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gend, so zu sagen, verschwinden wuͤrde? Noch andere Schwierig⸗ keiten würden eintreten, wenn der Pairs Hof gendthigt waͤre, die Civil⸗Interessen zu untersuchen. Er ist seiner innern Orga⸗ nisation nach zu dier Art von Arbeit nicht geeignet, man mag nun die Anzahl seiner Mitglieder, oder deren Parlamentarische Sitten oder die gewöhnlichen Formen seiner Diskussionen er⸗ waͤgen. Man wird fuͤhlen mit welcher Muͤhe und Langsamkeit der Pairs Hof zur Entscheidung dieser Prozesse gelangen, wie viel Zeit die Untersuchung in Anspruch nehmen und welcher Nach⸗= theil fuͤr die beeintraͤchtigten Parteien und sogar fuͤr den ganzen Staat daraus entstehen wurde. Laͤßt man die Paz misßen n der Civil-Parteten bei politischen Prozessen einmal zu, so ist die Anzahl derselben gar nicht zu berechnen. In der That, wie könnte man die Anzahl der Einwohner abschaͤtzen, die durch das Unheil, das vielleicht auf einer ganzen Provinz gelastet hat, 9 worden sind? Soll jeder Buͤrger kommen, um fuͤr den Verlust, den er durch den Tod theurer Angehdrigen, durch die Verhren⸗ nung seines Eigenthums und seiner Ernte erlitten, Entschaͤdi ung zu verlangen? Die Zahl der Klaͤger koͤnnte sich in diesem Falle auf mehrere Tausende belaufen. Wenn aber auch die Da⸗ zwischenkunft der Civil-Parteien bei politischen Anklagen für moglich gehalten wuͤrde, so kann sie doch niemals vor dem Pairs⸗ Hofe zugelassen werden. Der Pairs-Hof, der durch die Charte mit iner, was die Natur der Verbrechen betrifft, vollstaͤndig bestimm⸗ ten Kriminal⸗Gerichtsbarkeit bekleidet ist, ist nur in Sachen des Hochverraths und der Erpressung zum Richter der Minister ein⸗ gesetzt und hat also mit Klagen, welche die Guͤter der angeklag⸗ ten Minister betreffen, nichts zu schaffen. Dies sind die Princi⸗ pien unseres alten Franzoͤsischen Rechts. Eine letzte Betrachtung würde, wenn es nöthig waͤre, vollends darthun, wie sehr der Pairs-Hof von gewohnlichen Gerichten verschieden ist, und um wie dieles feine Befugnisse beschraͤnkter sind. Die Assisenhoͤfe koͤnnen dem Gesetze nach selbst im Falle der Freisprechung der klagenden Partel Entschaͤdigungen zuerkennen. Setzen wir aber den Fall, daß die Minister freigesprochen wuͤrden, so wuͤrde die Gerichts⸗
barkeit des Pairs⸗Hofes zugleich mit dem Berbrechen, das die ein⸗
ige Quelle seiner Kompetenz ist, vollig verschwinden. Was soll enn mit den Klagen der Civil Parteien geschehen, welche man ; fruchtlosen und vielleicht kostspieligen Schritten verleitet ha⸗ en wuͤrdeß Eine Ruͤcksicht endlich, die entscheidender als alle anderen ist und auf den vorliegenden Fall ihre spezielle Anwen⸗ dung findet, ist die Abwesenheit des bffentlichen Ministeriums, das in diesem Prozesse nicht auftreten wird. Der Pairs⸗Hof hat dasselbe nicht zulassen zu duͤrfen geglaubt, weil seine , , . von keinem Nutzen fuͤr die Sache seyn, sondern nur die Krone in Verlegenheit setzen und den Kommissarien der Deputirten⸗Kammer hinderlich seyn wurde, Letzteren gebührt in diesem Prozesse die bͤffent= liche Anklage. Es steht aber als Grundsatz gesetzlich fest, daß die