1831 / 71 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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gesse seyn. Was hilft es, daß wir auf unsere Fahnen die Worte: a rn offentliche Ordnung setzen laßen, wenn wir die

reiheit und öffentliche Ordnung nicht zu beschuͤtzen wissen. Ich wiederhole es, m. H, das Minssterium sieht, so gut als ich, den jähen Abgrund, an dem es sich befindet; aber durch eine unbe⸗ reifliche Verblendung hofft es jetzt, in einer außererdentlichen Hen an und in den alten Ueberlieserungen des Ministeriglismus und der Burcaukratie ein wirksames Mittel gegen die Uebel zu nden, woran das Land leidet. Wie seltsam ist es doch, daß die Lehren der Vergangenheit immer fuͤr uns verloren gehen! Im Jahre 1514 riethen Maͤnner, die vielleicht der gegenwaͤr⸗ igen Tendenz der Regierung nicht ganz fremd sind, Lud⸗ i. XVIII., in die Fußstapfen Napoleons zu treten; aber der richtige Verstand des Koͤnigs verwarf diesen Vorschlag; er fühlte, daß sein schwacher Arm das maͤchtige Schwert eines Napoleon nicht wurde schwingen koͤnnen; auch uͤberzeugte er sich, daß das ermuͤdete Frankreich nur nach Ruhe und Freiheit trachte. Er verlieh die Charte; wie es aber leider nur zu oft Fuͤrsten er⸗ eht, die Mangel an Selo-stvertrauen dazu verleitet, nnbedingt . Rathgebern zu trauen, so folgte auch Ludwig XVIII. den Rathschlaͤgen seiner Umgebungen und entschloß sich zu dem schlimm⸗

