1831 / 64 p. 5 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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eines selchen Obmanns die Praͤsumtion der Unschuld das Gel⸗

tende bleibt. t erner kann ich dem Herrn Referenten nicht beilreten, wenn

derselbe in der Einfachheit der Anwendung des Straf⸗Gesetzes die

Forderung gruͤndet, das Organ des Gesetzes im Geschwornen⸗

richte muͤsst ein Einzelrichter seyn. ; Die Geschwornen werden durch die Fragen des in England wie in Frankreich Dr,, . Richters erst veranlaßt, ein qua⸗ lifieirtes Urtheil uͤber die Schuld oder Unschuld des Angeklagten ab⸗ zugeben. Es liegt in der Natur der Sache, daß ohne völlige Freispre⸗ chüng doch wichtige Qualifleationen der Anschuldigung verneint wer⸗ den, oder wenn den Geschwornen, wie in England, eine Beur⸗ theilung uber die Graͤnzen der vorgelegten Fragen hingus (spe⸗ eielles Verdikt) zustehen soll, eben so wichtige Qualificationen binzutreten können, so daß die urspruͤngliche Bezeichnung des Verhrechens in der Anklage vielleicht mehr, vielleicht auch weni— ger r, me, als der Ausspruch der Geschwornen. ueberhaupt halte ich es fuͤr unrichtig, wenn den Geschwor— nen andere Fragen vorgelegt werden, als uͤber die einfachen That— sachen, welche die Momente des Verbrechens ausmachen, um das es sich handelt. Das Zusammenfassen dieser Momente und die Subsumtion unter den Begriff eines bestimmten Verbrechens, woran die Bestimmung der gesetzlichen Strafe sich von selbst an⸗ schließt, bleibt Sache des Richters. . Wenn der Herr Referent daher verlangt, daß die Strafe und thre Anwendung auf einfachen Bestimmungen beruhen soll, so kann damit in Beziehung auf die Stellung des Richters nur ge⸗ meint seyn, daß die Anwendung der Strafe von der Feststellung des n streng geschieden werden muͤsse, was mit Recht auch auf solche Thatsachen auszudehnen ist, die gesetzlich als Mil⸗ derungs⸗ oder Schaͤrfungsgruͤnde in Betracht kommen. Allein die Summe dieser Thatsachen ist zunaͤchst noch nicht ein Einfaches, sondern ein Vielfaches; erst durch die Subsumtion derselben unter den entsprechenden , n , , stellt sich die Einfachheit her, und diese Subfumtion ist der eigentliche tichterliche Akt, der eben so wie die Verdikte der Geschwornen nur in einer konkreteren Sphaͤre, erst auf dem Wege der Berathung sie von der Subjektivitaͤt und Zu faͤlligkeit freimacht, dazu aber ein Rich⸗ ter⸗Kollegium voraussetzt. Es will auch nicht einleuchten, warum nach der Meinung des Herrn Referenten das Ansehen und Selbst⸗ vertrauen der Geschwornen darunter leiden soll, daß ihnen gegenuͤber ein Richter⸗Kollegium versammelt ist. Beide Kollegien, deren Functionen ihrer wahren Bedeutung nach ganz getrennt sind, erschei⸗ nen vielmehr unabhangig von einander, und jedes in seiner Sphaͤrc zunaͤchst gleich achtungswerth und selbststaͤndig. Hat es aber den Franzoͤsischen Geschwornen an Selbststaͤndigkeit bisher efehlt, so mochte dieses Mißverhaͤltniß wohl in anderen Maͤngeln

er Franzoͤsischen Gerichts-Verfassung seinen Grund haben, na⸗

mentlich in dem gaͤnzlichen Mangel ciner Anklage-Jury, in der Art und Weise, wie die Uurtheils-Jury gebildet wird, dem uͤber⸗ wiegenden Einfluß der Regierung bei der Auswahl der Mitglie⸗ der, demnaͤchst in der Schrankenloͤsigkeit der Beweisführung, so⸗ wohl von Seiten des Staats⸗-Prokurators, als des Angeklagten, und der daraus hervorgehenden Verwirrung des Faktums, end⸗ lich in der auf diese schlechten Voraussetzungen, unvermeidlich aber auf die Leitung des ganzen Verfahrens, das Resumé und ie Stellung der Seggustiv⸗ Fragen gegruͤndeten Praͤpotenz des Gerichts⸗Praͤsidenten. *) ö Fassen wir das Gesagte nochmals zusammen, so sind wir mit dem Herrn Referenten nicht nur einverstanden in dem Lobe dessen, was zur Trennung der richterlichen Function von dem Geschaͤft der Geschwornen durch den neuen Gesetz-Entwurf bei⸗

