1831 / 16 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Erkenntnisses an bewilligt, um auf Cassatlon desselben an— zutr agen.“

„Art. 133. Alle gesetzliche Bestimmungen, Dekrete und Verordnungen in Betreff der Organisation und Dis— ciplin der National⸗-Garde, so wie die dem gegenwaͤrtigen Gesetze zuwiderlaufenden Bestimmungen in Betreff des Dienstes und der Verwaltung der National-Garde, sind und bleiben aufgehoben.“

Deputirten⸗Kammer. In der Sitzung vom 7. Januar wurden die Berathungen uͤber den Gesetz-Entwurf in Betreff der Assisenhoͤfe fortgesetzt. Herr v. Montigny untersuchte die verschiedenen Bestimmungen des Gesetzes und machte einige Amendements. Herr Dumont de St. Priest stellte Betrachtungen uͤber die Kriminal-Rechtspflege an und glaubte, daß dieselbe wesentlicher Verbesserungen faͤhig sey. Herr Jacquinot de Pampelune erklaͤrte, daß er es stets ungern saͤhe, wenn man theilweise Awenderungen in einem Ge— setzbuche vornehme, indem der Vortheil, der hieraus hervor— gehe, den damit verknuͤpften Nachtheilen in der Regel nie die Wage halte; doch erkannte er im Allgemeinen die Nuͤtz— lichkeit der vorgeschlagenen Modifieationen an und stimmte sonach fuͤr die Annahme des Gesetz-Entwurfes. Herr Gau— jal war der Meinung, daß der Entwurf noch Man— ches zu wuͤnschen uͤbrig lasse; die Bestimmung, wo— nach die Urtheile der Geschwornen-Gerichte kuͤnftig mit 8 gegen 4 Stimmen erfolgen sollen (statt wie bisher mit 7 gegen 5), schien ihm im Allgemeinen lobenswerth; doch glaubte er, daß bei Verbrechen, worauf die Todesstrafe stehe, die Einmuͤthigkeit unerläßlich sey. Nachdem noch die Her— ren C. v. Remusat und Gaillard⸗-Kerbertin ihre Mei— nung zu Gunsten des Gesetz-Entwurfes abgegeben hatten, wurde die allgemeine Diskussion geschlossen, und man beschaͤf— tigte sich mit den einzelnen Artikeln. Der 1ste Artikel, wo— nach die Assisen kuͤnftig, statt von 5, nur von 3 Mitgliedern des Königl. Gerichtshofes gehalten werden sollen, gab zu ei— ner lebhaften Kontroverse Anlaß. Herr von Ricard ver—

langte die Beibehaltung der bisherigen Einrichtung, wobei er sich auf den Ausspruch Montesquieu's stuͤtzte, daß eine groͤ— ßere Zahl von Richtern immer die beste Buͤrgschaft fuͤr die Guͤte der Urtheilsspruͤche sey. Ganz der entgegengesetzten Ansicht war Herr Odilon-Barrot; jeder Gesetz⸗-Entwurf,

meinte er, wodurch die Zahl der Richter vermindert und die Magistratur vereinfacht wüuͤrde, werde den Urtheilsspruͤchen mehr Konsistenz, Achtung und Zutrauen verschaffen. Herr Amllhau schloß sich dagegen den Ansichten des Herrn von Ricard an und glaubte, daß 3 Richter keine hinlaͤngliche Garantie darboͤten. „Nach der Hierarchie unseres Kri— minal-Gesetzbuches“, fuͤgte er hinzu, „muͤssen, um ein Individuum vor Gericht zu ziehen, 3 Richter in erster In— stanz entschieden und 5 Mitglieder des Koͤnigl. Gerichtshofes fuͤr dessen Versetzung in Anklagestand gestimmt haben. Ist es hiernach wohl natuͤrlich, daß, waͤhrend zur gerichtlichen Belangung die Mitwirkung von 8 Justiz⸗Beamten nothwen— dig ist, die Verurtheilung nur durch 3 Richter erfolgen soll? Die Herabsetzung der Zahl dieser Letztern von 5 auf 3 an den Assisenhöfen scheint mir unzulaͤssig, von welcher Seite man sie auch betrachten moͤge; ich wuͤrde selbst dann nicht dafuͤr stimmen konnen, wenn der neue Entwurf eine vollstaͤn— digere Reform unserer Kriminal-Gesetzgebung enthielte, was nicht der Fall ist; der betreffende Artikel muß daher verwor— fen werden.“ Die Sitzung wurde nach dieser Rede aufge— hoben und die Fortsetzung der Berathung auf den folgenden Tag anberaumt.

