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in die Schule zu schicken verabsaͤume, einen Verweis erhalte oder gar köͤrperlich bestraft werde. Eine solche Maaßregel sey zwar in Frankreich nicht anwendbar; dagegen gebe es ein anderes unfehlbares Mittel, wenn man naͤmlich die Zahl der Freischulen durch Unterstuͤtzung von Seiten der Regierung moͤg— lichst vermehre; in den ersten Jahren nach der Wiederherstellung der Monarchie sey im Budget nur eine Summe von 50, 609 Fr. zur Verbreitung des Elementar⸗Unterrichts aus geworfen gewesen; späterhin habe man dieselbe zwar bis auf 70,000 Fr. und in neuerer Zeit bis auf 300,009 Fr. erhoht; wie unzureichend aber auch diese letztere Summe noch sey, gehe schon daraus hervor, daß es selbst jetzt noch im Unterrichts-Bezirke von Rennes 19 Gemeinden gebe, die durchaus keine Schule haͤt— ten. Der Graf v. Montalembert verlangte, daß man den offentlichen Unterricht unbedingt freigebe; die Regierung, meinte er, habe durchaus kein Recht, der jetzigen Generation zuzurufen: du sollst diese oder jene Richtung befolgen; in England sey der Elementar-Unterricht vollig frei; Jedermann koͤnne dort eine Schule eroͤffnen; das Vertrauen der Aeltern sey das einzige Faͤhigkeits-Zeugniß und ein solches Zeugniß, verdiene wohl jedenfalls den Vorzug vor dem Atteste eines Maire. Hr. Barthe ergriff hierauf noch einmal das Wort und berief sich, zur Widerlegung der Ansicht des vorigen Redners, daß man von einem Schulhalter nicht einmal ein Zeugniß seiner Faͤhigkeiten und guten Sitten verlangen duͤrfe, auf das bekannte Faktum, wo ein aus dem Bagno entlasse— ner Straͤfling eine Schule eroͤffnet und seinen Zoͤglingen solche Lehren ertheilt hatte, daß die Behoͤrde sich genoͤthigt sah, ihn: das Amt zu legen. — Die obgedachte Bittschrift wurde schließlich auf das Nachweis-Bureau niedergelegt und dem Minister des oͤffentlichen Unterrichts uͤberwiesen. — Am Schlusse der Sitzung brachte noch der Minister des Innern den von der Deputirten-Kammer nochmals veraͤnderten Ge— setz Entwurf uͤber die Organisation der National⸗Garde ein.
Deputirten⸗ Kammer. Sitzung vom 8. Marz. in . der Berathungen uͤber das Wahlgesetz. Mehrere usatz⸗Bestimmungen zu dem (gestern mitgetheilten) 59sten Artikel, als z. B., daß jeder Offizier der Land- und See— macht, der eine direkte Steuer von 250 Fr. zahle und eine Pension von 3000 Fr. beziehe, so wie jeder Inhaber einer auf seinen Namen in das große Buch eingetragenen Rente von 3099 Fr., wählbar seyn solle, wurden verworfen. Dem 60sten Artikel zufolge, sollen die zur Ergänzung des Wahl— Census nachgelassenen Steuer-Uebertragungen auch auf den Waͤhlbar keits Census Anwendung finden. Der Gäaste Artikel schließt in seinem ersten 5. von dem Deputirten-Amte foͤrm— lich aus: die Präfekten, die Unter-Praͤfekten, die General— Einnehmer, die Unter⸗Einnehmer und die Zahlmeister. Die— sem von der Kommission ausgegangenen Actikel, der von der Versammlung angenommen wurde, hatte die Kommisston noch hinzugefuͤgt, daß der Praͤfekt und die beiden Unter-Praͤfekten des Seine⸗Departements von der obigen Bestimmung ausge— nommen seyn sollten. Dieser Zusatz wurde indessen verworfen, so daß also der Praͤfekt von Paris und die beiden Unter— Präfekten