getragen wird, sondern verlangen eine nöch strengere Durchfuͤh⸗

kung dieser Trennung, namentlich darin, daß die nicht rechtsge⸗ lehrten Geschwornen sich begnuͤgen muͤssen, durch ihren Aussprüch die einzelnen Momente der in der Anklage begriffenen verbreche⸗ rischen nn nen als erwiesen oder nicht erwiesen durch ihren Ausspruch festzustellen, den Richtern dagegen ersteren Falles die Subsumtlon dieser einzelnen Thatsachen unter den gesetzlichen Begriff des Verbrechens, z. B. Mord oder Todschlag, Raub, gewaltsamer oder gemein er Diebstahl u. w., und die sich daran anschließende Strafbestimmung vorbehalten bleibe.

Fuͤr unwesentlich halten wir dagen, die von dem Hrn. Re⸗ ferenten geforderte Unanimitaͤt der Geschwornen, sind vielmehr 2 daß gerade durch diese Forderung die , . Obiektivitͤt der Vertretung des Gewissens des Ängeschubdigten zu einer ,, . wieder hege etz werde. 62

Endlich scheint uns die Forderung cines Elnzelrichters den Geschwornen gegenuͤher eben so wenig begruͤndet, uberhaupt aber die Frage um Verbesserung der i ir che Geschwornen⸗Ge⸗ richte in diesen drei hauptsaͤchlich zur Sprache gekommenen Punkten keinesweges erschöͤpft zu seyn.

Man konnte dem Hrn. Referenten zum Vorwurf machen,

daß er in seinem Aufsatze uͤber das neue Französische Asstten? Gesetz Zeit und Arbeit an einen dem= . ,,.

fremden Gegenstand verschwendet habe; ich getraue mich aber,

Vergl. Feuerbach „über die ichkei a, , den Gerechtigkelts pflege“ Vd. z. S. 0 F. Oeffentlichkeit und Mündlichkeit der

wenn anders Hr. Referent mich als seinen Attorney gelten lassen will, aus voller Ucberzeugung zu versichern, daß fuͤr ihn die An⸗ schauung des Auslaͤndischen in steter Beziehung ist auf das Ba⸗ terlaͤndische, Diese Beziehung duͤrfte auch an dem vorliegenden Interesse nicht die bloße Leerhcit des Entbehrens seyn; vielmehr werden, wenn das Beduͤrfniß ein wahres ist, sich auch in der Preußischen Kriminal⸗Rechtspflege mehr oder weniger entwickelte Momente aufzeigen lassen, welche dem Institute des Geschwor⸗ nen⸗Gerichts entsprechen.

Hrre ich nicht, so gehört dahin die Popularitaͤt unserer rich⸗ terlichen Begmten, wie der Preußischen Beamten uͤberhaupt, von denen, als sich selbst befaͤhigenden Organen des Gesetzes, Hr. Referent an einem andern Orte eben wahr, als fuͤr einen Franzosen parador, behauptet hat, daß sie nicht minder Repraͤ⸗ sentanten des Volks, als Diener des Fuͤrsten seyen. 3 Be⸗ stimmter ausgedruckt sinde ich die Achtüng der subjektiven Frei⸗ heit barin, daß der Richter erster Instanz sein Ürtheil durch Gruͤnde rechtfertigen muß, die gesetzst h dem Defensor, in praxi auch dem Angeschuldigten mitgetheilt werden, so daß er in den Stand gesetzt ist, diesen Auffassungen des Faktischen wie des Rechtlichen seine individuelle Ansicht entweder unterzuordnen, oder dieselben mit gleichen Waffen zu bekaͤmpfen und durch die Appellation von einem Schiedsrichter das Recht zu empfangen, der nicht minder sein Beistand, als sein Richter 6 v.

) Gans a. a. O. Bd. 1. S. 285 ff.

