1831 / 23 p. 5 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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wie eine Thorheit, bezeichnet und zuruͤckgewiesen. Zu den Begriffen jener Art gehört der von natuͤrlichen Graͤnzen.

Erforschen wir zuvoͤrderst dessen physische Bedeutung, so wird die Graͤnze ein beharrliches, in die Augen fallendes Hinderniß seyn muͤssen, was die Gemeinschaft erschwert und einen Gegensatz in Hinsicht auf die natuͤrliche Beschaffenheit der Laͤnder nachweiset.

Als ein solches Hinderniß kann das Meer betrachtet wer— den, ist aber (sofern dasselbe nicht eine sehr große Breite

hatte) eben so oft Verbindungs- als Trennungs mittel gewe⸗

sen. So z. B. zwischen den kleinasiatischen, europaͤischen und italischen Griechen, zwischen Dänemark und Norwegen, Sicilien und Neapel, England und Irland, ja selbst zwischen England und Nord-Amerika. Auch segelt man leichter uͤber das adriatische Meer und den Belt, als man ungebahnte Bergruͤcken uͤberstelgt.

Noch weniger als das Meer, trennen die Fluͤsse. Seit Jahrtausenden (seitdem der Mensch Kaͤhne und Bruͤcken zu erbauen versteht) sind sie kein wesentliches Hinderniß, sondern ein wesentliches Verbindungsmittel. Ihre, wenigstens zum Theil beweglichen, Ufer bieten keine beharrliche Geaͤnze, und nirgends in Europa offenbart sich auf den beiden Seiten eine Sonderung oder ein Gegensatz des Physischen oder Volks— thuͤmlichen. Auf beiden Seiten des Po, der Loire, des Rhein, der Elbe u. s. w. wohnen Italiaäͤner, Franzosen, Deutsche; und die Physik widerspricht nicht minder, wie die Geschichte, der ganz oberflaͤchlichen Lehre van natuͤrlichen Flußgranzen. Nicht Natur und Wissenschaft, sondern Napoleons Ehrgeiz sprach sich aus, wenn er behauptete: wer die Quelle des Flusses besitze, muͤsse auch den Ausfluß haben und duͤrfe ganze Koͤnigreiche als angespuͤltes Land in Anspruch nehmen!

Eine viel maͤchtigere, festere, bedeutungsvollere Graͤnze, als der Fluß, ist das Gebirge. Dies bildet keine Verbin— dung, sondern erschwert dieselbe, und zeigt zu beiden Seiten wahrhafte Gegen saͤtze der Natur und der Volker; so z. B. Pyrenäen, Aspen, Vogesen, der Jura, die Ardennen. An den Gebirgsruͤcken machten die Völker Halt, sie erkannten oft in ihnen eine natuͤrliche Graͤnze, waͤhrend sie Fluͤsse leicht uͤberschritten und ihre Nationalitaͤt zu beiden Seiten aus— breiteten.

Der Mensch ist aber der Natur nicht unbedingt unter— than, und wenn es den Briten möglich gewesen ist, in einer Entfernung von mehreren tausend Meilen auf der andern Haͤlfte der Erdkugel ein ungeheures Reich zu stiften, so kann man freilich um eines Baches oder Huͤgels willen nicht sagen: Bis hierher und nicht weiter! ̃

Die natuͤrlichen Graͤnzen sollen also keinesweges bloß vom Geographen nachgewiesen, sondern auch der Historiker darum befragt werden. ) Die Geschichte zeigt hierbei aber eine solche Freiheit und Beweglichkeit, daß alle abstrakte Grundsaͤtze vor ihr dahin fallen. So wie indeß einige physika⸗ lische Gegenstaͤnde ihre Bedeutung nie ganz verlieren, so bleiben

auch einige geschichtliche Erscheinungen in ihrer Wahrheit und

Wichtigkeit stehen. Dahin gehört vor Allem, daß Sprache und Volksthum mehr als jedes Physikalische trennt und verbindet, und Eroberungen uͤber dasselbe hinaus erst die Besiegten zu Grunde richten, dann aber auch den Siegern verderblich werden.

