1830 / 359 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 28 Dec 1830 18:00:01 GMT) scan diff

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(Von den Verhandlungen der Deputir ten. Lammer muͤs⸗

sen wir uns eine Mittheilung wegen Mangels an Raum alten. , 19. Dez. Gestern Abend hielten Se. Maj. einen dreistuͤndigen Minister-⸗Rath. Heute Mittag sind der König, die Koͤnigin und deren Schwaͤgerin nach Neuilly ge⸗— febr c Sonntags-Blatt „la Sentinelle du Peuple“, ent⸗ haͤlt als Postskript zu einem Aufsatze unter der, Ueberschrift: „Ueber den Prozeß der Minister“ Folgen ves: „Ein Complott ist im Werke; die Verschworenen sind aber bekannt; es sind einige irre geleitete junge Leute, nebst einer guten Anzahl von Earlisten und Allem, was Paris an Gaunern und losem Ge⸗ sindel enthaͤlt. Es handelt sich jetzt weniger um Herrn von Polignae und seine Kollegen, als um einen Angriff auf die Regierung. auf seinem Posten und thue se— jene niedrigen Verschwoͤrer en Haͤnden

seine Pflicht. Laßt uns der Justiz uüberlie—

fern, damit sie die gerechte Strafe empfangen. Ihr Arbei⸗

ter, im Namen des Gesetzes und Eures eigenen Besten, bleibt ruhig in Euren Wohnungen! Laßt Euch nicht durch die Neugier in die Mitte von Versammlungen verlocken, in denen Ihr nichts zu thun habt, und wo Ihr nur Euch und Eure Familien in Gefahr bringen koͤnnt. Mißtraut den Versprechungen, verachtet Drohungen, weist Anerbietungen zuruck, die Euch von salschen Freunden der Freiheit gemacht werden moͤchten!“ ö.

Dem Avenir zufolge sollen die angeklagten Minister sogleich nach der Beendigung der Debatten nach dem Schlosse von Vincennes zurückgebracht und ihnen dort das Uriheit des Pairs⸗-Hofes mitgetheilt werden, weil es nicht üblich sey, daß dieses hohe Tribunal sein Urtheil in Gegenwart der Ange— klagten faͤlle. ; .

„Man versichert“, sagt der Temps, „daß der Gesetz— Entwurf uber die neue Eivil-Liste morgen zuruͤckgenommen werden und daß man die Kammern durch eine Botsch aft ersuchen wird, das Einkommen der Krone selbst festzustellen.“

Gronßndriüanten ün d Jrꝛzland.

London, 18. Dez. Vorgestern gab die Herzogin von Kent zur Feier des Geburtstages Ihres Durchlauchtigen Dru— ders, des Prinzen Leopold, der an diesem Tage sein 0stes Jahr zuruͤckgelegt hatte, ein großes Mittagsmahl in Ken— ington. . 29 Se. Königl. Hoheit der Herzog von Sussex wohnte seit seiner Erwaͤhlung zum Praͤstdenten der Königl. Gesellschaft zum erstenmale einem Mittagsmahle im Klub der genannten Gesellschaft bei. .

Der Herzog von Cumberland beehrte vorgestern den Russischen Botschafter Fuͤrsten Lieven und dessen Gemahlin mit seinem Besuch. .

Lord Stanley uͤberreichte gestern der Koͤnigin eine Adresse der Baumwoll-Weber von Groß- und Klein-Bolton mit ver— schiedenen Mustern ihrer Fabrikate; Ihre Majestaͤt nahmen olche sehr gnaͤdig auf.

6. ö Wellington gab vor einigen Tagen dem von Dublin zuͤruͤckjekehrten Herzoge von Northumberland und dessen Gemahlin ein großes Mittagsmahl.

Der Mann, der vor einiger Zeit beim „berhause ver— haftet ward, weil man ihm den Pian zuschrieb, den Herzog von Wellington zu ermorden, ist vom Gerichtshofe von Old— Bailey, als an Verstandeszerruͤttung leidend, freigesprochen worden.

