1831 / 24 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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und unerschuͤtterliche Treue Jaitschnikow's und der mit hm befindlichen Soldaten mit besonderem Wohlgefallen ver⸗ nommen und Allerhoͤchst zu befehlen geruht: den Unteroffi⸗ ier Jaltschnikow zum Fähnrich zu befördern, den Unterof— zieren Lobarew und Kostenka, so wie den Soldaten, erste—⸗ ren beiden 380, letzteren 10 Rub. einem Jeden, zu verleihen und ihr Benehmen bei der ganzen Armee bekannt zu machen. Am ö5ten d. M. erkrankten in Moskau an der Cholera

9 Personen; es genasen 5 und starben 7; am 6ten erkrank⸗

ten 15 und starben 8; am Jten erkrankten 13 und starben 12. Am Morgen des Sten lagen 92 Personen krank und 46 von ihnen in der Besserung.

Polen.

War schau, 20. Jan. Die Reichstags ⸗Deputation (deren Mitglieder in Nr. 3652. der vorjaͤhrigen Staats-⸗Zei— tung genannt sind), welcher die Obhut uͤber die Diktatur an—⸗ vertraut worden, macht unterm 18ten d. M. Folgendes be— kannt: „Der General Chlopicki hat durch eine heute der Deputation beider Kammern uͤbersandte Akte die ihm anver⸗ traute Obergewalt niedergelegt, und zwar in der Absicht, wie er in seinem Schreiben sagt: „„damit der bevorstehende Reichstag sich in vollkommener Unabhaͤngigkeit uͤber die Mit⸗ tel, welche die Erhaltung Polens und seiner Gerechtsame zu sichern im Stande sind, berathen und sich zugleich mit der Wahl einer Regierungs⸗Behoͤrde und eines Gber-Befehlsha⸗ bers beschäftigen konne.““ So lange daher, bis die bereits in die Hauptstadt einberufenen Volks⸗Repraͤsentanten bestimmt haben werden, welcher Regierungs-Ausschuß das Ruder der Landes⸗Angelegenheiten erhalten soll, wird, wie die Reichs—⸗

tags⸗Deputation hiermit zur allgemeinen Kunde bringt, in

olge einer Verordnung derselben, der Divisions-General

eißenhof interimistisch das Kommando uͤber die bewaffnete Macht ubernehmen und der jetzt in der Hauptstadt anwesende Divisions⸗General Klicki, unter Beistand des General Schem⸗ bek, bis Er Ankunft des kommandirenden Generals der Ar⸗ mee die Befehle ertheilen. Das National⸗Conseil, in dessen Comité die stellvertretenden Minister Sitz und Stimme ha—⸗ ben sollen, ist von der Reichstags⸗Deputation ermaͤchtigt, die Ober ⸗Aufsicht uͤber die Landes⸗Behoͤrden zu fuͤhren und über die Wohlfahrt des Vaterlandes zu wachen. Alle Abtheilun⸗

* des Staatsdienstes verbleiben in ihren gegenwaͤrtigen Stellungen. Der Reichstag wird auf morgen 5 Uhr fruͤh zusammenberufen.“ Den Schluß der Proclamation macht ein Aufruf an die Nation, mit Einigkeit und Festigkeit zu den Verhandlungen des Reichstages zu schreiten.

In Bezug auf die der Abdankung des Diktators voran⸗ gegangenen Umstaͤnde enthaͤlt die hiesige Staats⸗-Zei—⸗ tung folgende Nachrichten: „Am 16ten d. M. fruͤh Mor⸗ gens lud der Diktator die Reichstags⸗Deputation zu sich und erklärte ihr, er koͤnne es nicht uͤbernehmen, das Heer in den Krieg zu fuhren, halte vielmehr fuͤr noͤthig, daß man sich in Unterhandlungen einlasse, und wolle deshalb die Diktatur

