1831 / 32 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

264

dagegen meinte, die Kammern muͤßten sich der Diskussion uͤber dergleichen Gegenstaͤnde enthalten, bis ihnen das Bud get vorgelegt seyn werde; ein Krieg werde uͤbrigens nirgeads ohne Steuern gefuͤhrt, und bei außerordentlichen Beduͤrfnis— sen helfe gewohnlich ein Kredit aus der Verlegenheit. Ein anderer Landbote, Herr Zwierkowski, schlug vor, die zu Denkmaͤlern gesammelten Fonds fuͤr die Beduͤrfnisse des Landes zu verwenden. Dle Landboten brachten sodann, mit Ruͤcksicht darauf, daß in Kriegszeiten die Einkuͤnfte der Ver— brauchssteuern sich meistens vermindern, in Vorschlag, zum Ersatz dafuͤr die direkten Steuern zu erhoͤhen, die Eintrei— bung der indirekten aber strenger einzuschaͤrfen, worauf der Marschall erklaͤrte, es stehe einem Jeden frei, einzelne Ent— wuͤrfe daruͤber einzureichen, und dann die Kammer auffor— derte, sich mit dem Senat zu vereinigen. (Einen Nachtrag uber die Verhandlungen im Senat an diesem Tage behal—

ten wir uns noch vor.) Am 26sten d. trug in der Landboten-Kammer, vor

deren Vereinigung mit der Senatoren-Kammer, Herr Ja— sinski darauf an, den Praͤsidenten der Bank in Anklage zu stellen, weil derselbe Herrn Jezierski auf eine Assignation des Fuͤrsten Lubeckl fuͤr die Kosten seiner Reise nach Peters— burg 21,000 Gulden habe auszahlen lassen; nachdem jedoch der Landtags-Marschall, so wie auch Herr Jezierski und der Praͤsident der Bank, Herr Jelski, dargelegt hatten, daß der Fuͤrst Lubecki, als er durch die fruͤhere provisorische Regle— rung in der Bank einen Kredit von 40,000 Fl. eroͤffnet hatte, von dieser letzteren einen Wechsel in Betrag von 21,000 Fl. auf die Petersburger Bank erhielt und diese Summe, da in Folge der Beschlagnahme aller Fonds der Polnischen Bank durch die Russische Regierung die Auszahlung derselben ver— weigert wurde, von Herrn Jezierski empfing, indem er ihm dafür eine Bevollmaͤchtigung uͤbergab, genannte Summe aus der Polnischen Bank zu entnehmen, welche letztere zur Ein— lösung von eigenen Wechseln, die mit gesetzlichem Protest zu— ruͤckgeschickt werden, verpflichtet ist; so wurde jene Klage mit großer Majoritaͤt verworfen.

Als sich beide Kammern in der Senatoren⸗Kammer

vereinigt hatten, wurden die von der Regierung bei dem Bericht uͤber ihre diplomatische Thaͤtigkeit niedergelegten Ak— tenstuͤcke von dem Seeretair des Nattonal-Conseils, Herrn Plichta, vorgelesen. Sie bestanden aus einer Berichterstat⸗ tung des Administrations-Rathes an Se. Majestaͤt den Kai—⸗ ser Nikolas uͤber die Revolution des 29sten November, einem weiteren Bericht der provisorischen Regierung, einem Brief des Generals Chlopieki an Se. Majestaͤt den Kaiser, aus der dem Fuͤrsten Lubeecki und Grafen Jezierski bei ihrer Ab— reise nach Petersburg vom Diktator ertheilten Instruction, aus einem Brief des Diktators an Se. Kaiserl. Hoheit den Cesarewitsch, einer Proclamation des Minister Staats-Se—⸗ eretairs, Graf Stephan Graboweki, an den ehemaligen Praͤ— sidenten des Administrations Rathes, aus Schreiben desselben Ministers an die Präsidenten der Wojewodschafts-Kommis⸗— sionen von Plock und Augustow, worin er denselben erklart, daß sie, wenn sie nicht die von Sr. Majestaäͤt an den Ad ministrations-Rath gesandten Befehle erfuͤllen wurden, mit dem Tode bestraft werden sollten; ferner aus einer zweiten Proclamation des Minister Staats-Secretairs an den ehe— maligen Präsidirenden im Administrations-Rathe, einem Brlef des Diktators an General Rosen, aus der Ant— wort des genannten Generals, aus dem vom Minister Staats-Secretair an den Fuͤrsten Lubeeki nach Narwa ge— schriebenen Brief und der Erwiederung des Letzteren, und endlich aus den vom Grafen Jezierski aus Petersburg mit— gebrachten Proclamationen und Depeschen, nämlich der Ent⸗ gegnung des Minister Staats⸗Seecretairs auf den vom Dlktator an ihn gerichteten Brief, dem Schreiben des Fuͤrsten Lubecki an den Diktator, dem Bericht uͤber die Audienz des Grafen

