1831 / 116 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

lege sind, wobei zwischen diesen Extremen noch die groͤßte annigfaltigkeit sonstiger Ungleichheit vorhanden ist. Als eine nächste Folge hat sich ergeben, daß die Besetzung einer gro— ken Amjahl von Parlaments⸗Stellen sich in den Händen ener geringen Zahl von Individuen befindet, wie berechnet worden, die Majorität des Hauses in den Händen von 150 Vornehmen, daß ferner die noch bedeutendere Amahl von Sitzen käuflich, zum

LCheil ein anerkannter Handels-Gegenstand ist, so daß der Besitz ei⸗ ner solchen Stelle durch Bestechung, förmliche Bezahlung einer

ewissen Summe an die Stimmberechtigten erworben wird, oder

erhaupt in vielfachen andern Modiftcationen sich auf ein Geld— verhältniß reducirt.

Es wird schwerlich irgendwo ein ähnliches Symptom von po— litischer Verdorbenheit eines Volkes aufzuweisen seyn. Montes⸗ quieu hat die Tugend, den uneigennützigen Sinn der Pflicht gegen den Staat, für das Princip der demokratischen Verfassung erklärt; in dem Englischen hat das demokratische Element ein be⸗ deutendes Gebiet in der Theilnahme des Volks an der Wahl der Mitglieder des Unterhauses, der Staatsmänner, welchen der vichtigste Theil der über die allgemeinsten Angelegenheiten be— schließenden Macht zukommt. Es ist wohl eine ziemlich überein— stimmende Ansicht der pragmatischen Geschichtsschreiber, daß, wenn in einem Volke in die Wahl der Staatsvorsteher das Privat⸗Inter⸗ esse und ein schmutziger Geldvorthoil sich überwiegend einmischt, solcher Zustand als der Vorläufer des nothwendigen Verlusts seiner politischen Freiheit, des Untergangs seiner Verfassung und des Staa⸗ tes selbst zu betrachten sey. Dem Stolze der Englischen Freiheit gegenüber dürfen wir Deutsche wohl anführen, daß, wenn auch die ehemalige Deutsche Reichsverfassung gleichfalls ein imförm⸗ liches Aggregat von particulairen Rechten gewesen, dieselbe nur das äußere Band der Deutschen Länder war und das Staats- leben in diesen in Beziehung auf die Besetzung und die Wahl⸗ rechte zu den in ihnen bestandenen Ländern nicht solche Anoma— lie, wie die erwähnte, noch weniger jene alle Volksklassen durch— dringende Eigensucht, in sich hatte. Wenn nun auch neben dem demokratischen Elemente das aristokratische in England eine so höchst bedeutende Macht ist und es den rein aristokratischen Regierungen, wie Venedig, Genua, Bern u. s. f. zum Vor⸗ wurfe gemacht worden, daß sie ihre Sicherheit und Festigkeit in dem Versenken des von ihnen beherrschten Volks in gemeine Sinnlichkeit und in der Sitten⸗Verderbniß desselben finden, und wenn es ferner selbst zur Freiheit gerechnet wird, seine Stimme an nach Gefallen, welches Motiv den Willen bestimme, zu ge— en, so ist es als ein gutes Zeichen von dem Wieder-Erwachen des moralischen Sinnes in dem Englischen Volke anzuerkennen, daß eines der Gefühle, welche das Bedürfniß einer Reform her⸗ beigeführt, der Widerwille gegen jene Verderbtheit ist. Man wird es gleichfalls für den richtigen Weg anerkennen, daß der Versuch der Verbesserung nicht mehr bloß auf moralische Mittel der Vorstellungen, Ermahnungen, Vereinigung einzelner Indivi⸗ duen, dem Systeme der Corruption nichts zu verdanken und ihm entgegen zu arbeiten, gestellt werden soll, son⸗ dern auf die Veränderung der Institutionen; das gewöhnliche Vorurtheil der Trägheit, den alten Glauben an die Güte einer Institution noch immer festzuhalten, wenn auch der davon ab— hängende Zustand Ern verdorben ist, hat auf diese Weise end⸗ lich nachgegeben. Eine durchgreifendere Reform ist um so mehr gefordert worden, als die bei dem Eintritt jedes neuen Parla⸗ ments aus Veranlassung der Anklagen wegen vergefallener Be⸗ stechung entstehenden Propositionen zu einer Verbesserung ohne bedeutenden Erfolg blieben; als selbst der kürzlich gemachte, sich so sehr empfehlende Vorschlag, das wegen erwiesener Bestechung einem Flecken genommene Wahlrecht auf die Stadt Birming⸗ ham überzutragen und damit eine billige Geneigtheit selbst zu einer höchst gemäßigten Abstellung der auffallendsten Ungleichheit