niederlegen. Er zeigte derselben zugleich ein Schreiben vor, in welchem ihm Se. Maj. der Kaiser Nikolas fuͤr die einst⸗ weilige Leitung der Landes⸗-Angelegenheiten dankt und ihn er⸗ mahnt, in die dem Administrations⸗-Rath ertheilten Auftraͤge einzugehen; eben so zeigte er ihr auch ein Schreiben des Fuͤrsten Lubecki, ahnlichen Inhalts, wobei er hinzufuͤgte, daß er hiernach die Diktatur nicht weiter fortfuͤhren konne. Alle Vorstellungen der Deputation blieben ohne Erfolg, und sie trennte sich, von Schmerz erfuͤllt, mit tiefer Bewegung vom Diktator. Am folgenden Tage versammeite sich diese lbe De⸗ putation des Morgens wieder und machte dem Diktator schriftlich den Antrag, den uneingeschraͤnkten Oberbefehl uͤber die Armee zu ubernehmen; die Verwaltung des Landes solle dann einer abgesonderten Behörde anvertraut werden. Dle⸗ sen Vorschlag wollte schon eines der Mitglieder nicht mehr unterzeichnen, in der Meinung, daß derselbe nach dem, was torgegangen, vollig uͤberfluͤssig sey. Die Reichstags⸗Deputa—⸗ tion, auf alle Falle bedacht, zog sndessen Erkundigung darüber ein, welche , . und Rathschlaͤge die Mili⸗ tairs fuͤr den Fall hegten, daß eine Veraͤnderung des Sber— befehls durchaus nothwendig seyn sollte; sie erklaͤrten indeß einstimmig, daß die Truppen von der aufrichtigsten Hinge⸗ bung fuͤr das Vaterland beseelt seyen; einer von den Ober Generalen betheuerte: „„Ich kenne den Geist, welcher die Ver⸗ theidiger des Vaterlandes beseelt, wir fetzen Alle unser Ver⸗ trauen auf die Repraͤsentanten der Nation, und wenn diese uns einen Tambour an die Spitze stellten, wuͤrden wir sei⸗ nen Befehlen gehorchen.““ Gegen Abend erhielt die Depu⸗ tation vom Diktator auf ihren Vorschlag folgende Antwort: er koͤnne einzig und allein eine solche Diktatur ubernehmen, welche auch noch von der bisherigen Einschraͤnkung befreit

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ware. Hierauf erwiederte ihm die Deputation, daß sie zu

Uebertragung einer solchen Gewalt nicht bevollmaͤchtigt sey;

der Diktator moͤge seine Propositionen dem Reichstage vor— legen, dessen Eroͤffnung die Deputatlon am 19. d. entgegen⸗ sehe. Nach Empfang dieser Antwort legte der General Chlo—

picki die Diktatur nieder.“

Die Warschauer Zeitung fuͤgt diesen Nachrichten noch hinzu, man habe bemerkt, daß der Diktator wahrend seiner Verhandlungen mit der Reichstags-Deputation in so großer Bewegung gewesen sey, daß man eine Wiederkehr des apoplektischen Anfalls, von welchem er ( wie seiner Zeit ge⸗ meldet) in den ersten Tagen der Unruhen betroffen worden, , habe. r .

asselbe Blatt stattet folgenden Bericht uͤber die Eroͤffnung des Reichstages ab: „Gestern, am 19ten d., nach vorhergegangenem Gottesdienst, versammelten sich beide Reichs⸗ Kammern an den gewoͤhnlichen Orten ihrer Sitzungen. In der Landboten-Kammer wurde, nach Vorlesung der Namen Liste der Landboten und Deputirten, der Antrag gemacht, Herrn Joseph Lubowidzki, welcher seit dem Verschwinden seines Bruders, des ehemaligen Vice, Praͤsidenten Lubowidz⸗ ki,) gefangen gehalten worden, als Mitglied der Kammer, auf freien Fuß zu stellen. Im Senat rief der Praͤsident alle der durchgesehenen Liste zufolge gegenwartige Mitgiieder namentlich auf und bezeichnete eine aus den Senatoren Wo— dzynski und Rembielinski bestehende Deputation, welche sich in die Landboten-⸗Kammer begab, um dieselbe aufzufordern,