Jezierski bel Sr. Majestaͤt dem Kaiser, dem Brief des Gra⸗ en an den General Benkendorf, der auf den Rand desselben

riefes geschriebenen Erwiederung Sr. Majestaͤt des Kaisers, und endlich einer Auseinandersetzung, die Erweiterung der Graäͤnzen des Koͤnigreichs Polen betreffend. Bei der Dis—⸗ kussion, welche sich uber diese Aktenstuͤcke erhob, ließ sich zu⸗ erst der Landbote Wiesßzeynski vernehmen, indem er einen Irrthum in dem ersten Rapport uͤber die Revolution des 29. Novembers berichtigte; die Generale Rautenstrauch und Kosseeki namlich seyen nicht auf Antrag des Generals Sie— rawski, sondern auf Verlangen einer Deputation der Reichs⸗ tags Kammern aus dem Administrations⸗ Rath entfernt worden; er berufe sich hierbei auf das Zeugniß der Herren . Szaniecki, Fr. Soltyk und Lelewel, welche Mit gli

nicht ebenfalls aus jenem Rath entfernt worden, sey allein

leder derselben waren; und daß der Fuͤrst Lubecki damals

auf Vorstellung des Staats- Secretairs Niem cewiez geschehen, der ihm das Lob eines braven Polen ertheilt und hinzuge— fuͤgt habe, wenn der Fuͤrst Lubecki aus dem Rath aus—

scheide, so werde auch der Fuͤrst Czartoryski und er

selbst ein Gleiches thun. Julian Niemcewicz erwie⸗ derte, er habe kein Recht in der Kammer zu spre— chen, koͤnne also auf obige Erklarung nichts entgegnen. Da jedoch der Deputirte Dembowski darauf antrug, in ge— genwaͤrtigem Fall von dem Grundsatz der Eonstitution abzu— weichen, und da beide Kammern dessen Meinung theilten, so erkannte der Senats, Praͤsident Herrn Niemcewiez das Wort zu. Nachdem dieser hierauf zuvoͤrderst Herrn Dem— bowski fuͤr seinen Antrag gedankt und erwaͤhnt hatte, daß es bereits 30 Jahre her sey, als er das letztemal in diesen Mauern gesprochen habe, behauptete er, den Fuͤrsten Lubecki nicht erst seit der letzten Revolution als das thaͤtigste und arbeitsamste Mitglied des Administrations⸗Raths zu kennen; derselbe sey es gewesen, welcher allein unter Allen es gewagt habe, dem Senator Novossilzoff die Stirn zu bieten, als er im Jahre 1826 in Petersburg einem Antrag Novossilzoffs zum Trotz sich erkuͤhnte, zu fordern, daß die des Hochverraths verdaͤchtigen Individuen nicht vor die Kriegsgerichte, sondern vor das constitutionnelle Gericht, vor den Reichstag, gestellt wuͤrden, als er sich, den Absichten desselben Novossilzoffs zu⸗ wider, der das Verbrechen des Hochverraths vor einem Ad— ministrations-Gericht entscheiden lassen wollte, fuͤr Einleitung der gehörigen Procedur verwandte. Der Redner erwahnte noch das Ausbluͤhen der Industrie, der Fabriken, des Kre— dits, als Fruͤchte der Thaͤtigkeit des Fuͤrsten Lubeckt, und in— dem er ver sicher te, daß er keine persoͤnliche Verpflichtung gegen ihn habe, da er durch seine BRerwendung weder eine Pension, noch eine Gratification, noch einen Orden, noch die geringste Medaille erhalten, fuͤgte er hinzu, daß er, ungeachtet man⸗ cher Fehler, die er in der Verwaltung Lubecki's bemerkt und ihm vorzustellen nicht unterlassen habe, doch immer eine große Zuneigung fuͤr ihn gehegt harte. Franz Soltyk stimmte dem Staats-Secretair bei und äußerte, daß, als in den ersten Augenblicken der Revolution das Volk die Entfernung meh⸗ rerer Personen vom Ruder der Regierung verlangte, doch der einstinmmige Wunsch sogar der Mitglieder der Reichstags— Deputation gewesen sey, den Fuͤrsten Lubeckl, mit Ruͤcksicht auf seine Verdienste zur Zeit des Reichstagsgerichts und bei an—⸗ deren Gelegenheiten, im Verwaltungs⸗-Rath zu lassen. Der Graf Johann Ledochowski dagegen behauptete, die Rede des Staats-Secretairs, so eindringend sie auch gewesen, habe doch in den Augen der Kammern den Fuͤrsten Lubecki nicht gerechtfertigt, der durch sein Zuruͤckbleiben in Petersburg das Vertrauen des Volkes getaͤuscht und, was noch schlimmer sey, das Zutrauen eines Mannes, der sich ihm hingegeben, ge— mißbraucht, ihn in seine Plaäͤne verstrickt und so der Na⸗