zu bezeigen, durch ministerielle Parlaments⸗-Taktik besonders des

sonst für freisinniger gepriesenen Ministers Peel wegmanövrirt wor⸗ den war und ein im Beginn der Sitzung des gegenwärtigen Parlaments genommener großer Anlauf sich darauf reducirt hat, daß den Candidaten verboten worden, Bänder an die ihnen günstig gesinnten Wähler ferner auszutheilen. Die Anklagen eines zur Wahl berechtigten Orts wegen Bestechung und die Untersuchungen und der Prozeß darüber waren, da die Mitglie⸗ der der beiden Häuser, welche die Richter über solches Verbrechen sind, in überwiegender Anzahl in das System der Corruption ver⸗ wickelt sind und im Unterhause die Mehrzahl ihre Sitze demsel⸗ ben verdankt, für bloße Farcen und selbst für schaamlose Proce⸗ duren zu offen und zu laut erklärt worden, als daß auf solchem Wege auch nur einzelne Remeduren mehr erwartet werden konnten. Der im Parlament gegen Angriffe auf positive Rechte sonst gewöhnliche Grund, der aus der Weisheit der Vorfahren genommen wird, ist bei dieser Gelegenheit nicht geltend gemacht worden; denn mit dieser Weisheit, welche darein zu setzen ist, daß die Austheilung von Wahlrechten der Parlamentsglieder nach der damaltgen Bevölkerung oder sonstigen Wichtigkeit der Grafschaf⸗ ten, Städte und , . bemessen worden ist, steht das Verhältniß in zu grellem Widerstreit, wie sich Bevölkerung, Reich⸗ thum, Wichtigkeit der Landschaften ünd der Interessen in neueren Jeiten gestellt haben. Auch ist der Gesichtspunkt, daß so viele In⸗ dividuen eine Einbuße an Vermögen, eine noch größere Menge an einer Geld⸗Einnahme verlieren, nicht zurSprache gebracht worden; der Geldgewinn, der aus der direkten Bestechung gezogen wird, ist, obgleich alle Klassen durch Geben oder Empfangen dabei be— theiligt sind, gesetzwidrig. Der Kapitalwerth, der an den Burg—⸗ flecken, denen ihr Wahlrecht genommen werden soll, verloren geht, gründet sich auf die im Lauf der Zeiten geschehene Verwandlung eines politischen Rechts in einen Geldwerth, und obgleich der Er— werb üm einen Preis, der nunmehr herabsinkt, so gut als beim Ankauf von Sklaven bona fide geschehen und sonst im Englischen Parlamente bei neuen Geseßzen in solchem Fall sehr auf die Ex— haltung reellen Eigenthums und auf Entschädigung, wenn für dasselbe ein Verlust entsteht, Bedacht enommen wird, so sind doch im gegenwartigen Falle keine Ansprüche darauf, noch Schwie— rigkeit von dieser Seite her erhoben worden; so sehr dieser Um⸗ stand als Motiv gegen die Bill bei einer Anzahl von Parlaments— gliedern wirksam seyn mag. in Dagegen wird ein anderes, England vorzugsweise eigenthüm— liches, Rechts⸗-Princip durch die Bill angegriffen, nämlich der Charakter des Positiven, den die Englischen Institutionen des Staats⸗Rechts und Privat⸗Rechts überwiegend an sich tra⸗ gen. Jedes Recht und dessen Gesetz ist zwar der Form nach ein positives, von der obersten Staatsgewalt verordnetes und gesetz⸗ tes, dem darum, weil es Gesetz ist, Gehorsam geleistet werden muß. Allein zu keiner Zeit mehr als heutiges Tages ist der allgemeine Verstand auf den Unterschied . worden, ob die Rechte auch nach ihrem materiellen Inhalte nur positiv, oder auch an und für sich recht und vernünftig sind, und bei keiner Verfassung wird das Urtheil so sehr veranlaßt, diesen Un⸗ terschied jn beachten, als bei der Englischen, nachdem die Conti⸗ nental⸗Völker sich so lange durch die Declamationen von Engli⸗