Köͤnialtlche Schau spiele. Sonnabend, 5. Maͤrz. Im Opernhause: Heinrich V. Jugendjahre, Lustspiel in 3

end) z Abtheilungen. Hierauf: Der Nasenstuͤber, Possenspiel in 3 Abtheilungen, von E. Raupach.

Es wird ersucht, die zu diesem Tage bereits gekauften

Schauspielhaus-Billets gegen Opernhaus-Billets gefaͤlligst

umtauschen lassen zu wollen.

Im Schauspielhause: 1) Lamariage impossible, vaude- ville en 2 actes. 2) La premiere représentation de: Ma- dame Lavalette, drame- vandeville historique nouveau en 2 actes, par Mr. Barthélemy.

Zu dieser Franzoͤsischen Vorstellung bleiben die bereits gekauften und mit Freitag bezeichneten Billets guͤltig, auch

werden die noch zu verkaufenden Billets mit Freitag bezeich⸗

net seyn.

Königstädtisches Theater. Sonnabend, 5. Marz. Auf Begehren wiederholt (mit Abänderungen): Musikalisch-scenische Abend-Unterhaltung in 3 Abtheclungen. (Dlle. Hähnel, vom K. K. Hof⸗-Operntheater zu Wien, wird hierin singen.

Berliner Börse. Den 4. März 1831.

Amtl. Fonds- und Geld-Cours. Zettel. (Preriss. Cour.)

r, s,, 366 r 74 1 stipr. Fiaudbri. 4 77 Pomm. Plandbr. 1031

St. Schuld. Sch. Pr. Engl. Anl. 18 Pr. Engl. Anl. 22 Pr. Engl. Oßbl. 30 Kurm. QGb. m. l. C. Neum. Int. Sch.d. Berl. Stadt- Ob. kKönigsbg. do.

Elbinger. do.

Danz. do. in Th. , Pfdb.

Grosshz. Pos. do.

Schlesische do. R kstf. C. d. K.-u. N. L. Sch. d. .- u. X.

105 56 57

* Kur- u Neum do., 4 1092 4

lloll. vollwv. Duk. Neue cito Friedrichsd'or. 13

Disconio .... 31

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C KI EL C O,

e Börsen. ö 1 e ,, a. HI., 28. Februar.

5proç. Metallig. Sz. S646. 4proc. 724. 72. 23proc. 44 1proc. 1943. Brief. Bank- Actien 133 1128 ber? 1121. Leose au 100 FI. 1663. Brief. Poln. Loose 44 44.

. IIa mburg, 2. Näræ. ;

Oesterr. 4proc. Metall. 75. Part. Ohlig. 114. Bank- Actien 975. Kuss. Engl. Anl. Sßz. Russ. Anl. Hamb. Cert. S5z. Dän. 56]. Poln. pr. ult. März Sd à S5.

Paris, 25. Februar.

Fproc. Rente pr. compt. und fin cour. 91 Er. 50 C. Z3proe. br. eginpt. und sin cour. 5 Er. 40 G. Iproe. Neap. pr. compt. und fin cour. 61 Er. 20 C. Sproc. Span. perp. 433.

Zweite Beilage

A uswärti

5proc. Rente sin cour. 99). 65. 3proc. sin cour. 56. 35.

45. 4proc. 703. 70. 2zproc. 44. IHproc. 183. B. 54. B. Poln. Loose 437. 435.

big. i36.

53 Zweite Beilage zur Als'gemeinen Preußischen Staats⸗ Zeitung Æ 64.

Frankreich. Deputirten⸗Kammer. Sitzung vom 23. Febr. (Nachtrag). Der General Lamarque trug am Schlusse seiner Rede nochmals ausdruͤcklich darauf an, daß alle auf die Belgische Angelegenheit bezuͤgliche Aktenstuͤcke, jetzt, wo die Unterhandlung beendigt sey, der Kammer vorgelegt wer— den; niemals, fuͤgte er hinzu, habe ein Englischer Minister sich geweigert, einer solchen Forderung zu genuͤgen, und er hoffe daher auch, daß das Franzoͤsische Ministerium seinen Wunsch in dieser Beziehung erfuͤllen werde; es scheine, daß man sich hinsichtlich des Herzogthums Luxemburg noch nicht voͤllig geeinigt habe; allerdings sey im Jahre 1815 dieses erzogthum von den 5 großen Maͤchten, dem Koͤnige von 2. uͤberlassen worden, der daraus eine Apanage fuͤr seinen zweiten Sohn gemacht habe; noch in demselben Jahre aber sey der Prinz Friedrich durch Domaͤnen in der Umge— gend von Breda entschaͤdigt, und das Herzogthum

seitdem immer als ein integrirender Theil Belgiens betrachtet,

auch von einem von dem Koͤnige ernannten Civil-Gouver— neur verwaltet worden; die Einwohner desselben haͤtten die

