1830 / 362 p. 5 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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mit Holland veteinigt werden sollte, der souve⸗ raine Fuͤrst der Vereinigten Provinzen gehalten seyn wuͤrde, Schweden für diefe Entsagung schadlos zu hal— ten, und zwar indem er diesem Staate einige Holländische Kotlonieen, die sich damals in den Handen der Englaͤnder befanden, abtreten werde; inzwischen erklaͤrte Schweden nach⸗ her, daß es diese Schadloshaltung lieber in baarem Gelde empfangen wolle. Die mit Holland vereinigten Belgischen Provinzen waren nach der Seite Frankreichs hin von Festun— gen ganz entbloͤßt. Alle Maͤchte, besonders aber Großbri⸗ tanien, hatten das Jnteresse, solche Festungen zu errich“ ten, die, wie man damals glaubte, dem Koͤnige der Niederlande zu gleicher Zeit ein Besitzthum sichern soll— ten, das nur allzu zweifelhaft war. Großbritanien benutzte diefe beiden Umstaͤnde, um sich das Vorgebirge der guten Hoffnung und die Kolonieen Demerary, Essequibo und Ber— bice, die zu den vortrefflichsten und einträglichsten aller unse⸗ rer Kolonial-Besitzungen gehoͤrten, anzueignen, und die es sich unter der Bedingung abtreten ließ, 12 Millionen Gul⸗ den an Schweden als Schadloshaltung fuͤr die Insel Gua— deloupe und außerdem 24 Millionen Gulden zu zahlen, die gemeinschaftlich mit einer gleichen vom Souverain der Niederlande bewilligten Summe dazu verwandt werden sollten, die Vertheidigungs Linte des Landes zu hefe— stigen.“ (Die fernere Mittheilung dieses Artikels muͤssen wfr uns wegen Mangels an Raum noch vorbehalten)

Bruͤssel, 25. Dez. Aus Antwerpen schreibt man uns: „Die Belgisch-Holläͤndischen Angelegenheiten sollen in Lon⸗ don zwar geordnet worden seyn, jedoch in einer Weise, die mit der Unfehlbarkeit des Kongresses gar nicht uͤbereinzu— stimmen scheint.“ .

Dle im Kongresse erhobene Diskussion uͤber einen Artikel der neuen Verfassung, welcher die Freiheit der Priester be— trifft, die in Religions-Sachen keinem Gesetze unterworfen seyn wollen, kam hier keinesweges unerwartet, vielmehr wußte man, daß sich uͤber diesen Artikel schon fruͤher viele Streltigkeiten erhoben hatten, und daß er bei der Berathung zu vielen Debatten Anlaß geben durfte. Auch in der gestri⸗ gen Sitzung des Kongresses wurde Aber diesen Artikel (den 12ten des- Tten Titels der Verfassung, so wie er im vorge— strlgen Blatte der Staats-Zeitung mitgetheilt wurde) noch nichts entschieden. .

In Gent ist die Ordnung zwar wiederhergestellt wor— den, doch steht zu befuͤrchten, daß die Ruhe nur von sehr kurzer Dauer seyn wird. Es heißt, daß Herr Plaisant den Befehl der provisorischen Regierung zur Aufloͤsung des dor— tigen Frei ⸗Corps noch nicht ganz vollzogen habe; auch ist der Professor v. Ryckere immer noch Gouverneur von Ost Flan⸗ dern. Brüsseler Blätter fragen: „Was wuͤrde der Kon— greß wohl thun, wenn die alten ministeriell gesinnten Einwoh⸗ ner Gents den Prinzen von Oranien proklamirten?“

Lüttich, 25. Dez. In der heutigen Nacht hat man neuerdings sehr starken Kanonen Donner in der Richtung von Mastricht her vernommen. Man glaubt jedoch nicht, daß irgend etwas Wichtiges vorgefallen sey.