2 854 scher Freiheit und durch den Stolz der Nation auf ihre Gesetz⸗ gebung haben imponiren lassen. Bekanntlich beruht diese durch und durch auf besondern Rechten, Freiheiten, Privilegien, welche von Königen oder Parlamenten auf besondere Veranlassungen ertheilt, verkauft, geschenkt oder ihnen abgetrotzt worden sind; die Magna Charta, Bill of rights, über die wichtigsten Grund⸗ lagen der Englischen Verfassung, die nachher durch Parlaments⸗ Beschlüsse wester bestimmt worden sind, sind mit Gewalt abge⸗ drungene Concessionen, oder Gnaden⸗Geschenke, Pacta u. s. f., und die Staatsrechte sind bei der privatrechtlichen Form ihres Ur⸗ sprunges und damit bei der Zufälligkeit ihres Inhalts stehen ge⸗ blieben. Dieses in sich unzusammenhängende Aggregat von po⸗ sitiven Bestimmungen hat noch nicht die Entwickelung und Um— bildung erfahren, welche bei den civilisirten Staaten des Conti⸗ nents durchgeführt worden und in deren Genuß z. B. die Deut⸗ schen Länder sich seit längerer oder kürzerer Zeit befinden. In England mangelten bisher die Momente, welche den vornehmli⸗ chen Antheil an diesen so glorreichen als glücklichen Fortschritten haben. Unter diesen Momenten steht obenan die wissenschaftli⸗ che Bearbeitung des Rechts, welche einerseits allgemeine Grund— lagen auf die besonderen Arten und deren Verwickelungen ange⸗ wendet und in ihnen durchgeführt, andererseits das Concrete und Spezielle auf einfachere Bestimmungen zurückgebracht hat; dar⸗ aus konnten die nach allgemeinen Prinecipien überwiegend verfaßten Landrechte und staatsrechtlichen Institutionen der neueren Continental-Staaten hervorgehen, wobei in Ansehung des Inhalts dessen, was gerecht sey, der allgemeine Menschen⸗ Verstand und die gesunde Vernunft ihren gebührenden Antheil haben durften. Denn ein noch wichtigeres Moment in Umge—

staltung des Rechts ist zu nennen, der große Sinn von Für⸗

sten, solche Principien, wie das Beste des Staates, das Glück ihrer Unterthanen und den allgemeinen Wohlstand, vornehmlich aber das Gefühl einer an und für sich seyenden Gerechtigkeit, zu dem Leitsterne ihrer legislatorischen Wirksamkeit zu machen, mit welcher zugleich die gehörige monarchische Macht verbunden ist, um solchen Principien gegen bloß positive Privilegien, her— gebrachten Privat-Eigennutz und den Unverstand der Menge Ein— gang und Realität zu verschaffen. England ist so auffallend in den Institutionen wahrhaften Rechts hinter den andern eivili— sirten Staaten Europa's aus dem einfachen Grunde zurückge—

blieben, weil die Regierungs-Gewalt in den Händen derjenigen

liegt, welche sich in den Besitz so vieler einem vernünftigen Staatsrecht und einer wahrhaften Gesetzgebung widersprechenden Privilegien befinden.

