1831 / 70 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Fri, 11 Mar 1831 18:00:01 GMT) scan diff

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In den durch die National-Reglerung einberufenen Ge— meinde⸗Versammlungen hat der 4te Stadt⸗Bezirk Herrn Do— minikus Krysinski, der Ste aber, oder die Vorstadt Praga, den Finanz⸗Minister Herrn Alolsius Biernacki zu Reichstags— Deputirten erwaͤhlt. 2.

General Chlopicki wird, wie die Warsch auer Zeitung meldet, bald wieder hergestellt und im Stande seyn, sich wie— derum zur Armee zu begeben. . .

Oberst Geritz, von dem es hieß, er sey bei Jadow in Gefangenschaft gerathen, ist in der Wojewodschast Kalisch zum Vorschein gekommen und befindet sich gegenwartig in der Hauptstadt.

Die Warschauer Staats-Zeitung enthaͤlt Folgen⸗ des: „Es ist die Nachricht hier eingegangen, daß General Dwernieki uͤber die Weichsel gesetzt und am 3Zten d. bei Ku— row jenseits Pulawy mit den Russen zusammengetroffen sey; er soll dieselben zum Weichen gebracht und ihnen 4 Stuͤck Ge⸗ schuͤtz genommen haben. General Dwernicki soll hierauf ge— gen Lublin vorgeruͤckt seyn, und am 4ten d. will man in der Gegend von Markuszow wieder eine bedeutende Kanonade gehört haben.“ .

In der genannten Zeitung liest man auch Folgen— des: „Auf dem rechten Weichsel-Ufer in der Nähe von War— schau herrscht jetzt völlige Ruhe. Aus dem Russischen Haupt— guartler ist der Oberst Kiel als Parlamentair nach der Festung Modlin abgesandt worden, um dieselbe zur Uebergabe aufzu— fordern; diese Aufforderung ist jedoch ohne Erfolg geblieben. Es heißt, daß sich ein Theil der bei Warschau stehenden Rus⸗— RKschen Truppen nach Pulawy zu begeben habe. Das Haupt— quartier des Feldmarschalls Diebitsch ist in Garwolin. Vor—

gestern fruͤh machte eine Abtheilung des Kurpen-Bataillons

nnter Anfuͤhrung des Lieutenants Berowski von hler einen Ausfall nach Jablonna. Es befanden sich daselbst uͤber 79 Leibgarde Kosaken. Unser Corps bestand aus 30 Mann. Nachdem dasselbe mit Muͤhe uͤber die Weichsel gesetzt war, drang es auf die Kosaken ein und trieb dieselben zu— rück; 40 derselben und 2 Offiziere blieben auf dem Platze; in die Haͤnde der Kurpen fielen 21 Pferde und eine Menge Effekten. In kurzem soll hier noch ein Regiment reiten⸗ der Sensentraͤger, einer zum Flankiren sehr brauchbaren Waf— sengattung, errichtet werden. Auch in der Gegend von Prasnysz werden noch neue Abtheilungen von Jufanterie and Kavallerie organisirt. Die feindliche Abtheilung, welche jenseits Praga zuruͤckgeblieben ist, verbirgt sich sorgfältig un— seren Blicken und legt ihre Wachtfeuer des Nachts in Gru— ben an. Von derjenigen Abtheilung des Feindes, welche nach Plock zu marschirt seyn soll, hat man, nach Aussagen von

Reisenden, in der dortigen Gegend noch nichts wahrgenom⸗

men. Dagegen will man mit Bestimmtheit wissen, daß ein Russisches Corps von den bei Praga stehenden Truppen sich in der Richtung nach Wolhynien in Bewegung gesetzt habe. Der Feldmarschall Diebitsch hat mehrere Polnische Kriegs— gefangene auf freien Fuß gesetzt; jeder derselben hat 2 Duka— ten und eine vom General Gerstenzweig verfaßte Proelama— tion an die Polen erhalten.“

In Warschau ist, wie das letztgenannte Blatt

Ferichtet, schon eine neue Muͤnze mit dem National—

Wappen, naͤmlich dem Polnischen Adler und der Litthauis

schen Hand mit dem Saͤbel, ausgegeben worden.