9 Turkei.

Die Allgemeine Zeitung meldet in einem Prjivat— Schreiben aus Alexandrien vom 1. Nov.: „Heute ist eine große Expedition von 4000 Mann nach Kandien unter Se—

el gegangen ); eine dritte wirs wahrscheinlich in kurzem olgen, da, wie nun die Erfahrung lehrt, die Unterwerfung dieser Insel nicht so leicht von statten geht, als unser Pascha geglaubt hatte. Nach allen Berichten verschmaͤht die Grie— chssche Bevölkerung besonders die der Gebirge, jeden Vor— schlag zur Unterwerfung, und ruͤstet sich zu kräftiger Gegen⸗ wehr. Selbst die Tuͤrken in den Städten zeigen Widersetz⸗ lichkeiten und wollen keineswegs in die beabsichtigte allge— meine Entwaffnung, worunter auch die Muselmaͤnner begrif⸗ fen sind, willlgen. Es wird daher auf Kandien eine großere

Macht , , werden müssen, wenn der Erfolg

den Wuͤnschen des Paschas entsprechen soll; jedenfalls wird es noch manchen Kampf kosten.“

) Nach den in Nr. 356 der Seeg gerung mitgetheilten

Re, , , , , , . ilung de J en Truppen bereits in der letzten Halfte Oktober in ö ans Land gesetzt worden.

Laufbahn.

Inland.

, ö,, ö Der Koͤnigl., wirkl. Gehelme Staats- und Justiz Mint⸗ ster, Chef der Justiz und Ritter des rothen Adler ⸗Ordens zweiter Klasse mit Eichenlaub und Stern, Wilhem Hein⸗ rich August Graf von Danckelmann, vollendete nach langem Leiden am 29gsten d. M. zu Berlin seine irdische

Vater, der bei der Thronbesteigung Sr. Majestaͤt des Koͤ— nigs in den Grafenstand erhobene nachherige Schlesische Justiz⸗Minister, damals Präsident der Regierung war. Die beiden Soͤhne des Letztern widmeten sich, wie mehrere ihrer

Voreltern, dem Preußischen Justizdienste mit derjenigen Be⸗

rufstreue, welche unter unsern Königen nie ohne Anerken— nung bleibt. Der aͤltere Sohn starb 1819 als Chef⸗Praͤsi⸗ dent des Ober-Landesgerichts zu Breslau. Der zweite Sohn, der nun verewigre Justiz-Minister, trat, nach zuruͤckgelegtem gruͤndlichen Rechts-Studium zu Halle, in den Justizdienst und ward 1792 Ober-Amts⸗Regierungsrath zu Breslau und wegen seiner ausgezeichneten Amtsfuͤhrung schon 1800 zum Präsidenten der Regierung in Waeschau und nachher des Ober-Landesgerichts zu Brieg (demnaͤchst zu Glogau) ernannt. Se. Majestaͤt der Koͤnig beförderte ihn im Jahre 1825 zum Geheimen Staats, und Justiz-Minister und verlieh ihm im folgenden Jahre die zweite Klasse des rothen Adler⸗Or— dens und 1830 die Klasse desselben mit Eichenlaub und Stern. Die Ministerial-Verwaltung des Verewigten hat zwar, da die Krankheit, welcher er endlich unterlag, ihm dieselbe schon seit sieben Monaten nicht mehr gestattete, kaum laͤnger als fuͤnf Jahre gewahrt, sie wird aber dennoch schon wegen der unter seiner Leitung begonnenen Revision der Gesetzgebung in den Jahrbuͤchern der letzteren einen denkwuͤrdigen Abschnitt bilden. Wenn es dem Grafen von Danckelmann nicht zu Theil ward, die Erfuͤllung eines seiner angelegentlichsten, vielleicht des theuersten seiner Wuͤnsche und die Belohnung seiner rastlosen Anstrengungen in der Vollendung der Ge— setz Revision zu erleben; so lag dles theils in Zeitverhaͤltnissen, theils in dem Umfange dieses wichtigen Geschaͤftes selbst, und in dem Umfange, welchen sein nach erschoͤpfender Gruͤnd— lichkeit der Bearbeitung und Vollständigkeit der Ausfuͤhrung strebender Geist dem Geschäft gegeben, theils endlich in dem Umfange und in der Wichtigkeit der dazu nothwendigen Vorar— heiten Und Materiallen, durch deren Vollendung allein er sich schon ein großes und bleibendes Verdienst um unsere Gesetzgebung, einen wohlbegruͤndeten Anspruch auf unsere Dankbarkeit erworben hat. Ein Verein so ausgezeichneter Eigenschaften, wie er in dem Verewigten sich befand, duͤrfte selten vorhanden seyn: strenge Gerechtigkeit mit Milde, Billigkeit und Wohlwollen, treue Achtung und Anhaͤnglichkeit fuͤr be—⸗ stehende gesetzliche Verfassung mit weiser Ruͤcksicht auf wahre Fortschritte und wahre Beduͤrfnisse der Zeit, Ernst und Berufstreue mit liebenswuͤrdiger Heiterkeit, der aͤußer— lich strenge Richter mit dem gemuͤthvollsten Manne, Wuͤrde