Paris, 8. Jan. Der Koͤnig begab sich gestern zu Fuß, von einem Adjutanten begleitet, nach den Tuilerieen.

Am 5ten d. M. uͤberreichte der Koͤnig eigenhaͤndig den aus Algier zuruͤckgekehrten Generalen Tholozé und Berthe— zene die ihnen verliehenen Insignien als Groß-Offizier und Großkreuz des Ordens der Ehren-Legion.

Durch eine Koͤnigl. Verordnung vom 31. Dezember sind die Gehalte der Marine-Präͤͤfekten in Brest, Toulon und Rochefort auf 18,000 Fr., die der Marine⸗Praͤfekten in Lo— rient und Cherbourg auf 15,000 Fr. festgesetzt; hierzu kom⸗ men noch an Repraͤsentations-Kosten fuͤr Brest und Toulon 2 fuͤr Rochefort 7000, fuͤr Lorient und Cherbourg 5000 Fr.

Der Herzog von Orleans, den eine Unpaͤßlichkeit lange an sein Zimmer fesselte, musterte gestern auf dem Marsfelde das Husaren⸗Regiment Orleans, dessen Chef er ist.

er Minister des Innern hat das Personal seines Mi— nisteriums in folgender Weise organisirt: Herr Didier, Ge⸗ neral⸗Secretair, Herr Lesourd, Chef der Abtheilung der Per— sonalien und des Kabineis, Herr Imbert, Chef der Abthei—

lung fuͤr die National- Garde, Herr Fondras, Chef der allge— meinen Polizei, Herr Labiche behaͤlt die Kommunal, Abthei— lung, Herr Rosman die des Rechnungs-Wesens, Herr Vin⸗ Cent die des Handels und Herr Hippolyt Royer-Collard die Abtheilung der Wissenschaften und Kunste.

Die 9 Bureaus der Deputirten⸗Kammer haben nunmehr ihre Kommissarien zur Pruͤfung des neuen Wahlgesetz⸗Ent⸗ wurfes ernannt. Es sind die 5 Royer ⸗Collard, Humann, v. Vatimesnil, Pelet, Gautier, Aug. Périer, Sappey, Bé⸗ renger und Girod. Die Gazette de France will uͤber die Gesinnungen dieser Kommission Folgendes in Erfah⸗ rung gebracht haben: „Acht Mitglieder derselben verwerfen, wie man vernimmt, den Gesetz-Entwurf des Ministeriums aus verschiedenen Gruͤnden. Nur ein Mitglied, Hr. Girod, laͤß die im Entwurfe vorgeschlagenen Veraͤnderuͤngen zu, verlangt jedoch den halben Wahl-Census von denjenigen Klassen, denen im Gesetz-Entwurfe das Wahlrecht ohne allen Census bewilligt wird. Unter den Kommissarien, die sich gegen den Gesetz- Entwurf aussprechen, besinden sich vier, die eine Ministerial-⸗Veränderung im Auge haben und' die Dis— kussion uͤber das Wahlgesetz als eine Verlegenheit fuͤr das Ministerium betrachten, aus der es sich nicht werde ziehen konnen, ohne in seiner Zusammensetzung Modificationen ein— treten zu lassen und einige faͤhlge Koͤpfe des linken Centrums in sich aufzunehmen. Die vier Anderen, welche den Gesetz— Entwurf schlechthin verwerfen, scheinen dadurch die Aufloͤ⸗ sung der Kammer verhindern zu wollen, zu welcher die Annahme eines neuen Wahlgesetz-Entwurfes das Vor— spiel seyn wuͤrde. Es läßt sich voraussehen, daß die Kommission den Gesetz-⸗Entwurf der Minister bei Seite legen und statt dessen einen neuen vorlegen wird, der sich nur we⸗ nig von dem bestehenden Wahlgesetze entfernen wird. Die vier Kommissarien, welche die Ministerial-Frage im Auge haben, werden das jetzt in Kraft stehende Gesetz nur modi— fieiren wollen; 250 Fr. fuͤr den Wahl-Census und 800 Fr. fuͤr den Waͤhlbar keits-Census werden wahrscheinlich die Grund— lagen des Gesetz-Entwurfs der Kommission seyn, wenn sie sich nicht darauf beschraͤnkt, bloß auf Verwerfung des von Herrn von Montalivet vorgelegten Gesetzes anzutragen.“ Der Courrier frangais aͤußert uͤber en , Gegen⸗ stand: „Man kann aus der Wahl der Mitglieder der Kom— mission leicht abnehmen, welche Ansicht in ihrem Schoße den Sieg davon tragen wird; sicherlich wird es nicht die liberale

