1831 / 75 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

620

auf einander folgen werden. „Indessen (heißt es in dem Schreiben) beklagen sich doch einige Negocianten, weil der Handel nicht geht, wie der Wandel; einige Gutsvdesitzer, weil die kuͤnftige Literte Besteuerung ihnen eher drohr, als schmei— chelt; einige Bärger, well die Reglerung im Stillen und nicht oͤffentlich berachet und beschließt. Ich sage einige, weil ich nicht viele sich darüber aussprechen hörte. Die Publiztsten ziehen migen den Brief Bernettis an Benvenuti und gegen seine Droh ing der Excommunication zu Felde. Ein Interdikt wurde hier ge Sensation machen. So wenig Religion auch unter den „Pattioten“ herrschen mag, steht doch beim großen Hausen die Madonna von San Luca noch immer in sehr hohem Kreçit, da— her auch die Affe'ccation, mit der man in den Zeitungen von Glaube, Liebe und Hoffnung spricht; daher die Lobspruͤche auf Sankt Feter, wahrend man den Roͤmischen Hol mit Schimpfworten belegt; daher die schoͤnen Sachen, die man den Bischoͤfen von Cervia und von Cesena nachsagt, weil sie in Predigten em,. Rebellen lobten und die Priester ermahn— ten, den neuen Gesetzen zu huldigen. Diese Bischoͤfe heißen beibe Cadolini. Ob sie auch Geschichte und Gennnung ge— mein haben, weiß ich nicht; vas ich weiß, ist dieses: der von Cervin war zur Zeit der Restauration ein Carbonaro, und zwar einer der ei rissten, ein geschworter Feind der Feinde seiner Freunde; allein Lies schien ihm Gewissensbisse zu ver— ursachen, und zum großen Leidwesen der Letztern ging er zu den Erstern uten. Der Kardinal Giustiniant nahm den Reui, gen in seinen Schutz und in seine Huld und nahm ihn auf seiner Expenition nach Spanien mit, wo sich Cadolini sehr zus gezeichnet haben mag, denn er kam als Bischof von Cervia zuruͤck. h gewor en zu seyn, so reut ihn doch seine frühere Be— kehrung. Er facht sie nun velgessen zu machen durch libe ale Bäaheue ungen, auf die man freilich wenig bauen kann; allein nicht Jedermann kennt Cadolini's Geschichte, uns so sind seine Worte immer von Bedeu— tung und fur öffentiiche Ruhe und Oronung von Nutzen. Der beklagenswerthe, nicht sehr ein sichts volle, aber gutmuͤ⸗ thige Ex P otegat von Bologna bäsincet sich noch in Flo— renz. Er getraut sich wohl nicht, dein Papste unters Antiitz zu treten. Er schämt sich und fu chtet sich. In der That, man kann behaupten, daß er schulsl au Allem Schuld it. Er ließ sich Furcht ei lagen, üt erflügeln, betäuben, berhoͤren. Wäre er in de Nacht vom Iten dem Rathe des Ober sten Bentivoglto a foktt, es wäre nicht zur Revolution gekom— men. Der Oberst wollte seine Carabrnteri- aussitzen lassen und die Ve ichwarer aufheben oder vertreiben. Dies ware ihm gewiß ein Leichtes gewesen. Senn, die Drittzhalbtzun— dert des Caffe di San Pit o waren schl cht bewaffnet und zahlten unter sich uur Wenige, auf die man zahlen kaun. Viele hatten nicht einmal Steine an nur sehr Wente hatten B jon te auf ihren Gewehren, und Viele (oie 55 oser 60 Griechen besonze s) ging es nur so lande an, als keine Lebenegäfahr vorhanden re. Aliein Alles ging gegen Erwar ung; Monsignore wollte güclich zu Werke gehen unn dann fortfahren, zu regieren. auch wiklich fort, aber nac Florenz.“

Nach Briefen aus Ram vom 1 Marz war dort (wie leichfalls bie Allgemeine Zeitung meldet) fortwährend ln ruhig, und die Besorgnisse vor einem Angriffe der Ju— surgenten, deren Vortrab noch bei Otricoli stand, hatten etwas n , .

Turkei.

Die Schlesische Zet tun g enthaͤlt folgendes Schrei⸗ ben aus Konst ntinops

Wesir von Janina aus nach Ober- Albanien aufgebrochen ist

und vermuthlich gegen den Pascha von Skutari, welcher sich

neuerdings der Pflichtvergessenheit gegen die Pforte schuldig gemacht hat, zu Felde ziehen werd, gewiß, daß ihre Bestim—⸗ mung der Archtpelaqus oder das Abriatische Meer ist. Der Sultan fährt in seinen Bemuͤhungen sort, den Europaischen SGebraäͤuchen bei den Moslims Eingang zu verschaffen; er selbst geht aͤberal als Beisptel voran und verwender be— trächtliche Summen zu diesem Zwecke. Auch hat er seit ei— niger Zeit sein Augenmerk auf Verschöͤnerung der Hanpt—

Gedruckt bei A. B. Hayn.