64 aller Auswege, zu einem mezzso termine. Er gab die Charte,

ehielt aber die Verwaltung und die Formen des Kaiserthums bei. Aus diesem ersten Fehler gingen alle uͤbrige hervor. Eben so wird auch die jetzige Regierung das Glück Frankreichs nur dann dauernd begruͤnden können, wenn sie sich von dem Repu— blikanismus, der in Frankreich immer nur Zuͤgellosigkeit seyn wird, und dem Ministerialtsmus, der sich stets uͤber die Gesetze zu er⸗ heben trachtet, gleich entfernt haͤlt. Thut sie dies nicht, so wird zuletzt die Folgs davon seyn, daß sich ein Mann findet, der die Stimmung des friedliebenden Theiles der Nation benutzt, um mit dem Degen in der Faust zwischen die Parteien zu treten, ihnen Gesetze vorzuschreiben und die Verfassung zu zerreißen; und dies Alles vielleicht unter dem Jauchzen des Landes. Man wird mir ent— gegnen, daß die Napolcone selten in der Welt sind; ich weiß es und glaube sogar, daß Jahrhunderte vergehen werden, ehe ein . auftritt; aber das Beispiel ist ansteckend. Nicht der Ruhm allein fuhrte Napoleon auf den Thron; was ihm am meisten zu Fatten kam, war der Umstand, daß das Volk der Anarchie muͤde war. Zweifeln Sie nicht, m. H., daß sich Maͤnner finden wer⸗ den, die, wenn auch nicht mit seinem Genie begabt, doch, wie er, einen despotischen Sinn und Aoscheu vor allen Advokaten, Zeitungsschreibern, Ideologen und Schwaͤtzern haben werden; freilich wird es ihnen nicht geltngen, wie er, zu steigen; sie wer— den es aber doch versuchen, und ist der Erfolg auch nur momen⸗ tan, fallen sie zuletzt auch als Opfer desselben, so werden sie doch das Land einem Abgrunde zugefuͤhrt haben, dessen Tiefe sich nicht abmessen laßt. Lassen Sie uns solchem Ungluͤcke vorbeugen, m. 5. und gemeinschaftlich uber unser schoͤnes Frankreich wachen; ich beschwöre die Minister, von der Hahn, die sie eingeschlagen haben, möglichst schnell abzugehen, denn es waͤre gefaͤhrlich, laͤn⸗ ger in derselben zu verweilen; es soll mir lieb seyn, wenn ich ein schlechter Prophet bin; aber die gegenwartige Zeit scheint mir mit derjenigen schwanger zu gehen, die ich Ihnen ankuͤndige.“ Eine lebhafte und auhättense Bewegung folgte auf diese Rede, zu deren Beantwortung sofort der See-Minister auftrat. Er wolle es nicht in Abrede stellen, hob er an, daß eine gewisse Aufregung in den Ge uuͤthern herrsche, in dessen messe der vorige Rebner den Meuschen kei, was großen Theils nur der Gewalt der Dinge zur Laͤst gelegt werden könne; als die letzte Revolution ausgebrochen, habe eine Handels— Krise sich bereits bemerklich gemacht, und diese vaburch an Intensitaͤt gewonnen, sey ganz naturlich; eben so habe die Revolution nothwendig auch manche Existenz vernichlen und neue Rechte stiften muͤssen; aus dirsem Allen aber seyen per— soͤnliche Unzufriedenheit, uͤbertrlebene Hoffnungen, nicht zu befriedigende Anfo derungen und Meinungen aller Art ent standen; ganz falsch sey es aber, wenn der Herzog v. Fltz— James behaupte, daß das Ministerium mit irgend einer Partei einen Pakt abgeschlossen habe; dasselbe sey keine andere Ver⸗ pflichtung eingegangen, als der Charte, dem Fursten und dem Lande treu zu bleiben, und es habe diese Ve pflichtung red— lich erfuͤllt. Rach einer kurzen Rechtfertigung des Betra— gens der Regierung in der Belgischen Angelegenheit, 1 der Graf v. Argaut auf den Prozeß der letzten Pin lte. Karltz X. und demnaächst auf die neulichen Unruhen in der Hauptstadt zu sprechen. In Lieser letzteren Beziehung au⸗ erte er unter Anderem: „Die Todtenfeier des 14. Febr. hat allerdings zu den strafbarsten Excessen Antaß gegeben, doch hatte Lie Regierung Nichts verabsaͤumt, um denselben vorzu— beugen. Schon drei Tage vorher war dem Polizei⸗-Praäfek— ten von Seiten des Ministers des Innern der Befehl er— theilt worden, Vorsichts-Maaßregein zu treffen, obgleich. Magche darin eine leichte Beeinträchtigung der Religtons— Freiheit finden konnten. Dieser Befehl ist aber gar nicht oder schiecht vollzogen worden, so der damit beauf— tragt gewesene Beamte auch seinen Abschied erhalten hat. Wir wollen hoffen, daß sein Nachiolger mehr Wachsamteir und Puͤnktlichkeit in der Erfuͤllung seiner Pflichten zeigen werde. Was die Zugestäaͤndnisse anbenrifft, die wir bei dieser

Gelegenheit aufs neue den Anarchisten gemacht haben sollen, so protestire ich gegen eine solche Behauptung; die Regie⸗ rung hat die Zerstoͤrung der Kirchen und Monumente nicht gebilligt, sondern vielmehr die bestimmtesten Befehle, nicht bloß in Paris, sondern in ganz Frankreich er— theilt, daß der Gottes dienst und die demselben geweihten Tempel geehrt werden.“ Im weiteren Verfolge seiner Rede sagte der Minister noch einige Worte zur Vertheidigung der in mehreren Provinzen verfuͤgten Haus suchungen, die bereits zu den erwuͤnschtesten Resultaten gefuhrt haͤtten. „Sowohl in der Hauptstadt“, so schloß derselbe, „als in allen großen Städten des Landes sind uͤbrigens Vorsichts-Maaßregeln ge⸗— troffen worden, um aͤhnlichen Ausschweisungen, wie die letz— ten, fuͤr die Folge vorzubeugen. Gelingt dies nicht, so wer⸗ den dieselben mindestens sofort auf das kraͤftigste unterdruͤckt werden. Der vorige Redner meint, im Jahre 1792 haͤtten