Civil⸗Anspruͤche der intervenirenden Parteien nur in Gegen⸗ wart des öffentlichen Ministeriums entschieden werden können. Im Prozesse der Minister ist aber beim Pairs-Hofe kein öffentli- ches Ministerium vorhanden, welches die Gesellschaft in Hinsicht auf alle Kriminal⸗ und Eivilklagen vertreten konnte. Die Deputirten repraͤsentiren durch ihre Kommissarien die Gesellschaft nur in Be= treff einer einzigen, freilich unermeßl ichen, Anklage, naͤmlich der Anklage auf Höochverrath; daruͤber hinaus entbehren sie aber der Vollmacht. Wenn daher dem Pairs-Hofe ein zur , , uͤber die Civil⸗-Interessen unerlaͤßliches Element mangelt, so i er auch in dieser Beziehung inkompetent. Alle diese Umstaͤnde rechtfertigen alfo den Beschluß, daß der Pairs⸗Hof die Civil⸗Par⸗ teien nicht zulassen kann; haben sie Anspruͤche, so moͤgen sie die⸗ selben vor andern Richtern geltend machen. . . Dies ist, meine Herren, das Ergebniß der Instruetion, mit der Sie uns beguftragt haben. Wir haben alle Prozeßakten sorg= faͤltig durchgelesen und die Dokumente, welche sie uns liefern konnten, ausgezogen. Wir haben nahe an hundert Zeugen ver⸗ nommen und die Angeklagten mehreremals verhört; wir haben schließlich nichts verahsaͤumt, um uͤber jeden von ihnen die Anga⸗ ben zu erlangen, welche seine persoͤnliche Lage mildern konnten. Die Ünterzeichnung der Verordnungen stand außerhalb aller Er⸗ brterung und Untersuchung; unserg Nachforschungen mußten da⸗ egen naturlich auf die Nebenumstaͤnde dieses Haupt⸗-Faltums ge⸗ en. Nur vier der angeklagten Minister sind gegen en in den Handen der Justiz; die drer andern sind abwesend. Wollen Sie, meine Herren, um uͤber die Ersteren das Urtheil zu faͤllen, abwar⸗ ten, bis alle Formalitaͤten in Betreff der Abwesenden erfüllt sind? Die Entfernung des Wohnsitzes einiger von ihnen wurde ohne Roth die jetzige Lage der anwesenden Angeklagten verlaͤngern, und Sie werden es daher vielleicht gerecht sinden, die Sache der Ab⸗= wesenden abhnsondern, um spaͤter darüber zu richten, und sogleich um urtheil üͤher diejenigen zu schreiten, hinsichtlich deren die In enn vollstaͤndig ist. Wie peinlich auch der Auftrag gewesen seyn mag, den Ihr Vertrauen uns gegeben, so haben wir uns dennoch bemüht, ihn mit jener richterlichen Unparteilichkeit zu er⸗= füllen, an welche in Zeiten politischer Aufregüng dig jenigen die von der Justiz nicht bedient worden sind, wie sie es ihren Leidenschaften und Interessen nach r,. nimmer glauben wol⸗ len. In Gegenwart dieser vom Gipfel der Macht herabgesunke⸗ nen Angeklagten, auf denen die Erwartung eines so wichtigen r⸗ theils laͤstet, in Gegenwart des beleidigten Vaterlandes, das eine laͤnzende Genugthunng und Garantieen . die Zukunft verlangt; aben wir nur der Stimme unseres Gewissens, unserer Pflichten und der Wahrheit Gehoöͤr geliehen.
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. 8
. Unruhen an den Administrations⸗ llerhoͤchsten Befehl haben ergehen lassen, daß sich der selbe
Allgemeine
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preußische Staats- Zeitung.
Berlin, Freitag
M 356.
Amtliche Nachrichten. Kronitk des Tages.