Vortheile der Verfassung gleich allen uͤbrigen Bewohnern

des Landes genossen, dieselben Steuern entrichtet, Deputirte zu den Generalstaaten ernannt und Milizen fuͤr das Heer gestellt; die Garnison habe traetatenmaͤßig zu gleichen Theilen aus zreußen und Inlaͤndern zusammengesetzt seyn sollen; doch aͤtten immer nur Preußen darin gestanden, die sich seit den 15 Jahren, wo sie dort gewesen, nie in die Civil⸗Angelegen— heiten gemischt haͤtten, so daß die Einwohnerschaft dem Ihsten und 46sten Infanterie⸗Regimente stets nur das groͤßte Lob zu ertheilen gehabt habe. ; Herr Manguin, beleuchtete die verschiedenen von der Londoner Konferenz ausgegangenen Protokolle über die Bel⸗ ische Angelegenheit und die amtlichen Mittheilungen des ranzbsischen Ministeriums; in beiden fand er das von 4 nach der Revolution des Juli als absolut hin⸗ gestellte hel des Nicht⸗Einschreitens verletzt, indem man uberall das System einer passiven Einmischung befolgt habe. Das Ergebniß aller dieser Unterhandlungen sey dieses, daß die Belgische Angelegenheit nach Verlauf von fuͤnf Monaten sich noch in demselben unentschiedenen Zustande befinde, wie vorher. Belgien sey jetzt in die Nethwendigkeit versetzt, eine provisorische Regierung, einen Statthalter oder eine republikanische Form an⸗ zunehmen; in keinem dieser Faͤlle aber sey seine Ünabhaͤngigkeit gesichert, und so lange es von den jetzt bestehenden Zoll- Linien eingeschlossen bleibe, werde es immer, entweder von Frankreich oder von Holland, abhaͤngig seyn. Es fehle Belgien durchaus an den ersten Bedingungen eines unabhangigen Staates dasselbe konne nur, entweder Frankreich oder Holland angehdren, und das, was das Ministerium bisher in dieser Sache gethan, sey eecignet, dem Prinzen von Oranien Aussicht auf den Be⸗ 6 Belgiens zu machen und in diesem Falle das Land den Gefahren einer neuen Revolution Preis zu geben. Der Redner ging nunmehr zur Betrachtung der allgemeinen In⸗ teressen Europa's in der Belgischen Angelegenheit über. Die Europäische Politik habe sich seit einem halben Jahrhundert gaͤnzlich geaͤndert; fruͤher seyen Wien und Paris die Mittelpunkte der Kraft gewesen, und die großen Kontinental-Kriege immer zwischen den Haͤusern Oesterresch und Frankreich gefuͤhrt worden. Seitdem aber Preußen ein Koͤnigreich geworden und an Bedeu⸗ tung zugenommen, und hauptsaͤchlich, seitdem Rußland am po⸗ sitischen Horizont aufgestiegen, sey der eine jener beiden Mittel⸗ punkte zwar in Paris geblieben, der andere aber nach St. Pe⸗ tersburg verlegt worden. England, das außerhalb dieses Systems stehe, habe die Bestimmung, daruͤber zu wachen, daß keiner die⸗ fer beiden Kolosse den andern erdruͤcks; die Deutschen Staaten waͤren in sich zu getheilt und ihre Kraft dadurch neutralisirt, die beiden Halbinseln Spanien und Italien aber hatten in dem Sy⸗ steme der Europaͤischen Politik gar kein Gewicht mehr. Diesem System zufolge sey es das Interesse Englands, Frankreich so viel Staͤrke zu verleihen, daß es Rußland immer die Spitze bieten fönne; England handle aber umgekehrt; es hindre Frankreich, an Macht zuzunehmen und seine natuͤrlichen Graͤnzen wieder zu gewin⸗ nen, und beguünstige dagegen die Anspruͤche des Prinzen von Dranien auf Belgien, durch welchen dieses Land unter Russischen Einfluß , . wurde. Den freundschaftlichen Gesinnungen Eng⸗ ki gegen Frankreich sey nicht sehr zu trauen; der lange Kampf, den beide Laͤnder mit einander geführt, habe in den Englischen Staatsmaͤnnern immer eine gewisse Abneigung fegen Frãnkreich unterhalten; dagegen stehe England mit den ubrigen Maͤchten in utem Einverstaͤndniß. Dessenungegchtet aͤußere das Ministerium, o oft eines seiner Mitglieder die Rednerbuͤhne . die Hoff⸗ nung, daß der Friede werde erhalten werden und dieser sey ge⸗ wiß dem Kriege sehr vorzuziehen, wenn die Regierung die noͤthi⸗ en Buͤrgschaften fuͤr die Äufrechthaltung desfelben gewaͤhre. Es rage sich aber, ob diese Buͤrgschaften vorhanden seyen. Um guf die Friedens⸗Versicherungen der Maͤchte rechnen zu konnen, muͤsse die Regierung guf die Treue und Zuverlaͤssigkeit ihrer diplomati⸗ schen Agenten im Auslande zaͤhlen duͤrfen; ste habe aber fast uͤber⸗