Die hiesigen Blaͤtter enthalten jetzt einen umfassen— den, als amtlich bezeichneten, Armee-Bericht uͤber die Schlach⸗ ten bei Grochow und Bialolenka, und außerdem noch par⸗

tielle Berichte von den Befehlshabern der einzelnen Corps. Es wird darin unter Anderm gesagt, daß die Polnische Ar— mee seit dem Beginn des Krieges 9000 Mann an Todten und Verwundeten zaͤhle, von denen sich 6700 in den Laza—⸗ rethen befanden; die Polnische Armee stehe jetzt um War—

schau zusammengezogen, halte die Weichsel⸗Bruͤcke und den

BVruͤckenkopf in Praga besetzt und warte auf das Signal

ihres An fuͤhrers, um von neuem dem Feinde entgegenzugehen. Eine aus fahrlichere Mittheilung aus diesen Ser, ne. .

r, rn. vorbehalten. )0 . Die neuen Besetzungen des General⸗ Gouvernements und

Vicr⸗Gouvernements der Hauptstadt durch den General Kru⸗

kowfecki und den Oberst Kaminski haben von der Regierung vorgenommen werden muͤssen, weil der bisherige General— BSouverueur, Divisions- General Woyczynski, und der Vice— Gouverneur, Brigade General Niesiolowski, beide ihre Entlas⸗

lung eingereicht hatten. ͤ

Die Warschauer Zeitung meldet, am 4.8. sey eln Courier aus Paris bel der National-Reglerung angekommen, der In— halt der von ihm mitgebrachten Depeschen aber noch nicht kekannt gemacht worden.

Von der Polnisch-Schlesischen Graänze, 7. Marz. Die wehrhaften Einwohner des von der Russi— schen Armee noch unbesetzten Theils von Polen haben am Zten d. schwoͤren muͤssen, das Vaterland bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen zu wollen, die vielen Ueberlaͤufer von der letzten Aushebung stellen die Erfuͤllung dieses Eides aber sehr in Zweifel. Die Polnische Armee hat sich zum Theil uͤber Sochazew und Gombin bis gegen Gostynin hingezogen. Die Lebensmittel in Warschau steigen sehr bedeutend im Preise, ein Scheffel Weizen wird bereits mit 8 Rthlr. be— zahlt. Den Gutsbesitzern werden die Lebensmittel und Fou— rage, welche man findet, mit Gewalt genommen.

Von der Polnisch-Lithauischen Graͤnze, 4. Maͤrz. Bei dem Staͤdtchen Kolno haben sich am 2ten d.

einige Hundert Krakusen gezeigt, von denen einige sogar bis

an die Chaussee zwischen Szezuzyn und Lomza vorgedrungen sind. Russischer Seits war ein Offizier mit 150 Mann Infanterie nach Kolno gesandt worden, um das dort befind— liche kleine Magazin zu schuͤtzen. Kaum angekommen, erschie⸗ nen auch schon die Krakusen, etwa 200 Pferde stark. Die Russen zogen sich in geschlossenem Quarree unter fortwaͤhrendem Feuern zuruͤck und konnten nicht verhindern, daß aus dem Maga⸗ zin Hafer und Brod weggenommen wurde, und daß die Krakusen die in Kolno befindlichen Juden pluͤnderten. Die Krakusen verloren viele Menschen und eilten in die Waͤlder zuruͤck, worauf der Ort von dem Russischen Kommando wieder be— setzt wurde. Der Anfuͤhrer der Krakusen soll der ehemalige Buͤrgermeister aus Kolno gewesen seyn. Im Staͤdtchen Nowogrod wurden die Russen auch von den Krakusen uͤber⸗ fallen, Letztere jedoch durch ein paar Kartaͤtschenschuͤsse zu⸗ ruͤckgetrieben, wobei zwei Haͤuser in der Vorstadt abbrannten. Der General von Fricken hat Anstalten getroffen, um die Krakusen abzuschneiden und aufzuheben. Am 3ten haben sich saͤmmtliche Polnische Beamte der Gegend von Neustadt und Wirballen 214. nach Mariampool begeben, um Sr. Ma⸗ jestàaͤt dem Kaiser von Rußland aufs neue den Eid der Treue

zu schwoͤren. . Frankreich.