sich mit der Senatoren⸗Kammer zu vereinigen. Als der Reichs⸗ tags-Marschall von der Ankunft der erwähnten Senatoren

benachrichtigt wurde, sandte er Z Landboten und 2 Deputirten ab, um sie zu empfangen, und bewillkommnete dieselben persoͤn⸗ lich an den Thuͤren des Saales, fuͤhrte sie herein und wies ihnen ihren Platz ihm gegenuͤber an. Nachdem diese Senatoren mit einer kurzen Anrede die Landboten und Deputirten zur Vereini⸗ gung mit der Senatoren⸗Kammer aufgefordert . ant⸗ wortete ihnen der Marschall; sie erhoben sich darauf von ih—⸗ ren Sitzen und geleiteten die Landboten und Deputirten in die Senatoren⸗Kammer. Sobald beide Kammern sich verel⸗ nigt hatten, nahmen der Senats⸗-Praͤsident fuͤr den Senat und nach ihm der Reichstags-Marschall fuͤr die Landboten

das Wort, und nachdem sie in beredten Ausdrucken die Lage

des Landes geschildert hatten, erinnerten sie an das, was das Wohl desselben gegenwartig erheische. Beide ermahnten die Polen, in so entscheidenden Augenblicken ihr Schicksal nicht an einen Namen zu knüpfen; wenn sie nur

die Erwaͤgung ihrer Sache und des Geistes, welcher alle

Klassen der Einwohner durchdringe, nicht aus den Augen verloren, konnten sie des Sieges uͤber elnen an Zahl ihnen

uͤberlegenen Feind gewiß seyn. Nach diesen Reden erkannte

der Senats-Praͤsident einem Mitgliede der Reichs-Deputa— tion, dem Kalischer Landboten Morawski, das Wort zu, welcher die der Abdankung des General Chlopicki vorherge— gangenen Ereignisse den Kammern mittheilte. Hierauf schrit— ten beiee Kammern, vom Senats-Praͤsidenten aufgefordert, abgesondert zur Wahl der Reichstags⸗Komissionen.“

Auch meldet dieses Blatt, daß der Reichstag, zur Berathung aͤber die militairischen und diplomatischen Ange⸗ legenheiten, sich in einen geheimen Ausschuß verwandeln werde.

Die genannte Zeitung enthaͤlt auch einen Abriß der militairischen Laufbahn des Generals Chlopicki. (Eine Mit⸗

theilung aus derselben muͤssen wir uns vorbehalten.)

Vor einigen Tagen ist der Staats-Secretair Julian Niemcewiez wieder in der Hauptstadt angelangt. Sogleich nach seiner Ankunft sandte die National⸗Garde eine Bepu⸗ tation an ihn, um ihm ihre Hochachtung wegen der edlen Gesinnungen zu bezeigen, welche derselbe in einem Schreiben an den General⸗Seeretair im Justiz⸗Ministerium, W. Ostrowski, **) dargelegt habe; auch ersuchte diese Garde den Diktator, durch eine andere Deputation, um die Erlaubniß,

daß sie bei Julian Niemeewiez waͤhrend dessen Aufenthalts

in Warschau eine Ehrenwache versehen duͤrfe. Auch in einer politischen Abend⸗Versammlung sprach sich dieser Tage Herr S. Dmochowoski beifaͤllig fuͤr jenes Schreiben des Staats⸗ Seeretairs Niemcewicz ünd gegen die Klubs aus. Als ein anderer Redner die letzteren vertheidigen wollte, rief man

einstimmig: „fort mit den Klubs“, und ließ ihn nicht eher

zum Wort kommen, als bis er die Nothwendigkeit der Ab⸗ schaffung solcher Vereine zugegeben hatte.

In kurzem wird wieder eine neue polltische Schrift, un⸗ ter dem Titel: „Die Eintracht,“ in Warschau erscheinen;

3 S. Nr. 10 der Staats⸗Zeitung.

) Siehe die zweite Beilage des heutigen Blattes der Stagts⸗ Zeitung, wo wir einen Auszug aus diesem Schreiben mittheilen.

