1831 / 15 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 15 Jan 1831 18:00:01 GMT) scan diff

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Ren Landstaͤnden den Bestimmungen der Versassung entsprechend kefunden seyn werden. Sechstzer Abschnitt. Von den. Stagt sdien ern. 8 51. Der Landesherr ernennt oder bestaͤtigt alle Staatsdiener, des geistlichen und weltlichen, sowohl des Militair⸗ als. Civil⸗ Standes, in so fern den Behörden nicht die Bestellung uͤberlaf— en ist. In Ansehung derjenigen Stellen, fuͤr welche einzelnen Berechtigten oder Koͤrperschaften ein raͤsentations oder Wahl⸗ recht zusteht, erfolgt die Ernennung in Form einer Bestaͤtigung nach Maaßgabe der deshalb, bestehenden Verhaͤltnisse. S. 52. Ein Staats-Amt kann nur demjenigen uͤbertragen werden, wel⸗ Her vorher gesetzmaͤßig gepruͤft und fuͤr tuͤchtig und wuͤrdig zu demselben erkannt worden ist, Uebrigens muß, von denjenigen, Velche luͤnftig ein akademisches Studium beginnen, demnaͤchst die Nachweisung geschehen, daß den gesetzlichen Vorschriften üͤber das Besuchen der Landes- Universitaͤt genuͤgt worden sey. Bei iner Weiterbeföͤrderung ist eine abermälige Pruͤfung nur erfor— derlich, wenn solche besonders vorgeschrieben ist. S 8. 53. Der Ernennung oder Beförderung zu einem Staats -Amte muß der Borschlag der vorgesetzten Behörde, wenn eine solche vorhanden iM, vorgusgehen. 8. 54. Die Ertheilung von Anwgrtschaften auf bestimmte Staats dienerstellen ist vollig unstatthaft; gleich⸗ wohl kann den Gehuͤlfen, welche altersschwachen oder sonst an . Dienstversehung gehinderten Staatz-Beamten beigege— den werden, die demnaͤchstige selbststaͤndige Anftellung, nach Maaß⸗ gäbe ihrer bewahrten Tuͤchtigkeit, zugesichert werden. J. 35. lle erledigte Stellen sollen,; sobald als thunlich, dem betreffen den Etat (vergl. S. 62) gemäß wieder besetzt werden. S§. 56. Ohne Urtheil und Recht darf kein Staatsdiener abgesetzt, oder Vider seinen Willen entlassen, noch demselben sein rechtmaͤßiges Diensteinkommen vermindert oder entzogen werden, vorhehgktlich der besonderen Bestimmungen, welche daz Staats- Dienstgesctz enthaͤlt. Diejenigen geringeren Diener gleichwohl, welche von den Behörden ohne ein durch den Landesherrn oder ein Ministe— rium vollzogenes Bestellungs- oder Bestaͤtigungs-Reskript ange⸗ Aommen worden sind, können wegen Verletzung oder Ver⸗ säumung ihrer Berufs . Pflichten von denselben Behoͤrden wie— der entlassen werden, nachdem die vorgesetzte hoͤhere oder PKchste Behörde, nach genauer Erwägung des gehörig in Hewißheit gesetzten Verschuͤldens, die Entlassung genehmigt ha⸗ den wird. S. 57. Jeder Staatsdiener muß sich Versetzungen, welche seinen Fahigkeiten oder seiner bisherigen Dtenstfuͤhrung eutsprechen, aus höheren Ruͤcksichten des Staats, ohne Verlust an Rang und Gehalt (vergl. jedoch 8 56), gefallen lassen. Staats⸗ diener, welche ohne ihr Änsuchen oder Verschulden versetzt wer— den, erhalten fuͤr die Kosten des Umzugs eine angemessene Ent⸗ schaͤdigung, sofern ihnen nicht durch die Verbesserung ihres Dienst⸗ Einkommens eine entsprechende Verguͤtigung dafur zu Theil ge⸗ orden ist. 8S. 58. Diejenigen Staatsdiener, welche wegen Alterschwaͤche oder anderer Gebrechen ihre Berufs⸗Obliegenheiten nicht mehr erfuͤllen koͤnnen und daher in den Ruhestand versetzt werden sollen ine angemessene Pension nach Maaßgabe des Staats dienst⸗Gesetzes . S. 59. Keinem Staatsdiener kann die nachgesuchte Entlassung versagt werden. Hinsichtlich 1 wirklichen Abganges sind die naͤheren, durch das Staats— zienst⸗Gesetz vorgeschriebenen, Bedingungen zu erfuͤllen 5. 69. Die Verpflichtung zur. Beobachtung und Aufrechthaltung der Landes-⸗Verfassung soll in den Dienst⸗Eid eines jeden Staaksdie⸗ ners mit aufgenommen werden. Keine Dienst-Anweisung darf atwas enthalten, was den Gesetzen zuwider ist. 5. 5. Ein jrder Staatsdiener bleibt hinsichtlich seiner Amts⸗-Verrichtungen zerantwortlich. Derjenige, welcher sich einer Verletzung der Lan⸗ des⸗Verfassung, namentlich auch durch Vollziehung einer nicht in der verfassungsmäßigen Form ergangenen Verfuͤgung riner höoͤchsten Staats ⸗Bcehoͤrde (s. 8. 1653), einer Ver? Antreuung sffentlicher Gelder oder einer, Erpressung schul—⸗ dig macht, sich bestechen laͤßt, seine Berufspflichten gröͤblich hint— ansetzt oder seine Amtsgewalt mißbraucht, kann auch vgn den Landstaͤnden oder deren Ausschusse (s. §. 1092.) bei der zustaͤndigen Berichtsbehörde angeklagt werden. Die Sache muß alsdann auf dem gesetzlichen Wege schleunig untersucht und den Landstaͤnden vder 66 Ausschusse von dem Ergebnisse der Anklage Nachricht zrtheilt werden. S5. 62. Die 66 besondern Rechtsverhaͤlt⸗ if der Staatsdiener, sowohl des Civil als Misttair-Standes ffiziere und Militairbegmten), sind in dem Steatsdien s⸗Ge— tze, welches unter dem Schutze der Verfassung stehen wird, naͤ⸗ her bestimmt. Die , ,. oder unterstuͤtzung der dazu ge⸗ eigneten, nicht zum Offizlerstände gehörenden, Militairperfonen wird durch ein besonderes Regulativ geordnet werden. (Fortsetzung folgt.)