Ansicht seyn, sondern die der beiden Centra, der Geist des

Martignaeschen Systems, etwas modificirt durch die Nuance Royer Collard, das heißt, man wird dem Ministertum einige, durch die Umstaͤnde und die Moͤglichkeit eines Krieges noth— wendig gewordene Zugestaändnisse machen, aber sich so wenig wie moglich vom statu quo zu entfernen suchen. Dieser Geist hat sich bei den Erörterungen in den Bureaus kund gegeben, uberall hat man den Gedanken, den Waͤhlbarkeits— Census auf mehr als 800 Fr. zu erniedrigen, zuruͤkgewiesen. Die Majoritaͤt tragt einen aristokratischen Charakter und be— denkt nicht, daß die Pairs-Kammer allein die hohen Klassen repraͤsentiren sollte. Bekanntlich hat wenig tens der dritte Theil der Deputirten fein Domicil in Paris, oder lebt doch hier; darin liegt eine Art von Verbannungs-Gesetz gegen die Notabeln der Provinzen. Auch gegen intellektuelle ih il eit: offen⸗ bart sich große Feindseligkeit; man will nicht, daß die Aerzte, Advokaten u. s. w. politische Rechte ausuͤben; der Grund— besitz ausschließlich soll repraͤsentirt werden. Ein dergestalt modificirtes Gesetz wuͤrde nicht mehr das des Ministerlums, sondern ein Gesetz der Taͤuschung seyn, das die Deputirten gaͤben, um das Fortbestehen der Kammer zu sichern und dem Lande ein Ministerium nach ihrem Ebenbilde aufzudringen. Willigen die Minister in diese Abänderungen, so sprechen sie sich selbst ihr Urtheil und verlieren allen Anspruch auf das Vertrauen der Patrioten. Leisten sie Widerstand und zeigen sich entschlossen, nicht nachzugeben, so wird die Kammer sich vielleicht weniger unternehmend zeigen; beharrt sie auf ihrem Sinne, so bleibt dem Ministerium noch ein Mittel, um den Knoten zu durchhauen, und es nehme dann keinen Anstand, es anzuwenden.“

Der National macht darauf aufmerksam, daß bisher alle Gesetz⸗Entwuͤrfe in der gegenwaͤrtigen Session von der Deputirten-Kammer mit großer Stimmen-Mehrheit ange⸗— nommen worden seyen; so sey z. B. der provisorische Kredit fuͤr 1831 einstimmig, mit Ausnahme zweier schwarzer Ku— geln, angenommen worden; nur bei der Abstimmung uͤber das Gesetz in Betreff der National-Gaͤrde haͤtten sich 70 schwarze Kugeln ergeben. Das genannte Blatt will dar— aus auf eine in der Kammer entstandene Spaltung schließen.