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dle Redaktoren werden zum. Theil dieselben seyn, welche das der Univer sitaͤts Garde herausgeben. ;

Frankreich. Deputirten⸗ Kammer. In der Sitzung vom 45. e in welcher die Bittschrift eines Einwohners von

Nons, der die Vereinigung Belgiens mit Frankreich ver⸗

langte, eine sehr interessante Debatte herbeifüͤhrte, verlas zu⸗ vorberst der Prasident ein Schreiben des Deputirten der Maine und Loire, Hrn. Desmazieres, wodurch derselbe, unter

dem Vorgeben, daß der Aufenthalt in Paris seiner Gesund⸗

heit nachtheilig sey, seine Entlassung einreichte. Hierauf entwickelte der Marquis v. Dollon seinen Antrag, jedem Deputirten, der außerhalb der Hauptstadt ein besoldetes oͤffentliches Amt bekleidet, waͤhrend der Dauer seiner legisla— tiven Functionen sein Gehalt zu entziehen. Er stuͤtzte sich dabel auf die Ansicht, daß ein Deputirter in der Zeit, wo er den Sitzungen der Kammer beiwohnt, das Amt, wofuͤr er bezahlt wird, nicht versehen koͤnne, daß ihm mithin fuͤr diese Zelt auch kein Gehalt zustehe, wogegen die Regierung ande— rerseits jede sich darbietende Gelegenheit ergreifen muͤsse, um in die Landes-Verwaltung die groͤßtmoͤglichste Sparsamkeit einzufuͤhren. Hr. v. Malaret fand den Vorschlag un— gerecht und dem Interesse des Staats zuwider: unge— recht, weil der besoldete Staats-⸗Beamte, der zugleich Deputir ter, nur durch die Wahrnehmung des allgemeinen BVeosten an der momentanen Verrichtung seines Amtes behin⸗ dert werde; dem Interesse des Staates zuwider, weil der Beamtenstand dadurch mehr oder weniger von der National⸗ Repraͤsentation ausgeschlossen und die Kammer faͤhiger und talentvoller Manner beraubt werde. Hr. Thouvenel da—

. unterstuͤtzte den Antrag, der ihm, aͤußerte er, nuͤtzlich

cheine, weil er den Hang der Deputirten zu besoldeten Aem—⸗

tern vermindern werde; gerecht, weil man kein Gehalt fuͤr

Functionen verlangen koͤnne, die man nicht verrichte; mora⸗ lisch und gesetzlich, weil die Deputirten dadurch gemahnt wuͤr⸗

den, daß sie als solche ein unentgeltliches Amt zu verrichten

haͤtten und den Ehrensold jeder andern Belohnung vorziehen mußten. Hr. Dum eylet stimmte fuͤr die Ueberweisung der Proposition an die mit der Pruͤfung des Wahlgesetzes beauf⸗ tragte Kommission. Nachdem noch Hr. v. Berbts sich g e— gen den Antrag erklart hatte, entschied die Kammer daß derselbe ncht in Erwaͤgung zu ziehen sey. Jetzt bestieg der See⸗Minister die Rednerbuͤhne und kegte der Ver⸗ sammlung den von der Pairs⸗Kammer bereits angenomme⸗ nen Gesetz⸗Entwurf in Betreff der Unterdruͤckung des Sklaven⸗ Handels vor. Sodann wurden die Berathungen uͤber das Ge— setz wegen des Tilgungs⸗Fonds und namentlich uͤber das Amen de⸗ ment des Hrn. Baillot folgenden Inhalts fortgesetzt: „Gleich