Im Hof⸗Journal liest man; „In politischen Ziekeln nennt man den Grafen Flahault als hiesigen neuen Franzoͤ—⸗ sischen Gesandten an die Stelle des Fuͤrsten Talleyrand, der, wie es heißt, seinem Wunsche gemäß, bald nach Weihnach“— ten zuruͤckberufen werden wird. Des Grafen Gemahlin ist, so viel uns bekannt, aus einer Schottischen Familie und hat beträchtliches Besitzthum in Schottland.“

s Edinburg meldet man die in diesen Tagen erfolgte Ankunft der Herzogin von Berry in Holyrood, uns daß der Marschall Bourmont sich einige Zeit daselbst aufgehalten habe.

Lord Folkstone wird sich mit Lady Amalie Fitzelarence

vermaͤhlen. ; l Nieder lande.

Aus dem Haag, 21. Dez. Gestern erhielt der Fran— zoͤsische Geschaͤftsteäger, Herr von la Rochefoucauld einen Courier mit Depeschen aus Paris.

In Amsterdam ist eine Subseription eröffnet worden, um wollene Handschuhe fuͤr die im Feld befindlichen Einwoh— ner jener Stadt anzuschaffen. ;

Das Journal de ia Haye macht bemerklich, daß,

Unter diesen Umstaͤnden bleibe ein Jeder

schenke, weiche die Hollaͤnder ihrer Regierung gemacht, be— reits mehr als zwei Millionen Gulden betragen.

Herzogenbusch, 27. Dez. Wie man vernimmt, wird die Hollaäͤndische Infanterie hinfuͤhro bestehen: aus der Gre— nadier⸗Division, zwei Jaͤger⸗Bataillonen und eilf Infanterie⸗ Divistonen, naͤmlich der 2ten, 5ten, 7Tten, Sten, gten, 19ten und 13ten, jede von drei Bataillonen. Die 1ste, Zte, 4äte, 6te, 11e, 15te und 16te Division sind demnach aufgehoben.

Seit dem letzten Streifzuge der Insurgenten nach Hil— varenbeek sind die Gränzen unserer Provinz von denselden nicht wieder uͤberschritten worden. Dieser Tage herrschte zwar das Geruͤcht, 70 Belgier hatten sich wiederum zu Chaam gezeigt; dies hat sich jedoch nicht bestaäͤtigt. Im Limbur— gischen erscheinen inzwischen von Zeit zu Zeit bewaffnete Banden. =

Antwerpen, 21. Dez. Die Hollaͤndische Fregatte „Komet“, die gestern zum Absegeln sich anschickte, ware da—

Ufer der Schelde, wenn sie nicht gluͤcklicher Weise noch 30

Scheitern dieses Fahrzeuges“, sagt ein hiesiges Blatt,

„ein so gluͤckliches Ereigniß dies auch an sich gewesen waͤre,

hätte doch von unglücklichen Folgen begleitet seyn koͤnnen. Das Volk, das nicht immer nachdenkt, schickte sich schon an, das Fahrzeug anzugreifen, dessen Kanoniere auch zur Gegenwehr bereit waren. Uns waͤre es lieber gewesen, wenn die Hol— laͤndischen Seeleute am linken Ufer der Schelde scheiterten.“

Vorigen Sonnabend Nachmittag, kam ein Dampfschiff mit zwei Transpert-Fahrzeugen vor der Citadelle an; 38 an⸗ dere Fahrzeuge mit Proviant folgten diesen. Gestern fuhren mehrere von diesen Fahrzeugen nach dem Fort „Tate de Flandre“ wo man sowohl fuͤr dieses, als fuͤr die vier an— graͤnzenden Forts, Proviant ausgeladen hat.

Ein Kanonier-Dampfschiff hat seit zwei Tagen an dem erstgenannten Fort geankert, wo es den Winter zubringen will. Man sagt, die andern wurden denselben Platz besetzen, so daß die Spitze von Flandern mit der kleinen Batterie, welche man dort aufgeworfen hat, von der Seite der Schelde im vollstaͤndigen Vertheidigungs-Zustande seyn wird.

