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Besorgnisse verschwanden, als ich um 1 Uhr von einer Person, 3 J fi ih das Iffentliche Interesse mit dem unsers ungluͤcklichen Freundes in Einklang bringen wollte, einen Brüef erhielt, worin die Hoffnung ausgesprochen wurde, mein Be fuch in den Tuilerieen werde nicht erfolglos seyn. Ich begab mich fogleich mit meinem Sohne nach dem Schlosse, wo ich um 2 hn. ankam. Die Adjutanten des Marschalls hesceitigten bereitwillig alle Hindernisse, die es mir unter solchen Umstaͤnden vielleicht unmöglich gemacht haben wuͤrden, bis zu ihm zu dringen; ihre Gefuͤhle stimmken mit den meinigen zu sehr uͤberein, als daß sie meine Ankunft nicht mit Vergnügen haͤtten sehen sollen. Leider waren auch anders Personen dä, die nicht Militairs wa— ren und von andern Gesinnungen beseelt zu seyn schienen; unter andern traf ich einen Begmten des Ministeriums der auswaͤrti⸗ gen Angelegenheiten und sogar Zeitung s- Reda eten ze. Der
Marschall empfing mich in dem nach dem Caroussel⸗Platz zu lie⸗
genden Saale; ich ging sogleich in den Gegenstand ein, sprach fowohl in meinem Namen, als in dem seiner besten Freunde, und versuchte ihn zu überzeugen, daß das Princip passtven Gehor— fams auf einen Marschall von Frankreich, zumal in Zeiten einer Revolution, keinen Bezug haben koͤnne; endlich schlug ich ihm vor, sogleich nach St. Eloud zu gehen und dem Koͤnige zu erklaͤren, es sey ihm unmöglich, den Ober-Befehl uͤher die Truppen zu behalten, wenn die Verordnungen nicht zuruͤckgensmmen und die Minister nicht entlassen wuͤrden. Diese doppelfe Maaßregel werde dem Kampfe ein Ziel fetzen, denn am 28. Juli um 2uhr Nachmit⸗ tags war einer jener schnell voruͤbergehenden Augenblicke einge treten, wo jede Partei viel zu , . glauken kann, wenn sie der andern Partei große Zuͤgestaͤndnisse macht. Der Marschall ließ mich ausreden, ich bemerkte aber in seiner ganzen Haltung ein augenscheinliches Mißbehagen; seine Ansichten uͤber die Verordnun⸗ gen waren dieselben, wie fruͤher; der Schritt, zu dem ich ihm rieth, erschien ihm als gerecht, aber einem auß den militairischen Gewohnheiten entstandenen unerklaͤrlichen Gefuͤhle zufolge, glaubte er, der Augenblick, diesen Schritt zu thun, sey noch nicht gekom⸗ men. Ein Marschall von Frankreich, ein alter Soldat, durfte, seiner Ansicht nach, keine Zugestaͤndnisse vorschlagen, so lange der Kampf noch unentschieden sey. Ich versuchte, ihm darzuthun, daß, wenn er siege, die Minister allmaͤchtig und sein Schritt a seyn wurde. Ich glaubte schon einige Fortschritte bei hm zu machen, als ein Umstand die Gefuͤhle der militairischen Ehre in ihm erweckte. Ein als Buͤrger verkleideter Adijurant des General Quinsonnas kam mit der Nachricht, dieser General koͤnne sich mit 2 Kanonen und einem Batgillon auf dem Platze des Innocens nicht mehr halten. Dadurch verlor ich viel Ter⸗ rain ich nahm dennoch das Gespraͤch wieder auf und sagte, man müsse den