wir auch eine National-Garde gehabt, und doch sey ein 19ter—

August eingetreten. Ich antworte darauf: wir haben eine National-Garde, und es wird kein 10ter August stattfin den.“ Der Herzog Decazes glaubte, daß der Herzog von Fitz— James in seinen Besorgnissen zu weit gehe; man duͤrfe auf die Worte republikanische Institutionen nicht mehr Werth legen, als sie eigentlich verdienten, und niemals ver— gessen, daß es in gewissen Republiken, wie Rom, Genua und Venedig weniger republikanische Elemente gegeben habe, als in den neueren verfassungs mäßigen Monarchieen. „Wenn“, fuͤgte er hinzu, „die Monarchie sich bei uns nur stark zeigt, so wird sie die Republik bald zu Boden geworfen haben, denn im Lande selbst findet diese keine Stuͤtzen. Der Her⸗— zog von Fitz-James nimmt sogar die Moͤglichkeit an, daß Frankreich einst einen gluͤcklichen Soldaten zu seiner Erret— tung herbeirufen konnte. Diese Besorgniß ist es, m. H., die wir vor Allem zuruͤckweisen muͤssen; sie warde im Lande selbst zu nachtheilig wirken, wenn wir sie nicht zu verscheu— chen suchten. Nein, der edle Herzog kann an ein solches Hirngespinst unmöglich glauben; Frankreich weiß, daß es sich nur unter dem Schutze des jetzigen Thrones seine Freiheiten erhalten kann; ihm geluͤstet nicht mehr nach Eroberunge—⸗ kriegen, und es wird hinfuͤhro nur solche Kriege unterneh— men, die seine Wuͤrde und Unabhängigkeit ihm zur Pflicht machen. Sie haben den politischen Grundsaͤtzen unserer Re⸗ gierung in Bezug auf das Volk der Belgier Ihren Beifall gezollt; wir wsllen hoffen, daß die Anwendung derselben Grundfaͤtze auf einem anderen Schanplatze auch dieselben Resul⸗ tate herbeiführen wird. Das Prinzip der Nicht-Einmischung, basirt auf das IJnteresse Frankreichs, nicht aber systematisch ange wendet, kann uns nur in Kriege verwickeln, wenn es bie Wurde und die Wohlfahrt unseres Landes gilt. Einen solchen Krieg fuͤrchte ich aber um so weniger, als ich uͤber— zeugt bin, daß es den Europaͤischen Maͤchten gleich uns dar— um zu thun ist, den allgemeinen Frieden zu erhalten; sie wissen, daß unsere National-Garde sich in Masse erheben wurde, wenn es darauf ankaäͤme, unsere bedrohten Gränzen zu vertheistzen. Wir haben den Voͤlkern gezeigt, wie elne Nation sich ihre Freiheit wieder errinat, wir wurden ihnen zeigen, wie sie sie zu vertheidigen weiß.“

Pairs-Kammer. In der Sitzung vom 3. März erfolgte zuvöorderst die Annahme von 7 Gesetz⸗-Entwuͤrfen oͤrt⸗ lichen Interesses mit 80 gegen 6 Stimmen. Hiernaͤchst legte der Kriegs-Minister den von der Deputirten⸗Kam— mer bereits angenommenen Gesetz- Entwurf wegen eines Zu— schusses von 2 Mill. zu den Milttatr⸗-Pensionen vor. So⸗ bann begannen die Berathungen uͤber das Municipal-Gesetz. Der Graf v. Montalembert äußerte, er sey immer der

Meinung gewesen, daß die letzte Revolution dem Lande zwei

Dinge gewähren wuͤrde: Ruhm nach außen hin und Freiheit

im Innern; da nun aber, wie er wohl sehe, Frankreich auf den Ruhm verzichten muͤsse, indem man es zwinge, an den

Traktaten von 1815 festzuhalten und sich, ungeachtet des Prin⸗

cips der Nicht Einmischung, den Einmarsch der Russen in Polen und der Oesterreicher in Italien gefallen zu lassen, so

sey es nicht mähr als billig, daß man ihm mindestens einigen Ersatz dafuͤr durch eine großere Ausdehnung der Volks-Frei⸗ heiten gewähre; der Gesetz⸗ Entwurf enthaste manches Gute,

doch scheine er ihm fuͤr die Beduͤrfnisse des Augenblicks nicht

hinreichend. Der Graf von Pontéedulant trat zur Wioeriegung des vorigen Redners auf und vertheidigte das Ministerium gegen den ihm gemachten Vorwurf, daß es danach steede, das Ceutralisations, System fort⸗ zufetzen. Auch der Kriegs-Mänister tadelte den Grafen

von“ Montalembert wegen seiner mißbilligenden Bemerkungen.