tion ein unersetzbares Unrecht zugesuͤgt habe, indem er

dieselbe eines durch seine Tapferkeit beruͤhmten Ober— hauptes beraubt habe; er wolle keines weges laͤugnen, daß die fruͤheren Handlungen des Fuͤrsten Lubecki ihre Verdienstlichkeit haͤtten, behaupte aber, daß man nach dem, was er zuletzt gethan, ihn nicht mehr vertheidigen duͤrfe. Hierauf außerte ich Herr Dembowski mißbilligend daruͤber, daß der vorige Redner dem Patriarchen Polens, Julian Niemcewiez, der seine Vatersandsliebe bis nach Amerika uͤbertragen haͤtte, so ungeziemende Vorwuͤrfe mache. Ledo—⸗ chowski jedoch entgegnete, seia ehrenwerther Kollege brauche hm nicht Unterricht darin zu geben, wie er sich gegen Herrn Niemeewiez zu benehmen habe; denn er sey sehr wohl uͤber⸗ zeugt, daß, wer ihm einen Vorwurf mache, sich selbst dadurch entehre; dies hindere jed och nicht, zu erklären, daß man die Herren Roznteckl, Lubecki, Zamoyski, Vincenz Krasinskt, Thomas Grabowski, Szaniawski und Andere, welche ihr Vaterland in oem Augenblick verließen, wo es ihrer am mei— sten bedurfte, nicht vertheidigen muͤsse. Dieser Meinung war auch der Landbote Gliszezynski, äußerte jedoch, daß Niemce—⸗ wiez bloß seine Ansicht uͤber den Fuͤrsten Lubecki gerechtfer—⸗ tigt, denselben aber nicht habe in Schutz nehmen wollen. Hierauf wollte Ledochowski nichts mehr erwiedern, angeblich, um die theure Zeit nicht zu verschwenden, und so erkannte man einstimmig Herrn Julian Niemeewiez fuͤr schuldlos. Nachdem sodann die Korrespondenz des Grafen Jezierski

mit dem General Benkendorf, hinsichtlich der angeblichen

Verletzung der Constitutlon, und die Unterredung desselben

mlt Sr. Majestaͤt dem Kaiser vorgelesen worden war, nahm der Senator Kastellan Kochanowskl das Wort und versicherte,

er habe sich aus diesen Aktenstuͤcken uͤberzeugt, daß der Land—

bote Jezierski sich seiner Mission ruͤhmlichst entledigt habe;