Gent, 20. Dez. (Aus einem in Bruͤsseler Blat⸗ tern enthaltenen Privatschreiben). Herr Plaisant, General⸗ Administrator fuͤr die oͤffentliche Sicherheit, ist von Bruͤssel hier angekommen. Man suchte ihn anfangs zu uͤůberreden, daß Aller hier ruhig bleiben wuͤrde, und daß die Ausschwei— fungen von gestern und vorgestern nur die Handlungen Ein— zelner und ohne politische Wichtigkeit gewesen seyen. Am selbigen Abende wurden jedoch alle diese Versicherungen schon wiserlegt; des schlechten Wetters ungeachtet versammelten sich naͤmlich in der Dämmerung große Menschen-Massen auf den Straßen, wo man anfing, das Pflaster aufzureißen. Die in der Stadt besindlichen Truppen mußten herbeigeholt werden, um die Haufen zu zerstreuen, was ihnen auch endlich gelang. Buͤrger-Garden, Frei⸗Corps, Jager, Pompiers, Garde zu Pferde, Linien⸗Truppen, Alle wurden Abends dazu gebraucht, üm die Straßen einer Stadt zu patroulliren, von der es noch am Motger hieß, sie sey vomkommen ruhig. Um 9 Uhr

ficen etwa 5 Flintenschüͤsse. Es ergab sich, daß im Kaffee⸗ Hause zum Halhmond ein neuer Zwist entstanden war, dessen Ursprung man noch nicht kennt; es ist indessen Niemand da— bei getbötet worden. Alles dies ist unmoglich die Handlung von Einzelnen; man schreibt es den Machinationen des Hrn. van Doorn zu, der auch jetzt noch der eigentliche Gouverneur von Gent zu seyn scheint, ferner denen des Frei Corps, das aus Ministertellen gebildet worden ist. Man erzaͤhlt hier oͤffentlich, daß der Prinz von Oranien binnen 14 Tagen sei⸗ nen Einzug in Gent halten werde. Das Frei-Corps muß durchaus aufgeloͤst und Herr v. Ryckere, gegenwärtiger Civil⸗ Gouverneur von Ost⸗Flandern, der eine unbegreifliche ezeigt hat, entlassen werden. Eine energische Hand thut oth, um den Intriguen zuvorzukommen, die sonst ganz un— vermeidlich eine Contee⸗Revolution herbeifuͤhren wuͤrden.“

wurde unter vielen anderen Bittschriften auch die einer sehr großen Anzahl von Arbeitern und Einwohnern der Gemein— den Uccle und Foret eingereicht, die darum nachsuchten, daß

Brand und Plünderung in jenen Orten vernichteten Fabrik— Gebaͤude einen Ersatz gewaͤhre, damit die zerstoͤrten Etablisse⸗ ments wieder errichtet und zahlreiche Menschen vom Hun—⸗ gertode errettet werden.

gischen Volkes erwählt werden moge. Naͤchstdem wurde dem

wahrend die patriotische Anleihe in Belgien es hoͤchstens auf 306,000 Gulden habe bringen können, die patriotischen Ge—

RKongresse eine Anzeige von dem vorgestern erfolgten Ableben

.

bei fast auf den Strand gerathen, und zwar am diesseitigen

Schritte vom Quai haͤtte ihren Anker werfen koͤnnen. „Das

ö stantischen Gemeinden in Gefahr bringt. S eine solche Behauptung auch ist, schildert sie doch die Unge— wißheit, welche die Protestanten uͤber ihr Schicksal hegen.

diese allen Dingen noͤthig seyn, zu bestimmen, daß die oͤffent— liche Freiheit des nen Umstaͤnden soll gehindert werden duͤrfen. tesdienst wird gewiß niemals die Ordnung und die oͤffentliche Ruhe stoͤren, und wenn eine solche Stoͤrung einmal eintritt, so kann sie nur durch den uͤbeln Willen hervorgebracht wor— den seyn, diesen Gottesdienst selbst zu insultiren. daher in solchen Fallen immer nur noͤthig seyn, gegen die

Abends ließ sich ein großer Laͤrm vernehmen; bald darauf

chwaͤche

e gehen bestraft werden. Bruüssel, 22. Dez. In der gestrigen Kongreß⸗Sitzung

der Kongreß den Eigenthuͤmern der am 26. August durch

e. . Ein Herr Ferdinand Digneffe bat darum, daß Herr Charles Rogier zum Oberhaupt des Bel⸗—

des Herrn Kockaert, ersten Praͤsidenten des hiesigen Ober⸗

Tribunals und Deputirten der Stadt Bruͤssel, gemacht.