aber die Frauzoͤsische Politik. Dieser erwiederte, es sey nicht

scine Absicht gewesen, das Ministerium anzuschuldigen; auch

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wuͤnsche den Frieden; wenn er indeß bedenke, daß derselbe . Bedingung, daß Frankreich die Vertraͤge vom Jahre 1815 halte, erkauft werden könne, so könne er sich Anes peinigenden Gefuͤhls unmoglich erwehren. Der Herzeg Decaz es behauptete, daß Frankreich seit 15 Jahren nie so viel Ruhm und Achtung im Auslande genossen habe, als gerade jetzt; er muͤsse sich sehr wundern, fuͤgte er hinzu, daß ber Graf von Montalembert sich jetzt mit solcher Bitterkeit ge⸗ gen die Vertrage von 1815 erhebe, da ihm solchts doch nie eingefallen sey, als Ludwig XVIII. und Karl X. ihn noch zu Rathe gezogen hätten. Der Marquis v. Dreux⸗Brézs bemerkte in Bezug auf den vorliegenden Gesetz⸗Entwurf, daß er gewuͤnscht, man haͤtte die Wahl der Maires gaͤnzlich den

Gemeinden überlassen; da solches nicht geschehen, so solle

man wenigstens bestimmen, daß der Koͤnig den Maire jeder Gemeinde nur unter 3 ihm vorzuschlagenden Kandidaten wahlen duͤrfe; man solle doch ja bedenken, daß das Muni— cipal, und das Wahl Gesetz dem Lande zum Beweise die— nen sollten, daß man es wirklich von jeder laͤstigen Fes— sel befreien, nicht aber, daß man ihm die Freiheit bloß kem Namen nach geben wolle, um es allmalig wieder dem Despotismus zu unterwerfen; man solle nicht vergessen, daß die Provinzen litten, daß Handel, Gewerbfleiß, Ackerbau, Alles daniederliege, und daß man gleichwohl von den Steuerpflichtigen ein Budget von 1200 Mill. verlangen wolle. Der Minister des Innern erwiederte: das Bud— get sey allerdings sehr laͤstig, doch sey dies keine Folge der Revolution, die vielmehr das Land von den Urhebern des Uebels befreit habe; um den Despotismus zu vernichten, reiche ein Tag hin, aber um die Wunden zu heilen, die er dem Lande geschlagen, beduͤrfe es ganzer Jahre. Die 31 ersten Artikel des Gesetz⸗ Entwurfes wurden hierauf mit Be— seitigung der von verschiedenen Pairs in Antrag gebrachten Amendements angenommen. Am folgenden Tage sollte die

Berathung fortgesetzt werden.

Deputirten⸗Kammer In der Sitzung vom 3. März brachte der Kriegs-Minister den von der Pairs, Kammer amendirten Gesetz Entwurf wegen Errichtung einer Fremden-Legion mit dem Bemerken ein, daß die Regierung dem von der gedachten Kammer gemachten Vorschlage, die Legion nur außerhalb Landes zu gebrauchen, ihre Zustimmung gebe. Hierauf wurden die Berathungen uͤber das Wahl—