Des Koͤnigs Majestaͤt haben Allergnaͤdigst geruht, den bisherigen Geheimen Ober ⸗Bau⸗Rath Schinckel zum Ober⸗ Bau⸗Direktor zu ernennen 1 das daruͤber ausgefertigte
atent Allerhoöͤchstselbst zu vollziehen. ;
. Des Königs Majestät haben den seitherigen Hafen-Bau— nspektor Hagen in Pillau mit dem Charakter eines Ober— au⸗Rathes zum Assessor und Mitgliede bei der Ober ⸗Bau⸗
Deputation zu ernennen und das diesfallige Patent fuͤr den⸗
selben Allerhöchstselbst zu vollziehen geruht. .;
Ihre Königl. Hoheit die Er b-⸗-Großherzogin von Mecklenburg? Schwerin ist von Ludwigslust hier ange— kommen und auf dem Königl. Schlosse in die fuͤr Höch stdie⸗ selben in Bereitschaft gesetzten Zimmer abgestiegen.
Bekanntmachung. Das Publikum wird benachrichtigt, daß fuͤr das Jahr 1831 ein neuer Zeitungs- Preis- Courant im Druck erschienen ist. In Berlin kann solcher beim Zeitungs-Comtoir, sonst aber dei saͤmmtlichen Post⸗Anstalten der Monarchie von den Deitungs. Interessenten eingesehen werden.
Berlin, den 22. Dezember 1839. Der General⸗Postmeister. Nagler.
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Angekommen: Der Kammerherr, außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister an verschiedenen Hoͤ⸗ fen und freien Staͤdten des noͤrdlichen Dentschlands, Graf von Maltzan, von Hannover. 2 nn, ,,
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Zeitungs⸗Rachrichten,. Aus lan d. *
9. Ruß lan d.
Odessa, 4. Dez. Vom 26. November bis zum 1sten
d. M erkrankten hier an der Cholera 13 . Mit
den fruͤher gemeldeten 5 lagen im Ganzen 18 Personen krank; von diefen starben 9, es genasen 2 und 7 blieben krank. — 2 Cherson befanden ch am 25. November in Allem 12
ranke, seitbem kamen keine neuen hinzu. — In Elisabeth— h hat die von Symptomen der Cholera begleitete Krank—
eit sehr an Heftigkeit abgenommen; die Stadt ist indessen
noch immer abgesperrt. i n mn s, n, ne Auf Vorstellung des General Gouverneurs von Neu— Rußland und Bessarabien haben Se. Majestat der Kaiser,
in Berücksichtigung der Lasten, welche die Bewohner von Odessa 1 des letzten Turtenkric es zu tragen gehabt, und der Leiden, die ihnen durch die
e n dn, dciher dein Kronschabe far rack. 1 16
genannter Stadt die Zahlu . Abgaben schuldigen dop. erlassen. , e,.
* Polen. n e, nz. War schau, 20. Der. Un sere Zeitungen vom 17ten
bis 29sten d. M. enthalten folgende Nachrichten:
Am Donnerstag, den 16ten, kam der Oberst Hauke, , zr. Majestät des Kaisers von Rußland, von t. Petersburg mit Depeschen hier an, denen zufolge Se. Majestaͤt sogleich nach Empfang e,, n. von den hie⸗ ath hierselbst den
den 2ästen Dezember
183659.