wohl soll in den ersten 5 Jahren nach der Bekanntmachung des

egenwaͤrtigen Gesetzes so wenig dem gedachten Dotations— FJohds der 40 Millionen als dem von ihm erworbenen und nicht annullirten Renten- Zuwachse irgend etwas entzogen wer— den duͤrfen, es sey denn, daß vor dem Ablaufe dieser 5 Jahre die 5procentige Rente den Pari-Cours uͤberstiegen hätte.“ Der Graf von Mosbourg, Herr Dupin der Aeltere und noch ein dritter Redner erklaͤrten sich gegen die⸗ sen Antrag, waͤhrend der Graf von Laborde und Herr J. Lefebvre den ersten Theil desselben unterstuͤtzten. Der Fi— nanz⸗Mini ster äußerte, er wolle zwar nicht auf die Ent— scheidung der Kammer vom vorhergehenden Tage zuruͤckkom— men, beharre jedoch nichtsdestoweniger bei seiner Meinung, daß sein Plan der bessere gewesen sey. Allerdings, fuͤgte er hinzu, wurde das Amendement des Herrn Baillot den Antrag des Herrn Périer verbessern; indessen muͤßte der letzte Satz desselben: „es sey denn, daß vor dem Ablaufe der 5 Fahre die 5procentige Rente den Pari-Cours uberstiegen haͤtte“, wegfallen; nahme die Kammer gleichwohl das Amendement mit diesem Vorbehalte an, so wuͤrde er (der Minister) daruber zuvor die Befehle des Koͤnigs ein holen muͤssen. Mehrere Stimmen riefen hier, diese Aeuße⸗ rung sey nicht parlamentarisch, denn sie gleiche einer Dro— hung, das Gesetz ,, , Hr. Baillot nahm hierauf den zweiten Theil seines Amendements und, nach einigen Bemerkungen des Grafen Mosbourg, auch den ersten Theil desselben zuruck, und als der Graf v. Labor de diesen letzteren fuͤr seine Rechnung wieder aufnahm, wurde er mit großer Stimmen⸗Mehrheit verworfen. Eine leb⸗ hafte Bewegung gab sich hierauf in allen Reihen der Ver— sammlung kund? Die meisten Deputirten verließen, während die Kronleuchter angezuͤndet wurden (es war bereits 5 Uhr), ahre Plaͤtze, und nur mit Muͤhe gelang es den Huissiers, sie, als Hr. Etienne zur Abstattung eines Bittschriften“

erichts die Rednerbuͤhne bestieg, zur Wieder-⸗Einnahme der—

selben zu bewegen. Ueber die Eingabe eines Notars in Eu,

worin eine General⸗Revision der Gesetze, um solche mit der

neuen Charte in Einklang zu bringen, verlangt wurde, schritt die Versammlung zur Tages -Ordnung. Jetzt kam die Reihe

an die Eingangs erwähnte Bittschrift eines gewissen Laporte,

Rechtsgelehrten in Mons, welcher den Wunsch zu erkennen

gab, Belgien mit Frankreich vereinigt zu sehen. Der Be— richterstatter aͤußerte: „Ungeachtet unserer Sympathie mit

dem Belgischen Volke, dessen Revolution auf denselben Grund⸗

saͤtzen, wie die unsrige, beruht, hat diese Bittschrift uns doch nicht von der Art geschienen, daß sie vor Frankreichs Deputirten-Kammer eroͤrtert werden duͤrfte; die Kommission

schlaͤgt Ihnen vor, daruͤber zur Tages Ordnung zu schreiten.“

Sofort verlangte der General La marque das Wort, um sich der Belgischen und Polnischen Nation anzunehmen: Er muͤsse sich wundern, aͤußerte er, daß das Ministerium noch jetzt eine Politik befolge, die hoͤchstens den Ministern Karls X. zugesagt haben wuͤrde; ohne Zweifel waͤren die jetzigen Mi— nister redliche Maͤnner, aber sie konnten sich noch nicht recht entschließen, das verderbliche Geleise, das ihre Vorgaͤnger eingeschlagen, zu verlassen; Niemand werde in Abrede stellen, daß der Friede ein kostbares Gut sey, aber ohne den Auf— stand der Belgier und Polen wuͤrde Frankreich laͤngst den Krieg haben; Alles, was man durch seine Maͤßigung erlan— gen werde, sey, daß der Krieg noch auf unbestimmte Zeit

hinausgesetzt werde; Frankreich werde es sruͤhzeitig genug be⸗ dauern, daß es den Rausch der Begeisterung nicht benutzt habe, um sich seine fruͤhere Graͤnze wieder zu verschaffen; es.