Widerstand eines für seine verletzten Rechte aͤmpfen⸗ den Volkes nicht mit einem gewohnlichen Feinde . neuer Umstand trat ein; die Herren Lasifte, von Gerard, von Lobau, Casimir Perier und Mauguin wurden angemeldet. Ich begab mich mit den Offizieren in das Billard⸗Zimmer, wo ich er⸗ fuhr, daß die Minister sch in einem angraͤnzenden Saale befaͤn= den; vier derselben, die Herren von Polignge, von Haussez, von Guernon⸗Ranville und Montbel, die ich noch nicht kannte, wur⸗ den mir von einem Adjutanten des Marschalls, Herrn von la Rue, gezeigt. Die Deputirten gingen bald fort; die ganze Zeit
des Marschalls wurde auf Anhörung der Stabs-⸗Offiziere ver⸗
wendet, die aus den verschiedenen Stadtvierteln mehr oder weni— ger entscheidende Nachrichten brachten. Der Gendarmerie⸗Oherst Foucauld kam auch und blieb eine halbe Stunde beim Marschall. Bevor ich ging, hat ich den Adjutanten Herrn von la Rue, dem Marschall zu sagen, daß ich am folgenden Tage wiederkommen wurde, um meine Bitten zu erneuern, wenn noch Zeit dazu sen, d. h. wenn die Linie noch nicht Partei fuͤr das Volk genommen haben sollte. Der Eindruck, den diese Aeußerung machte, zeigte mir, daß man nichts der Art befuͤrchtete; ich sprach daher deut⸗ licher, nannte verschiedene Stadttheile, wo ich zahlreiche Haufen von Soldaten mit den bewaffneten Buͤrgern haͤtte fraternisiren sehen. Herr von la Rue glaubte, diese unerwartete Nachricht werde auf Hrn. v. Polignge Eindruck machen, und bat mich, sie ihm persoͤnlich mitzutheilen; ich glaubte, seinen Bitten nicht willfahren zu duͤrfen, da ich die soförtige Entlassung der Minister als eine Magßregel bezeichnet hatte, ohne welche jede Versoͤh⸗ nung unmdglich sey, und also nicht gut in direkte ö zu ihnen treten konnte, Herr von la Rüe meldere hierauf, mit mei= ner Einwilligung diese Nachricht dem Marschall, der sie sogleich
dem Fuͤrsten von Polignae mittheilte; sie machte auf diesen aber
nicht den gehofften Eindruck, denn Herr von la Rue rief, als er , mit dem Laute des tiefsten Schmerzes: Wir sind ver⸗ oren! unser Premier-Minister versteht nicht mehr Franzdsisch; denn als ich ihm, mit Bezugnahme auf Sie, sagte, die Truppen gingen zum Volke uͤber, erwiederte er: Nun güt, so muß man auch auf die Truppen schießen! — Von diesem Augenblicke an war es mir einleuchtend, daß der Marschall nur dem Namen nach befehlige, und ich entfernte mich. Es war 4 Uhr. Ich
muß hier einen Irrthum in meiner ersten schriftlichen Aussage
berichtigen; ich habe gesagt, diefe Aeußerung sey in Gegenwart des Herkn von la Rue gegen den Marschall geschehen, sie ist aber direkt an Herrn von la Rue gerichtet worden; so hat es dieser
wenigstens in einem Briefe an Herrn von Guise erklaͤrt.“ — Der
Praͤsident forderte hierauf Herrn von Guise auf, diesen Brief zu holen, da der Herr von la Rue sich außer Landes befinde und also nicht vernommen werden konne. In der Zwischenzeit wur⸗
halb sie auch am 8. Auguß ihren Abschied erhielten.