es sey daher sehr unrecht, auch ihm irgend einen Vorwurf

zu machen; vielmehr solle man zu der fruͤheren guten Mei⸗

265

nung von ihm zuruͤckkehren und ihm oͤffentlich Gerechtigkeit widerfahren lassen. Die Kammern waren damit einverstan⸗ den und erklärten Herrn Jezierski als von jedem Vorwurf frei; Herr Ledochowski aber machte den Antrag, die Herren Lubeckl, Zamoyski und Thomas Grabowski fuͤr emigrirt zu erklären. Sodann trat der Landbote Lelewel, als Augen— euge von dem Verfahren der Regierung seit dem Ausbruch der

evolution, auf und äußerte sich folgendermaßen: er halte es fuͤr seine Pflicht, einige spezielle Momente hier in Erwähnung zu brin⸗ gen, die, wenn sie auch in der Dezember⸗Sitzung nicht angefuͤhrt worden, doch jetzt nicht außer Acht gelassen werden duͤrsten. In den ersten Augenblicken des Aufstandes, meinte er, habe die Regierung nur mit Schwierigkeit vorherwissen koͤnnen,

ob die ausgebrochene Revolution zu einer allgemeinen Lan⸗

des⸗Umwaͤlzung ausschlagen werde; der Administrations⸗Rath haͤtte damals, als die ganze Revolution sich noch auf die Hauptstadt beschraͤnkte, uͤber die Zukunft nur Muthmaßun— gen hegen koͤnnen. Indem der Redner die Loͤsung der Frage, ob' das Verbleiben dieses Rathes in seiner alten Zusammen— setzung gut oder schlecht gewesen ware, dahingestellt seyn ließ, hielt er es jedoch fuͤr unwiderleglich, daß eine Umgestaltung desselben zur Entwickelung der Revolution wesentlich beige— tragen habe. Zu dieser Umgestaltung trug, der Meinung des Redners zufolge, Fuͤrst Lubecki nicht wenig bei; er theilte von Anfang an den Gedanken an eine Wieder-Vereinigung der alten Provinzen mit Polen, er vertheidigte die— sen Gegenstand angelegentlich in der Audienz, welche die aus den Fuͤrsten Czartoryski und Lubeckt, dem Grafen

Ostrowski und dem Redner selbst bestehende Deputation bei

Sr. Kaiserl. Hoh. dem Cesarewitsch hatte; er, der zuerst den Vorschlag machte, mit dem Monarchen zu unterhandeln, er— klaͤrte sich dessenungeachtet fuͤr die Zusammenberufung des

Reichstages; er wiederholte waͤhrend des Bestehens der Dik⸗

tatur, daß die erste Pflicht der nach St. Petersburg abzu⸗ sendenden Deputation die Auseinandersetzung des Planes hin— sichtlich der Vereinigung der unter dem Russischen Scep— ter befindlichen Polnischen Provinzen mit dem Koͤnig— reich sey; er rieth, zu diesem Zweck ein Aufgebot an Lit— thauen und olhynien ergehen zu lassen; er trug darauf an, dort einzuruͤcken und wenigstens den Freiwilligen die Aus fuͤhrung dieses Antrages zu gestatten, wenn die Regie— rung sich nicht damit befassen wolle. Ob der Fuͤrst Lubecki dies Alles aufrichtig so gemeint habe oder nicht, dafuͤr konne er (Lelewel) sich freilich nicht verbuͤrgen. Was nun den Diktator anlange, so habe es anfangs geschienen, als gehe General Chlopieki in die Sache der Nation ein; jedoch von dem Augenblicke an, wo ihm die Diktatur vom Reichstage anver— traut worden, habe er sein Benehmen geaͤndert. Hinsichtlich der Gesandtschaft des Herrn Jezierski endlich bemerkte der Redner, er erkenne genanntem Herrn dabei kein Verdienst zu; derselbe habe vielmehr die wahre Lage der Dinge nicht richtig verstanden, weshalb er auch nicht von dem Geist habe belebt seyn koͤnnen, der ihn bei einer solchen Gelegenheit haͤtte durchdringen muͤssen; daher sey es gekommen, daß er dem Kaiser den wirklichen Zusammenhang der Ereignisse nicht rich— tig vorgestellt habe, und daß, in Folge dessen, alle ge— genseitige Bande zerrissen worden. Erst der Reichstag vom 18ten Dezember habe deutlicher den Wunsch der Nation hinsichtlich der alten Polnischen Provinzen zu erkennen gegeben, dieser Wunsch sey in dem Manifest offen ausgesprochen worden, und was die Erklarung wegen Erle— digung des Throns betreffe, so sey davon fruͤher noch nicht die Rede gewesen, und es stehe noch dahin, daruͤber einen Beschluß zu fassen. Hier erhob sich der Reichstags-Mar— schall, Graf Wladislaus Ostrowski, und erklaͤrte, daß die

