1831 / 81 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 22 Mar 1831 18:00:01 GMT) scan diff

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von panischem Schrecken uͤberwaͤltigt, ihren Posten ver lassen r , in ein benachbartes Land (nach Bologna) zu fluͤchten. In solchen Augenblicken sind rasche, wirksame und entscheidende Maaßregeln erforderlich, die nicht wohl erzielt werden koͤnnen, wenn sich die Verwaltung der offentlichen Angelegenhelten in den Haͤnden mehrerer Per sonen befindet. Rus diesen Grunden und durch die gebieterischen Beduͤrfnisse des Vaterlandes bewogen, uͤbernehme ich die Regierung die— ser beiden Provinzen in der Eigenschaft als Praͤsident, be— staͤätige provisorlsch saͤmmtliche Civil- und Militair⸗Behoͤr⸗ den, die ihren Posten nicht schaͤndlicherweise verlassen haben, und fordere sie auf, mit mir zum besseren und sorgfaͤltige⸗ ren Gange der oͤffentlichen Angelegenheiten zu wirken. Wackere Bewohner der Provinzen von Modena und Reggio! fahret fort, stets die Ordnung zu lieben, und sehr bald mit dem bereits regenerirten Theile Italiens vereinigt, werden wir uns dadurch eine Repräsentativ-Regierung, eine dauer— hafte Gluͤckseligkeit versichern. Modena, den 7. Maͤrz 1831. Der Divistons- General Carlo Zucchi.“ Außerdem ließ General Zucchi allenthalben verbreiten, daß das Ganze nur ein Versuͤch der Modenesischen Truppen sey, um eine Reac⸗ tion im Lande zu bewirken; daß die Oesterreicher sie zwar durch eine Aufstellung an der Granze unterstuͤtzt hatten, aber daß kein Oesterreicher die Graͤnze uͤberschritten habe, noch uͤberschreiten werde. Unter diesen Umstaänden lleß der K. K. Feldmarschall-Lieutenant, Freiherr von Geppert, welcher am Ften Earpi besetzt hatte, alle erforderliche Dispositionen zum Angriffe treffen. Nachdem die von den Insurgenten bei ihrem

Ruͤckzug in Brand gesteckte Bruͤcke uͤber die Secchia wieder

hergestellt war, setzten sich die K. K. und Modenesischen Truppen heute Morgens um 6 Uhr gegen Modena in Marsch und ruͤckten Mittags ohne Widerstand in diese Stadt ein, welche General Zuecchi mit 7— 800 Mann in der Nacht verlassen und sich gegen Bologna, zwei Kanonen, ungefaͤhr 1000 Ge— wehre und alles Geld, was er zusammenraffen konnte, mit—⸗ nehmend, zuruͤckgezogen hatte.“

„Se. Koͤnigl. Hoheit der Erzherzog, Herzog von Mo— dena, ist allenthalben in Seinen Staaten, und vorzuͤglich in der Hauptstadt, mit den lebhaftesten Freudensbezeigungen empfangen worden. Auch Reggio hat sich bereits unter⸗ worfen. Se. Koͤnigl. Hoheit der Herzog hatte unterm 2. Maͤrz folgende Proclamation aus Cattajo erlassen:

„Franz IV., von Gottes Gnaden, Herzog von Modena, Reggio, Mirandola, Massa und Carrara, Erzherzog von Oesterreich, Koͤniglicher Prinz von Ungarn und Boͤhmen ze. 2c. 1c. In dem Augenblicke, wo Wir, unter dem Beistande Gottes, in der Mitte Unserer getreuen Truppen, unterstuͤtzt von denen, welche Se. Majestaͤt der Kaiser von Hesterreich, als erlauchtes Haupt Unserer Familie, Uns zur Huͤlfe geschickt hat, um dle durch eine Verschwoͤrung von Aufruͤhrern auf kurze Zeit gestoͤrte rechtmäßige Ordnung der Dinge wieder— herzustellen, in Unsere Staaten zuruͤckkehren, erklaͤren Wir, mit Beziehung auf Unsere, unterm Läten v. M. aus Mantua erlassene Proclamation, saͤmmtliche Akte, Befehle und Anord— nungen, die von den revolutionnairen Usurpatoren der Regie— rung Unserer Staaten ausgegangen sind, fuͤr null und nich⸗ tig, erklaren ferner, daß alle vor der letzten Revolution recht⸗ mäßig konstituirte Behoͤrden wieder eingesetzt sind, und be⸗ fehlen Allen und Jeden, welche zur Zeit des Ausbruchs ge⸗ dachter Revolution im Amte waren, unverzuͤglich die Aus— übung ihrer Functionen wieder anzutreten..