Kassel, 10. Jan. Se. K. Hoheit der Kurfuͤrst haben den Staats⸗Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Rivalier v. Meysenbug, und den General-Lieutenant und Inspecteur der In— hanterie, Freiherr von Haynau, zu Großkreuzen Ihres Haus⸗ ardens vom Goldenen Eswen und den General. Major und General⸗Adjutanten Muͤldner von Muͤlnheim, den Gehei, men Finanz Rath Deines und den Geheimen Justiʒ⸗ Rath Böhler zu Commandeurs desselben Ordens erster Klasse, fer= ner den Major und Fluͤgel⸗Adjntanten Ruͤppel von Helm⸗ schwert zum Commandeur zwester Klasse und den Buͤrger⸗ wmeister der Residenzstadt Kassel, Schomburg, zum Ritter die Es Ordens ernannt.

Gestern Vormittag ward in saͤmmtlichen Kirchen der Re— sidenz ein feierliches Fe Deum wegen der gluͤcklichen Been⸗ digung des Verfassungswerkes und der Verkuͤndigung des Grundgesetzes gesungen. JJ. KK. H. der Au fuer und die Kurfuͤrstin, IJ. HH. der Kurprinz und die Prinzessin Karoline, Se. Durchl. der Prinz Ernst von Hessen⸗Philipps⸗ thal⸗Barchfeld wohnten dem Gottesdienste in der Hof⸗ und Garnison⸗Kirche bei.

Mittags war große Tafel bei Hofe im Schlosse Bellevue, zu welcher saͤmmtliche Landstaͤnbe, die Minister, das diploma⸗ tische Corps, die obersten Behoͤrden vom Hof⸗, Militair⸗ und Civil-Staate und die Stabs-⸗Offiziere der Buͤrger garde eingeladen waren; die Buͤrgergarden zu Fuß und zu Pferd hatten indeß gemeinschaftlich mit der Garde du⸗Corps und der Leibgarde die Wache im Schlosse. Als es dunkel gewor⸗ den war, erfolgte der große Fackelzug der Buͤrgerschaft und Buͤrgergarde nach dem genannken Schfsosse. JJ. KK. HH. der Kurfuͤrst und die Kurfuͤrstin erschlenen am Balkon, und der Buͤrgermeister Schomburg hielt hierauf in der Mitté des Krei⸗ ses eine Anrede an JJ. KK. HH., worin derselbe die in— nigsten Gesinnungen der Verehrung, des Dankes, der Liebe, als die schoͤnste Weihe dieser unvergeßlichen Tage, aussprach; ein tausenditimmiges Vwat begruͤßte unter schmetternden Fan⸗ faren den Landesvater und Seine erhabene Gemahlin.