Wenn es ihn nun auch nicht reut, Dischof

ih en Hähnen, und

Er fuhr

. l, vom 10. Februar: „Dle Footte ist noch nicht aus gelaujen, doch scheint es nun, da der Groß.

m

stadt gerichtet; erst dieser Tage erschien wieder ein Ferman, kraft dessen die Dächer aller Verkaufs⸗Laͤden veraͤndert und auf eine regelmäßig schoͤne Art neu hergestellt werden muͤs— sen, wodurch die Ansicht unserer Stadt bedeutend gewinnt. Dem Griechischen Patriarchen wurden kuͤrzlich vom Sul—« tan 2500 Beutel durch den Kaimakan und Seraskier mit der Bestimmung eingehändigt, 1000 Beutel davon zur Be— zahlung der Schulden der christlichen Gemeinde vom heili— gen Grabe und 1590 Beutel zur Vertheilung unter die durch Krieg verungluͤckten Griechen in Bulgarien zu verwen— den. Man spricht nun auch von einer Kleider-Ordnung fuͤr die Griechen und Armenier. Die Muͤtzen sollen abge— schafft werden und Shawls an deren Stelle treten, welche hier ver fertigt wer den.“

a.

Königliche Schauspiele.

Dienstag, 15. März. Im Opernhause: Der Nasenstuͤ— ber, Posse in 3 Abtheilungen, von E. Raupach. Hlerauf: Die neue Amazone, Feenballet in 3 Abtheilungen, von Ph. Taglioni.

Im Schauspielhause: 1) Le vieux mari, vaudevilke en 2 actes. 2) Le mariage de raison, vaudeville en 2 actes.

Mittwoch, 16. März. Im Schauspilelhause: Das Bild, Trauer spiel in 5 Abtheilungen, n E. v. Houwald.

Donnerstag, 17. März. Im Opernhause: Die Vestalin, lirisches Drama in 3 Abtheilungen, mit Ballets; Musik von Spentini. (Mad. Schroͤder,Devrtent: Julia, als vorletzte Gastr olle.)

Im Schauspielhause: Franzoͤsische Vorstellung.

Königstädtisches Theater.

Tüenstag, 15. Maͤrz. Die Kreuzfahrer, Melodrama in 5 Akten. (Herr Ziegler vom Hof⸗Theater zu Kassel: Bal— duin, als erste Gastrolle.)

Mittwoch, 16. März. Zum erstenmale wiederholt: Ro— bert der Teufel, dramatische Legende in 5 Akten, von Karl von Holtei.

Berliner Börse. Den 14. Mirz 1831. Amtl. Fonds- und Geld- Cours-Zettel. (Prem sss. Corr.)

ü ere, ,

I, rie, Ged.

2. BHD ricMs. . C/ cl. 21

Us ikBr. Hlandirt. 4 95 Pomm. Plandbrf. 4 103 Kur- u WOeum do 4

4 103

St. Sc iiuld- Sch. Er. Engl. Aul. 18 r. Eng. Anl. 22 Pr. Engl. Mul. 30 Kurm. Oh. n.] . Deum. Int. Sch. d. Berl. St dt- Ob. Königshg. do. kli ingßer do. anz. do. in Th. Westkpr. PkFdb. re eb, To! do.

Schles is he do. Rkst. C. d K. u. N. 54 L. Sch. d. .- u. N. 55

lloll. vollvv. Duk.

Neue gito Friedrichsd'or. Disconto ....

E R REC —o,lsꝗ8⸗ , D

.

2 2 11111111112

1

Auswärtige Börsen.

Amsterdam, 8. Mära. Niederl. wirkl. Schuld 39. Kanz-Bill. 153. Netall. Sl. Russ. Engl. Anl. 82.

Ham bur, 1ͤ2. Mrz. Oesterr. Bank- Actien pr. Cassa 950 Br., 45 G. Russ. Engl. Anl. pr. Cassa 84 Bre, 87 G. Russ. Anl. Hamb. Cert. S6 ge-

Oest. proc.

macht. Dän. pr. Cassa 554, pr. ult. d. 55. Poln. pr. ult. d. 92 6.

; Wien, 9. Mira. Sproc. Metall. SSß. 4proe. J0. Loose zu 100 FI. 158. P t- Klig. 1123. Bank- Act en 94 2.