Wir setzen in die Aahänglichkeit und in die Treue der großen Mehrzahl Unserer geliebten Unterthanen, von denen Wir bei mehreren Gelegenheiten, und namentlich bei den letzten Ereignissen, so vlele Beweise erhalten haben, das Ver⸗ trauen, daß sie, Unserer Stimme Gehöͤr gebend, jeder in sei⸗ nem Wirkungskreise, zur Wiederherstellung der rechtmaͤßigen Ordnung mitwirken und die Befreiungstruppen mit Gesuͤh⸗ len der Dankbarkelt aufnehmen werden. Gegeben in Cat— tajo den 2. Maͤrz 1831. Franz.“

Der Gemeinde⸗Rath von Carpi hatte am 7. Maͤrz nach⸗ stehenden Aufruf an die Einwohner dieser Stadt und der Umgegend erlassen; Die gestern bekannt gemachte und angeschlagene Pro— clamation uns, wie sich Jeder bei dem hoͤchsterfreulichen Anlasse zu be— . rn hat, wo unser allergnädigster Landesherr mit wieder⸗

olten Versicherungen der Milde fuͤr pflichtmaͤßige Unterwer⸗

ing, aber gerechter Strenge . verbrecherische Hals star⸗ rigkeit, in Seine Staaten zur 1. „Wir, deren groͤßter Ruhm seit so vielen Jahrhunder—

ö ** haben dieselbe im vorgestrigen Blatte der St. . mit⸗ getheilt. .

r. Excellenz des Freiherrn von Frimont ) zeigt

ten darin bestanden hat, daß wir uns unter allen ergebenen

Unterthanen durch Treue und wahre Anhaͤnglichkeit an das Regentenhaus Este ausgezeichnet haben, duͤrfen nicht einen Augenblick zoͤgern, Alles anzuwenden, um einen so großen Ruhm zu behaupten.“

„Dem Gemeinde-Rath ist wohl bekannt, daß, außer den Wenigen, die sich bereits entfernt haben, alle Uebrigen stets Gesinnungen der Unterwuͤrfigkeit und Treue gegen den rechtmäßigen Landesherrn bewahrt haben, Gesinnungen, wel⸗ che der Gemeinde⸗Rath selbst nicht ermangelt hat, Sr. Koͤ⸗ niglichen Hoheit mittelst einer ansehnlichen Deputation zu unterbreiten.“

„Carpigianer! Gebt, wie immer, und besonders im ge— genwäartigen Augenblicke, der Stimme eurer Vorgesetzten Ge⸗ hoͤr, wo sich die Bahn euch oͤffnet, um euch zu jener Wohl—⸗ fahrt zuruͤckzufuͤhren, deren ihr immer unter dem Schutze der Estensischen Adler genossen habt. Fuͤr den Podesta: Der delegirte Administrator, Francesco Tarabini. G. M. Barzelli, Secretair.“ .

Vereinigte Staaten von Nord-Amerika.

New-⸗Hork, 17. Febr. Dle zeitherigen Kongreß⸗Ver⸗ handlungen bieten im Allgemeinen nichts von besonders er— heblichem Interesse dar. In den ersten Sitzungen beschaͤf— tigte man sich wie gewohnlich mit Ernennung der verschie⸗ denen Comités, um die einzelnen, in der Botschaft des Praͤ— sidenten dem Kongreß zur Berathung anempfohlenen Ge— genstaͤnde in Erwaͤgung zu ziehen. Spaͤter reichten die ver⸗ schiedenen Staatssecretaire der Finanzen, der Marine und des Krieges, ihre Jahresberichte ein. Nach dem Finanzbe— richt betrug die gesammte Staatseinnahme des Jahrs 1830 24,161,018 Dollars 79 Cenis. und die Gesammt-Ausgabe 25,096,941 Doll. 82 Cents. Nach Abzug des hieraus her⸗ vorgehenden Deficits von 835,923 Doll. Z Cents., von dem aus dem Jabre 1829 im Schatz nachgebliebenen Saldo von 5,755,704 Doll. 79 Cents., ergiebt sich in der Bilanz vom vorigen Jahre ein Ueberschuß von 4 919,781 D. 76 C.