Abends war Cour bei Ihrer Koͤnigl. Hoheit der Kurfuͤr— stin; mehrere hundert Personen erfuͤllten die Säle des Belle⸗ vue⸗Schlosses. Ihre Königl. Hoheit die Kurfuͤrstin geruhten, Ich mit allen Anwesenden auf das wohlwollendste zu unter⸗ halten.

Dle hieslge Zeitung meldet: „Zu Osterode ist, in Folge einer in der Nacht vom Sten entstaͤndenen Bewegung, hei welcher jedach nicht di- mindeste Unordnung vorfiel, ein Gemeinse⸗Rath und eine Kommunal-Garbe gebildet worden. In einem sofort gedruckten Gemeinde Blatt der Stadt Oste⸗ rode ist eine Erklarung abgedruckt, worin der allgemeine Nothstand geschilgert und Sr. Majestaͤt dem Koͤnige und dessen erhabenem Stellvertreter, dem Herzog von Cambridge, denselben vorzustellen, auch die Bilsung von Gemeinde ⸗⸗Raͤ⸗ then und Kommunal⸗-Garden, zur Aufrechthaltung der oͤffent— lichen Sicherheit, vorgeschlagen ist.“

Frankfurt a. M., 10. Jan. So wre hier, ist auch in Wurzburg und Stuttaart am Abend des Jten d. M. dat Nordlicht beobachtet worden.

Schweiz. Schaffhausen, 7. Jan. Im Kanton Glarus ist das

Bundes-Koncingent von dem besten Geiste und nicht nur

dieses in der vollsten Organitsation begriffen und jede Com— pagnie auf 120 Mann komplettirt, sondern auch die Reserve aufgeboten.

Aus Basel vom Ften d. schreibt man: Gestern war ein denkwuͤrdiger Tag fuͤr Basel. Montag den Zten d. war der große Rath versammelt, um die neue Verfassung zu berathen, die im freisinnigsten Geiste fuͤr das Land abgefaßt ist. Ein Großrath von Lestall, selbst Mitglied der Ver fassungs⸗Kom⸗ mission, machte die Anzeige, daß das Landvolk mit dem neuen Entwurf nicht zufrieden sey und eine weit großere Repraͤsen⸗ tation verlange; gewähre man ihm diese nicht, so stehe er nicht fuͤr die Folgt. Einstimmig wurde der Antragstell er ab⸗ gewiesen. Inzwischen verlautete, daß auf gestern eine Volks—⸗ versammlung von allen Gemeinden des Kantons— zusammen⸗ berufen sey, um der Regierung das, was man verlange, vor— zuschreiben. Dies veranlaßte den kleinen Rath, eine De— putatlon abzusrdnen, welche die Unzufriedenen auf bessere Gedanken bringen sollte. Inzwischen sah man gestern fruͤh viele Wagen mit Landleuten bei der Stadt vor⸗ beiziehen. Die Stadtthore waren geschlossen; die ganze Nacht hindurch hoöͤrte man uͤberall schießen und Sturm lauten. Da man Kunde hatte, daß das Landvolk ge— gen die Stadt anruͤcken wollte, so verfuͤgte sich eine An⸗ zahl Buͤrger aus allen Standen zum Praͤsidenten des Stäadt— raths, um ihn aufzufordern, sofort den Stadt⸗Rath zu ver⸗ sammeln und die noͤthigen Maaßregeln zur Sicherheit der Stadt zu ergreifen. Da eben der große Rath versammelt war, so konnte diese Sitzung erst Nachmittags stattfinden. Indeß sprach sich schon dort die Mehrheit fuͤr eine Tren⸗ nung vom Lande aus, insofern die Rebellen nicht nachgeben wollten. Um 2 Uhr versammelte sich die Buͤrgerschaft in der St. Martins-Kirche und ernannte einen Ausschuß, um mit dem Stadt Rath in Verbindung zu treten. Spaͤter trat der kleine Kantons-Rath ebenfalls zusammen. Die Volks— Versammlung wurde durch Herrn Pfarrer Vonbrunn in el⸗ ner kräftigen Rede zur Einigkeit und Beharrlichkeit aufge⸗ fordert. Nach ihm sprachen drei Deputirte vom Stadt ⸗Rath