all die Agenten der vorigen Regierung auf ihren Posten gelaß sen. In Konstantinopel habe man den gie , ee li, gelassen, obschon es leicht moglich sey, daß derselbe eine ganz an⸗ dere Sprache gegen die Pforte werde fuͤhren muͤssen, als früher. Dem loyalen Charakter des Grafen Guilleminot ließ der Redner volle Gerechtigkeit widerfahren und fügte hinzu, seine Meinung sey nicht, daß man alle bisherigen diplomatischen Agenten haͤtte absetzen, sondern nur, daß man sie haͤtte versetzen sollen. Fehler⸗ haft sey es auch, daß man in Berlin, gegenwartig dem wichtig⸗ sten Punkte in Europa, nur einen Gesandt schafts⸗Seeretair halte. Nach Rußland, Holland, der Schweiz und Baiern habe man bloße temporaire Gesandtschaften geschickt, deren Eiufluß an dem Orte ihrer resp. Residenzien nur ein sehr voruͤbergehender seyn koͤnne. Es sey durchaus nothwendig, daß man bei den Haupt⸗ maͤchten ordentliche und permanente Legationen unterhalte! Aus dem Zustande der Franzoͤsischen Diplomatie im Auslande zog der Redner den Schluß, daß man den auf diesem Wege erhaltenen Friedensversicherungen der Maͤchte keinen großen Glauben bei⸗ messen duͤrfe. Durch diese Betrachtungen des Hrn. Mauguin fand sich der Minister der auswärtigen Angelegenhei⸗ ten veranlaßt, zum zweitenmale die Rednerbuͤhne zu besteigen Bevor ich“ hob er an, „die kritischen Bemerkungen des vortgen Redners uͤber den Gang der Regierung widerlege, sey es mir vergoͤnnt, jede persoͤnlichs Frage zu beseitigen. Herr Mauguin behauptet, daß noch jetzt un sere diplomatischen Agenten an den⸗ selben Hoͤfen residirten, bei denen sie vor der Revolution beglau⸗ biz waren, daß es aber besser gewesen waͤre, sie zu wechseln. Hierauf erwiedere ich, daß wir in Madrid einen Botschafter ha⸗ ben, der ein Mitglied dieser Kammer ist (der Graf v. Harcourt). In Wien residirt ein ehrenwerther Marschall und Pair. Bei allen wichtigen Gesandtschaften stehen Manner an der Spitze, die der Regierung und der Nation Vertrauen einfloͤßen. Man sagt uns, in Berlin, einer so wichtigen Residenz, haͤtten wir ei⸗ nen bloßen Gesandtschafts⸗Sceretair. Dieser Mann aber, m. H., ist bereits Gesandter in Munchen gewesen; wir haben ihn in Berlin gelassen, weil er das Interesse Frankreichs in dieser Hauptstadt vollkommen kennt. Uebrigens darf man nicht glau⸗ ben, daß ein Gesandtschafts⸗ Sceeretair nicht dazu geignet sey, wichtige Unterhandlungen zu pflegen; ehedem war man der Meinung, daß die , . Secretaire, den Gesandten als Fuͤhrer dienten. (Gelächter) Welche Buͤrgschaften, fo fragt man uns ferner, habt Ihr denn fuͤr die Erhaltung des Friedens? welche Sicherheit hat man Euch gegeben? . H. nie haben wir behauptet, daß wir des Friedens gewiß waͤren, wohl aber, daß wir daran glaubten, und dies behaupten wir auch noch. Was unsere Buͤrgschaften betrifft, so betrachten wir als solche die feierlichsten Erklaͤrungen der Maͤchte, und wir glauben an ihre Rechtlichkeit; das wohlverstandene Interesse dieser Maͤchte selbst erheischt uͤbrigens, wie das unsrige, die Bewahrung des Friedens. England, meint man, habe unlaͤngst Ursache gegeben, an seiner Aufrichtigkeit zu zweifeln. Ich erklaͤre dagegen von die⸗ ser Rednerbuͤhne herab, daß noch nie ein Ministerium in der Be⸗ handlung der oͤffentlichen Angelegenheiten und in seinen Unter⸗ handlungen mit den auswaͤrtigen Maͤchten, namentlich aber mit