keinem Interesse waren. Herr, von Guise kam bald mit einem halben Bogetz Briefpapier zuruͤck und erklaͤrte, er habe nur den Schluß des Briefes mitgebracht, da das erste Blatt sich auf Pri⸗ vat⸗-Angelegenheiten beziehe. Herr von la Rue schreibe am Schlusse: „Ich habe in den Blaͤttern die Aussage des Herrn Arago ge⸗ gelefen; er hat die Sache nicht genau so erzaͤhlt, wie sie vorge⸗ gangen ist; nicht dem Marschall Herzog von Ragusa, sondern deni Fuͤrsten Polignae direkt habe ich gesagt, daß die Truppen zum Volke uͤbergingen, und er hat zu mir gesagt, man werde
auch auf die Truppen schießen. Ich entschlöß mich zu diesem
Schritte, weil ich es fuͤr wichtig hielt, daß der Fuͤrst den Stand der Dinge kennen lerne. Wenn ich vor dem Franzssischen Bot⸗ schafter Zeugniß ablegen sollte, so koͤnnte ich nur dasselbe wicder⸗ holen.“ Der Brief war nicht unterschrieben, sondern nur mit einem Zeichen versehen; der Oberst Komierowsky erklaͤrte aber auf Befragen des Praͤsidenten, es sey die Handschrift des Herrn von la Rüe, und verbuͤrgte sich mit seinem Ehrenworte fuͤr die Aechtheit des Schreibens. Der Sohn des Professors Arago er⸗ klaͤrte, er habe ebenfalls an der Seite seines Vaters aus dem Munde des Herrn von la Rue jene Aeußerung vernommen, der Fürst von Polignac habe erklaͤrt, wenn die Linien-Truppen zum Volke uͤbergingen, so muͤsse man auch auf sie schießen. — Pairs-Hof. In der Sitzung vom 18. Dez. er— griff zuxoͤrderst Herr Persil, einer der drei Kommissarien der Seputirten-Kammer, das Wort, um die Anklage gegen die Minister zu behaupten. Seine Rede fuͤllt 17 Spalten im Moniteur. Nachstehendes ist ein Auszug aus derselben: „M. H. Die Verantwortlichkeit der Minister gehört mit zu
dem Wesen der Reyraͤsentativ-⸗Regierung; sie ist dem Lande eine
Buͤrgschaft, daß sein Wohl nicht ungestraft aufs Spiel 96 werden darf. Dies Letztere ist kuͤrzlich in Frankreich geschehen. Das Volk hat fuͤr die Bewahrung seiner Ungbhaͤngigkeit und zur Vertheidigung seiner Gesetze die Waffen ergriffen und sie nach er⸗ rungenem Siege sofort wieder niedergelegt, um von der Gerech⸗ tigkeit die Ahndung der gegen das Vgterland begangenen Ver⸗ brechen zu erlangen. Uns ist die ausgezeichnete Ehre zu Theil eworden, in seinem Namen zu sprechen; wir werden Ihnen die
erbrechen der Ninister bezeichnen, Ihnen die Beweise ihrer Un⸗ thaten darlegen und die Vollttehung der Gesetze von Ihnen verlangen. Das Jahr 1814 hatte uns eine Köoͤnigs⸗Familie . die den neuen Geschlechtern fremd geworden war; mit ihr erhielt zugleich die Nation eine Charte als das Grundgesetz des Landes. Frank⸗ reich, der Revolutionen müde, schloß sich der neuen Dynastie und den von ihr verwilligten Institutionen aufrichtig und redlich an. Laßt ich aber wohl dasselbe von dem Koͤnige und seiner Fa⸗
milie in Bezug auf die Charte und die Nation sagen? Was Lud⸗—
wig XVIII. anbetrifft, so gab er, als er dem Lande eine Verfas⸗ sung gab, weniger dem Wunsche, die Volks⸗-Freiheiten zu begruͤn⸗ ben, als der Nothwendigkeit der Umstaͤnde und dem Zeitgeiste nach. Er hielt au der Charte fest, wie wir an den Bourbonen, weil er wohl wußte, daß an dem Tage, wo man Hand daran
legen wollte, sejne Regierung auch zusammenstuͤrzen wuͤrde. Nicht
chen so vachte sein Nachfolger, der schon vor seiner Thronbesteigung fur das Haupt der Absolutisten galt. Kaum hatte er die Regie— rung angetreten, als auch das Ville lesche Ministerium gus Ruder beru⸗ sen wurde und 8 Jahre lang schwer auf Frankreich lastete. Die Hand⸗ lungen dieses Ministerlums stehen noch bei uns Allen in zu frischem Andenken, als daß ich noͤthig haͤtte, besonders darauf hinzuweisen. Als zuletzt die Opposition in der Deputirten⸗Kammer so start wurde, daß diese aufgelͤst werden mußte, machte auch das Villslesche Ministerium einer Verwaltung Platz, der wir die Preßfreiheit und ein
neues Wahlgesetz verdanken. Unter dieser ,, ,. die Ver ⸗ —
letzung der Charte nicht moglich. Man konnte den Ministern unschluͤs⸗
sigkeit und den Mangel eines entschiedenen Systems n Vor⸗
Offenbar waren sie dem Könige hinderlich, wes⸗ ren Ueber die Bestimmung des neuen Ministeriums schweigen wir; der unyo⸗ pulgire Name des Hauptes derselben kuͤndigte sie dem Lande nur allzu deutlich an. Ueberzeugt von der Opposition, die das Mini⸗ sterium in den Kammern finden würde, aber nichtsdestoweniger entschlossen, sich ihnen gegenuͤber zu stellen, wurden dieselben auf den 13. Maͤrz zusammenberusen. In der Erdffnungs⸗Sitzung ließ das Ministerium den Koͤnig sagen, daß er entschlossen sey, alle Hinder⸗ nisse, die sich seinem Willen ,, . nothigenfalls durch die Anwendung der Gewalt, zu uͤberwinden. Die Oeputirten⸗Kam⸗ mer antwortete mit der Darlegung der gerechten Besorgnisse, die die Rathgeber der Krone ihr einflößten; sie wurde prorogirt und bald darauf aufgeldst. Dies hieß an das Urtheil des Landes appelli⸗
wurfe machen.