Der Constitutionnel berichtet, daß sich ein Verein von 100 bis 120 Mitgliedern der Wahl⸗Kammer gebildet habe,

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der aus einem großen Theile der Mitglieder der linken Seite und aus den bei den letzten Wahlen in die Kammer gekom— menen neuen Deputirten bestehe. Kommissarien dieses Ver— eins seyen die Herren von Estourmel, aus dem Departement des Nordens, Hartmann, aus dem Departement des Ober— Rheins, ferner die Herren Isambert, von Grouchy, Viennet und von Las-Cases. Dieser Verein, der den Zweck habe, die Verwirklichung der aus der neuen Charte herstießenden Folgerungen zu beschleunigen, habe gestern unter dem Vor— sitze des Herrn von Estourmel seine dritte Versammlung ge— halten, in welcher das neue Wahlgesetz eroͤrtert worden sey.

Herr von St. Aignan ist, wie der Constitutionnel behauptet, nicht zum Botschafter bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft ernannt, sondern nur mit einer temporairen Mission beauftragt, die ihn auf kurze Zeit aus der Kammer entfernen wird. .

Gestern Abend gegen Ss Uhr ) wurde hier am noͤrdlichen Himmel uͤber dem Montmartre ein Nordlicht sichtbar; es zeichnete sich durch große gluͤhendrothe Lichtflecken und durch Lichtstrahlen aus, die von Zeit zu Zeit vom Horizonte auf— stiegen; eine große Lichtmasse erschien am nordnordoͤstlichen Her wont, stieg schnell am Himmel herauf, ging durch die Mitte des großen Baͤren und verlor sich im Zenith. Ein großer Theil der Atmosphaͤre war mit dem herrlichsten Roth gefarbt, wahrend der Horizont in den Nuancen der Morgen— roͤthe spielte. Diese unter unserm Himmelstrich seltene Er— scheinung verschwand allmaͤlig gegen 9 Uhr.

Niederlande.

Aus dem Haag, 10. Jan. Die Staats-Courant meldet: „Wiewohl nach dem Eingange des Berichts uͤber das Gefecht bei Meersen keine nahere Meldungen vom General— Major Dibbets eingegangen sind, duͤrfen wir doch wohl mit Zuversicht den luͤgenhaften Berichten widersprechen, mit de— nen die Belgischen Blaͤtter uͤber den Zustand von Mastricht, so wie uͤber die Operationen seiner Besatzung, angefuͤllt sind. Glaubwuͤrdigen Berichten zufolge ist in der Stadt Alles ru— hig. Das Gewehrfeuer in der Festung, welches Mellinet in der Nacht vom 31. Dez. auf den 1. Jan gehoͤrt haben will, war wahr— scheinlich nichts Anderes als das Freudenschießen, mit dem uͤber— all in unserm Vaterlande das neue Jahr begruͤßt wird; das angeb— liche Gefecht zwischen Besatzung und Buͤrgern, wofuͤr Mellinet, den Belgischen Zeitungen zufolge, das Schießen gehalten hat, wuͤrde ja eher zu- als abgenommen haben, nachdem er einige leere Bomben nach der Stadt hatte werfen lassen. Unbe— zweifelt befinden sich auch wohl in Mastricht einige Anhaͤn— ger der Insurgenten; die Erfahrung, die wir auf anderen Plaͤtzen gemacht haben, laͤßt dies nur allzu sehr voraussetzen. Inzwischen sind doch Mastricht und seine Einwohner in die— ser Hinsicht nicht gleichzustellen mit vielen anderen Plaͤtzen. Wollte aber auch der Verrath in dieser Stadt sein Haupt erheben, so wissen wir doch mit Sicherheit, daß Maaßregein genommen worden, um ihn auf das kraͤftigste zu un— terdruͤcken und zu bestrafen. Die Rekognoscirung, die der General Dibbets am AV. Dezember hat ausfuͤhren lassen, muß sehr nachtheilig fuͤr die Insurgenten ausgefallen seyn, was selbst aus den widersprechenden Berichten der Bel— gischen Blaͤtter, so wie aus dem Umstande hervorgeht, daß sie wiederum auf eine erbaͤrmliche Weise den Unserigen Graͤuel— thaten andichten, hinsichtlich deren sie bereits unzählige Mal Luͤgen gestraft worden sind, und womit sie gewoͤhnlÜch ihre Nlederlagen zu bemaͤnteln suchen. Bei der naͤhern am 29. stattgefundenen Rekognoscirung hat der Ruͤckzug unserer Truppen sehr bald stattgefunden, weil sie zeitig von dem Vorhan— denseyn einer aufgeworfenen Batterie unterrichtet worden waren. Durch diese Batterie ist wirklich ein Pferd unserer Kavallerie ge⸗ toͤdtet worden; die Belgischen Blaͤtter machen aus dem Ver— lust dieses einen Pferdes fuͤnf Reiter ob mit oder ohne Pferde, daruͤber lassen sie ihre Leser im Dunkeln. Die große Gewissenhaftigkeit und Wahrheitsliebe dieser Blaͤtter hat man ö der, letzten Zeit oft genug Gelegenheit gehabt, kennen zu ernen!“