Man schritt sodann zur ferneren Deliberation uͤber das Bel— gische Indigenat, wobei mehrere Mitglieder die Meinung aussprachen, daß es unrecht sey, keinem Ausländer eine Anstellung zu bewilligen, bevor er nicht foͤrmlich naturalisirt worden. Die Bestimmungen in dieser Hinsicht werden in⸗ zwischen angenommen, eben so auch die damit zusammen— haͤngende Erklaͤrung der Rechte der Belgier. Der 11te Ar— tikel, welcher lautet: „Die oͤffentliche Ausuͤbung jedes Got— tesdienstes kann nur durch ein Gesetz verhindert werden, und einzig und allein in solchen Faͤllen, wo diese Aus— uͤbung die Ordnung und die oͤffentliche Ruhe stoͤrt“, giebt zu vielen Debatten Anlaß. Herr von Secus aͤußert: „Es ist ein großes Gluͤck fuͤr einen Staat, wenn unter sei— nen Einwohnern Einigkeit der religioͤsen Meinungen herrscht; es besteht sodann unter den Buͤrgern Friede und Eintracht uͤber einen Punkt, der sie so uͤber alle Maßen interessirt. Man kann wohl sagen, daß wir dieses Gluͤck in Belgien ge— nießen. Die in ihrer Religion von uns abweichenden Ge—

meinden sind hier so wenig zahlreich, daß keine Ruhestoͤrung von ihrer Seite zu befuͤrchten ist. Wir werden in ihrer Hin— sicht, und zwar mit Gewissenhaftigkeit, alles das beobachten, wvwas christliche Toleranz und Gerechtigkeit vorschreiben. Fern bleibe dem Herzen jedes Katholiken die Idee einer Wieder— Vergeltung! Man geht indessen so weit, behaupten zu wollen,

daß jedes den Katholiken bewilligte Zugestäßndniß die prote—

So laͤcher lich aber

Wir, meine Herren, werden immer tolerant seyn; wir haben

nicht noͤthig, uns der Dienstbarkeit des Protestantismus zu voersichern. Rönmisch-katholische Religion stische Kennzeichen leber unter die eine Freiheit genießen wollen, zum Opfer bringen muͤßten.

Eine tief begruͤndete Anhaͤnglichkeit an die ist immer das charakteri— der Belgier gewesen. Sie wuͤrden Herrschaft Spaniens sich stellen, als der sie ihren Glauben Treue und ergebene Unter— anen unter Maria Theresia, empoͤrten sie sich unter ihrem

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ahn , der ihnen seinen Germanischen Katholizismus auf— ringen wollte. die Hollaͤndische Regierung war es die einer zwar geheimen, aber thaͤtigen Verfolgung der katholischen Religion und des katholischen Unterrichts, welche die maͤchtigste Ursache der reißenden Schnelligkeit gewesen ist, womit die Revolution sich verbreitet hat. aggterrichts auf unantastbaren Grundlagen errichten, heißt fir die kuͤnftige Sicherheit des Staates sorgen, den zu be— ggruͤnden wir berufen wurden. Vergangenheit uns zu Nutze machen, bemeistern wir uns der Zukunft und zerstöͤren den Keim, der neue Unruhen herbei— uͤuͤhren konnte. ner Harmonie mit allen anderen Freiheiten, ja sie ist sogar deren Freundin, wie dies die Treue beweist, welche die Katholiken

Unter allen Beschwerden der Belgier gegen

Die Freiheit dieser Religion und dieses Indem wir die Lehren der Es befindet sich diese Freiheit in vollkomme—

ungeachtet aller Damit nun wird es vor

von Belgien den Liberalen, Intriguen der Gegenpartei, bewiesen haben. katholische Freiheit begruͤndet werde,

katholischen Gottesdienstes unter kei— Die sser Got⸗

Es wird

Urheber mit Strenge zu verfahren.“ Nach, einer langen

Debatte wird endlich der besprochene Artikel folgendermaßen redigiert und angenommen: rer oͤffentlichen gen uͤber jeden Gegenstand darzulegen, werden verbuͤrgt; doch