mit Anspruchslosigkeit, tiefe, vielseitige Rechtskunde mit viel⸗

seitiger Erfahrung, seltenem Scharfsinn und schneller Auf— fassung, die ausgezeichnetsten Geistesgaben mit den schoͤnsten und trefflichsten Eigenschaften des Herzens waren in ihm vereinigt. Wir betrauern daher mit Recht den Verlust eines eben so ausgezeichneten Staatsbeamten, als eines wahrhaft edlen, biedern und rechtschaffenen Mannes, dessen Andenken sich stets ehrenvoll erhalten und insonderheit denen, die den Verewigten in allen diesen Beziehungen naͤher kannten, un⸗ vergeßlich und theuer bleiben wird, wenn gleich ein hoͤherer Rakhschluß ihn so fruͤhzeitig aus seinem hohen Wirkungs— kreise und aus unsrer Mitte abberufen hat. ;

Berlin, am 30 Dezember.

Das Königliche Kammergericht betrauert in dem am 25sten d. M. verstorbenen Präsidenten, Freiherrn von Truͤtzschler und Falkensteln, in tiefem Schmerze seinen wuͤr⸗ digen Chef, der durch unerschuͤtterliches Rechtsgefuͤhl, rast ef. Pflichttreue und durch die gefaͤllige Weise, in welcher

er Ernst mit Wohlwollen zu verbinden wußte, sich die allge⸗ Seine Untergebenen verlleren einen . sorgsamen Vorgesetzten, seine Zoöͤg⸗

Er starb als

meine Verehrung und Liebe gewonnen.

linge einen einsichtsvollen väterlichen Lehrer. ein reines Opfer seines unermuͤdeten Diensteifers. Das An⸗

denken an den hingeschiedenen Freund wird seinen Amtsge—

nossen stets unvergeßlich bleiben. . Das Koͤnigliche Kammergericht.

Zweite Beilage

Er war am 10. Mai 1768 zu Kleve, wo sein

2651 Zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Staats-Zeitung M 362.

Fran rel

Palrs-Hof. Sitzung vom 26. Dezember. Herr Sauzet setzte zunaͤchst sein Plaidoyer fuͤr Herrn v. Chan— telauze in folgender Weise fort;

„M. H., gestern versuchte ich darzuthun, daß das Recht zu den Verordnungen in dem Art. 14 der alten Charte lag; sie las⸗ sen sich aber noch durch einen andern Umstand, naͤmlich durch bie Nothwendigkeit, wenn nicht rechtfertigen, so doch entschuldi⸗ gen. Diese Noihwendigkeit darzuthun, soll meine heutige Aufgabe seyn. Besorgen Sie nicht, daß ich etwa unkluger Wetse die Re⸗ volution von 1839 vor Ihnen anklagen will; nein, in. H., weder die Dynastte noch das Land will ich anklagen. Wenn die Krone durch eine verhangnißvolle Verkettung der Umstaͤnde entschuldigt werden kann, daß sie zu den Mitteln, die ihr für ihre Erhaltung nothwendig schienen, ihre Zuflucht nahm, so konnte andererseits