Dieses Verhältniß ist es, auf welches die projectirte Re⸗ form⸗Bill eine bedeutende Einwirkung haben soll; nicht aber etwa dadurch, daß das monarchische Element der Verfassung eine Erweiterung von Macht bekommen sollte; im Gegentheil, wenn der Bill nicht sogleich allgemeine Ungunst entgegenkommen soll, muß die Eifersucht gegen die Macht der Krone, wohl das hartnäckigste Englische Vorurthell, geschont bleiben, und die vorgeschlagene Maaß⸗ regel verdankt vielmehr einen Theil ihrer Popularität dem Umstande, daß jener Einfluß durch sie noch geschwächt gesehen wird. Was das große Interesse erweckt, ist die Besorgniß einerseits, die Hoffnung andererseits, daß die Reform des Wahlrechts andere materielle Reformen nach sich ziehen werde. Das Englische Princip des Positiven, auf welchem dort, wie bemerkt, der allge— meine Rechtszustand beruht, leidet durch die Bill in der That eine Erschütterung, die in England ganz neu und unerhört ist, und der Instinkt wittert aus diesem Umsturz der formellen Grund— lage des Bestehenden die weitergreifenden Veränderungen.

Von solchen Aussichten ist im Verlaufe der Verhandlungen des Parlaments Einiges doch mehr beiläufig erwähnt worden; die Urheber und Freunde der Bill mögen theils in dem guten Glauben seyn, daß sie nicht weiter führe, als sie eben selbst reicht, theils, um die Gegner nicht heftiger aufzuregen, ihre Hoff— nungen nicht lauter werden lassen; wie die Gegner das, wofür sse besorgt sind, nicht als einen Preis des Sieges vorhalten mö— gen; da sie viel besitzen, haben sie allerdings viel zu verlieren. Daß aber von dieser substantielleren Seite der Reform nicht mehr im Parlament zur Sprache gebracht worden ist, daran hat die Gewohnheit einen großen Antheil, daß bei wichtigen Gegen— ständen in dieser Versammlung immer die meiste Zeit mit Er— klärungen der Mitglieder über ihre persönliche Stellung verbracht wird; sie legen ihre Ansichten nicht als Geschäftsmänner, sondern als privilegsrte Individuen und als Redner vor. Es ist in Eng— land für die Reform ein weites, die wichtigsten Zwecke der bür—

erlichen und Staatsgesellschaft umfassendes Feld offen. Die

zothwendigkeit dazu beginnt gefühlt zu werden; Einiges von dem, worauf bei der Gelegenheit gedeutet worden, mag als Bei⸗ spiel dienen, wie viele Arbeit, die anderwärts abgethan ist, für England noch bevorsteht. Unter den Aussichten auf materielle Verbesserungen wird zu allererst die Hoffnung zu Ersparnis⸗ sen in der Verwaltung gemacht; so oft aber dies Thema als durchaus nothwendig für die Erleichterung des Drucks und des allgemeinen Elends, in dem sich das Volk befinde, von der Op⸗ posstion angeregt wird, so wird auch jedesmal wiederholt, daß alle Anstrengungen dafür bisher vergeblich gewesen, auch die von den Ministerien und selbst in der Thronrede gegebene populaire Hoffnung jedesmal getäuscht worden sey. Diese Declamationen werden nach allen seit 15 Jahren gemachten Reductionen der Taxen auf dieselbe Weise wiederholt. Zur endlichen Erfüllung derselben werden in einem reformirten Parlament bessere Aus—⸗ sichten gezeigt, nämlich in der größern Unabhängigkeit einer groͤ— ßern Anzahl seiner Mitglieder von dem Ministerium, auf dessen Schwäche, Hartherzigkeit gegen das Volk, Interesse u. s. f. die Schuld einer fortdauernden übermäßigen Ausgabe geschoben wird. Zieht man aber die Hauptartikel der Englischen Staats⸗-Aus⸗ gabe in Erwägung, so zeigt sich kein großer Raum für das Er— sparen; der eine, die Zinsen der enormen Staatsschuld, ist kei⸗ ner Verminderung fähig; der andere, die Kosten der Land- und Seemacht mit Einschluß der Pensionen, hängt nicht nur mit dem politischen Verhältnisse, besonders dem Interesse der Basis der Englischen Existenz, des Handels, und mit der Gefahr in— nerer Aufstände, sondern auch mit den Gewohnheiten und An— forderungen der diesem Stande sich widmenden Individuen, im Wohlleben und Luxus den andern Ständen nicht nachzustehen, aufs imnigste zusammen, so daß sich ohne Gefahr hier nichts ab— dingen ließe. Die Rechnungen, welche das Geschrei über die so berüchtigten Sinecuren an den Tag gebracht hat, haben ge— zeigt, daß auch eine gänzliche ohne große Ungerechtigkeit nicht zu bewirkende Aufhebung derselben kein wichtiger Gegenstand seyn würde. Aber man braucht sich auf das Materielle nicht einzu— lassen, sondern nur zu bemerken, daß die unermüdlichen, in das kleinste Detail der Finanzen eingehenden Bemühungen eines Hume so gut als immerfort erfolglos sind; dies kann nicht allein der Corruption der Aristokratie des Parlaments und der Nach— giebigkeit des Ministeriums gegen sie, deren Beistand es bedarf, und welche sich und ihren Verwandten die mannigfachsten Vor— theile durch Sinecuren, überhaupt einträgliche Stellen der Ver—