Redaeteur John. Mitredaeteur Cottel.

Allgemeine

Preußische Staats- Zeitung.

75.

Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Der bei dem Land- und Stadtgerichte in Genthin fun— girende Justiz-Kommissarius Witte ist zugleich zum Notar in dem Bezirke des Ober-Landesgerichtes zu Magdeburg er— nannt worden.

Der Kammergerichts,Assessor Reiche ist zum Justiz— Kommissarius bei dem Ober-Landesgerichte zu Ratibor be— stellt worden.

Königliche Bibliothek.

In der nächsten Woche, vom 21. 26sten Maͤrz, findet, dem §. XIV. des gedruckten Auszugs aus dem Reglement gemaͤß, die allgemeine Zuruͤcklieferung aller entliehenen Buͤ— cher in die Koͤnigl. Bibliothek statt. Es werden daher alle diejenigen, welche noch Bucher der Koͤnigl. Bibliothek in Haͤnden haben, hierdurch aufgefordert, dieselben an einem der genannten Tage Vormittags von 9 12 Uhr zutuͤck zu liefern. n

Abgereist: Se. Durchlaucht der General⸗Major, Fuͤrst zu Wied, nach Braunfels.

Zeitungs-Nachrichten.

Ausland.

Frankreich.

Deputlrten-⸗ Kammer. In der Sitzung vom 7. März legte zuvoͤrderst der Minister des Innern einen neuen Gesetz- Entwurf vor, wodurch die Stadt Rouen zur Eroͤffnung einer Anleihe, Behufs der Ausbesserung und Ver— schoͤnerung der Quais an dem dortigen Hafen, ermaͤchtigt werden soll. Herr Gillon berichtete sobann uͤber den Ge— setz⸗ Entwurf wegen Exmittirung von Grund-Eigenthuͤmern aus ihrem Besitzthume in Faͤllen, wo die Festungs⸗Bauten solches erforderlich machen, und trug auf die Annahme des⸗ selben an. Hierauf wurde die Berathung uͤber das Wahl— Gesetz, und namentlich uͤber den 59sten Artikel, der von dem Waͤhlbarkeits-⸗Census handelt, wieder aufgenommen. Der Graf von Lameth verlangte, daß man sich vor der Fest— setzung des Waͤhlbarkeits Census erst daruͤber einige, eb die Deputirten kuͤnftig Diaͤten beziehen sollten oder nicht, indem man im letzteren Falle den Census nothwendig hoͤher annehmen muͤsse, als im ersteren. Der Praͤsi⸗ dent machte ihm indessen bemerklich, daß er mit die— sem Antrage fruͤher, und ehe die Diskussion uͤber den 59sten Artikel begonnen, hätte hervortreten muͤssen; jetzt sey es dazu zu spaäͤt, indem die Berathung nicht unterbrochen werden koͤnne. Herr Cunin-Gridaine trat hierauf gegen das von Hrn. Salverte in der Sitzung vom 4ten r, Amendement auf, den Waͤhlbarkeits-Census ganzlich abzu schaf⸗ fen und jeden Franzosen von 30 Jahren, der in dem Genusse seiner buͤrgerlichen Rechte sey, fuͤr waͤhlbar zu erklaͤren. Er widersetzte sich diesem Vorschlage schon aus dem Grande, weil man, wenn derselbe angenommen wuͤrde, den Deputir—⸗ ten nothwendig Diaͤten bewilligen muͤßte, wogegen er sich seinerseits stets erheben wuͤrde, weil dadurch, . Ansicht nach, der Wuͤrde und Unabhaͤngigkeit der Landes-Repraͤsen⸗ tanten Abbruch geschehe. „Ist es die Absicht des Herrn Sal— verte“, sfuͤgte der Redner hinzu, „gewissen Personen, die ein freies Gemerhe treiben, wie z. K. den Advokaten, durch seinen Antrag Eingang in die Kammer zu verschaffen, so bemerke lch] einerseits, daß es unter jener Klasse auch