ren und dasselbe auffordern, daß es zwischen dem Ministerium
und der Kammer entscheide. Von die sem Augenblicke an mußte man aber auch einen Entschluß fuͤr den Fall gefaßt haben, daß dic Wahl⸗Kollegien der Regierung Deputirte von derselben uh, als die ausgeschiedenen, züruͤckschickte. Alles beweist, daß diese Frage, wo nicht im Minister⸗Rathe, mindestens zwschen dem Könige und seinem vertrguten Premicr⸗Mꝛinister . wor⸗ den ist. Beide waren übereingekommen, alles Mögliche anzu⸗ wenden, um guͤnstige Wahlen zu erlangen, im entgegengesetzten Falle aber zu irgend einem Staatsstreiche ihre Zuflucht zu neh— men. Zwei Minister, die Herren von Tourvoisier und Chabrol,
durchschauten diesen Plan und zogen es vor, sich zurückzuziehen.
Sie wurden durch die Herren v. Chäntelauze und v. Neyronnet, und noch einen dritten Minister, Hrn. Capelle, ersetzt. M n Koͤnig und
den mehrere andere Zeugen verhört, deren Aussagen aber von der Praͤsident des Tonseils sie sofort von ihren Absichten unter⸗
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. Jult zugetragen, und welche Minen man springen ließ, nicht mit Bestimmtheit angeben. an d ten Tage die abigen beiden Minister sich der Majoritaͤt anschlos⸗
den Entschluß an, dem Sturme! ͤ sih nicht annehmen, daß die Minister nicht die Folgen derselben
die ersten Schuͤsse aus. . noch nicht zu den Waffen gegriffen hatten. Erst am Abende des
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teten, haben wir nicht ermitteln koͤnnen. Es scheint indeß, daß r nicht geschah. Die Wahlen waren zunaͤchst dasjenige Ge⸗ chäft, dem das Minisserium sich ausschließlich widmete, Jeder Minister erließ sein Cirkular⸗Schreiben; jeder General-Direktor wiederholte es seinen Untergebenen. Die darin ausgesprochenen Grundsaͤtze beruhten auf Drohungen und Persprechungen und zwangen die Beamten, zwischen ihrem Gewissen und ihtem Amte ju wählen. Sogar das Ansehen und die Wurde des Mongrchen wurden von dem Ministerium aufs Spiel gesetzt. Man erinnert sich der von Herrn von Polignae kontrasignirxten Proclamation an die Waͤhler, worin der König sich nicht scheute, zu erklaren, daß er sich durch die freimuͤthige n un einer getreuen Kam⸗ mer beleidigt fuͤhle. Das Ergebniß der Wahlen flel nichts desto⸗ weniger 6 Nachtheile des Ministeriums aus. Unter diesen Um⸗ fanden blieb demselben nur uͤbrig, entweder nach dem Buchstaben der Fharte zu regieren oder seinen Abschied zu nehmen. Er that feine von beiden. Statt dessen wurde in dem Minister-Rathe vom 19 oder 15. Juli von einer Person, deren Namen man uns nicht nennen will, die wir aber leicht errathen koͤnnen, der Vor⸗ sch 9. gemacht, mittelst Königl. Verordnungen zu regieren. Als derselbe in einem spaͤtern Conseil, unter dem persoͤnlichen Vor⸗ sitze des Königs erneuert wurde, widersetzten sich ihm die Herren
. von Guernon- Ranville und Peyronnet auf das lebhafteste und verlangten, daß man sich den Kammern gegenuͤberstelle und offen
zu der Charte halte. Was sich seit diesem Conseil bis . seʒ aͤßt si
Gewiß ist, daß an dem gedach⸗
sen, nd daß sie mit den uͤbrigen jene verderblichen Verordnun⸗
gen unterzeichneten „die in wenigen Tagen die ganze politische Lage der . veraͤndern sollten. Zur Begruͤndung dieser Ver⸗
sronungen schickte man ihnen einen Bericht an den Koͤnig voran,