Pairs⸗ Kammer. Sitzung vom 2. März. Unter den Bittschriften, woruͤber zunaͤchst in dieser Sitzung berichtet wurde, befand sich eine von einem gewissen Lindberg in Pa— ris, welcher die Vollziehung der Koͤnigl. Verordnung wegen Verbots der Anlegung des Heiligen Geists-, St. . und St. Ludwigs ⸗»Ordens, sowie eine Revision saͤmmtlicher unter der vorigen Regierung stattgefundener Ordens⸗Verlei⸗ hungen verlangte. Der Marquis von Dreux⸗Brézé fragte bei dieser Gelegenheit, ob es wahr sey, was von allen Seiten verlaute, daß naͤmlich der St. Ludwigs⸗-Orden foͤrm— lich aufgehoben worden sey; er koͤnne nicht glauben, daß dies des Koͤnigs Absicht gewesen, als er die obige Verordnung erlassen habe; der St. Ludwigs Orden sey in alteren wie in neueren Zeiten der Lohn fuͤr ehrenvolle Dienste gewesen, und

namentlich hatten ihn in den drei letzten Feldzuͤgen eine große

Anzahl von Offizieren erhalten, die das St. Ludwigs-Kreuz jeder andeten Belohnung vorgezogen hatten; wollte man den Orden jetzt aufheben, so muͤßte man den Inhabern eine an— derweitige , m zu Theil werden lassen; er hoffe, daß das in dieser Beziehung verbreitete Geruͤcht ungegruͤndet sey, und bitte den Minister der auswärtigen Angelegenheiten um nahere Auskunst. Dieser erwiederte, daß die Regierung hin— sichtlich der Beibehaltung oder Aufhebung des St. Lubwigs— Ordens durchaus noch keinen Entschluß gefaßt habe. Die obgedachte Bittschrift wurde hierauf durch die Tagesordnung beseitigt. Jetzt wollte der Herzog v. Broglie die Red— nerbuͤhne besteigen, um den Bericht der Kommission abzustat— ten, die mit der Entwerfung einer Adresse an den Konig beauftragt worden war. Der Marquis v. Barbé⸗ Mar“ dois verlangte aber, daß die Kammer zu diesem Behufe sich in einen geheimen Ausschuß bilde, da es moͤglicherweise zu einer Debatte kommen konnte, die sich zur Kenntniß des größeren

ublikums nicht eignete. Der Herzog Dec azes wldersetzte ch indeß diesem Vorschlage, indem er bemerkte, daß die Be⸗ putirten⸗ Kammer sich bereits mehrmals mit den inneren und

äußeren Angelegenheiten des Landes beschaͤftigt habe, und es

endlich einmal Zeit sey, daß Frankreich auch dle Gestnnungen der Pairs⸗-Kammer kennen lerne. Da der Antrag des Marquis v. Marbois keine 5 Vertheidiger in der Versamm⸗ lung fand (wie das Reglement solches verlangt), so ergriff jetzt der Herzog v. Broglie das Wort und äußerte sich im

Wesentlichen folgendermaßen: .

„pin Mann, den Frankreich in Ehren haͤlt, der Herr Mar⸗ schal FJourdan, hat darauf angetragen, daß auf die neulich von em Minister des Innern uns kommunieirte ,, . des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten in Betreff Belgiens

wo

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durch eine Adresse geantwortet werde. ,, , fand einc guͤnstige Aufnahme, denn es schien naturlich, daß die Pairs⸗ Kammer dem Könige dafuͤr danke, daß er der Erhaltung des Friedens ein so großes Opfer gebracht. Die Kommission, deren Mitglied ich zu seyn die Ehre habe, hat sofort uͤber das ihr guf⸗ getragene Jen haf berathschlagt, doch ist sie alsbald auf Hinder⸗ nisse gestoßen, an die im ersfen Augenblicke Niemand in dieser Kammer gedacht hatte. Zunaͤchst hat sie erwogen, daß die ge— dachte Mittheilung eine bloß ministerielle war, und daß es sonach

nicht angemessen seyn moͤchte, durch eine Adresse an den Koͤnig

darauf zu antworten oder eine Meinung uͤber Unterhandlungen abzugeben, welche die Pairs⸗Kammer nicht nach amtlichen Akten⸗ stuͤckin, sondern bloß durch die Mittheilungen des Ministe⸗ riums kennt. Daß uns diese Aktenstuͤcke noch unbekannt sind, erklaͤrt sich ganz einfach daraus, daß die Belgische