von Sceau und St. Denis kuͤnftig nicht mehr Mitglieder der Deputirten⸗Kammer seyn durfen. Dem 2ten S. des 64sten Art. zufolge, duͤrfen folgende Personen als De— putirte eines Wahl, Kollegiums des jenigen Bezirks, der ganz oder theilweise zu ihrem Ressort gehort, nicht gewahlt wer— den: die kommandirenden Generale der Militair-Divisionen und Unter⸗Divistonen; die General-Prokuratoren und Pro⸗ kuratoren; die Direktoren der direkten und indirekten Steuern, der Domainen, des Einregtstrirungswesens und der Zölle. Der Zte §. desselben Artikels verfuͤgt, daß, wenn eine? der in den beiden vorhergehenden Paragraphen aufgeführten Be— amten seinen Abschied nimmt, er erst nach sechs Monaten in dem Departement oder Bezirke, wo er sein Amt bis dahin verrichtet hatte, wählbar wird. — Nach der Annahme dieser verschiedenen Bestimmungen, die zu keiner erheblichen Debatte Anlaß gaben, ging man zu dem Vlten Titel des Ge— setz Entwurfes uber, der von allgemeinen Dis positio nen handelt. Zu diesen Disposttionen gehoͤrt, daß, wenn ein Deputirter stirbt oder aus der Kammer ausscheidet, das be⸗ treffende Wahl Kollegium innerhalb eines Monats zusammen— gerufen werden soll, um ihm einen Nachfolger zu wahlen, nd das zwischen der Zusammenberufungs.- Verordnung und der wirklichen Cröffnnng des betreffenden Wahl, Kollegiums mindestens ein Zeitraum von 20 Tagen bleiben muß; ferner, daß die Deputirten- Kammer allein das Recht hat, die Ab dankung eines ihrer Mitglied er entgegenzunehmen; endlich, daß die Deputirten weder auf ein Gehalt, noch auf eine Eutschaäͤdigung Anspruch machen konnen.“ Hr. Isambert verlangte, daß man den Deputirten für die Dante! der Ses⸗
sion 20 Fr. Diaͤten bewillige und ihnen die Kosten der Reise von ihrem Wohnorte nach der Hauptstadt und zuruͤck er— setze. Zur Unterstuͤtzung dieses Antrages erlaubte er sich eine
Aeußerung, die in der Versammlung den allgemeinsten Unwillen
erregte. Er behauptete naͤmlich, daß man voͤllig im Irrthum sey, wenn man glaube, daß eine Entschädigung der Deputirten ihnen in der oͤffentlichen Meinung schaden wurde; alle Kam⸗ mern, die seit dem Jahre 1815 noch zusammengetreten waͤ— ren, haͤtten aus unbezahlten Deputirten und meistentheils aus großen Grund- Eigenthuͤmern bestanden, und doch habe es keine erkäuflichere Kammern gegeben, als sie. Bei die⸗ sen Worten wurde der Redner von allen Seiten durch laute Zeichen der Mißbllligung unterbrochen. Mehrere Deputirte forderten den Praͤsidenten auf, daß er den Redner wegen seiner unziemlichen Aeußerung zur Ordnung aufrufe. Herr Cas. Perier meinte, Herr Isambert sey vielleicht falsch ver— standen worden, und ersuchte diesen daher, seine Phrase zu wiederholen. „Ich habe gesagt“, erwiederte diefer, „daß es nie erkaͤuflichere Kammern gegeben hat, als diejenigen, die seit dem Jahre 1815 auf einander gefolgt sind.“ Ein neuer Sturm brach hierauf aus. Es sch eine Beleidi— gung fuͤr die ganze Kammer, riefen mehrere Deputirten, wenn man die Mitglieder der fruͤheren Kammern, wovon meh⸗ rere auch noch der jetzigen angehorten, der Erkaͤuflichkeit be— schuldige. Wiederholt wurde der Praͤsident aufgefordert, den Redner zur Ordnung zu verweisen. Hr. Ifambert wollte sich zwar damit entschuldigen, daß er bei seiner Aeußerung die jetzige Kammer nicht im Sinne gehabt habe, der Praͤ— sident aber sagte: „Es ist niemals und in keinem Falle einem Mitgliede der Kammer erlaubt, die fruͤheren legislativen Ver sammlungen zu beschimpfen; es ziemt sich nicht, daß ein Deputirter denjenigen nachahme, die taglich diese Kammer beleidigen. Ich ermahne Sie zur Ordnung!