gesetz, und namentlich uͤber die Ciregmscription der Wahl

Bezirke und uͤber die Zahl der Deputirten, fortgesetzt. Dem Departement des Cantal wurden 4 Deputirte, dem Dep der Charente 5, dem Dep. der niedern Charente 7, dem Dep. des Cher 4, dem Dep. der Corrêze 3 Dep. zuerkannt. Der Vorschlag der Regierung, die Zahl dieser letztern auf 4 zu erhoͤhen, wurde verworfen. Hr. Bgude, der sich mittker⸗ weile in einem Seitengange sehr lebhaft mit dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, so wie mit mehreren Depu— tirten der linken Seite, unterhalten hatte, verlangte hierauf das Wort Behufs einer Außorderung an die Manster. Tages zuvor habe namlich der See-Minister sich in der Pairs— Kammer uͤber ihn auf eine Weise geäußert, die sein Ehrge— fuͤhl verletze), unb er halte es sonach fuͤr seine Pflicht, eine Erklärung dieferhalb zu verlangen; da indessen der See-Mi— nister in diesem Augenblick nicht zugegen sey, so kuͤndige er hiermst an, daß er jene Erklaͤrung am folgenden Tage for— dern werde. Der Graf v. Sade bemerkte, daß, was sich in der Pairs-Kaminer zugetragen, die Deputirten Kammer nichts angehe. Wahrend man sich noch darüber stritt, ob Herrn Baube das Wort zu bewilligen sey oder nicht, trat der See— Minister in den Saal. Nachdem er von dem Vorgefallenen in Kenntniß gesetzt worden, wurde Herrn Baude das Wort zuerkannt. Dieser bestieg die Rednerbuͤhne, mit dem Moni— teur und einigen anderen Papieren in der Hand und verlas die betreffende Stelle aus der (oben mitgetheilten) Rede des See⸗Mmisters vom vorhergehenden Tage, indem er bemerkte, daß ihm keine bestimmte Instructionen in Bezug auf die Todtenfeier des 14. Febr. ertheilt worden seyen. Zur Be— kraͤftigung dieser Behauptung theilte er das dies fällige Schrei— ben des Ministers des Innern vom 12. Februar mit und berief sich darauf, daß ihm in diesem Schreiben die den Umständen angemessenen Maaßregeln nur fuͤr den

Fall anempfohlen worden seyen, daß, wie man dem Minister

hinterbracht, an dem Katafalke Trophäen und Sinnbilder in Bezug auf den alteren Zweig des Hauses Bourbon ange— bracht seyn sollten; dies sey aber nicht der Fall gewesen, die Todten⸗Feier habe auch ruhig staitgesunden, und er habe sich

) S. oben den Nachtrag zu den Verhandlungen der Pairs⸗

Kammer vom 2. Maͤrz.