zu dessen Verfasser sich Herr v. Chantelauze erklaͤrt hat, der, aber on faͤmmtlichen in Paris anwesenden Ministern unterzeichnet
war. Am Schlusse desselben hieß es ausdruͤcklich, daß die vorgeschla⸗
genen Maaßregeln außerhalb der gesetzlichen Ordnung laͤgen. Die An⸗ nahme jener Verordnungen 6 Seitens des Ministeriums rotz zu bieten; denn es laͤßt
erkannt und sich nicht schon im voraus darauf vorbereitet haben
at einen ctwanigen Widerstand zu besiegen. Die Hauptstadt,
se durch die Maaßkegeln der Regierung anfangs wie betaͤubht war, saͤumte nicht, ihren Unwillen laut zu verkuͤndigen. Als die
TBerordnungen am 2tzsten im Moniteur erschienen, aͤußerte sich ine allgemeine Unruhe und Besorgniß. Die Fabrikherren schlos⸗
sen ihre Werksfaͤtten, und die brodlos gewordenen Arbeiter durch⸗ logen laͤrmend die Straßen. Alles ließ einen Widerstand erwar⸗ ken. Die Minister und ihre Beamten brachten mittlerweile ruhig
in ihren Burcaus zu und wußten keine Sylbe von dem, was sich in der Stadt ,
linen beunruh ; Zeitungsschreiber erließen eine Protestation, die Zusammenrottun⸗ . wurden zahlreicher.
Am 21sten nahmen die Ereignisse bereits genderen Charakter an. Die Gaͤhrung wuchs, die
Um das Volk zu vertreiben, wurde so⸗ ort die Gewalt angewandt, und von der Koͤnigl, Garde gingen Das Blut floß, obgleich die Buͤrger
Aten wurben die Magazine der Waffenschmiede erbrochen,
und Alles ließ jetzt vöraussehen, daß es zu einem Buͤr⸗ gerkriege kommen werde.
Statt die Verordnungen zuruͤck⸗
zunchmen, verdoppelte man die Gewalt-Maaßregeln. Der
MNilitair- Kommandant entwickelte alle seine Kraͤfte; aber das Volk ließ sich dadurch nicht einschuͤchtern, die Exaltation stieg vielmehr, und man beschloß, die bevorstehende Nacht zu allen möglichen Verthetdigungsmitteln anzuwenden. Was that aber das Mlnisterlum an diesem Tage der Trauer, in dieser schreckens⸗ rollen Nacht? Am Tage blieb ein jeder Minister ruhig in seinem
Kabinet; außer aller Verbindung mit seinen Untergebenen kannte
er kaum die Gaͤhrung, die sich in der Hauptstadt offenbarte; ohne irgend einen Bericht von Seiten des Polizei⸗Praͤfekten hatte man
auch weder diesem noch seinen Untergebenen irgend einen Befehl
ertheist, und ohne die Gegenwart des Militair⸗ Kommandanten und seiner Adjutanten halte man glauben sollen, daß es gar
leine Regierung mehr gebe. Am Abend war das Betragen der
Minister noch seltsamer; im Hotel der auswaͤrtigen Angelegen⸗
heiten, dem Schauplatze der Begebenheiten, versammelt, beschaͤf⸗
tigten sie sich mit den gewohnlichen Angelegenheiten des Landes und widmeten ben blutigen Vorgaͤngen in her Hauptstadt kaum bre Aufmerksamkeit. fangs gegen jede Verletzung der Charte erklaͤrt hatten, erhob
Von den beiden Maͤnnern, die sich an⸗
sich auch nicht Einer, um die Zurücknahme det Verordnun⸗ en zu verlangen. Lieber gehe Frankreich
zustand zu erklären, wurde ohne irgend einen Widerspruch ange= nommen und die erste Stadt von Frankreich dadurch außerhalb des Gesetzes gefellt. Unter solchen Auspicien brach der Tag des 2. Juli an. Herr von Polignae hatte die betreffende Verord⸗ nung hei guter Zeit nach St. Cloud gebracht und war, nach⸗ dem er die Unterschrift des Königs erhalten, sofort nach Paris
iuruͤckgekehrt; wo ihn der ern von Ragusa in seinem Hotel
aufsuchte. Die Erklaͤrung der Hauptstadt in Belagerungs-Zu⸗ fand oͤffnete der Willkuͤhr Thuͤr und Thor; 45 3 3. .