Dasselbe Blatt berichtet: „Am Abend des 6ten d. M, haben sich die Insurgenten neuerdings eine Verletzung unseres Grundgebietes gestattet, indem sie naͤmlich, wiewohi nur in kleiner Anzahl, in Someren, Provinz Nord⸗-Brabant, erschienen und mehrere Einwohner beraubten. Aus Hel⸗ mund zog sogleich auf die dort eingegangene Nachricht eine kleine Abtheilung der Marechaussee nach Someren, fand je— doch die Raͤuber nicht mehr vor.

Folgendes ist der naͤhere Inhalt der Mittheilung, welche

„) Also an demselben Tame wie hier in Berlin, nur zwei Stunden spaͤter.

den Praͤsiden'en der beiden Kammern der General-Staaten von Gouvernements wegen gemacht worden ist. Da dle neue— sten Nachrichten aus London es wahrscheinlich machten, daß der Koͤnig ehestens Veranlassung haben werde, eine wichtige

‚ittheilung uͤber die großen Angelegenheiten des Landes den General-Staaten zu machen, wozu jedoch der genaue Zeit⸗ punkt nicht angegeben werden koͤnne, indem noch andere Nachrichten erwartet wuͤrden; so werde es mittlerweile Sr. Majestaͤt angenehm seyn, wenn die Mitglieder der General— Staaten im voraus von diesem Vorhaben Kenntniß erhiel— ten, damit dieselben bereit seyen, auf die erste Einberufung im Haag zusammenzukommen, und zwar, wenn gleich die fragliche Mittheilung nicht zu unmittelbaren Berathschlag m n— gen Anlaß geben duͤrfte, in so vollzaͤhliger Anzahl als möͤg— lich, in Betracht der Wichtigkeit jener Mittheilung. Dem— zufolge haben die Praͤsidenten in diesem Geiste Umlaufschrei— ben an die Mitglieder erlassen, und man ist nicht wenig auf den Inhalt jener Mittheilung gespannt.

Eine große Anzahl Nassauer, welche fruͤher in Dien— sten des Koͤnigs gestanden, wollen sich neuerdings anwerben lassen. Ansehnliche Abtheilungen derselben sind bereits ange— kommen und nach Nymwegen abgefertigt worden.

Antwerpen, 8. Jan. Das vor einiger Zeit hier aus Gent angekommene 17te Infanterie-⸗Regiment ist am vorigen Donnerstage ganz in der Stille von hser ausmarschirt, und zwar nicht, wie gesagt wurde, nach Westwezel, sondern nach dem Innern des Landes und, wie Einige wissen wollen, nach der Provinz Luͤttich. Das ehemalige Fte Regiment, das bis dahin in den Vorstaͤdten einquartiert war, ist sogleich in die Stadt geruͤckt, um hier den Dienst zu versehen.