vom Feldmar schall Grafen Diebitsch erlassenen Proclamationen

einen Jeden uͤberzeugen mußten, durch Unterhandlungen sey nichts mehr zu hoffen und zu erlangen; von dem Augenblick an, wo der Kaiser von Rußland seinen Truppen den Befehl ertheilt habe, in die Graͤnzen des Koͤnigreichs einzuruͤcken, moͤge die Nation ihres Eides gegen den Monarchen sich entbunden erklaren. „Moöͤge uns denn“, fuhr er fort, „Europa als ein freies

Volk anerkennen, und moͤgen die Reichstags⸗Kommissionen ihre

Thaͤtiakeit hinsichtlich der r des Antrags des Gra⸗ fen Roman Soltyk, auf die Ausschließung der herrschenden Dynastie, beginnen.“ Ihm pflichtete der Senator Kastellan Ostrowski bel. Eben war noch der Landbote Johann Ledo— chowski im Begriff, die Rede des Professors Lelewel zu beantworten, und fuͤhrte als einen Beweis von des Fuͤrsten Lubecki Abneigung gegen die Revolution dessen Briefe an General Chlopick!i und seine ganze Reise an, die er nur an— getreten habe, um sich auf geschickte Weise aus dem Lande zu entfernen; als der Deputirte Wolowski ausrief, solche Kleinigkeiten solle man auf morgen verschieben und jetzt ohne

Verzug die Unabhaͤngigkeit der Nation bekräftigen. In die⸗

sen Vorschlag stimmten alle Mitglieder der Kammern ein.

ierdurch wurde eine Diskussion uͤber den Soltykschen

ntrag in den Kommissionen fur unnoͤthig erachtet, und beide Kammern kamen uͤberein, sofort einen Beschluß zu er— lassen, wodurch die Polnische Nation sich ihrer Unterthanen⸗ pflicht gegen den Kaiser Nikolas fuͤr entbunden und fuͤr be— rechtigt erklart, uͤber die Krone Polens anderweitig zu ver— fuͤgen. Jultan Niemcewiez wurde beauftragt, diesen Reiches— beschluß zu redigiren, und saͤmmtliche Reichstags⸗Abgeordnete und Senatoren unterzeichneten denselben.

Der War schauer Kurier fuͤgt dem Berichte uͤber diese Sitzung hinzu, daß das vor dem Schloß versammelte Volk den Fuͤrsten Czartoryski, den Marschall Ostrowski und den Staats, Seeretair Niemcewicz bei ihrem Heraustreten aus dem Sitzungssaal mit dem Geschrel: „Zu den Waffen! zu den Waffen!“ empfangen und nach ihren Wohnungen be— gleitet habe. Abends sey die Hauptstadt erleuchtet gewesen.

Der Warschauer Zeitung zufolge erklaͤrte der Fuͤrst Michael Radziwill an dem Tage, als er vom Reichstage zum Ober-Befehlshaber erwaͤhlt worden war, in den Kam⸗ mern, indem er sich dem Sitze des Senats-Praͤsidenten naͤ⸗ herte: er nehme bas Ober-Kommando unter der Bedingung an, daß es ihm freistehen moͤge, kriegserfahrene Offiziere an seine Seite zu berufen, ferner, daß er auf den Fall, wenn sich im Laufe des Feldzuges ein besonders ausgezeichnetes mi— litairisches Genie offenbaren sollte, diesem die Fuͤhrung des Heeres abtreten durfe.