Angelegenheit noch nicht beendigt ist. Bis dahin aber

mässen wir uns auch, um nicht ein falsches Urtheil zu faͤllen, jeder Meinung enthalten, und dies umsomehr, als wir sonst viel⸗ leicht mit der Regierung in Widerspruch gerathen, und, statt sie zu unterstuͤtzen, ihr Hindernisse in den Weg legen koͤnnten. Nichts destoweniger heguftragte die Kommission, um die ihr gewordene Aufgabe zu loͤsen, mich mit der Entwerfung einer Adresse; ich brachte mehrere Entwuͤrfe zu Papier; keiner von allen schien mir aber wuͤrdig, Ihnen vorgelegt zu werden. Als ich denjenigen, der mir noch der beste duͤnkte, Ihrer Kommission mittheilte, fand es sich, daß wir alle uͤber die darin ausgesprochenen Gesinnungen einerlei Meinung waren, und doch, nachdem wir die verschiede⸗

nen Paragraphen in ihrem Zusammenhange gelesen, hielten wir es fuͤr unmoͤglich, sie Ihnen zur Genehmigung vorzulegen. Eine.

der ersten Handlungen der jetzigen Regierung war, das Europaͤi⸗ sche Staats⸗Recht auf seine wahren Grundlagen zuruͤckzufuͤhren, und sich sonach laut zu dem Grundsatze der Nicht-Einmischung zu bekennen. Demgemaͤß hat auch Ihre Kommission einmuͤthig

anerkannt, daß jede Macht das Recht hat, ihre inneren Angele⸗

eiten n ordnen, ohne di eine andere sich darein mischen duͤrfe. Eben so einmuͤthig ist Ihre Kommission daruͤber ge⸗ wesen, daß das Land dem Koöͤnige fuͤr die Aufstellun

dieses Prineips im Allgemeinen Dank schuldig sey. Do

schien es nothwendig, dasselbe einigen Einschraͤnkungen zu unter⸗ werfen und nicht uberall damit hervorzutreten, damit die frem⸗

den Maͤchte dadurch nicht besorgt gemacht wurden. Die Kom-

mission hat geglaubt, daß man jenes Recht seinem Principe nach anerkennen, nicht aber uͤberall sich zum Kaͤmpen fuͤr dasselbe auf⸗ werfen duͤrfe; daß es einer Regierung nicht gegeben sey, alle un⸗

erechtigkeiten wieder gut zu machen und aller Welt Huͤlfe zu

bringen. Als Frankreich das Princip der Nicht-⸗Einmischung zu Gunsten Belgiens geltend machte, war zugleich sein persoͤnliches Interesse dabei im Spiele, und darum that es wohl, als es das⸗

selbe in Anwendung brachte. Die Kommission glaubt aber, daß

Die Regierung sich fuͤr jeden einzelnen Fall, und je nachdem

Frankreichs Interesse solches erheischt, das Recht vorbehalten muͤsse, den Grundsatz der Nicht⸗-Einmischung in Anspruch zu nehmen oder nicht. Der zweite Theil der Eingangs erwaͤhnten amtlichen Mittheilung betrifft die Anerkennung der Unabhaͤngig⸗ keit Belgiens; auch in dieser Beziehung glauben wir der Regie— rung Dank schuldig zu seyn. Es hat Ihrer Kommission geschie⸗

nen, daß das Betragen Frankreichs nicht bloß deshalb Beifall

verdienz, weil die Belgier sich, wie wir, in der traurigen Noth⸗ wendigkeit befunden, eine Revolution zu machen, sondern weil ihr Land an das unsrige graͤnzt, und weil zwischen beiden Voͤl— kern eine Aehnlichkeit in Sitten, Sprache und Religion besteht. Hieraus geht aber noch nicht hervor, daß wir die Sache aller Laͤnder, die sich gegen ihre Regierung auflehnen, verfechten muͤs⸗ sen. Frankreich wuͤnscht die Freiheik, es wuͤnscht sie auch allen übrigen Voͤlkern, aber es reizt nicht zu Revolutionen an, es be—