„Die Freiheit der Kulte, die ih⸗ usuͤbung, so wie die Freiheit, seine Meinun—

sollen alle beim Gebrauche dieser Freiheiten vorkommende Ver⸗— Niemand soll auf irgend eine Weise

ju den Handlungen und Ceremonien eines religioͤsen Kultus

soder zur Haltung der Ruhetage gezwungen werden konnen.“

We Prozisorische Regierung hat Herrn Felix von Men,

enger? zum Civil, Gouverneur von West, Flandern ernannt und die Regierungs-Kommission, die bisher in Bruͤgge be—

standen hat, aufgeloͤst. Der Franzose Parent ist neuerdings mit 4 anderen Per⸗

nen festgeuommen worden; dieselben werden beschuldigt, eine Verschwwörung gegen die Regierung angestiftet zu haben.

Das Central-Comité soll bereits die Aufloͤsung des Genter

Frein Corps, so wie die Entlassung des Professors v. Ryckere

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von seiner Stelle als Civil-Gouverneur der Provim oOst— Flandern angeordnet haben. (Vgl. Gent.) mung , d.

ü nchen, 21. Dez. e Münchner politische Zei⸗ tung enthaͤlt im heutigen Blatte Folgendes: „Der er . Geist, der die Pariser von Zeit zu ( mit Correspondenz⸗Nach⸗ richten aus Muͤnchen unterhält, ist nun auf einen neuen Einfall gerathen. Der scharfsinnige Entdecker einer Kongregation, eines Jesuiten⸗Vereins ꝛc. in Baiern, hat es nun heraus, daß bei uns neben diesen Dingen sogar auch eine Kamarilla besteht. Es ist wahr, man kann öft tolles Zeug tiaumen; schwerlich aber dücfte Jemanden selbst im Traume etwas Verkehrteres und Widersinni⸗ geres einfallen, als im Constitutionnell vom 13. Dez. in einem Schreiben aus München vom 6. d. M. erzaͤhlt wird. Was ist eine Kamgrilla? Nach bekannten Schilderungen nichts anderes, als ein Verein von herrschsuͤchtigen Hofleuten, die durch Intri— guen und Koterieen aller Art den Regenten zu umgarnen und die wahren Interessen des Landes den niedrigsten Privat- Absichten aufzuopfern suchen. Und was könnte eine solche Kamarilla ans genommen auch den unwahrscheinlichen Fall, daß sie hier be⸗ staͤnde an dem Hofe eines Koͤnigs Ludwig durchzusetzen vermb— gen, bei Ihm, der, selbststandig und unabhaͤngig von allen Ein⸗ Fluͤsterungen irgend einer Partei, den Regierungs⸗Geschaͤften mit eigener, rastloser Thaͤtigkeit obliegt und mit eben so viel Einsicht als Kraft Alles selbst leitet, ordnet und pruͤft? Doch wir wol⸗ len hoͤren, worauf denn der Referent im Constitutionnel seine Behauptung vom Daseyn einer Kamerillg an unserm Hofe stuͤtzt. Das erste, worauf er sich beruft, ist der Umstand, daß erst kürz— lich einige Fournalisten aus Baiern verwiesen wurden. Man solite meinen, es sey hier von lichtscheuer willkuͤhrlicher Ein⸗ schreitung gegen wirklich große Geister, gegen anerkannt beruͤhmte Manner, die für Wahrheit und Recht zu frei gesprochen, die Rede. Aber die Verwiesenen waren ja bloß Menschen, die, Deutschland seit vielen Jahren in allen Richtungen durchkreuzend, sich weder durch gediegene schriftstellerische Werke, noch überhaupt durch gruͤndliche Kenntnisse, solide Grundsaͤtze und anstaͤndiges Betragen die Achtung der gelehrten und gebildeten Welt erwör⸗ ben haben. Die Einen, bloß begabt, uͤber belletristische Gegen⸗ staͤnde Journgl⸗Artikel zu schreihen, wuͤrdigten eine Koͤnigl. Kunst⸗ Anstalt, die hauptsaͤchlich durch die Zuschuͤsse des Hofes besteht, gegen alle Vorstellung und Warnung durch unaufhoͤrliche