rankreich, so viel Loyalitaͤt a. t hat, als das Englische. Wir

nden eine hinlaͤngliche Buͤrgschaft für uns in den bestimmtesten Zusicherungen von Seiten solcher Maͤnner, die die Achtung von ganz Europa verdienen. (Sen sation.) Noch einen andern Vorwurf macht man uns. Ihr habt, ruft man uns zu, die Polen nicht unterstuͤtzt, die doch Eure Theilnahme in so hohem Grade verdienten M H., wir sind nicht der Meinung gewesen, daß Frankreichs Interesse uns gebiete, ganz Europa den 25 zu erklaͤren, denn jener Schutz, den man zu Gunsten der Polen von uns verlangt, war eine Kriegs Erklarung an, alle uͤbrige Machte. Ich habe schon einmal von dieser Rednerbuͤhne herab 23 aufmerksam gemacht, daß, um nach Polen zu gelangen, man Preußen und Deutsch⸗ land beruͤhren, mithin alle jene Volker besiegen muͤßte; und wenn wir auch ein so kuͤhnes, und dem Interesse Frankreichs so nach⸗ theiliges Unternehmen haͤtten wagen wollen, so wuͤrden wir im⸗= mer noch zu spaͤt gekommen seyn, um jenes unglückliche Volk vor seinem Untergange, wenn es hierzu verdammt ist, zu bewah⸗

ren. Man sagt uns, es sey beschlossen worden, daß das Koͤnig⸗ reich Polen se diesemn Kampfe zu Grunde gehen solle. Worauf

stuͤtzt man eine solche Behauptung? wir haben einige gegründete

offnung, daß das Gegentheil erfolgen werde. 3

er Minister kam hierauf noch n , ie Belgische 1. . zuruͤck und vertheidigte die Londoner Kon ferenz ien den ihr gemach⸗ ten Vorwurf, daß sie das Princiv der Nicht- Einmischung verletze. Wenn, bemerkte er, zwei Voͤlker sich einander bekriegten und ihre geographische Lage von der Art sey, daß der Krieg allgemein u werden drohe, so sey es Pflicht, daß diejenigen Maͤchte, die in den Kampf mit hineingezogen werden koͤnnten, als Vermitt⸗ lerinnen auftraͤten; einen solchen vermittelnden Charakter trage

auch die Londoner Konferenz an sich, und Frankreich habe stets

dafür gesorgt, daß dieser Charakter nicht entstellt werde; was die 3 . Maͤchten abgegebene Neutralitaͤts-Erklaͤrung be— treffe, so könne Niemand mit Recht behgupten, daß Frankreich dadurch eine Verbindlichkeit eingegangen . die ihm selbst Nach⸗ theil bringe; durch die Neutralitaͤts-Erklaͤrung wurde zugleich Belgiens Unabhaͤngigkeit, so wie der Friede von ganz Europa . mithin 16 das vornehmste Interesse Frankreichs wahr⸗ genommen. „Man hat noch“, aäͤußerte der Graf Sebastiani am

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