Um also diese Gefahren zu umgehen, muß ein drittes wuͤrdigeres Element die Graͤnzen bestimmen, naͤmlich das Recht; und zwar das buchstäͤbliche Recht, aber gegründet —— * eit der Laͤnder, Voͤlker, Sprachen, Sildungs⸗ weisen u. s. w

Wer die Politik bloß auf Physik, oder bloß auf will⸗ kuͤrlich herausgegriffene Geschichts augenblicke, oder bloß auf einen Tag der Uebermacht gruͤndet, geraͤth immer in die Irre. Insbesondere wurde jene Lehre vom natuͤrlichen Graͤn⸗ zen die Ehrsucht einzelner Staaten befoͤrdern und andern gtoßes Unrecht anthun. So waͤre es Ehr sucht, wenn Preu—

= der Lehre von den Fluß- Gränzen das Land! ls an den Main, ja bis an das Meer in Auspruch nehmen Am uͤbelsten aber kame Frankresch bei folgerechter

wollte. Anwendung aller jener Grundsaͤtze weg, und muß dieselben schlechthin verwerfen. Denn als physische u , aer. liegt ihm die Mosel noch naher als der Rhein, oder wenn les die⸗ sen in Anspruch nimmt, muͤßte es, wie im Mittelalter, auch

inter die Rhone und Saone zurück weichen. Die Lehre von

erg⸗Graͤnzen, Sprache und Volksthum schobe es hinter dle

) Siehe Krusce's trefflichen historischen Atlas von Europa.

Vogesen und Ardennen, und dle Geschichte warde es mit noch engern Graͤnzen umziehen.

* Daß die Rhein-Gränze insbesondere zur Vertheidigung Frankreichs nicht noͤthig sey, ist durch tausendjaͤhrige Geschichte, drel Rethen Festungen und seine natuͤrliche große Macht zu entschieden, als daß noch irgend ein Franzose daran alauben koͤnnte, obgleich es manche sagen, um andere Gruͤnde zu verdecken. Daß ferner ein 16jahriger Besitz von 1797 bis 1813 mehr Anspruch geben soll, als ein 16saͤhriger nach 1813 und ein tausendjäͤhriger vor 1797, ist voͤllig unbeg relf⸗ 2 nicht das Unnatuͤrllchste fuͤr das Natuͤrlichste gel— en soll.

Nicht minder hat der Einwand keinen Sinn: die Fran— zosen haͤtten ihr Blut fuͤr die Erwerbung des linken Rhein— ufers vergossen; die Deutschen gewannen ihr altes Eigen thum und Vaterland fuͤr keinen geringern Preis, und wenn jetzt franzoͤsische Blaͤtter behaupten: die Deutschen sehnten sich nach ihrer Herrschaft, so ist dies eine solche Schmach und schließt eine solche Verachtung in sich, daß 24 Franzose

v. R.

sie dulden wur? e.

Königliche Schau spiele.

Sonntag, 23. Jan. Im Opernhause: Oberon, Köoͤnig der Elfen, romantische Feen Oper in 3 Abtheilungen, mit Tanz; Musik von C. M. von Weber. (Mad. Schroͤder— . Reza.)

Preise der Platze: Ein Platz in den Logen des ersten Ranges 1 Rthtir. 19 Sgr. ꝛe. ; ö

Im Schauspielhause: Der beste Ton, Lustspiel in 4 Ab— theilungen, vom Dr. C. Toͤpfer. Hierauf: Der Stellvertre⸗ ter, Lustspiel in 1 Akt, frei nach Seribe. .

König städtilches j Sonntag, 23. Jan. Die Brautschau auf Kronsteln, komische Oper in 2 Akten. .

5 er liner Börse. Den 22. Januar 1831.

Amt]. Fonds und Geld Cours Fettel. (Preresss. Corr.) , 7 3

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884 88 1Ostur. Piandiirt. 4 94 971 Penmmmi Hfandhrf. 102 954 Kur- u. Neum. do. 102 101 0] Schiesische do. 102 db Khest. C. d. K- u. N. 57 Sbꝛ L- Sch. R. u. N. 58 89 89 911 Holl voll. Puk. 18 36 Feune dito 19 90 Friedrichsd'or 131. 123. IHMiseconto .... 4 5

St. Schulc8h Sch. Pr. Engl. Anl. 18 Pr. Engl Anl. 22 Pr. Engl. t.. 306 Kurm. Oh. in. l. C. Neum Int. * chi.d. Berl. Stadt. dh. Königshg. 40. Elkinger do. Danz. do. in Eh. VWertpr. Pfdb. Hrn sshnx. Pos. do.

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2 Mt. Kurz

2 At. 3 Mt. 2 At. 2 Mt. 2 Mt. 2 Mt. 8 Tage 2 Mt. 3 Woch Kurz

A u 8 v⸗ ä rt ige Börse n. . Ams ter dam, 1J. Jannar. Niederl. wirkl. SchKld 418. Kanz-Billeis 168. Ost. proe.

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Metall. SS 3. Russ. Engl. An. S2. Rußs. Anl. Hanmib. Cert. S4.