grobe An⸗ griffe herab; die Andern erlaubten sich Ausfaͤlle auf fremde Regierungen und mißbrauchten die nicht politischen Journalen zugestandene Cen⸗ surfreiheit durch haͤufiges Einstreuen politischer Raisonnements ꝛc. zc. Alle aber hatten es mehr mit den Personen als Sachen zu thun und legten der Gesellschaft dadurch einen widerlichen Zwang auf, daß sie nicht selten auch das Privatlehen zum Gegenstande ihrer Negkereien und Ausfaͤlle machten. Zudem haben diese Menschen in ihren Fehden und Reibungen unter sich zur Genuͤge bewie⸗ sen, welche niedere Meinung sie selbst von einander haben. Durch kein Amt, und keinen Besitz mit drm Volke verbunden, in dessen Mitte sie bloß als Fremdlinge lebten, haben sie, statt sich unter unsere Gesetze zu fügen, dieselben nur verletzt, statt buͤrgerliche Rechte zu verdienen, eine widerrechtliche Befuguiß usurpirt, und in Allem sich so benommen, daß man klar einsah, ihr Erwerbzweig bestehe einzig darin, die bestehende Ordnung und Sitte durch sophistischen Wortkram und elende Witzeleien fort⸗ waͤhrend zu bekriegen. Durch ihre Fortschaffung aus dem Lande wurde die Freiheit des wissenschafllichen Forschens und einer redlichen und sachkundigen Diskussion uͤber Angelegenheiten der Verfassung und des oͤffentlichen Lebens nicht nur nicht gefaͤhrdet, sondern das Ansehen des Literators von Einsicht ünd Beruf vor der Mißachtung gesichert, die ein so frevela hafter Mißbrauch der Preßfreiheit bald aller Schriftstellerei zuge⸗ zogen haͤtte Als fernerer Beweis fuͤr das Daseyn einer Ka⸗ mäͤrilla wird angefuͤhrt, daß man bei uns strengere Maaßregeln hinsichtlich der Zeitungs⸗Censur ergriffen habe Wir glaudeu, daß in Zeiten, wie die gegenwaͤrtige, wo nicht etwa bloß soge⸗ nannte Absolutisteu uͤber Preß⸗ Unfug klagen, sondern, wie neuer dings aus den Debatten in den Franzoͤsischen und Belgischen Kammern deutlich hervorgeht, selbst noötorisch bekannte Liberale sich dagegen mit dem lebhaftesten Unwillen erheben, jeder Jour⸗ nalist sich selbst die strengste Censur auferlegen und Alles vermei⸗ den soll, was die Bande des Vertrauens zwischen Fuͤrsten und Unterthanen schwaͤchen, das Volk gegen die Behoͤrden erbittern, Haß und Zwietracht im Lande erzeugen und zu gesetzwidrigen Handlungen aufmuntern kann. Sind Kriegs⸗Ruͤstungen zur Er⸗ haltung des Friedens, so sind zu Zeiten Zwangs⸗Maaßregeln zur Aufrechthaltung der Ruhe vonnöthen. Wir denken Hestimmt nicht, daß sich ein Baier aus Gewinnsucht oder Eitelkeit dazu hergeben koͤnnte, durch sein schriftstellerisches Talent auf eine . und leichtglaͤubige Menge n spekuliren und Verwirrung und unruhe zu stiften, um sodann Gelegenheit zu haben, sich wichtig und geltend zu machen, icht 7 böͤsen Willen, nur gegen Unerfahrenheit und Unvorsichtigkeit sind bei uns Censur⸗Maaßregeln noͤthig, und da es zu keiner Zeit ge⸗ stattet war, gegen fremde Regierungen, hohe Staats Maͤn ner und rechtlich bestehende Staͤnde uͤngeziemende Ausfaͤlle zu wagen, so

bedarf es von dieser Seite keiner neuern Vorschriften zur Abwen⸗

dung eines Unfuges, der gewoͤhnlich nur da herrscht, wo sich ein Staat im Zustande revolutionaͤrer Gaͤhrung oder gar schon in offenbarer Anarchie befindet. Was den Wink betrifft, den un= serm Lande hinsichtlich einer kuͤnftigen politischen Stellung in

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