in Allem nach den Verfuͤgungen Sr. Kaiserl. Hoheit des Cesarewitsch richten solle. Mit Ruͤcksicht auf ben Fortgang der Ereignisse und in Betracht, daß die, aus dem Fuͤrsten Lubecki und Herrn Jezierski bestehende, am 10ten d. M. aus Warschau abgegangene Deputation den Auftrag hat, Sr. Majestaͤt die wahre Lage der Dinge vorzustellen, in Folge dessen (wie man meint) vielleicht andere Verfuͤgungen von Allerhoͤchstdemselben erlassen werden duͤrften, haben der Diktator und die provisorische Regierung in ihrer Antwort sich bei Sr. Majestät auf die der Gesandschaft anempfohlenen Erläuterungen berufen und warten auf weitere Entscheidung. Die erwahnte Deputation soll am 15ten d. um Mitternacht in dem Polnischen Graͤnzort Terespol angelangt seyn, wo derselben auf Befehl Sr. Kaiserl. Hoheit des Cesarewitsch alle Erleichterungen zur weitern Reise gewahrt wurden. Auch ist der hiesigen Bank am 15ten d. durch Estaffette die Nach⸗ richt zugekommen, daß die seit dem 8. Dezember kraft Ver— fuͤgung der Russischen Behörden unterbrochene Communica— tion zwischen dem Russischen Graͤnz⸗Zollamt Kauen und dem diesseitigen, Alexota, am 12ten wieder eroffnet worden ist; so daß Briefe, Transporte und Personen, welche mit Paͤssen versehen sind, sewohl aus Rußland nach Polen, als aus Polen nach Rußland, in diesem Augenblicke noch ohne Hinderniß durchgelassen werden. Auf die Nachricht, daß Se. Majestäͤt der Kaiser dem Corps des General Rosen den Befehl ertheilt haben, in Polen einzuruͤcken, soll jedoch (der Warschauer eitung vom heutigen Tage zufolge) der Diktator seinen djutanten mit der Erklaͤrung an diesen Genergl gesandt haben, daß er, sobald das Russische Heer die Polnischen Gränzen uͤberschritte, auch den Polnischen Truppen augen— blicklich Befehl zum Vorrücken ertheilen werde. Es heißt hier, daß das Litthauische Corps in Rußland zum Ruͤckzug von der Polnischen Graͤnze kommandirt worden sey. n seine Stelle sollen die Corps der Generale Sacken und Pah— len treten. Vorgestern, am 189ten d., haben sich, den Ausschreiben der provisorischen Regierung gemäß, die beiden Kammern des Reichstages am gewoͤhnlichen Ort ihrer Sitzungen, im Königl. Schloß, versammelt. In Folge genommener Ruͤck— sprache mit dem Diktator und der provisorischen Regierung wurde in der vorbereitenden Sitzung der Landboten⸗Kammer die ordentliche Eroͤffnung des Reichstags auf Dienstag, den 2lsten d., festgesetzt. Es ließen sich zahlreiche Stimmen ver— nehmen, daß man die gegenwärtige Sitzung schon als eine ordentliche ausehen solle. Unterdessen kamen der Wojewode Fuͤrst Radziwill und der Kastellan Dembowski als Abgeord—⸗ nete aus der Senatoren Kammer an, um die Kammer auf— zufordern, sich mit dem Senat zur Berathung uͤber oberwähn, ten Gegenstand zu vereinigen Die Kammer erklärte, daß sie r unterlassen werde, dies zu thun, sobald sie sich or deutlich konstituirt hatte, indem sie zugleich einstimmig be— schloß, sich von diesem Augenblick an in eine a . Reichskammer zu verwandeln, die feierliche E * g des Reichs tages 66 bis auf den Dienstag zu verschieben. In Folge dieses Beschlusses wurde sogleich zut Wahl eines Mar
schalls geschritten, und es siel dieseibe einstimmig auf den
Landboten des Distrikts Petrikau, Wladislaus Gsttows ki. Sobald ihm der Marschallstab ö. wen,
legte er 30,000 Fl. fuͤr die Beduͤrfnisse des Landes in de
Schooß der Kammer nieder. Seinem Beispiele folgten alle Landboten und Deputirten, ein Jeder nach seinen Kraͤften. Als die Senatoren⸗Kammer durch die Abgeordneten der Land⸗ boten⸗Kammer, Niesiolowski und Swidzinski, hiervon unter⸗ richtet worden, that sie ein Gleiches und vereinigte sich so— dann mit der anderen Kammer. Der Marschall benachrich⸗ tigte die Senatoren ⸗ Kammer von seiner Wahl und von der Konstituirung der Kammer, so wie davon, daß ihre erste Handlung die förmliche Anerkennung des Aufstan⸗