, flamhburg., 20. Januar. Oesterr. proc. Metall 783. Bank-Actien i01(4. Engl. Russ. *. en Anl. Hamb. Cers, Sz. Duäün. 574. Polin. pr. 31. an. 814. .

London, 12. Januar. z3prec. Cons. Sis. Din. 59gg. Port. 4). Rucs. 913.

Neueste Boöͤrsen⸗Nachrichten. Frankfurt a. M., 19. Jan Besterr. Spree. Metall. 90. 893. 4proc. 783. 783. 21proc. 453. 1proc. ig3. B. Bank⸗Aetien 1253. 1254 Part Obi. 117. 1163. Loose zu 100 Fl. 170. B. . 4 n mn

Gedruckt kel A. B. Hayn.

Revdacteur John. Mitredaecteur Cottel.

X

203 Zweite Beilage zur Allgemeinen Preußischen Staats-Zeitung 23.

Deutsch land.

Hannover, 19. Jan. Die Hannoͤverschen Nach— richten fuͤgen der am 1stten d. durch ein Extrablatt mit— getheilten Meldung von der gluͤcklichen Beendigung der Un— ruhen in Göttingen Y heute noch folgendes Naͤhere hinzu:

„um den Beistand der ruhigeren Buͤrger, so wie der Stu⸗ direnden, sich zu erhalten, deren bei weitem großere Mehrzahl der Buͤrgergarde sich nur ö, . hatte, um Ruhe und Ord⸗ nung in der Stadt zu erhalten, hatte der zu Goͤttingen tyran⸗ nisch herrschende Gemeinde⸗Rath die Bekanntwerdung der von Sr. Koöͤnigl, Hoheit dem Herzoge von Cambridge erlassenen Pro⸗ clamation, so wie die Publication des an den akademischen Se⸗ nat erlassenen Befehls, wodurch die Universitaͤt einstweilen ge— schlossen und den Studirenden befohlen wurde, dieselbe zu ver⸗ lassen, zu verhindern gewußt. Zugleich suchte der Gemeinde⸗ Rath durch Aufwiegelung der Bewohner der Umgegend, durch Verbreitung von Nachrichten, daß die Bewohner, derselben, so wie anderer Staͤdte, Gottingen zu Huͤlfe kommen wuͤrden, die Auf⸗ regung zu erhalten und durch die Drohung, die offentlichen Gebaͤude und Anstalten anzuͤnden zu wollen, einen Angriff abzuwehren, wel⸗ cher durch Verrammelung der Thore und Aufreißung des Steinpfla⸗ sters erschwert werden sollte, Inmittelst war es gelungen, am Sonn⸗ abend Morgen in der Stadt Goͤttingen, welche an diesem Tage von den Koͤnigl., Truppen vollig umzingelt war, die Bekanntwerdung der obgedachten Proclamationen und des Befehls zur Schließung der Universitaͤt zu erwirken. Hierdurch uͤber die Gefahr ihrer Lage, 6 wie uͤber das Ungesetzmaͤßige der Unternehmung, end⸗ . aufgeklaͤrt, beschloß sofort die große Mehrzahl der ruhigeren Buͤrger und der Studirenden, von einer Sache sich zu trennen, welche nicht laͤnger die ihrige seyn konnte, so wie sie sahen, daß man sie wider ihren Willen r Aufruhr und Empoͤrung verleitet hatte. Der treue Sinn erhielt die Oberhand; der Gemeinde⸗ Rath sah sich gendthigt, ruhigeren Ueberlegungen und den Vor⸗ stellungen derer Gehör zu geben, welchen Göttingens Gluͤck und Wohlfahrt am Herzen lag. Am Sonnabend Nachmittag ar,. sich eine Deputation, bestehend aus den Haupt⸗Anstiftern der Be⸗