Man scheint hier, ohne daß man es gerade laut werden lassen will, Zuruͤstungen zu treffen, „die?, wie das hiesige Journal du Commerce bemerkt, „alle diejenigen beun— ruhigen, die uͤberzeugt sind, daß wir mehr des Frledens als der Bekaͤmpfung harmloser Feinde beduͤrfen. Den uns ein— gegangenen Berichten zufolge, ist das noͤrdliche Fort seit kur— zem mit 18 Feuerschluͤnden versehen worden; andere Ver— theidigungs-Maaßregeln werden auch noch an andern Stellen getroffen. Namentlich wissen wir, daß die aͤußeren Posten verstaͤrkt und daß die Bruͤcken des Abends vom Thore ab bis zu den Barriéren mit Schildwachen stark besetzt sind. Die Gruͤnde zu diesen Vorsichts-Maaßregeln, die, unferer Meinung nach, durch nichts provocirt wurden, sind uns nicht bekannt.“

Bruͤssel, 19. Jan. In der gestrigen Sitzung des Kongresses wurde die Bittschrift eines Pfarrers verlesen, der darum nachsuchte, daß man mit dem Paͤpstlichen Hofe Un⸗ terhandlungen wegen Aufhebung des priesterlichen Coöͤlibats anknuͤpfen moͤge. Die Versammlung setzte die Berathun— gen uͤber den Verfassungs- Entwurf, so weit derselbe das kuͤnftige Staats-Oberhaupt angeht, in der gestrigen Sitzung fort. Zu dem Artikel: „Das Staats-Oberhaupt ist unver— letzlich; seine Minister sind verantwortlich“, machte Herr Masbourg das Verbal-Amendement: „Die Person des Staats- Oberhanpts u. s. w.“, und zwar, wle er in seiner Entwickelung des Amendements erklärte, weil man sich die Ahsetzung des Staats-Oberhauptes vorbehalten muͤsse, wenn auch dessen Person unverletzlich sey. Der General“ Prokurator van Meenen fand dieses Amendement vortrefflich und rieth zur unbedingten Annahme desselben. Herr Destouvelles und Hr. Raikem meinten zwar, es wuͤrde besser seyn, statt in der Constitution an eine mogliche Ab— setzung des Staats- Oberhaupts zu erinnern, etwas der Art in den Kroͤnungs-Eid einfließen zu lassen; Hr. Le Hon er— klaͤrte sich jedoch ebenfalls fuͤr das Amendement, und so wurde es denn von der Versammlung angenommen. Ein anderes Amendement des Abts von Foere, wonach ein Billigkeits— Tribunal niedergesetzt werden sollte, dem die Entscheidung uͤber die Faͤlle, in denen das Staats-Oberhaupt abzusetzen waͤre, zustehen wuͤrde; fand keine Annahme. Die uͤbrigen, zu diesem Theile des Verfassungs⸗Entwurfes gehorenden Ar— tikel, die sodann zur Berathung kamen, wurden ohne erheb— liche Diskussion angenommen.

Gestern fruͤh hat man an den hiesigen Straßen-Ecken aufruͤhrerische, gegen den Kongreß gerichtete Plakate gefunden, die jedoch sogleich wieder abgerissen wurden. ;

General von Ghigny, bekanntlich ein geborner Belgier, ist aus Holland hier angekommen; da er dem Eide, den er dem Koͤnige geleistet, treu zu bleiben wuͤnscht, so ist nicht zu erwarten, daß er in der Belgischen Armee Dienste nehmen werde.

In Gent wollte man gestern die Nachricht haben, daß die Hollander in Ost-Flandern eingedrungen seyen und 3060 Mann Belgische Truppen bis nach Eecloo zuruͤckgedraͤngt haͤt⸗