“ Großer Bei⸗ fall erscholl hierauf in den belden Centris. Als Hr. Isam⸗ bert nach seinem Platze zuruͤckkehrte, wurde er noch von meh reren Deputirten laut zur Rede gestellt. Der Laͤrm, der dadurch verursacht wurde, war so groß, daß der Praͤsident im Begriffe stand, die Sitzung aufzuheben. Hr. Agier, der gleich nach Hen. Isambert die Rednerbuͤhne bestieg, verlangte, daß man dessen Antrag auf Entschaͤdigung der Deputirten durch die vorlaͤufige Frage beseitige. „Ich wuͤrde noch viel zu fagen haben,“ fuͤgte derselbe hinzu, „wenn ich nicht durch die Aeu— ßerungen des vorigen Redners und die traurigen Nachrich— ten, die mir eben von außen zugehen, so sehr bewegt waͤre. Ein Land, fuͤr das wir das lebhafteste Mitgefuͤhl hegen, ist der Schauplatz unerhoͤrter Truͤbsale geworden. Ich wuͤnschte, daß der Herr Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten uns sofort einige Mlttheilungen uͤber die Ereignisse machte, die sich in Polen zugetragen haben.“ Als der Graf Sebastiani ruhig auf seinem Platze blieb, bestieg ein anderer Deputirter (Herr Ollivier) die Rednerbuͤhne und äußerte, er muͤsse sich wundern, daß der Minister der Aufforderung seines Kolle— gen nicht nachkomme; es handele sich hier nicht um eine Geld—⸗ frage, sondern um das an den Ufern der Weichsel ver gossener Blut. Der Minister der auswärtigen Angelegen heiten erhob sich jetzt von seinem Platze und sagte: „Die Kammer weiß, daß das Ministerium nie verlegen ist, wenn es diese Rednerbuͤhne besteigen oder uͤber sein Betra— gen Rechnung ablegen soll, und daß es ihm bei der Verthet⸗ digung der Interessen des Vaterlandes noch nie an Muth gefehlt hat. Wir haben betruͤbende Nachrichten erhalten; aber es ist weder der Wuͤrde der Kammer, noch der Wuͤrde
der Regierung angemessen, sie mitzutheilen und auf folche
Weise die Depeschen bekannt zu machen, die wir taglich er⸗ halten.“ Nach dieser kurzen Erklaͤrung wurde der obige Vorschlag des Hrn. Isambert verworfen. — Der Vllte und letzte Titel des Gesetz⸗ Entwurfes betrifft transitorische Be— stimmungen. Die Berathung daruͤber sollte am folgenden Tage stattfinden. . Paris, 9. März. Der Koͤnig ertheilte gestern dem Königl. Spanischen Botschafter, Grafen von Ofalia, dem Koͤnigl. Daͤnischen Gesandten und dem Praͤfekten des Seine⸗ Departements, Grafen v. Bondy, Privat, Audtenzen. Um 11 Uhr praͤsidirten Se. Majestat in einem Minister-Rathe, der bis 3 Uhr waͤhrte, und welchem Hr. Merilhou nicht mehr
beiwohnte.
Der bisherige Großsiegelbewahrer, Herr Merilhou, ist zum Ritter der Ehrenlegion ernannt worden.
Der heutige Moniteur enthalt die offizlelle Bestaͤti⸗ gung der Ernennung des Instructionsrichters, Herrn Des— mortiers, zum Koͤnigl. Prokurator beim hiesigen Tribunal er— ster Instanz, statt des Herrn Comte. Die betreffende Ver— ordnung ist von dem interimistischen Großsiegelbew ahrer, Gra⸗
fen v. Argo ant, kontrasignirt.