waltung, des Militairdienstes, der Kirche ünd des Hofes ve schaffen, zugeschrieben werden. Die verhältnißmäßig sehr g ringe Stimmenzahl, welche solche Vorschläge zur Verminderun der Ausgaben für sich zu haben pflegen, deutet auf einen gern gen Glauben an die Möglichkeit oder auf ein schwaches Intn esse für solche Erleichterungen des angeblichen allgemeinen Druch gegen welchen die Parlamentsglleder allerdings durch ihr Reichthum geschützt sind. Diejenige Fraction derselben, welch für unabhängig gilt, pflegt auf Seiten des Ministeriums zu sey und diese Unabhängigkeit zeigt sich zuweilen geneigt, weiter n gehen, als es ihrem gewöhnlichen Verhalten oder den Vorwin fen der Opposition nach scheinen sollte; bei Gelegenheiten, h das Ministerium ein ausdrückliches näheres Interesse für enn Geldbewilligung darlegt, wie vor einigen Jahren eine Zulag von 1000 Pfd., die für den so sehr geachteten Huskisson, w cher um der Ueberhäufung seiner verdienstlichen Geschäfte n Handels-Burean willen eine einträgliche Stelle aufgab, von den Ministerium mit großem Interesse in Vorschlag gebracht wun— mit großer Majorität abgeschlagen worden ist; wie dies auch h Vorschlägen von Erhöhung der für England eben nicht reich zugemessenen Appanagen Königlicher Prinzen nicht selten gewen ist; in diesen eine Persönlichkeit und das Gefühl von Anstan betreffenden Fällen hat die Leidenschaftlichkeit die sonst bewiesnh Lauigkeit des Parlaments für Ersparnisse überwunden.

So viel ist wohl einleuchtend, daß keine Reformbill die Ursachg

Englands und Frankreichs Beispiel könnte sogar zu der Indu tion führen, daß Länder, in welchen die Staats-Verwaltung die Bewilligung von Versammlungen, die vom Volke gewih sind, gelegt ist, am stärksten mit Auflagen belastet sind; in Frankreit wo der Zweck der Englischen Reformbill, das Wahlrecht auf enn beträchtlichere Anzahl von Bürgern auszudehnen, in großg Maße ausgeführt ist, wurde so eben in Französischen Blätin glichen, das täglich bedeutende Fortschritte mache. Um grün Staats-Verwaltung zu mindern, würde zu tief in die inna Verfassung der particulairen Rechte eingegriffen werden müsstn es ist keine Macht vorhanden, um bei dem enormen Reichthm der Privat-Personen ernstliche Anstalten zu einer erkleklich Verminderung der ungeheuren Staatsschuld zu machen. exorbitanten Kosten der verworrenen Rechtspflege, die den W der Gerichte nur den Reichen zugänglich machen, die Armentan welche ein Ministerium in Irland, wo die Nothwendigkeit