sey unverantwortlich, daß man die Belgier zuruͤckweise und gegen den Huͤlferuf der Polen das Ohr verschließe; er konne nimmermehr glauben, daß der Minister der auswaͤrtigen An⸗

gelegenheiten, zur Aufrechthaltung des jetzigen erbaͤrmlichen

Status quo, den Belgischen Abgeordneten gesagt habe, Frank⸗ reich koͤnne nicht Belgien zu seinem Gebiete schlagen, weil England nicht darein willigen wurde; er hoffe vielmehr, daß der Minister diese Worte von sich abweisen werde; Frankreich habe nichts dagegen, daß England den ganzen Ocean be— herrsche, (Stimme aus dem linken Centrum: Wie wollte

Frankreich dies auch verhindern koͤnnen! !), und England konne

sonach unmoglich verlangen, daß Frankreich sich in dem Kreise fortbewege, der ihm im Jahre 1814 gezogen worden; die Folge werde es lehren, daß alle Opfer, die Frankreich jetzt der Erhaltung des Friedens bringe, nur den Keim langer und blutiger Kriege in sich schloͤssen; man bedenke gar nicht, daß der Ruhm ein so starker Magnet und so ganz geeignet sey, einem neuen Throne Kraft zu verleihen, daß es viel— leicht politisch gewesen ware, ihn ohne irgend eine Heraus— forderung zu suchen; ihn aber zuruͤckzuweisen, wenn die Menschlichkeit darum flehe, wenn der eigene Vortheil ihn erheische, dies koͤnne er nun und nimmermehr begreifen.

„Meine Worte“, so schloß der Redner, „werden Ihnen

vielleicht strenge scheinen, meine Prophezeihungen Ihnen un

gelegen seyn. Aber meine innige Ueberzeugung zwang mich,

diese Rednerbuͤhne zu besteigen, um einer Pflicht zu genuͤgen, die maͤchtiger als mein Wille war. Glauben Sie ja nicht, daß ein

nach neuen Waffenthaten begieriger Militair zu Ihnen spricht;

nein, ein Buͤrger ist es, der von den uns drohenden Gefahren tief durchdrungen ist. Die Minister moͤgen daher vor diesen

Gefahren nicht die Augen zuschließen; sie mogen bedenken, daß eine große Verantwortlichkeit auf ihnen lastet, und daß

ein verlorner Tag das Vaterland ins Verderben stuͤrzen kann. Lassen Sie uns, m. H., die wir alle von denselben Gefuͤhlen beseelt siud, wenn gleich einzelne Meinungen uns trennen, die Rathgeber des Koͤnigs mit allen unsern Kraͤf— ten unterstuͤtzen; lassen Sie uns ihnen zurufen, daß sie das Prineip unserer Revolution nicht vergessen, sondern sich stets erinnern mogen, daß Frankreich zu allen moͤglichen Opfern

bereit ist, um seine Freiheit und Unabhaͤngigkeit zu bewah⸗

ren und den Rang wieder , ihm unter den Nationen gebuͤhrt.“ Nach * i n, , Rede, die den lebhaftesten Beifall auf der linken Seite erregte,

durch den uͤbrtgen Theil der Versammlung aber oftmals

mit lauten Zeichen der Mißbilligung unterbrochen wurde, ließ der Minister der auswärtigen Angelegenhei— ten sich in folgenden wenigen Worten vernehmen: „Sehr unvorsichtig waͤre der Minister, der hier Fragen uͤber Krieg und Frieden auf Anlaß einer Bittschrift, worin von Belgien und Polen die Rede ist, in einem Augenblicke eroͤrtern wollte, wo Unterhandlungen angeknuͤpft sind, von denen vielleicht das Schicksal von Europa abhängen kann. Man hat mir in den Belgischen Zeitungen eine Sprache geliehen, unwuͤrdig eines Ministers des Koͤnigs; ja noch mehr, man hat sich bis zu der erhabenen Person des Monarchen selbst verstiegen, um ihm gleichfalls eine Sprache zu leihen, die weder seinen