nichts das Land zwingen, langer in Eintracht mit einer Krone

zu bleiben, der ihre eigene Erhaltung solche Mittel vorschrieb. So muß die Sache betrachtet werden, und so wird die Geschichte sie einst betrachten. Ja, die Dynastie war wirklich in Gefahr; nicht in Folge einer Terschwörung, deren ich die, Loba jtat des Franzobͤsischen Volkes nie beschuldigen werde; nicht ich will sagen, Frankreich habe die Familie unseker Könige durch eine, Komddie, die zwoͤlf Jahre dauerte, betrogen. Aber es zeigten sich andere Elemente der Unordnung in der Gesellschaft. Die Revolution des Jull ist der besie Beweis fuͤr die Nothwendigkeit, wenn nicht dessch, was die Minister gethan haben, so doch gußerordentlicher , . überhaupt. Will etwa Frankreich, daß am 24. Juls ; ischen dem Koͤnige und dem Lande kein Zwiespalt bestand, daß

er Thron eben so viel Zutrauen gehegt habe, als das Volk Liebe, daß drei Tage Alles vollracht hatten, und daß ein Volks⸗-Auf⸗ stand hingercicht habe, um einen Thron zu stuͤrzen und eine ganze Dynastie zu vertreiben? Nein! Der Bruch zwischen dem Lande und der Bynastie war alt, tief. Die wiederhergestellte Monarchie

machte sich so viele Feinde, daß sie sogar ihre Vertheidiger in

Mißkredit brachte. Die Geistlichkeit war unter der Kaiserlichen Regierung geehrt, die Emigranten hatten durch ihr zum Theil unverdientes Ungluͤck alle Herzen gewonnen; beide wurden unter der wiederhergestellten Monarchie derhaßt, jene, weil sie von der Kanzel herab gegen die Feinde der zuruͤckgekehrten Dynastie donnerte und bie Anhänger der vorigen Regierung verletzte, diese, weil man in ihnen Anspruͤche finden wollte, welche die Gemüͤther empörten. Alles, auch die besten, gerechtesten und verfassungsmaͤßigsten Gesetze, wur⸗ de systematisch von der offentlichen Meinung getadelt und ent⸗ stellt, bloß weil es von der wiederhergestellten Monarchie aus⸗ ging. Kein Ministerium vermochte gegen diese Qpposition aus⸗ zuhalten, selbst nicht das vorletzte, das doch der offentlichen Mei⸗ nung durch die Befreiung der Presse und durch die Wahlgesetze Zugestaͤndnisse machte; es vermochte nicht immer, die Majoritaͤt fůr sich zu gewinnen, und hatte zuletzt dieselbe sogar verloren.

.

Ihm folgte rin neues Ministerium, das die lebhaftesten Besorg&

nisse einfsoßte; es trat eine absolute Trennung zwischen den Rath⸗ gebern der Krone und dem Lande ein; der Kampf war unver⸗ meidlich, alle Versuche zur Versohnung waͤren gescheitert. Er⸗ innern Sie sich der Eroberung Algiers. ter allen Voͤlkern betrachtete eine der schoͤnsten Waffenthaten nenc= rer Zeit fast mit Gleichguͤltigkeit. Die Franzdͤsischen Herzen freuten sich uͤber den Sieg un erer Waffen, aber die Blicke wa⸗ ren zugleich truͤbe uf die unheilvollen Plaͤne gerichtet, welche dieser Sieg , . konnte. Damals, ich gestehe es, als so⸗ ar der kriegerische Ruhm die Franzdsischen Herzen nicht schnel⸗ er ,. machte, schien mir die Sache der Regierung unwie⸗ derbringlich verloren zu seyn. Die Opposition wollte, ohne es fe wissen, den Umsturz giner Regierung, sie verlangte die Ent⸗ assung jener fremden Soldner, welche ote Krone ihrer angestamm⸗ ten Treue egen bei sich behielt. Die Dynastie war mit der df⸗ fentlichen Meinung unvertraͤglich. Der Beweis dafuͤr liegt in

der Revolution selbst. Sie waren hier in Paris Zeuge der fürcht⸗

baren Schnelligkeit, mit der sie vollbracht wurde, und die, weder der Regterung noch dem Volke Zeit ließ, sich regelmaͤßig an⸗ zugreifen und sich zu verstaͤndigen. Die einfache Berechnung der Stunden reicht hin, um meine Behauptung zu bewei⸗ sen, noch mehr aber die Revolution, wie sie in den Departements, und zwar in den oͤstlichen, vor sich ging, die durch eine sonder— bare Vereinigung der Eigenschaften die am meisten monarchisch gesinnten und zugleich ie feindseligsten gegen die Bourbonen waren. In diesen Departements zeigte die letzte Revolution sich furchthar fuͤr die Dynastie; dort war kein .