Der Gesammt-Betrag der offentlichen Schuld war am 1.

Jan. 1831: 39,123,151 Dollars 68 Cents, wovon die eine

Hälfte nach dem Belieben der Regierung und die andere in

verschiedenen festgesetzten Terminen zuruͤckgezahlt werden muß. Die Waaren-Einfuhr betrug 68,560,000 und die Ausfuhr 73, 800,009 Dollars.

Die Botschaft des Praͤsidenten an den Kongreß ist eben so sehr der Gegenstand großer Lobeserhebungen, als anderer⸗ selts des bittern Tadels gewesen. Die Anhäaͤnger der Regie⸗ rung ruͤhmten sie wegen der einfachen Darstellung der wich— tigsten Gegenstaͤnde und wegen ihres patriotischen Geistes; dagegen nannten die Gegner derselben sie ein gefaͤhrliches, Besorgniß erregendes Aktenstuͤck, das unter einem Schwall von Worten die verderblichsten Doktrinen verberge. Die gemaͤ⸗ ßigte Partei erwartet indessen mit Ruhe die Verhandlungen des Kongresses, um einst ihr Urtheil nicht auf Worte, son⸗ dern auf Handlungen zu begruͤnden.

Die Artansas Zeitung meldet, daß Oberst Butler, Geschaͤftstraͤger der Vereinigten Staaten in Mexiko, der den speziellen Auftrag hatte, mit der Mexikanischen Regierung wegen eines Ankaufes von Texas zu unterhalten, in Folge des Einflusses der Partei des Vice-Praͤsidenten Bustamente, nicht im Stande gewesen ist, einen Vertrag abzuschließen.

Der Britische Gesandte Hr. Vaughan hat dem Was⸗ hingtoner⸗Verein zur Unterstuͤtzung armer Auslaͤnder ein Ge⸗ schenk von 200 Dollars gemacht.

Die in Philadelphia erscheinende National⸗Zeitung macht darauf aufmerksam, daß der Praͤsident Washington unter Ludwig XXI. zum Marschall von Frankreich ernannt wurde, um den Befehl uͤber den Franzoͤsischen General Ra⸗ chambeau uͤbernehmen zu konnen, der im Dienstalter dem

Praͤsidenten voranstand.

In einem Schreiben des Generals Lafayette an einen Freund in Washington, vom September v. J., heißt es un⸗ ter Anderem: „Ich bin zwar nicht der Meinung daß der bei uns errichtete republikanische Thron die beste Verfassung darbietet, indem ich die der Vereinigten Staaten bei weitem vorziehe, jedoch glaube ich, daß wir Alles gethan haben, was die Umstaͤnde erlaubten. In Frankreich giebt es keine 34 richtigere und aufgeklaͤrtere Vaterlandsfreunde, als den Koͤ⸗ nig ünd seinen Sohn. Fruͤher kannte ich sie nur wenig; doch seitdem ich ihnen naͤher trat, haben sie mir die groͤßte Freundschaft und das vollkommenste Vertrauen eingefloͤßt; und diese Gesinnung ist wechselseitig.“ .

Ein Herr Joseph Lee in Boston schenkte vor ,. einer dortigen Jrren⸗Anstalt 20, 000 Dollars, mit Vorbehalt eines 4 Jahre lang jahrlich zu zahlenden Honorars von

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=. Dollars an den Arzt und Ober-Aufseher der genannten nstalt. a. Jahre 1790 hatte die Stadt New-JYork 33,022, Philabelphla 42,520 und Baltimore 13,503 Einwohner. Nach der letzten, im vorigen Jahre vorgenommenen Zaͤh— lung, beträgt die Volksmenge in New⸗Hork 200,9g42, in Phi—⸗ ladesphia 170,000 und in Baltimore 8I, 909 Individuen, In Moravia, der Hauptstadt der Afrikanischen Kolonie Liberia, hat sich eine Gesellschaft gebildet, um den St. Pauls— Strom untersuchen zu lassen.