Klassen, worunter mehrere Deputirte, sollten sofort verhaftet
werden; wenn dieser Befehl nicht in Ausfuͤhrung kam, so ist
solches lediglich dem zum Militair-Kommandanken ernannten
2 ch zu Grunde, als aß man nachgebe! Der Vorschlag, Paris in Belagerungs⸗
Herzog von Ragusa zu verdanken. Mittlerweile hatten die Mi⸗ nister sich in den Tuilerieen installirt, um von dort aus gemein⸗ chaftlich die Begebenheiten i leiten. Zwar haben sie in der nstruktion erklaͤrt, daß sie solches blos ihrer persfoͤnlichen Sicher⸗ heit wegen gethan, nicht aber, um an der Spitze der Verwaltung ju bleiben, die sich vielmehr von dem Kugenblicke an, wo die Hauptstadt in Belagerungs-Zustand erklaͤrt worden, gaͤnzlich in den Handen des Marschalls befunden habe. Sie werden indessen leicht begreifen, m. H., daß diese Behauptung keinen Glaüben verdient; denn horte auch die Macht der Civil— Behoͤrden von jenem Augenblick an auf, so laͤßt sich doch nicht annehmen, daß zugleich auch die Verantwortlichkeit der Minister ganz und gar auf den Militair⸗Kommanbanten uͤberge— gangen sey. Dieser muͤßte vielmehr noch immer den Anordnun⸗ gen des Ministeriums gehorchen. Hiernach beurtheile man nun das beklagenswerthe Benehmen der Minister, die, statt sich zu sagen, daß sie durch ihre Verordnungen allein an dem ganzen Un⸗ glückte Schuld sind, statt uͤber die Zuruͤcknahme derselben zu be⸗ rathschlagen, statt sich nach St. Cloud zu begeben und den Kd⸗ nig um diese Znruͤcknahme anzugehen, — von den Tnilericen aus den Befehl geben, mit Kartaͤtschen unter das Volk zu feuern, gleichsam als ob das Kleingewehrfeuer nicht hinreichend sey, um kas Blut der Buͤrger zu vargießen. Welche bittere Fronie ist es unter solchen Umstaͤnden nicht, wenn Herr von Polignac in sei— nem Verhoͤre erklaͤrt, daß er die traurigen Ereignisse, die sich un⸗ ter seinen Augen zugetragen, nur habe beklagen koͤnnen! Mitt⸗ lerweile erschienen einige Beputirte in den Tuilericen und versprachen die Einstellung der Feindseligkeiten, wenn die Verornungen zuruͤckge⸗ nommen und die Minister entlassen wuͤrden. Alle Personen, mit denen die Deputirten sich unterhielten, ja der Marschall selbst, nahmen diesen Vorschlag mit Freuden auf, und Letzterer erbot sich, dieferhalb an den König zu schreiben, auch die Deputirten bei dem Fuͤrsten v Polignac einzufuͤhren. Dieser haͤtte noch jetzt eine Krone retten und dem Lande eine Revolution ersparen koͤn⸗ nen. Aber er weigerte sich zweimal, die Deputirten zu empfangen, so daß diese unverrichteter Sache wieder die Tuilerieen verlassen mußten. Inzwischen uͤberbrachte der Adjutant des Herzogs von Ragusa, Hr. von Komierowski, dem Köoͤnige das von dem Mar⸗ schall versprochene Schreiben, mußte jedoch, seiner eignen Aussage zufolge, lange Zeit auf eine Antwort warten, da die Etikette es dem Herzoge v. Duras nicht gestattete, eher als nach 20 Minuten wieder in das Kabinet des Königs zu gehen. Und wie lautete zuletzt diese Antwort! Der Konig trug dem Adjutanten muͤndlich auf, dem Marschall zu sagen, daß er sich gut halten, alle Kraͤfte auf dem Carousselplatze sammeln und fortan nur mit Massen agiren möchte. Hr. v