wegung, aber zugleich in Begleitung von Gutgesinnten, zum

Commandeur des Qbservations Corps und verlangte, zu kapitu⸗ liren, wenn man voͤllige Amnestie und das Versprechen gewaͤh⸗ ren wolle, daß nicht niehr Truppen als das gewöhnlich in Goͤt⸗ tingen garnisonirende Bataillon in die Städt ruͤcken wuͤrden. Der General⸗Major von dem Bussche mußte diese Bedingungen ablehnen; dagegen setzte derselbe nochmals eine Frist zur Unter⸗ werfung bis Sonntag Morgen 9 Uhr. Heimlich entflohen jetzt die Haupt⸗Anstifter der Unruhen; die gesetzmaͤßigen Behoͤrden traten wieder ein, die Verrammelungen der Thore wurden in der Nacht weggeschgfft, und Sonntag Morgen 5 Uhr zeigte der Magistrat der Stadt Goͤttingen dem General von dem Bussche an, daß die Unruhen beendigt seyen und die Stadt Gottingen den Truppen ihres Königs die Thore oͤffne. Am Sonntag Mor⸗ gen gegen 11 Uhr hatte das ganze Observations⸗-Corps friedlich ie Stadt besetzt und brachte innerhalb deren Mauern Seiner Majestaͤt dem ng, ein feierliches Lebehoch. Verschiedene Per⸗ sonen, welche bei diesen Vorfaͤllen besonders kompromittirt wa⸗ ren, sind arretirt oder unter Aufsicht gestellt worden, damit der . Untersuchung ihr Lauf gelassen werden moge; zur

ermeidung aller Veranlassungen zu Reibungen aber, welche nach so bewegten Tagen nur leicht entstehen können, sind saͤmmt⸗ l, . veranlaßt worden, unverzuͤglich die Stadt zu verlassen.“

Unterm 16ten d. M. ist von hiesiger Koͤniglichen Land— drostei nachstehende Bekanntmachung erlassen worden: ; H„Die Zeit⸗Verhaͤltnisse fordern üns dringend auf, an die biedern Bewahner der Unserer Verwaltung anvertrauten Pro⸗ vinzen ein vaͤterlich mahnendes Wort zu richten; nicht als ob Wir besorgten, es koͤnnten verbrecherische Umtriebe, wie sie in Anem ndern Henirke di bffentliche uhr srten, auch aus ihrer Mitte hervorgehen, sondern weil Uebelwollende sich zu bemühen cheinen, auch hier den Unheil bringenden Samen des Widerstan⸗ es en esetzliche Ordnung auszustreuen, um selbstsuͤchtigen Absichten, sey es auch auf Koösten der Ruhe und des Wohlstän⸗ des des gesammten Vaterlandes, zu fröhnen. Mit dem vollen Vertrauen, daß Wir zu der nie verlaͤugneten Treue dieser Pro— vinzen fuͤr das angestammte erhabene Regentenhaus und zu deren noch nie erschutterten Liebe fuͤr die gesetzliche Ordnung hegen, stark in der Zuversicht, das Zutrauen Unserer Mitbuͤrger nicht unverdient er⸗ worben zu haben, glauben Wir Unsere ernstlich warnende Stimme eL jene ber lechti tmn Versuche erheben zu muͤssen. Noch ürfen Wir mit Stolz 6 die unerschuͤtterte Haltung der Haupt⸗ stadt wie des ganzen Bezirks hinweifen, die den Ruf Hanndver⸗ scher Treue und Loyalität bewährt! Welche Kommune, welcher rechtliche Einwohner möchte zuerst den Vorwůrf des Abfalls von

) S. Nr 20 der Staats- Zeitung.

der guten Sache, den Vorwurf des strafwuͤrdigsten Verraths an Konig und Vaterland auf sich laden und die Strenge der Ge⸗ setze, die ihn unausbleiblich treffen wuͤrde, freventlich herausfor—⸗ dern., Jederzeit war Unsere vaͤterlich milde Regierung bemuͤht, gerechten Beschwerden abzuhelfen, billigen . entgegen k kommen, Gerechtigkeit zu handhaben, Wohlfahrt h foͤrdern!

nablaͤssig strebte sie noch juͤnst und strebt sie fortwährend, den Nothstand, der einige Gegenden in Folge der unguͤnstigen Ernte und ungluͤcklichen Natur ⸗-Ereignisse leider betroffen har, mit reichlich und weise spendender Hand zu lindern! Uns, die Wir an der Spitze der 3 dieses Bezirks die vielfachen Be⸗ weise dieser aͤcht landesvaͤterlichen Fuͤrsorge taͤglich vor Augen haben, die Wir unlaͤngst noch mit Auftraͤgen versehen sind, aus denen sich auf die wohlwollende Absicht schließen laßt, die Ver⸗ haͤltnisse des Landmanns in . auf Zehnt⸗ und Guts⸗ herrschaft im gesetzlichen Wege zeitgemaß zu reguliren, Uns steht es zu, in dieser vielbewegten Zeit truͤgerischen Einfluͤsterungen entgegen zu treten und Unsere Mitbuͤrger auch auf die tadelns⸗ werthe Undankbarkeit aufmerksam zu machen, deren sich, abgese—⸗ hen von dem Verbrecherischen eines solchen Unternehmens, die⸗