Frankreich. .

Paris, 24. Jan. Der Moniteur enthaͤlt nachtraäͤg—⸗ lich noch eine kurze Beschreibung des Balles, der vorgestern im hiesigen Opernhause zum Besten der Armen gegeben wurde. Schon um 9 Uhr waren saͤmmtliche Logen mit zierlich ge— schmuͤckten Damen angefuͤllt. Der glaͤnzend erleuchtete Saal bot, nach der Seite des Theaters zu, den Anblick eines prachtvollen Zeltes dar, geschmuͤckt mit militairischen Tro⸗ phaäen und 13 dreifarbigen Fahnen, zu Ehren der 13 Leglo— nen der National-Garde der Hauptstadt und des Weichbil⸗ des. Die Koͤnigl. Loge war einfach, aber geschmackvoll deko— rirt. Alle Ballgaͤste waren im Frack. Um 11 Uhr erschien der Koͤnig, umgeben von seiner ganzen Familie, in der gro⸗ ßen Loge; er wurde von der zahlreichen Versammlung mit dem lebhaftesten Jubel begruͤßt. Bald darauf verließen Se. Majestät, in Begleitung der Herzöge von Orleans und von Nemours, so wie Ihrer Adjutanten, die Loge und mischten sich unter die Gaͤste. Die beiden Prinzen nahmen an eini—

gen Quadrillen Theil, waͤhrend der Koͤnig sich mit mehreren

der Anwesenden auf das leutseligste unterhielt. Um Mitter— nacht zogen Se. Majestaͤt, so wie die gesammte Koͤnigli— che Famile, mit Ausnahme des Kronprinzen, sich zu— ruͤck; letzterer blieb bis gegen drei Uhr. Der Ball endigte erst um 5 Uhr. Man berechnet die Einnahme, die derselbe den Armen eingebracht hat, auf nahe an 150,000 Fr. Der Temps macht die Bemerkung, daß die Kronleuchter, womit der Saal erleuchtet gewesen, dieselben waren, die bei der Salbung Karls X. gebraucht worden, und daß man die an denselben angebrachten Lilien beibehalten hatte.

Heute findet der große Hofball im Palais-Royal statt.

Ein hiesiges Blatt will wissen, daß man sich in einem gestern gehaltenen Minister-Rathe unter dem Versitze des Koͤnigs hauptsaͤchlich mit den Belgischen Angelegenheiten be— schaͤftigt habe; nur ein Minister, und zwar der Marschall Soult, habe fuͤr eine ganze oder hel de Vereinigung Bel⸗ giens mit Frankreich gestimmt, alle uͤbrigen haͤtten sich da— wider erklaͤrt. Der Temps glaubt, daß das gedachte Blatt schlecht unterrichtet sey. 8

Der Temps meldet, es sey gestern Abend in einigen politischen Salons von einem Schreiben die Rede gewesen, das der Herzog von Leuchtenberg hieher an eine Peron, die unter Buonaparte einen hohen Posten bekleidet, erlassen und worin er mit Bestimmtheit erklart habe, daß er, um nicht fuͤr Frankreich ein Gegenstand der Besorgniß oder des Zwie⸗ spalts zu werden, die Belgische Krone ausschlagen werde,

falls ihm solche von dem Kongresse angetragen werden sollte.

Das gedachte Schrelben soll vom 16. Januar datirt seyn. *r glaubt, daß das neue Municipal-JGesetz . im Laufe dieser Woche in der Deputirten⸗Kammer zur

thung kommen werde. Der der Deputirten⸗Kammer vorgelegte Gesetz-Entwurf

uͤber das Theaterwesen wird in einigen hiesigen Blaͤttern

scharf getabelt. Eines derselben ruͤgt namentlich diesenige

Bestimmung, wonach jedes neue Stuͤck, 146 Tage vor dessen

Auffuͤhrung, bei dem Ministerium des Innern eingereicht

era⸗

6 6 2 ö. 2 82 ——