gin igt sie nicht. Doch wurde es gefaͤhrlich seyn, dergleichen

estrictionen in einer Adresse niederzülegen; man wuͤrde unsern Worten einen falschen Sinn unterlegen und mehr darin erblik⸗ ken, als wir eigentlich damit hatten sagen wollen. Noch schwieriger schlen es uns ein Urtheil uͤber denjenigen Theil der amtlichen Mittheilung abzugeben, der die Unterhandlungen der Londoner Konferenz betrifft. Hier zeigt sich einerseits eine Meinungs⸗ Verschiedenheit zwischen den Repraͤsentanten der 5 Maͤchte und den betheiligten Parteien, andererseits eine gleiche Verschiedenheit . der Franzoͤsischen und ihren Verbuͤndeten. Was sollten wir unter solchen Umstaͤnden thun? Wem sollten wir Recht, wem Unrecht geben? Es fehlt uns sogar an Akten⸗

stuͤcken, worauf wir unser Urtheil . stuͤtzen konnen. Der letzte Theil der mehrerwäͤhnten Mitthe

lung betrifft die Ausschließun des Herzogs von Leuchtenberg von dem Belgischen Throne, un die Ablehnung der Krone für den Herzog von Nemours. Auch ier können wir dem Verfahren unserer ,,, nur unbedingt beipflichten. Und doch möchten wir es nscht wagen, der Pairz⸗ Kammer vorzuschlagen, daß sie Alles unbedingt billige, was in dieser Beziehung gesagt, geschrieben und gethan worden ist. Alle Elemente zu einer Adresse scheinen hiernach zu verschwinden. Ein

Mitglied dieser k. Vicomte Laisné) hatte ver⸗

26. daß man in die Adresse einige Worte mit einfließen lasse, urch die Kammer ihr Bedauern uͤber die letzten beklagenswer⸗ then gfuftritte in der Hauptstadt zu erkennen gebe, So groß auch der n ist, den wir uͤber biefe Auftritte gewiß Alle empfunden haben, 1 würden wir doch, indem wir eine folche innere Frage mit Einer dußern politischen vermengten, nur die eine durch die an⸗ dere entkraͤften. Es bliebe aisz allein noch übrig, dem Könige

ganz einfach dafuͤr zu danken, daß er die Ruhe Frankreichs und Europas der Große seiner Familie vorgezogen hat. Eine solche Adresse aber, die denen der letzten 15 Jahre ziemlich ähnlich fe⸗ hen wuͤrde, möchte sich schwerlich auf die Höhe der Gedanken erheben, die gegewaͤrtig alle Gemuͤther beschaftigen, und wir muͤssen befürchten, daß sie des Fuͤrsten, dem wir sie überreichten, nicht wuͤrdig waͤre. Unter diesen Umstaͤnden ist die Kommission der Meinung, daß es besser sey, gar keine Adresse als eine nichts— 2 zu erlassen; sie sieht daruͤber den Befehlen der Kammer

Der Vicomte Laisné ließ sich namentlich über die letzten Ereignisse in der Hauptstadt aus; es sey nicht hin— reichend, meinte er, daß eine Regierung sich durch ein zahl— reiches und gut diseiplinirtes Heer dem Auslande furchtbar mache; sie muͤsse auch im Innern die Gesetze aufrecht zu er— halten wissen. Der Minister der auswärtigen Ange— legenheiten, der bei dieser Gelegenheit zum erstenmale das Wort in der Pairs-Kammer fuͤhrte, dankte zuvoͤrderst dem Herzog v. Broglie, daß er den Charakter der von der Regie rung gemachten Mittheilung so richtig aufgefaßt habe; in der That sey es nicht moͤglich, den Kammern die auf die Bel— gische Angelegenheit bezuͤglichen Aktenstuͤcke schon jetzt mitzu— theilen, wo die Unterhandlung, von der Krieg oder Friede abhaͤnge, noch nicht beendigt sey. Ueber das Prineip der Nicht-Einmischung aͤußerte der Minister sich folgendermaßen: „Als die Franzoͤfische Regierung dieses Priucip als Richt— schnur ihrer kuͤnftigen Politik annahm, war es keinesweges ihre Absicht, sich des Pruͤfungs-Rechtes hinsichtlich der An— wendung desselben zu begeben. Bei einer solchen Prufung steht das Interesse des Landes oben an. Erheischt dieses, daß das Princip der Nicht-Einmischung in seiner ganzen Strenge