Polignae behauptet, er habe auch seinerseits dem Köoͤnige geschrieben gehabt; wahrscheinlich ist die Antwort dieselbe , weshalb er sich auch fuͤr ermaͤchtigt hielt, den Kampf ortzusetzen. Das Gemetzel war an diesem Tage entsetzlich; am Abend des 26sten waren die Straßen mit Todten und Sterbenden bedeckt, die Lazarethe mit Verwundeten uͤberfuͤllt. Und doch hatte sich in der Lage der Dinge noch nichts geandert. Welche Aus⸗= sicht gewaͤhrte sie fuͤr den folgenden Tag! Noch blieb die Nacht uͤbrig; sie haͤtte guten Rath bringen sollen; man durfte anneh—⸗ men, daß die Minister zusammenbleiben und sich in corpore nach St. Cloud begeben wurden, um von dem Monarchen entweder die Zuruͤchrnahme der Verordnungen oder ihre Entlassung zu er⸗ jwingen, Nichts von dem allen geschah; die Minister verbrachten die Nacht in den Tuilerieen, in ruhiger Erwartung der Dinge, die da kommen wurden. Es bedurfte der Lebhaftigkeit eines Ihrer ehrwuͤrdigen Kollegen, um die Rathgeber der Krone dieser Un⸗ empfindlichkeit zu entreißen. Am Doönnerstag um ? Uhr Mor⸗ gens begaben die Herren v. Semonville und v. Argout sich zu Hrn. von Polignac. Nach einer Unterredung, deren Inhalt sich aus der Aussage des Herrn v. Semonville am besten ergiebt, fuh⸗ ren beide Herren nach St. Cloud. Was sich dort in dem Kabi⸗ net des Königs zutrug, hat Herr von Semonville mit einem Schleier der Ehrfurcht bedeckt, welchen zu luͤften die Wichtigkeit der Umstaͤnde ihm wohl gestattet haben wuͤrde. Alles, was wir von ihm erfahren haben, ist, daß er mit Herrn von Argout erst nach Paris zuruͤckkehrte, nachdem die Verordnungen widerrufen und die Minister entlaffen waren. Aber es war zu spaͤt; der Krieg hatte bereits entschieden, und die am Asten Morgens wie⸗ der Fegonnenen Feindseligkeiten hatten in derselben Zeit, wo jene beiden Pairs den Monarchen in St. Cloud zu uͤberreden i,. die Souverainetaͤt in die Haͤnde des Volkes gelegt. Karl X. hatte gufgehbrt zu regieren, ünd eine neue Morgenrdthe der ves eeh und Gesetzlichkeit war über Frankreich aufgegangen. Mit der Freiheit mußte aber zugleich die Gerechtigkeit zuruͤckkehren. Die Natlon, die sich muthig im Kampfe und maͤßig nach dem Siege ret hatte, ver⸗ langte die gebührende Strafe fuͤr die Urheber ihrer Uebel, fuͤr die Maͤnner, die die Gesetze verletzt, den offentlichen Frieden . stört und die Hauptstadt mit Blut befleckt hatten; ihre, Wansche wurden vernommen, ein chrenwerther Deputirter trat mit dem Antrage hervor, die Minister in Anklagestand zu versetzen, und nach einer vorbereitenden Instruction fene gn. die Kam⸗ mer den nachstehenden Beschluß. (Hier fuͤhrte der Red⸗ ner die bekannte. Resolutlon der Deputirten - Kammer an.) Jetzt find wir auf den Punkt gelangt, die Anklage zu eroͤrtern;
Dir sind Ihnen, welche das Gesetz anwenden sollen, dem Volke,
welches Rache verlangt, und uns selbst, die wir nicht eine unge ruͤndete Anklage verkheidigen mochten, Beweise schuldig. ie harte von 1854, unter welcher die Thatsachen stattgefunden ha⸗ ben, bessimmt in ihren Art. 55. und 56., daß die Depütirten Kam⸗
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