dennoch standen bei der ersten Nachricht von den Pariser Ereig⸗ nissen die Massen auf. Bei der zweiten Stadt des Koͤnigreichs sah man Massen von Soldaten von den um jegen den Bergen herabsteigen und mit Begeisterung die dreifavbige Fahne aufpflanzen. In diesen De⸗ partements zeigte sich die Revolution des Juli noch kraͤftiger Selbst die royalistischge innten Departements schmiegen und eilten der Dynastie nicht zu Huͤlfe, als diese auf einer 16taͤgigen Reise durch Frankreich sich ins Exil begab? Alle Bande waren laͤngst zerrissen; diese Wahrheit wurde von allen Seiten ausgesprochen. Auch die pé⸗ riodische Presse war unvertraͤglich mit zen Bourbonen; sie gesteht

Das kriegerischste un⸗

lut geflossen, und

es selbst ein, daß sie uͤberzeugt war, die Regierung der Bourbo⸗ nen sey den Interessen Frankreichs verderolich. Der Minister, den ich vertheidige, vertaßte einen Bericht uͤber die periodische Presse, den man in seinen Principien mißbilligen kann, dessen tiefe Einsicht man aber anerkennen muß.“ Der Redner las hierauf mehrere Zeitungs-Artikel vor, worin die Verordnungen als die entscheidende Veranlassung und der Vorwand, aber nicht als die eigentliche Quelle der letzten Revolution, dargestellt werden. „Eines der Blatter“, fuhr er fort, „sagt sogar offen, die Oppo⸗ sition habe sich vemuͤht, alles Regieren unmoͤglich zu machen. Herr von Chantelauze hat in jeinem Berichts an den Konig nichts von der periodischen Presse gesagt, was diese nicht seit⸗ dem selbst eingestanden hatte. Man muß sich uͤber den wahren Ursprung der Revolution des Juli nicht taͤuschen; sie war ein Werk des Augenblicks, hinsicktlich ihrer Ausfuͤhrung, aber seit langer Zeit vorbereitet durch die Stimmung der Gemuͤther und den Kampf zwischen der regierenden Familie und der oͤffentlichen Meinung. Unter solchen Umstaͤnden beschloß das Ministerium,

mit dem Lande zu brechen und die Verordnungen zu erlassen.

Ich will diese Verordnungen keinesweges fuͤr tadbelfeei erklaͤren; nicht uͤber Politik, sondern uͤber That sachen spreche ich. Das Ministerium war unvorsichtig in der Ausfuͤhrung; waͤre es aber vorsichtiger gewesen, in welcher Lage waͤren wir jetzt? Waͤre das Unternehmen gelungen, so waͤre ein Buͤrgerkrieg ausgebrochen und das Blut nicht nur in Paris, sondern auch in den Depar⸗ tements geflossen. Man sagt, die Minister mußten sich zuruͤck⸗ ziehen, als sie sahen, daß sie die Majoritaͤt nicht hatten; ja, sie mußten dies thun, wenn sie einsahen, daß sie das einzige Hin⸗ derniß zwischen dem Throne und dem Lande waren, sie mußten sich ins Meer siuͤrzen, um das Staatsschiff vom Untergange zu retten. Wenn Sie glauben, daß die Minister aus Ehrgeiz ge⸗ wagt haben, ihre vergaͤnglichen Portefeuilles in die eine Waäg⸗ schäle und in die andere das Schicksal des Landes und der Krone zu werfen, so nehmen Sie keinen Anstand, sie zu bestra⸗ fen; ich selbst werde das Urtheil zuerst unterzeichnen. Wenn sie aber versucht haben, das Fundament des Gebaͤudes, auf dessen Gipfel sie standen, zu hesestigen, wenn dieselben sich durch eine irrige Treue fortreißen ließen, wollen Sie diesen Irrthum durch harte Strafen ahnden? Die Angeklagten sind keistesweges in einem gewohnlichen Falle, sie koͤnnen, wie viele Rechtsgelehrte es anerkennen, nur als Kriegsgefangene betracktet werden.“ Der Anwalt suchte sodann zu beweisen, daß das Interesse der neuen