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Dem Journal des Débats zufolge, hatte Herr Be⸗ renger das ihm angetragene Portefeuille der Justiz aus ge⸗ lagen. s 33 Herren Ladvocat, Oserst- Lieutenant der zwöoͤlften Legion, Feisthamel, Oberst vom Stabe der hiesigen Natio⸗ nal⸗Garde, und Foudras, Divisions⸗-Chef der General⸗Polizei im Ministerium des Innern, sind zu Offizieren des Ordens der Ehrenlegion ernannt worden. Zu den Gelehrten und Kuͤnstlern, welche das Ritterkreuz desselben Ordens erhalten haben, gehoren die Herren Heinrich Fonfröde zu Bordeaux, Augustin Thierry, Beuchot, Haupt-Redacteur des „Journal de la librairie“, Amar, Konservator der Mazarinschen Bi— bliothek, Thurot, Professor am College de France, und die erren Reicha und Fetis, Professoren an der Koͤniglichen Musikschule.
Der Messager des Chambres meldet aus Pont⸗de⸗ Beauvoisin, an der Sardinischen Graͤnze, vom 4ten d. M.: „Die Nachricht von dem Einruͤcken der Piemontesischen Fluͤchtlinge bestaͤtigt sich nicht. Der Prinz von Carignan ist gestern Abend in Chambery angekommen ) und wurde mlt Enthusiasmus empfangen; die Stadt war erleuchtet; man sprach von der Bekanntmachung einer ausgedehnten Amnestie fuͤr die Fluͤchtlinge.“
Herr Mechin der Juͤngere ist seines Postens als Praͤ— fekt des Departements der Ost-Pyrenaäͤen entsetzt worden, weil er sich bei den unlaͤngst in Perpignan stattgefundenen Unruhen schwach genommen hat; sein Nachfolger ist Herr Moritz Duval. ;
Aus Cherbourg wird vom 4ten d. M. berichtet, daß dle Arbeiten auf den dortigen Werften thaͤtig betrieben werden;
eine Menge von Arbeitern ist mit Kriegsschiffs-Bauten be⸗
schäftigt. Das Linienschiff . , von 80 Kanonen, wird naͤchstens bereit seyn, in See zu gehen. Auch die Nuͤstung der Korvette „Egle“ ist bald beendigt.
Gestern fruͤh wurden, in Folge der noch immer fort— dauernden Untersuchung, uͤber die Dezember⸗Unruhen mehrere Mitglieder des aufgeloͤsten Artillerie- Corps der hlesigen Na— tional⸗Garde, und zwar die Herren Guinard und Cavalgnac, gewesene Capitaine, Guillet, Adjutant, Chauvin, Lieutenant, Senard, Gemeiner bei dem genannten Corps, und Herr Trelat, Ober-Chirurg der dritten Legion, verhaftet. Sie sind elnes Komplotts zur Veranderung der bestehenden Re— gierung und der Aufreizung zum Buͤrgerkriege beschuldigt. Außer ihnen sind noch mehrere andere Personen, 24 im Ganzen, in Haft genommen worden. Die Sache soll am 15ten d. M. vor die Assisen kommen.
Vorgestern fruͤh begab sich ein Polizei-Kommissarius zu
dem Vikar der St. Rochus-Kirche und hielt eine Haussu⸗
chung, in deren Folge dieser Geistliche nach der Polizei⸗Praͤ— fektur gebracht wurde. Herr Dupin d. Aelt.ů, General ⸗ Prokurator am Cassa— tionshofe, hat vom Justiz-Minister einmonatlichen Urlaub erhalten, um sich zur Wiederherstellung seiner Gesundheit auf seinen Landsitz im Departement der Nievre zu begeben. Er wird Paris erst in der naͤchsten Woche verlassen. In St. Etienne ist die Ruhe wieder hergestellt. General Pepe ist mit mehreren anderen Italiänlschen
Fluͤchtlingen am 1sten d. M. in Toulon angekommen.