Inland.

Berlin, 21. Maͤrz. Am 14ten d. M. sind in diesem Jahre die ersten Schiffe von Swinemünde aus in See gegangen, und am Tage darauf ist das erste Schiff, von Luͤ⸗ beck aus mit Ballast kommend, daselbst angelangt. Die Was— sertiefe im Swinemuͤnder Fahrwasser betrug vom 12ten bis 14ten d. M. 183 Fuß.

Seit dem 1. Okt. 1829 besteht in der Stadt Köslin ein Verein zur Besserung sittlich verwahrloseter Kinder, dessen erster Jahresbericht jetzt im Druck erschienen sst. In der allein auf milden Gaben begruͤndeten Anstalt, welche fuͤr jetzt noch in einem gemietheten Lokal untergebracht ist, befan— den sich im Jahre 1829 vier und im verflossenen Jahre sechs i z welche sowohl in sittlicher Beziehung, als auch in

etreff ihrer Kenntnisse, hoͤchst verwahrlost zur Anstalt kamen. Die am 10. Sept. v. J. in Gegenwart der Direction gehal— tene Prufung gewährte die erfreuliche Ueberzeugung, daß die Bemuhungen des angestellten Lehrers einen recht gluͤcklichen Erfolg gehabt haben, indem nicht allein die Kenntnisse der Zoͤglinge, sondern auch ihre moralische Bildung sichtlich fort— eschritten waren. Die Stadt hat der Anstalt 2 Morgen r err zum Aufbau eines Gebaͤudes und zur Benutzung als Garten uͤberwiesen, in welchem letzteren die Zöglinge außer den Unterrichtsstunden mit dem Gartenbau beschaͤftigt werden.

Im Jahre 18390 sind im QOppelnschen Reglerungs— bezirke uͤberhaupt 4192 Rthlr. 16 Sgr. 6 Pf. an Kirchen und Schulen legirt und geschenkt worden. Die Legate und Ge— schenke zu wohlthaͤtigen Zwecken betrugen 38642 Rthlr. 12 Sgr. 10 Pf.

6. Im Laufe des verflossenen Jahres sind im Regie— rungs⸗Bezirke Marienwerder 9 Stuͤck alte Woͤlfinnen,

5 alte Wolfe, 17 junge Wolfe und 12 Nest-Woͤlfe, zusam⸗

men 43 Stuͤck, getoͤdtet und dafuͤr die gesetzlichen Praͤmien mit uͤberhaupt 342 Rthlrn. gezahlt worden.

Das Naumburger Kreisblatt enthaͤlt die Rech⸗ nungs-Ablegung des dasigen Magistrats uͤber die Karl Nied— nersche Schul- und Waisenstiftung und uͤber den Praͤmien— Fonds fuͤr fleißige, sittliche und beduͤrftige Jungfrauen der Stadt Raumburg. Bei erstgedachter Stiftung hat im Jahre 1830 eine Einnahme von 1092 Rthlr. 7 Sgr. 4 Pf. und eine Ausgabe von 400 Rthlr. staatgefunden; der Ueberschuß ist verzinslich angelegt worden. Der letztgenannte Fonds, welcher von dem dortigen Frauen-Verein im Jahre 1817 zur Feier des dritten Reformationsfestes gestiftet wurde, hat im verwichenen Jahre eine Einnahme von 112 Rthlr. 18 Sgr. gehabt, wogegen die Ausgabe nur 67 Rthlr. 17 Sgr. be— lu der Üeberrest aber ist ebenfalls verzinslich angelegt worben.

Literarische Nachrichten.

Opene di Lorenzo de' Mediei, detto il Magni- fig. Firenze, per Giusepp tipi Bodoniani. 1825. 4 Baͤnde, imp. 4to, zu⸗ sammen 1003 Seiten.