jenigen schuldig machen, die von einer so gerechten als vaͤterlich

milden Regierüng die Erfuͤllung ihrer Wuͤnsche ertrotzen wollen, waͤhrend diese mit der Sorge fuͤr das Wohl des Landes unab⸗ laͤssig beschaͤftigt ist Moͤge dleser wohlgemeinte Zuruf nicht ver⸗ geblich verhallen! moge der gute biedere Sinn, den die Stadt⸗ und Landbewohner dieses 8 bisher bewahrten, den aͤußeren verderblichen Anlockungen kräftig widerstehen! moge Jeder, ein⸗ gedenk seiner Pflichten als Unterthan und Staatsbürger, Ord⸗ nung beobachten, Ruhe aufrecht erhalten.“““

Polen.

Warschau, 18. Jan. Der Staats-Secretair und Dichter Julian Niemcewiez hatte bereits vor mehreren Tagen an die hiesigen Blätter einen Artikel eingesandt, welcher in den 2 Ausdruͤcken gegen die Zuͤgellosigkeit der Zeitungs schrei⸗ ber und gegen die böoͤswilligen Umtriebe der Klubbisten gerichtet ist und mit lebhaften Farben die Schreckensfolgen solcher Aus— schweifungen schildert. Nachdem sich der Verfasser am Anfange uber den Nutzen einer gemaͤßigten Preßfreiheit ausgesprochen,

wendet er sich mit folgenden Worten an die Herausgeber der

verschiedenen politischen Zeitschriften: „Laßt Euch die War— nung eines alten biedern Polen hinsichtlich einiger von Euren Artikeln nicht verdrießen. Zu voreilig, ohne auf die Um— staͤnde Ruͤcksicht zu nehmen, hat Einer von Euch die Nach— richt verbreitet, General Wlodek habe mit seiner Division zu uns uͤbergehen wollen, ein Anderer, General Rosen habe sich fuͤr uns erklaͤrt, die weiße Kokarde aufgesteckt und mit Ge— neral Pahlen einen blutigen Kampf gekämpft, wieder Andere, in Wolhynien zeige sich Anhaͤnglichkeit fuͤr unsere Sache. Solche Erdichtungen konnen uns nur schaden und die Russi— schen Behoͤrden zu strengen Maaßregeln gegen unsere Mit— bruͤder noͤthigen. Das Zeichen wahrer Buͤrgertugend, wie wahren Verdlenstes, ist Bescheidenheit und Mäßigung.“ Wei— terhin sagt er: „Befehlt Eure Sache den Händen des All— maͤchtigen an; aber erregt nicht durch innere Uneinigkeit, wel⸗ che stets unser groͤßter Feind war, Besorgnisse bei den anderen Maͤchten, bringt es nicht dahin, daß sie aus neutralen Zuschauern unsere offenen Feinde werden. Es wuͤrde dies die alte vor— gefaßte Meinung gegen uns bekräftigen, daß man nur die Polen sich selbst uͤberlassen duͤrfe, so wuͤrden sie in kurzem sich unter einander befehden und die heilsamsten Maaßregeln u nichte machen.“ Hierauf stellt er die Schrecknisse einer 1 dar, welche durch ruͤcksichtslose Eiferer und Muͤ— ßiggaͤnger, mit einem Worte durch den großen Haufen derer bewirkt werde, die nichts zu verlieren und Alles zu gewinnen haben; er fordert zum Gehorsam gegen die gemäßigten Be— schluͤsse des Diktators auf und warnt vor der Sucht nach unverdienten Aemtern und Ehrenstellen. „Es giebt keine esetzliche Versammlungen“, fährt er fort, „als die der Reichs⸗ ammern; huͤtet Euch vor den Winkelklubs, und laßt Euch von dem fremden Beispiele zuruͤckschrecken, daß aus ihnen nur blutige Thaten und alle Fluͤche der Menschheit hervor⸗ gehen. Vielleicht habe ich schon zu viel gesprochen, vielleicht habe ich wider meinen Willen beleidigt, verzeiht es mir. Ein Greis, dem nichts mehr auf dieser Welt zu thun uͤbrig bleibt, der in seinem langen Leben viele Revolutionen gesehen hat und wohl einige Erfahrung sammeln konnte, dieser Greis glaubt, ein Recht zu haben, uͤber die jetzige seine Meinung offen auszusprechen; kein Ehrgeiz leitet ihn, nie in seinem Le⸗ ben hat er nach Aemtern und Wuͤrden gestrebt, sollte der, wel⸗ cher in der Fuͤlle seiner Kraft ohne Ehrsucht war, jetzt am Rande