aufrecht erhalten werde, so wird die Regierung, um ihm

Achtung zu verschaffen, noͤthigenfalls zu der Gewalt der Waffen ihre Zuflucht nehmen; kann dagegen das National— Interesse dadurch schwer kompromittirt werden, so muß dis Regierung in ihren Entschließungen blos den Rathschlaͤgen der Vernunft Gehör geben. Wir haben niemals behauptet, daß wir bis ans Ende der Welt alle Voͤlker, die sich gegen ihre Regierung auflehnen moͤchten, unterstuͤtzen wurden; wohl aber haben wir verkuͤndigt und verkuͤndigen auch noch, daß die Regierungen nicht das Recht haben, sich mit bewaffneter Hand in die Angelegenheiten ihrer Nachbaren zu mischen, indem ein solcher Grundsatz zerstsrend fuüͤr die Unabhaͤngig— keit der Nationen und hemmend fuͤr die Fortschritte des menschlichen Geistes ist. Die Regierung hofft, daß sie Eu— ropa den Frieden erhalten werde, und zwar einen ruͤhmlichen ehrenvollen Frieden, wie wir ihn nur immer wuͤnschen koͤn— nen; und ich schaͤtze mich gluͤcklich, m. H., Ihnen bei dieser Ge— legenheit erklären zu koͤnnen, daß die Europäischen Kabinette uns bisher nur solche Eroͤffnungen und Vorschlaͤge gemacht haben, die sich mit unserer Wuͤrde und Unabhaͤngigkeit vertragen.“ Der Graf Sebastiani schloß mit einer gie erte, des Betragens der Regierung waͤhrend der letzten Unruhen in der Hauptstadt, so wie der von ihr verfuͤgten Maaßregeln (na— mentlich der Haussuchungen), um den eigentlichen Anstiftern sener auf die Spur zu kommen. Der Graf Portalis hielt nach den Erklaͤrungen des Herzogs v. Broglie die Ent— werfung einer Adresse an den Koͤnig fuͤr uͤberfluͤssig und meinte, daß die gegenwartige Diskussion hinreichen werde, um die Regierung von den Gesinnungen der Kammer in Kenntniß zu setzen. Nach ihm ließ der Herzog v. Fitz-Ja— mes sich vernehmen. (Einen Auszug aus seiner Rede, die große Sensation erregte, so wie aus den beiden Antwort— Reden des See⸗Ministers und des Herzogs Decazes muͤssen wir uns vorbehalten.) Am Schlusse der Sitzung fragte

der Praͤsident die Versammlung, ob sie durch die abgegebenen Erklärungen zufriedengestellt sey. Als darauf ein einstimmi—

ges: Ja! erfolgte, fuͤgte der Baron Pasquier hinzu, daß un— ter solchen Umstaͤnden keine Adresse an den Konig abgefaßt werden wurde. Am folgen den Tage wollte die Kammer si mit dem Municipal⸗Gesetze beschaͤftigen. .

Deputirten⸗ Kammer. In der Sitzung vom 2. März wurden die Berathungen uͤber das Wahlgesetz 3 gesetzt. Herr v. Salverte machte, damit die Diskussion uicht allzusehr in die Länge gezogen werde, den Vorschlag, die Abgränzung der Wahlbezirke der naͤchsten Legislatur vor— , . und vorlaͤusig nur zwischen den beiden Systemen er Regierung und der Kommission, wovon jene den Gebiets— Umfang und den Steuer-Beitrag, diese die Volkszahl als Grundlage annimmt, zu beschäftigen. Nachdem sich 13 Red ner theils fuͤr den Antrag der Regierung, theils fuͤr den de⸗ Kommission erklaͤrt hatten, verlas der Präsident sowohl den (g estern mitgetheilten) Vorschlag des Herrn Viennet, als noch 5 andere Amendements, fuͤr die man die Prioritaͤt ver⸗

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