„Wenn mein Gemuͤth durch den Tumult oͤffentlicher Ge⸗

schaͤfts gestort, meine Ohren durch das Geschrei unruhiger Buͤr⸗ er er bl sind, wie wurde in . möglich seyn, solchen An⸗

strengungen zu widerstehen, fande ich nicht 1 9 der r Br

Wissenschaft.“ So schreibt Lorenzo in einem seine efe an Fieino, und gleicherweise in dem Kommentar uber seine Sonette:

„äs giebt vielleicht Einige, die mich beschuldigen werden, durch

Schrelben und Erlaͤutern uͤber Gegenstände bet 3 beson⸗

ders mitten unter meinen zahlreichen und unvermeidlichen Ge⸗

schaͤften, meine Zeit , . haben: auf diese Anklage

erwiedere ich bloß, daß die Beschuldigung gerecht a g f ĩ

Natur dem Menschen die Kraft verliehen, zu jeder Zeit

ol⸗ en Dingen hinzugeben, welche wahrhaft schaͤtzenswerth sind. a aber 6 . nui Wenigen zu Theil a * bei

diesen Wenigen die Gelegenheit, sie auszuuͤben, nicht oft im Le⸗ benslaufe vorkommen mag, so scheint es mir, daß in Betracht

e Molini, to'

unserer unvollkommenen Natur, solche Beschaͤftigungen als die besten angesehen werden muͤssen, an denen am wenigsten zu ta⸗ deln ist.“ In solcher Weise spricht sich Lorenzo, der gewandte und vielbeschaͤftigte Stagtsmann, der durch klassische Literatur und Philosophie, so wie durch genauen Umgang mit den groͤßten Gelehrten seines Jahrhunderts, genaͤhrte Geist (vielleicht aus al⸗ len Zeiten eines der schoͤnsten Muster wahrer . uber die Poesie aus, welcher er sich namentlich in seinen jugendlichen Jahren mit so vielem Eifer hingab. Es ist diesem Dichter im Laufe der Zeit nicht die Anerkennung geworden, auf welche er Anspruch machen kann; von Wenigen ist er naͤher gekannt, und von diesen Wenigen meist nur, nachdem Roscoes schoͤ⸗ nes Werk, welches namentlich seine Verdienste um Literatur und Kunst in ein so helles Licht setzt, zu Ende des vorigen Jahrhunderts die Ausmerksamkeit mehr auf ihn gelenkt hatte. Ünd doch, muß man Lorenzo de Medici als eine der Epochen in der Geschichte der Italiaͤnischen Poesie betrachten. Seit dem Tode Petrarcg's und Boccgecios (1374 und 75) war dieser Zweig der Literatur, dessen Aufbluͤhen mit Brunetto Latini, Gaids Cavalcanti u. A. begonnen, sich in Dante zur hoͤchsten Stufe em⸗ porgeschwungen hatte, in Mattigkeit und Chagrakterlosigkeit ver⸗ sunken, waͤhrend Philosophie und klassische Literatur beinahe die ungetheilte Aufmerksamkeit der großen Geister der Nation in Anspruch nahm. Ein thaͤtigeres Leben begann sich nun in Lo⸗ renzo's Jugendzeit Cer war geboren 1443) zu Florenz, ngment⸗ lich durch die drei Bruͤder Pulci, M so wie durch Burchięello zu regen, worin er selber freudig einstimmte. Bon der frühen Reife seines Geistes zeugt der Umstand, daß er schon vor seinem 17ten Jahre viele Sonette, Kanzonen u. s. w. gedichtet hatte, wovon er 1465 dem Sohne des Königs von Neapel Friedrich von Aragon) zu Pisa einige mittheilte. Außer den Genannten gesellten sich zu ihm nun noch der treffliche Polizia mo und der Graf Bojardo, welche vereint die Bluͤthezeit des romantischen Epos, die mit Ariosto und Tasso eintrat, verkuͤndeten un

einleiteten. An einzelne Lebens-Ereignisse Lorenzo's knuͤpft sich das Wirken einiger dieser Dichter, so Luca Puleis Gedicht auf das Turnier (Giostra) Lorenzo's (4468), welchem die Stan zen Polizians, damals erst 14 Jahre alt (daß er sie so fruͤh ge⸗ schrieben, bezweifelt Ginguen «), auf das Turnier Giuliano s de Medici (des juͤngeren Bruders Lorenzos, und in der Ver⸗ schwörung der Pazzi umgekommen) m . gleicherweise die vie⸗ len Lateinischen Gedichte von Polizian, u golino Verini u. A., die sich auf Lorenzo beziehen. ü