Berlin, Mittwoch den 16ten März

Manchen glebt, der seinem Amte nicht gewachsen ist, wogegen es, andererseits dem Faͤhigen immer leicht seyn wird, sich die Bedingungen zu erwerben, wodurch man nach dem Antrage der Regierung die Waͤhlbarkeit erlangen soll.“ Der Berichterstatter, Herr Bérenger, wies überdies dar— auf hin, daß die Artikel 32 und 33 der Charte die Ein fuͤh⸗ rung eines Waͤhlbarkeits-Census ausdruͤcklich voraus setzten. Herr Odilon-BVarrot bemerkte dagegen, daß, eben weil dies eine bloße Voraussetzung sey, es auch in dem freien Willen der Kammer stehe, einen WaͤhlbarkeitsCensus anzu⸗ nehmen oder nicht. „Ich begreife wohl,“ aͤußerte er, „daß es Ihnen lediglich darum zu thun ist, schlechten Wahlen vor— zubeugen; meine Ueberzeugung ist aber, daß Sie eine solche Buͤrgschaft vergeblich in einem Waͤhlbarkeits⸗Census suchen wetden; ich halte dieselbe vielmehr fuͤr unzureichend, ungerecht und gefaͤhrlich: fuͤr unzureichend, weil, wenn ein Wahl⸗Kör— per von Leidenschaften beseelt ist, er auch in der beguͤterten Klasse Werkzeuge zur Ausfuͤhrung seiner Plaͤne finden wird; fuͤr ungerecht, weil man dadurch Maͤnner, die, wenn gleich unbemittelt, dem Lande vielleicht eine weit dauerhaftere Ga— rantie als Beguͤterte geboten haͤtten, ausschlleßt und das Ver⸗ dienst lediglich im Reichthume bestehen läßt; fuͤr ge faͤhr lich, weil man die Wuͤrde eines Deputirten in einer eitlen Re— präsentation sucht. Warum soll denn ein Buͤrger ein politi⸗ sches Recht nur uͤben koͤnnen, nachdem er seine Bilanz vor⸗ gelegt hat? Warum soll er einen Deputirten oder einen Municipalrath nur wahlen durfen, wenn er so oder so viel Vermoͤgen besltzt? Leider herrscht in unsern Tagen schen eine allzu große Vorliebe fuͤr zeitliche Guͤter. Statt eine solche Tendenz zu beguͤnstigen, sollte man sie durch alle moͤgliche Mittel zu bekämpfen suchen, wenn anders man nicht will, daß das Geld kuͤnftig der einzige Goͤtze sey, dem der Franzose opfert. Lassen Sie uns auch nicht vergessen, m. H., daß die Theilung des Grund“ Eigenthums die Zahl der Waͤhlbaren taglich vermindert; sollte es unter diesen Umständen nicht angemessen seyn, den Kreis der Waͤhl⸗ barkeit bei Zeiten zu vergrößern? Der Hr. Berichterstatter hat aber einige Worte fallen lassen, woraus mir klar wird, daß bei seinen Antraͤgen die Fahigkeit nur eine Nebenruͤcksicht ist, und daß er in dem Waͤhlbarkeits-Census nichts als ein Gegengewicht gegen das demokratische Element erblickt. Schon im Jahre 1814 suchte man ein solches Gegengewicht; man eiferte gegen die Preß-, ja sogar gegen die ede Freiheit. Man trug auf Ausnahme Gesetze an, fuͤhrte sodann das dop— pelte Votum ein, und als dies Alles noch nichts half, ent⸗ schloß man sich endlich zu einem Staatsstreiche. Was die Folge davon war, ist Ihnen bekannt. Wollen Sie den ge— faͤhrlichen Versuch noch einmal machen, und zwar unter weit unguͤnstigeren Umständen, als in fruͤheren Zeiten? Wollen Sie dem Buͤrger die Aus bung seiner politischen Rechte in ei⸗ nem Augenblicke erschweren, wo Sie vielleicht im Begriffe Ehen, ihm 2 Bewahrung der Ünabhaͤngigkeit des Landes sein

tes Kind, seinen letzten Thaler abzufordern? Unmoͤglich; w lr muͤssen uns vielmehr uͤber die am Eindruͤcke und Gewohn⸗ heiten, die die vorige Dynastie uns vererbt hat, zu erheben suchen; wir muͤssen darauf verzichten, unsere Gesellschaft nach dem Vorbilde Englands organisiren zu wollen; dort sind Ge⸗ gengewichte nothwendig, weil die Aristokratie, die Geistlich⸗ keit, die Gemeinden und die Krone mit ihren besonderen Privilegien und Vorrechten sich unaufhörlich unter einander bekämpfen. Bei uns ist dies nicht der Fall; warum wollen wir also dem Grund⸗Eigenthume uͤbermaͤßige Rechte einraäͤu⸗ men? Eine große Verantwortlichkeit lastet auf uns, denn aus dem Gesetze, woruͤber wir in diesem Augenblicke berathschla⸗ gen, wird die kuͤnftige Kammer hervorgehen, eine Kam— mer, die vielleicht gleichzeitig die Pflichten der konstituiren den Versammlung und die des Konvents zu erfuͤllen haben wird.“ Als der Redner bei diesen Worten durch heftiges Murren und den Ruf