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und zeigten der Buͤrgerschaft an, daß ihrer Aufforderung werde Genuͤge geleistet werden und sich der Stadt-Rath be— reits mit dem Kantons, Rath in Verbindung gesetzt habe, um die Sicherheits-Anstalten gemeinschaftlich zu ergreifen. Schon seyen Kanonen auf die Waͤlle gefuͤhrt worden, drei Thore geschlossen und verrammelt, eine neue Milttair? Kom— mission und Herr Oberst Vischer zum Kommandanten der Stadt ernannt. Wir sind entschlossen, unsere Rechte mit Gut und Blut zu beschuͤtzen, und erwarten die Rebellen mit festem Vertrauen auf Gott. Jeden Augenblick gewaͤrtigen wir den Generalmarsch. ö

Aus Wagadt wird gemeldet: Am Zten versammelte sich der greße Rath. Das Volk uͤberließ sich an diesem Tag ber heitersten Freude und Hoffnung, ohne die mindeste Unord— nung zu begehen. Musitbanden durchzogen die Straßen, von den fruͤher errichteten Freiheitsbaͤumen flatterten Baͤnder,

in verschiedenen Quartieren der Stadt, wo man dieselben

vermißte, wurden neue aufgesteckt.

Brasilien.

Englische Blätter bringen Nachrichten aus Rio Janeiro bis zum 16. November. Durch die Resignatlon des Finanz,Ministers Lisboa und Ernennung des Deputirten Herrn Hollanda Calvante an seine Stelle hat eine thell, weise Veraͤnderung im Ministerium stattgefunden. In Folge kürzlich durch Herrn Lisboa veranstalteter Ankaͤufe von rohem Kupfer Behufs sofortiger Ausprägung desselben verlangte die Deputirten, Kammer, die vor einiger Zeit über die Verminderung dieser Muͤnze berathschlagt hatte, eine Auf— klaͤrung uͤber jene Maaßregel von dem Minister, der in Folge dessen zur Antwort gab, daß einige dringende Zahlungen ihn zu ersis fen genoͤthigt hatten; er stellte uͤbrigens nicht in Ab, rede, daß es gut seyn wuͤrde, gesetzliche Verfügungen zu treffen, die Masse des kursirenden Kupfergeldes in Zukunft zu beschränken. In der Deputirten⸗Kammer war ein Vorschlag durchgegan— gen, wodurch die Regierung ermaͤchtigt wird, eine Kommission nach England zu senden, um die Rechnungen der letzten Bra⸗ silianischen Gesandtschaft in London zu untersuchen und ab— zuschließen; man sah der Einwilligung der ersten Kammer entgegen, hatte jedoch im Publikum keine besondere Meinung fuͤr diese Maaßregel. In St. Paolo, einer bedeutenden Provlnzialstadt in Brasilien, hatte die Nachricht von der letz⸗

ten Franzoͤsischen Revolution so laͤrmende und stuͤrmische Freun

densbezeugungen veranlaßt, daß die Regierung in Besorgniß gerieth und daruͤber durch den Minister des Innern der De— putirten⸗Kammer eine Mittheilung machen ließ. Obgleich letztere erwiederte, daß die Sache gar nicht so ernsthaft wäre, sind von Seiten der Regierung dennoch Anstalten getroffen worden, um etwanigen uͤblen Folgen vorzubeugen.

Inland.

Berlin, 14. Jan. Seit dem 3. Januar d. J ist in Köln mit Genehmigung der Koͤnigl. Regierung eine frel— willige Arbeits-Anstalt für unbeschäftigte erwachsene Arme in das Leben getreten. Durch dieselbe soll sowohl fuͤr die Beschaͤftigung der Armen in ihren Wohnungen, ala auch fuͤr Aufnahme einer Anzahl von Individuen in die Arbeits An⸗ stalt selbst, Sorge getragen werden, so wie man auch (wle bereits in andern Staäͤdten der Monarchie geschehen ist) aus derselben Tageloͤhner und Tageloͤhnerinnen zu jeder Art von Handdiensten erhalten kann.