Der Courrier frangais enthaͤlt Folgendes: „Herr B. Delessert ist zum Berichterstatter uͤber den Gesetz⸗Entwurf wegen Bewilligung abermaliger vier Steuer⸗Zwoͤlftheile ernannt worden. Die großentheils aus Mitgliedern der beiden Centra bestehende Kommission hat erklaͤrt, daß sie nicht das min⸗ deste Vertrauen zum Ministerium hege, und daß sie nur mit Zittern die Zukunft und das Geschick des Landes in seine Hände lege. Anfangs war beschlossen, nur zwel Zwoͤlftheile zu bewilligen, bis man der Masoritaͤt begreiflich machte, daß drei Zwoͤlftheile noͤthig waͤren, um den Zeitpunkt der Zusam⸗ menberufung der neuen Kammer zu erreichen. Bei letzterem Satze ist die Kommisston stehen geblieben.“ Das Memorial Bordelgis enthalt einen Artikel von errn Heinrich Fonfrede, worin dieser sich mit den bevor— stehenden Wahlen beschäftigt: „Die Reinheit der Wahlen“, sagt derselbe, „kann von Seiten der Regierung nicht ver— faͤlscht werden, denn es ist Jedermann bekannt, daß diese gar keinen Einfluß auf dieselben auszuuͤben sucht, worin sie nach meiner Ansicht großes Unrecht hat, denn diefer Mangel an Einfluß bewelst, daß die Reglerung kein System und kel nen festen Plan verfolgt, und daß sie, statt der Gesellschaft eine bestimmte Richtung zu geben, sich uͤberall nach einer Kraft und einem Einflusse umsteht, der ihr selbst den ihr mangelnden Willen und die Richtung verleihen soll. Das
) S. Art. Italien.
ist gerade, als wenn die Regierung zu uns sagte: Regiert mich, denn ich bin nicht im Stande, Euch zu regieren. Al—⸗ lerdings giebt es einen strafbaren Einfluß, und diesen soll die Regierung nie auszuuͤben versuchen; es giebt aber auch einen rechtmäßigen Einfluß, und diesem darf sie nie entsagen, wenn sie nicht zugleich ihre Kraft, ihr Leben, ihr Daseyn aufgeben will. Dieser rechtmäßige Einfluß geht aus der Ueberzeugung hervor, den die Reglerung dem Volke von ih⸗— rem Scharfblicke, ihrer Festigkeit und ihrem unveraͤnderlichen Entschlusse geben muß, ein dem Besten des Landes guͤnstiges System zu befolgen. Dann treten die Stimmen der Waäͤh⸗ ler ihr bei, die Majorität stimmt mit dem Ministerium uͤber⸗ ein, und die Maschine geht, ohne daß die Masjoritaäͤt dem Ministerium oder dieses jener gehorcht. Wenn man aber geduldig abwarten will, daß irgend eine Majoritaͤt sich bilde, und ihr zu gehorchen genelgt ist, von welcher Art sie auch seyn mag, so ist das keine Repraͤsentativ-⸗Regierung, sondern ein Mangel an aller Regierung. Der Irrthum derer, wel— che die demokratischen Theorieen ausfuͤhren wollen, bestehr darin, daß sie von der Existenz der Factionen absehen und glauben, bie Gesellschaft drucke durch die Wahlen immer ih— ren wahren Willen aus, d. h. den, welchen ihre eigentlichen Interessen ihr verleihen wuͤrden, wenn die Factionen nicht dazwischen traͤten, um sie daruͤber irre zu fuuͤhren. Zwei Parteien trennen uns, naͤmlich die contre-revolution— naire Partei, die, den Gang der Zeit nicht beachtend, auf jede Weise eine politische Organisation, deren Lebens-Princip mit der Wurzel ausgerottet ist, wieder ins Leben bringen will, und die anarchische Partei, welche, die aus der alten Ci— vilisation entstandenen und noch