Krone, wie das der Kammern, die Nichtverurtheilung der Ange⸗

klagten erheische, und schloß sein Plaidoyer in folgender Weise: „um Gerechtigkeit flehe ich fuͤr den Angeklagten, den ich 2 theidige, Gerechtigkeit fuͤr Sie, fuͤr die Beputirten-Kammer und fuͤr die noch junge Krone, die, wenn sie nicht allen Zauber der alten besitzt, sich wenigstens vom Blut rein erhalten muß. Ihr Urtheil, m. H, wird das Signal zur Verschmelzung aller Par⸗ teien seyn; es wird die Eintracht Frankreichs und den Frieden Europas besiegeln. Ihr Urtheilsspruch wird geehrt werden. Wenn sich aber ein geheimes und rechtmaͤßiges Murren vernehmen ließe, wenn schmerzliche Verluste und noch nicht vernarbte Wunden Unruhen veranlaßten, so wuͤrde Ihre Rolle als Richter beendigt seyn, und Sie würden die Genügthunng gewissenhaft erfuͤllter Pflicht fuͤr sich haben. Ich aber wuͤrde mit einigen Landsleuten aus der großen Franzoͤsischen Familie in der Uniform der Buͤr⸗ gergarde auf den oͤffentlichen Platz hinabsteigen, und wir wuͤrden zur heldenmuͤthigen Bevölkerung von Paris sagen: „„Reicht uns vertrauensvoll Eure Hand; wir sind Eure Bruͤder aus den De⸗ partements. Die Gerechtigkeit hat gesprochen; ehrt ihren Ur⸗ theilsspruch. Das ist die schoͤnste, glaͤnzendste Huldigung, die Ihr den Schatten der gefallenen Opfer darbringen konnt. Auch wir haben auf die erste Nachricht von Euren Anstrengungen zu den Waffen gegriffen, aber nicht gekaͤmpft. Euch allein gebuͤhrt der Ruhm. Das ganze Land besitzt die Freiheit, die Ihr mit Eu⸗ rem Blute erkauft habt. Ihr seyd die wuͤrdigen Kinder dieser großen Hauptstadt, die Frankreich durch ihre Gebße, wie durch ihren Muth, beherrscht. Vereint mit Euch, werden wir jenen Graͤ⸗ bern Huldigung zollen, die lange Zeit hindurch Ehre genießen werden, weil sie die letzten sind. Vielleicht werdet Ihr nach einiger Zeit vier Franzöͤsische Familien schuͤchtern sich diesen Graͤbern nahen und den Schatten unserer Waffenbruͤder Ehr⸗ furcht bezeugen sehen; Ihr werdet den Blick nicht von Ihnen abwenden. Kinder, die man ihrer Aeltern nicht beraubt hat, werden Blumen auf diese Graͤber streuen. Dann werdet Ihr Eure Groͤße verstehen und das schoͤnste Schauspiel auf der Welt, das eines großen, unter dem Schutze der Gesetze in Eintracht lebenden Volks darbieten.“ Pairs von Frankreich; Ihr werdet diese großen Begebnisse leiten, sie sind Eures Mu⸗ thes würdig.“ Alß Herr Sauzet nach diesem glaͤnzenden, mit einmuͤthigem Beifall aufgenommenen Vortrage auf seinen Platz zuruͤckkehrte, empfing er die Gluͤckwuͤnsche vieler Personen und wurde von Hrn. Dupin d. Aelt. umarmt. Hr. Cremigur, der, Vertheidiger des Hrn. v. Guernon⸗Ranville, bat zunaͤchst den Pairs⸗Hof um Nachsicht fuͤr sein Plaidoyer; nachdem so große Talente alle Mittel der Vertheidigung mit so glaͤnzender Bered⸗ samkeit entwickelt haͤtten, bleibe ihm nichts uͤbrig, als einige Spe⸗