erörtert und gewuͤrdigt werden.

Was ihre Kompetenz

anlangt, so konnen Sie dieselbe nicht pruͤfen, noch daruber ent⸗

vor die Änklage nicht in J . ̃ che din ä aber zu i em Resultate zu gelangen ist vor Al⸗

stellt ist.

hren Augen vollig festge⸗

len nothwendig, das Gesetz zu befragen unter welchem das den

Gegenstand dieser Anklage bildende ges 9 Art. M der Charte vom 14. Beputirten⸗Kammer das Recht hat, d

fuͤhren, die harte von 1814 war g

se vor die Pairs⸗Kammer zu . Der Art. 55 der C

erbrechen begangen worden Aug. 1830 vesagt, daß die ie Minister anzuklagen und die allein befugt ist, sie zu anz der naͤm⸗

iche; i late aber ein anderer Artikel, der in die nene Charte ihr , fr de ele worden ist. Diesem Artikel zufolge konn⸗

ten die Minister nur wegen V

errath

oder Erpressung ange⸗

erden. Zugleich kuͤndigte der Gesetzgeber an, daß beson⸗ ar ge fr nie rn. Di fe Verbrechen, so wie ihre Verfolgung,

naͤher bestimmen wurden.

Die Vergleichung

der Bestimmungen

beider Eharten ergiebt einen bedeutenden Unterschied. Nach der

Charte von 1830 koͤnnen die Min

en angeklagt werden, , , Cerec oder Erpressung.

ister jeder Art von Verbrechen der Charte von 1814. Die Ereignisse, als

ufolge

ic letzten Minister Karls X angeklagt werden,

mer gegen d

von sid koͤnnten si

, As st erbrechen gehdrend

fein Gesetz naͤher b st

folgern daß eine In

des gemeinen

123 und 125 de

solche An

gewöhnlichen Kriminal⸗Sachen und v

1814 stattgefunden; einzig und al⸗

iss auch' die gesetzlichen Elemente 4. * jetzigen Charte würden

8 Straf⸗Gesetz⸗

Anklage der Deputirten⸗Kam⸗

oͤnnen;

aber unter der Charte

dieser Art nur insofern be⸗ I5 derselben angegebenen „diese aber waren durch Ran koͤnnte also dargus

sey und b or den Gerichten Rechts muß allerdings die gesetzliche Speeifieirung

bleibe.

erbrechens nicht nur jeder Verurtheilung sondern auch je⸗ . i n, Verfolgung vorangehen; denn man kann ö Burger nur wegen einer durch daz Strafe c ooch hesonder

lctcirten Handlung vor Gericht fuͤhren. , . Umstaͤnden der Thatsachen, bildet, die gefetzliche Bestimmung we . In Sachen politischer.

en Verantwortlichkeit, wo es si

zwar vor ei

Gesells

fuͤr die

irgend ein ausdrücklichen dann kein Ver

h

Gesetzgebers, Unabhaͤngigkeit eintraͤchtigen

es auch seyn mag,

es der Deputirten⸗Kammer,

b

gew n wurde. Freiheit des Land

8 rn auch dem V

2

den natuͤ

giebt jede An⸗ die das corpus delicti lche es definirt und

ministeriel⸗

regulirt, die Thatsa rend sie uͤber alle d

hoch gestellt. setzgeber

kann der Pairs⸗Hof noch mer koͤnnen. Aber der Gewalt kann nur in und uͤber welche die behalten ist, stattfin⸗ die Sicherheit des entscheiden ge⸗

es sich um die

bleibt der Ge⸗

9

nichts ge⸗

Wenn die

die darum

so wie der

licher Debatten nd sie,

deren Titel im

hnlichen Vorschriften des Krü .

Urtheils auszusetzen, so wuͤrde man alle

ie die Strafen anwenden

fieirte Verbrechen, die aber

8 Verbrechens sind, dessen

Man kann gegen sie nicht

deren Schutz in An⸗

wurde. Das Straf⸗

um billig und konse⸗

desselben besei⸗

die durch chstaben

airs⸗Hofes geht o 3 5 Wochre eng, das den ung der Kompetenz; 2) auf gude und der Straffaͤl⸗

igkeit Angeklagten; 3) au imniung der Strafe und . . e. di T en fuͤr konstatirt erklaͤrt und die Angeklagten schmn dh befunden wörden sind. Wir . der ersten dieser drei Perioden des Prozesses. Die Angeklagten waren Minißer des Königs; als sölche müssen dieselben in airs⸗Hofe gerichtet werden, wenn sie des erraths . 3 ure Gic werden daher zunäͤchst pruͤsen, ob die den Ange en Uihuld gegebenen Thatsachen dieses Verbrechen konstith . e nicht. Spater werden Sie zu bestimmen haben, ob die ng 1 Urheber jener Thatsachen sind oder nicht. Die Haupt ch it unter diesen Thatsachen, diejenige, an welche sich alle an . 8 kanpfen, bestcht darin, daß sie dem Kbͤnige zu den un 3. r und verfassungswidrigen Maßregeln, die durch die 3. 2 gen vom sten Juli bekräftigt wurden. gerathen und 17 . ordnungen gegengezeichnet haben. Offenbar gingen diese . . regeln iich die Institutionen des Landes eigenmaͤchtig und ge⸗ waltsam zu berändern. Wurde der Rath, dazu dem Kön: * Folge eines unter seinen Ministern verabredeten Plans erthf t, so wurde dieser Plan ge die innere Sicherheit des Staats ihre Btraffaͤlligkeit ohne 3weifel vermehren, aber die Natur des * brechens nicht asͤndern und nur einen Nebenumstand konstitu *

Jener Buͤrgerkrieg von wenigen Tagen, die Verwuͤstungen un