uͤberall vorhandenen gesell— schaftlichen Interessen nicht beruͤcksichtigend, ihnen nicht Zeit lassen will, sich mit der neuen Ordnung der Dinge zu verschmelzen, sondern die im Gegentheil Alles ebenen und gleich machen will, um eine ganz neue Regierung nach ihren Ansichten und Theorieen zu gruͤnden. Dle eine wie die andere bemuͤhen sich, diejenigen, welche durch allmaͤlige Uebergaͤnge und ohne Verletzung der In⸗ teressen die neue Ordnung der Dinge herbeifuͤhren moͤchten, durch den Beinamen der „Gemaͤßigten“ oder der „Maͤnner der Mitte“ zu brandmarken. Also Maͤnner, wie Keratry, Casimir Périer und alle ihre beruͤhmten Freunde, die funf— zehn Jahre lang gegen den Despotismus gekaͤmpft haben, sind zuruͤckschreitende Geister, weil sie sich weigern, das Haupt unter den von unten ausgehenden Despotismus zu beugen, nachdem sie den von oben ausgehenden vernichtet haben. Unter einer willkuͤhrlichen, die Gesetze verletzenden Regierung sind die Volks⸗Vereine nuͤtzlich, eben weil sie ein Zerstoͤrungs— mittel sind. Aber unter einer noch im Werden begriffe— nen Regierung, die, weit entfernt, die Gesetze zu verletzen, dieselben vielmehr nicht kräftig genug anwendet, sind die Volks⸗Vereine eine entsetzliche Geißel, weil sie eine der gesetz⸗ lichen Regierung entgegenstehende Regierung begruͤnden und die erstere am Ende vernichten, wenn nicht die oͤffentliche
Bernunft dem zuvorkommt. Folgendes gedruckte Rundschrei⸗
ben eines dieser Vereine giebt Aufschluß uͤber die Organisa⸗ tion derselben: „Art. 1. Die Mitglieder des Comités köͤn⸗ nen im Falle außerordentlicher Arbeiten so viel Mitglieder des Vereins zu Huͤlfe nehmen, als sie fuͤr noͤthig finden. Art. 2. Das Comité ernennt in seiner ersten Sitzung nach der General-Versammlung einen Praͤsidenten, einen Vice⸗Praͤsidenten und einen Secretair fuͤr die ganze Dauer der Geschaͤfte des Comité's; in der selben Sitzung ernennt es aus seiner Mitte 3 Kommissionen, jede zu 3 Mitgliedern: a) eine Kommission fuͤr die Wahlen und die Korrespon⸗ denz; b) eine Kommission fuͤr das Innere, die mit den
nationglipolitischen Arbeiten beauftragt ist; ) eine Kom⸗ mission fuͤr das Auswärtige, die an die Fluͤchtlinge frem⸗ der Nationen Unterstuͤtzungen auszutheilen und mit dem Auslande politische Verbindungen zu unterhalten hat. Art. 3. Die Mitglieder des Vereins und die Korresponden⸗ ten in den Provinzen koͤnnen den Berathungen des Comi⸗ té's nur mit einer fuͤr jede einzelne Sitzung erforderlichen Erlaubniß des Special Comité s beiwohnen. Art. 4. Das gegenwartige Comité ist insbesondere beauftragt, alle Anstren⸗ gungen zu machen, um in allen Haupt⸗Orten der Departe⸗ ments und in allen Städten Frankrelchs, wo es an emessen scheint, politische mit dem Pariser Vereine regelmaͤßig kor⸗ respondtrende Vereine zu organistren. Auch wird es sich, wann und wle es fuͤr gut befindet, mit den jekt beste⸗ henden politischen Vereinen in Verbindung setzen koͤnnen. — Denkt man sich drei, sechs, zehn solcher Vereine in der Haupt⸗ stadt, mit ihren Verzweigungen in den Provinzen, betrach- tet man diefes Comité, mit seinem Ministerium der Wah⸗—
len, seinem Ministerium des Innern und der aus waͤrtigen