Auch in Muͤnster hat man am 7ten d. das schöne Schauspiel des Nordlichts gehabt. Der Barometerstand war daselbst an diesem Tage sehr hoch. Morgens 6 Uhr 285,2“. d Uhr 286,3; Nachmittags 2 Uhr 286,5; 3 Ühr 286,7; Abends 10 und 10z Uhr 267,3 bei jo? Reaumur. Des Ther⸗ mometers Stand im Freien: Fruͤh 6, 1; 6 Uhr 5,4; 9 Uhr 5,09; 2 Uhr 1,7; 3 Uhr 2,8; 10 Uhr 5,0 und 107 Uhr 5,3.

Den Freunden der Portrait, Malerei wird es von In⸗

zresse seyn, zu vernehmen, daß Herr Louis Letronne, ein

Schuler Davids, und als Portrait, Zeichner, wie als Litho⸗ graph, gleich aus gezeichnet, dieser Tage hier eingetroffen ist.

Literarische Nachrichten.

Denjenigen unserer Leser, die nicht bloß von dem Reize der Neuheit angezogen werden, welcher die Erscheinungen der Fegenwart begleitet, sondern zuweilen auch gern mit der Vergangenheit sich beschaͤftigen, die allein manches Raͤthsel des Tages erklaͤrt, glauben wir einen Dienst zu erweisen,

wenn wir sie auf eine, in den hiesigen Jahrbuͤchern fuͤr wissenschastliche Kritik, im Januar Hefte Nr. 4. 5. 6., ent⸗ haltene Beurtheilung des vor kurzem in Frankreich erschie— nenen Geschichtwerks: histoire de Frange depuis le 18. Brumaire jusqu'à la paix de Tilsit, bar Bignan, 6 Vol. in 8., aufmerksam machen. Indem wir einen Auszug aus jenem Artikel mittheilen, so weit derselbe von allgemeinem oder insbesondere für Preußen, von Interesse ist, bedauern wir, daß die Beschraͤnktheit des Raums uns die Aufnahme des Ganzen nicht gestattet. Der Recensent Hr. Geh. Legat. Rath v. Varnhagen) bemerkt: Wir koͤnnen fast kein Franzöͤsisches Buch über die Geschi der neuesten Zeit anzeigen, ohne jogleich in eine polemische Stel⸗ lung gegen den Inhalt zu gerathen, und dics wahrlich ungern und mit Verdruß, denn sicher fehlt sonst uns die Neigung nicht, die h Eigenschaften anzuerkennen, welche jenen Huͤchern meist ruͤcksichtlich der Anordnung und des Vortrages zukommen und fur unsere heimischen noch gar oft zu wuͤnschen bleioen. Wir sind aber genöthigt, bei solchen Werken eine Art fortlaufen⸗ der Protestation einzulegen wider die unaufhoͤrlichen Unrichtig⸗ keiten, Entstellungen und Mißverstaͤndnisse, welche, sowohl in Be⸗ treff der Thatsachen, als in der ganzen Art der Auffassung und Behandlung, gerade diejenigen Denkmale unserer Zeitgeschichte verfaͤlschen und unsicher machen, denen, als von Augenzeugen und Theilhabern der Begebenheiten in der verbreitet nen Euro— paͤischen Sprache mit Geist und Geschicklichkeit verfaßt, fuͤr Nach⸗ lebende wie schon jetzt fuͤr Mitlebende, die nicht besser unterrich⸗ tet oder gewarnt sind, der Anschein größter Zuverlaͤssig⸗ keit und die Macht allgemeinsten Eingangs mitgegeben ist. Unsere Verwahrung ist um so nöͤthiger, als wir Deut— sche dabei noch besonders in einem nachtheiligen Verhaͤlt⸗ nisse stehen. Wenn Franzosen ihre Geschichtschöeibung etwa gegen Englaͤnder einseitig betreiben, so mag der Uebelstand sich allenfalls dadurch ausgleichen, daß auch diese dagegen ebenso ein⸗ scitig auftreten, und der Kritiker durch solche grellen Wider spruͤche mit Gewalt auf einen hoheren Standpunkt zwischen beiden hin⸗ aufgedrangt wird; allein wir Deutschen pflegen den Uchertrei⸗ bungen und Einseitigkeiten der Fremden nicht cbensolche un srige entgegenzusetzen, sondern befleißigen uns einer allgemeinen, sorg⸗ faͤltigen Auffassung, verabsaumen die Gunst der Naächsten und den Reiz fuͤr die Entfernten, und bleiben demnach in Gefahr, wenn wir nicht wenigstens Einspruch am rechten Stte thun, mit un— sern ungeschmuͤckten Thaten und Wirkungen gegen jene heraus geschmüͤckten gar sehr im Schatten zu stehen.