Die um fassendste Charakteristik und Würdigung des poeti⸗

schen Verdienstes dieses Mannes hat Roscoe in seinem schon genannten Werke geliefert, worauf ich, da ein Ein⸗ ehen darauf nicht der Zweck dieser literarischen Notiz seyn ann, verweise. Nur bleibt mir noch uͤbrig, von der Aufnahme zu reden, welche diese Gedichte bei den Zeitgenossen fanden. Sie mußte fuͤr ihren Verfasser sehr schmeichelhaft seyn. Bewaͤhrte Maͤnner, wie Poliziano und Pieo della Miran dola, spen⸗ den ihnen das hoͤchste Lob. „Es werden (sagt Letzterer in einem Lateinischen Briefe an Lorenzo, vom Juli as) besonders zwei Dichter der Florentinischen Mundart hochgeachtet, Francesco Pe⸗ trarea und. Dante Alighieri; in dem ersten aber vermissen Ge⸗ lehrte haͤufig die Gegenstaͤnde, in dem zweiten die Worte. In Dir hingegen wird, wer Geist und Ahr hat, keines von beiden vermissen, da es bei Dir zweifelhaft ist, ob die Sache mehr durch die Rede, oder das Wort durch den Sinn geziert werde. Einer der neueren kompetentesten Kunstrichter, Ginguensé, sagt von Lorenzo (llistoire de la Litt. ital. F. J. Chap. 22), daß er hin⸗ sichtlich seines poetischen Verdienstes zu den ersten Geistern der Italiaͤnischen Literatur zu rechnen sey und seine Sonette die des Petrarea nicht selten an Natur und Einfachheit uͤbertraͤfen. Die Ürtheile der Literar-Historiker Tiraboshi und Muratort (Della perfetta poesia italiana. Vol. 2. E. 376) sind nicht minder anerkennend.

Es waren bisher, neben mehreren Ginzeldrucken, drei Ge⸗ sammt⸗Ausgaben der Werke Lorenzo's erschienen: die Abdina, 1554; die von Pietro Lancellotti zu Bergamo, 1763, und die von Nardini und Bulau in London, 1806. Heine von diesen Edi⸗ tionen ist indeß vollstaͤndig, und ihre kritische Bearbeitung laͤßt viel zu wuͤnschen uͤbrig. Es muß Laher mit der groͤßten Dank⸗ barkeit anerkgnnt werden, daß ein erhabener Freund und Beschuüͤz⸗ ler der Kunst und Literatur, des jetzigen Gro R s von Toskana K. Hoheit, dem die Wohlfahrt so sehr als der alt⸗ ererbte Ruhm seines schoͤnen Landes am Herzen liegt, seine eige⸗ nen Mußestunden einer von ihm mit einer Vorrede ausgestatte⸗ ten neuen Ausgabe der Werke des Mannes widmete, dem Florenz und Toskana so viel verdanken. Diese im Aecußern sowohl als im Innern vortrefflich und mit der größten Sorgfalt gusgestat⸗ tete Sammlung erschlen 1825. Zum Grune wurde dahei tel gt die Bergamer Ausgabe als die , . zur Berichtigung und 5 stellung, des Tettes wurden indeß neben den Übrigen Drucken 35 Codices benutzt und derselbe dadurch moöͤglichst ver⸗ vollstaͤndigt und gelaͤutert. Von diesen Handschriften, die ent⸗ weder hloß a, , i. oder auch ö e anderer Dichte sei⸗ ner Zeit enthalten, gehbren 7 der Bibliotheca Mediceo- Lauren- tian zu Florenz, 7 der Bibl. Magliabecchiana daselbst, 3 der

d Luca Pulei's Ciriffo calvanco, ngch dem Volksbuche: U poxero avveduio, ist das erste eigentliche romantische Epos der Italianer in Quaverime. Vergl. darüber ü. Pan izzös ‚„Kssay on ihe ramantic narrative poeiry o ihe Jialians' (in seiner Ausgabe des Bojardo und n. London, 18309. Bd. 1. p. 193). Bekannter ist der Morgante maggiore seine Bruders Luigi.