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daher auch nicht veranlaßt gesehen, die ihm gebotenen Maaß⸗ regeln eintreten zu lassen. Der See⸗Minister ließ in seiner Antwort zuvoͤrderst den fruͤheren Dienstleistungen des Herrn Baude volle Gerechtigkeit widerfahren. „Als“, fuͤgte er so⸗ dann hinzu, „gestern in der Pairs, Kammer uͤber die letzten Auftritte in der Hauptstadt Aufschluͤsse von mir verlangt wurden, antwortete ich, meiner Ueberzeugung nach, daß, wenn die Regierung ihrerseits Alles gethan, um diesen Auftritten vorzubeugen, sie dabei leider von einem ihrer Haupt-Agenten schlecht unterstuͤtzt worden sey, weshalb die⸗ ser auch seinen Abschied erhalten habe. Itetzt behauptet Hr. Baude, daß die ihm ertheilten Instructionen nicht hinreichend gewesen seyen. Hierauf erwiedere ich zuvörderst, daß wohl eigentlich der Poltzei-Präͤfekt den Minister des Innern von den Demonstrationen, d ie man mit der Todten⸗Feier zu verbinden gedachte, hatte in Ken utniß setzen sollen; gerade umgekehrt aber, mußte der Minister des Innern dem Polizei-Praͤfekten den ersten Wink daruber geben. Ein Schreiben, das der Mini— ster des Innern danials an den Minister des oͤffentlichen Un— terrichts erließ (der Redner las dieses Schreiben vor) beweist übrigens, daß das Mmisterium Schritte gethan hat, um die Feier in der St. Rochus⸗-Kirche zu hintertreiben, und daß ihm solches auch durch die Vermitt lung des Erzbischofs gelungen, wie das nach stehende Antwortschreiben des Hrn. Barthe be— zeugt (der Weinister verlas auch dieses Schreiben). Indessen war, wie bereits oben erwähnt, der Polizei-Präfekt 3 Tage zuvor von dem Vorhaben der Karlisten benachrichtigt wor— den. Hat er dem Minister des Innern geantwortet? Nein. Hat er Vorsichts-Maaßregeln getroffen? Nein. Ich bin alse wohl berechtigt, zu sagen, daß Hr. Baude bei dieser Gelegen— heit selne Pflicht nicht gethan hat; ich wiederhole dies hier, weil man nicht verlangen kann, daß das Ministerium bei der großen Verantwortlichkeit, die ohnehin schon auf ihm lastet, auch noch die fuͤr seine Untergebenen mit uͤbernehmen soll, wo diese offenbar gefehlt haben. Die vornehmste Pflicht der Regierung ist, die oͤffentliche Ruhe zu sichern; sie wird diese Pflicht mit Nachdruck erfuͤllen; jeder Beamte aber, der von der seinigen abweicht und, sey es aus Zaghaftigkeit oder aus Unvorsichtigkeit, aufruͤhrerische Bewegungen aus— brechen laßt, wird, ich erklaͤre es hiermit, augenblicklich aus seinem Amte entfernt werden.“ Kaum war der Minister auf seinen Platz zurückgekehrt, als Herr Baude den seinigen hastig verließ, sich Herrn von Argout näherte und einige sehr lebhafte Worte an ihn richtete. Mehrere Deputirte riefen ihm aber sofort zu, er solle von der Rednerbuͤhne herab antworten, während ançere laut verlangten, daß man zur Ta— gesordnung schreite. Hr. Baude blieb einen Augenblick unschluͤs— sig; endlich entschloß er sich, nach seinem Platze zuruͤckzukehren, worauf die Berathungen uͤber das Wahlgesetz wieder aufge— nommen wurden. Das Departement Korsika erhielt 2 Be— zirke und 2 Deputirte, das Dep. der Goldkäaͤste 5 Deputirte in eben so viel Bezirken, das Dp. der Nordkuͤste 6 Deputirte, das Dep. der Creuse 4, das Dp. der Dordogne 7, das Dp. des Doubs 5, das Der. der Droöͤme 4, das Dep. des Eure 7, das Dep. des Eure und Loir 4, das Dep. des Finisterre 6, das Dep. des Gard 5, das Dep. der oberen Garonne 6, das Dep. des Gers 5, das Dep. der Gironde 9, das Dep. des Hérault 6, das Dep. der Ille und Vilaine 7, das Dep. des Indre 4, das Dep. des Indre und der Loire 4, das Dep. der Isere 7, das Dep des Jura 4, das Dep. der Heiden 3, das Dep. des Loir und Cher 3, das Dep. der Loire 5, das Dep. der oberen Loire 3, das Dep. der niede— ren Loire 7, das Dep. des Loiret 5, das Dep. des Lot 5, das Dep. des Lot und der Garonne 5, das Dep. der Lozere 3, das Dep der Maine und Loire 7, das Dep. des Kanals 8, das Dep der Marne 6, das Dep. der oberen Marne 4, das Dep. der Mayenne 5, das Dep. der Meurthe 6, das Dep. der Maas 4, das Dep. des Morbihan 6, das Dep. der Mosel 6, das Dep. der Nie vre 4, das Dep. des Norden 12, das Dep. der Oise 5 und das Dep. der Orne 7 Depu⸗

tirte Der Vorschlag, den Departements Korsika, der Gold—⸗

kuͤste, der oberen Garonne, der oberen Loire, der Maine und Loire, der Mayenhe und der Mosel einen Deputirten mehr zu geben, wurde verworfen und die Fortsetzung der Bera— thung auf den folgenden Tag verlegt. 2

(Die Pariser Tages⸗Neuigkeiten s. in der zweiten Beilage.)

Großbritanien und Irland.

Parlaments- Verhandlungen. Unter den Red⸗— nern, welche in der (bereits erwähnten) Sitzung des Unter⸗ hauses vom 2. Marz gegen die von Lord J, Russell ein u⸗ bringende Reform-Bill auftraten, befand sich, nächst Hrn. Shelley, dem Mitgliede fuͤr den Flecken Gat on, der im Ganzen fünf Wähler zähit und außer Hrn. Shelley auch

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