Von dieser Aufgabe spricht auch das vorliegende Buch ung nicht los, so sehr Lasselbe sonst in vielem Betracht vor andern sich auszeichnet. Wir sind weit entfernt, Hrn. Bignon mit einem Bourrtenne oder andern solchen Schriftstellern zu verwechseln, die nur stets ihre Unwissenheit zur Schau tragen, oder gar Un⸗ tergeschovdenes mit ihrem Namen decken; er ist unlaͤugbar ein kun— diger Staatsmann, ein gewandter Darsteller, uͤberhaupt ein Mann von großem Verstand und vieler Einsicht und Sachkenntniß. Er hat sichtlich aus den ersten Quellen geschöpft, die Verhaͤltnisse selbst waren ihm theils unmittelbar bekannt, theils wurden sie iz ihm durch spaäͤteres Einsehen und Benutzen der wichtigsten Staats⸗ Schriften, deren Zugang ihm nicht verschlossen sein konnte. Un⸗ richtigkeiten grober Art, wie sie bei Andern auf jeder Seite wim= meln, kommen vei ihm nicht vor, schiefe Voraussetzung oder lee⸗ res Vorurtheil wird seinen faktischen Angaben selten schaͤdlich, seine Uebertreibungen geoen wenigstens zu, daß man ste dafuͤr balten könne. Allein dennoch ist nicht leicht ein Buch dieser ÄArt erschienen, bei weichem man groͤßere Vorsicht anzuwenden, und Schritt vor Scheitt mehr auf seiner Hut zu sein hatte. Der Verfasser degleitet namlich die Erzaͤhlung des Geschehenen mit

einer fortlaufenden Erdͤrterung, untersucht die Beweggruͤnde und

Antriebe, das Recht und Unrecht, die Zweckmaͤßigkeit und Noth⸗ gedrungenheit der Handlungen. In diesem Theile seiner Ge—⸗ schichtsschreibung nun wird er zum wahren Sachwalter, zum ein sitigen Vertreter seiner Partei, deren Gunst und Vortheil das henne. Ziel seines Bemuͤhens ist. Die Sache aber, fuͤr die er streitet, und die er durch die eroffnete Verhandlung glücklich durchbringen möchte, ist die des Napoleonischen Frankreichs, her⸗ vorgehend aus dem republikanischen, uͤbergehend in das monar⸗ chische, und indem er seinen Helden möglichst auf den Gipfel der Febße und des Ruhmes zu stellen strebt, huͤtet er sich doch wohl, ihn mit den Gestaltungen, die ihm vorangingen und e ten, in allzu scharfem Gegensatz erscheinen zu lassen, er sucht ihn vielmepr mit dem Wesentlichen in beiden ju versohnen, und ihm gus den Gegnern, die ihm weichen mußten, wie aus denen, die ihn ablößsten, noch Anhänger und Bewunderer zu werben. Hierbei verfaͤhrt er mit Gewandtheit und scheinbarer Maͤßigung, schmeichelt seine Ansichten dem Leser ein, wiederholt sie mit Ver⸗ trauen, und wenn er weniger darauf rechnen kann, im einzelnen Falle jedesmal den aufmerksamen Sinn zu uͤberzeugen, so darf er doch hoffen, durch die ganze Masse einer ausgedehnten, gleich⸗ maͤßig verarbeiteten, anziehenden Barstellung den unpruͤfenden, e , . uͤberredend zu bewaͤltigen.

ußer dem Berufe, welchen der Verfasser durch seine Denk⸗ art, Lebenserfahrung und Geistesfaͤhigkeit zu einem solchen Werke schon von selbst hatte, empfing er noch einen ganz besondern, maͤchtig bestimmenden, durch die Aufforderung, weiche Napoleons Testament fur ihn enthielt: „J Feugaze à ecrire bhistoire de