sehr als die Gerechtigkeit sie forderte, nicht einzuführen vermögn würde, die Verwendung der Kirchengüter, der noch wel Erwähnung geschehen wird, und viele andere große Zweige n gesellschaftlichen Verbandes setzen für eine Abänderung noch dere Bedingungen in der Staatsmacht voraus, als in der R

schaffung der Zehnten der Kirche, der gutsherrlichen Rechte, Jagdrechte, die in Frankreich geschehen, erwähnt; alles di sey unter den Auspicien eines patriotischen Königs und eim reformirten Parlaments geschehen; und die Richtung Rede scheint die Aufhebung von Rechten jener Art für su schon als einen bedauerlichen Umsturz der ganzen Consth tion zu bezeichnen, außerdem, daß sie noch die gräuelvolle Anm chie jenes Landes zur Folge gehabt habe. Bekanntlich sind andern Staaten dergleichen Rechte nicht nur ohne solche Fohn

tige Grundlage von vermehrtem Wohlstand und wesentlicher Fu heit betrachtet worden. Daher möge einiges Weitere darth

hier angeführt werden. (Fortsetzung folgt.)

Königliche Schauspiele.

Dienstag, 26. April. Im Opernhause: Die Doppeltwg heiratheten, Lustspiel, in 1 Akt. Hierauf: Der Gott und Bajadere, Oper mit Ballet und Pantomime in 2 Abtheilung Musik von Auber.

Im Schauspielhause: 1) Malvina, on: Un Mariage d' clination, drame- vaudeville en 2 actes. 2) La seconde présentation de: La Separation, comédie nouvelle en 34 tes et en prose, par Mal. Meélesville et Carmouche.

Kön ig städt r sch es Theater. Dienstag, 26. April. Der alte Geist in der modernen Wi Zauberspiel mit Gesang in 2 Akten; Musik von Volkert. Hip

auf: Das Fest der Handwerker, Lokalposse in 1 Akt.

Berliner Börse. Den 25. April 1831.

Amtl. Fonds- und Geld-Cours- Zettel. (rer s. Chu, kn d Sb? 86 Osipr. Elandbri. 4 I]

98 977 Pomm. Pfandbrl. 4 164 95 Kur- u. Neum. do. 4 103 ih 4 7

St. Schuld- Sch. Pr. Engl. Anl. 18 Er. Engl. Anl. 22 Pr. Engl. Obl. 30 Kurm. Obl. m. l. C. eum. Int. Sch. do. Berl. Stadt - Oblig. Königsbg. do.

Elbinger do.

Danz do. in Ih. Westpr. Pfandbr. S9 89) Grosshz. Pos. do. ò990

Aus würtige Börsen. Hamburg, 23. April. Oesterr. 4proc. Metall. J3. Bank- Actien 995. Russ. Inn Anl. 86. Russ. Anl. Hamh. Cert. 84. Din. 553. Poln. 933. Wien, 20. April. sproc. Metall. 83. 4proc. JI. Loose zu 100 FI. 1553. Pin Oblig. 1148. Bank-Actien 9901. // / /// ///

NACGHISCEHELRIERE. Paris, 19. April. Herr Casimir Périer hat der Paß Kammer schriftlich angezeigt, daß der König sich morgen (20 um 1 Uhr Mittags in die Deputirten-Kammer begeben wen um die Session von 1830 in Person zu schließen.

7897 79 Schlesische d. 102 85 RERst. C. d. R- u. X. S5! 1. Sch. d. K- u. N. 8 Q 85

353

Holl. vollwv. Dub. Neue dito

Friedrichsd'or ..

Disconto

n E . . 0 9 0 e

87. 75. Zproc. pr. compt. 59. 15. sin conr. 59. 10. proc. Il pol. * compt. 65. 5. fin Cour. 65. 5proc. Spanische Rin perp. 45. z

Frankfurt a. M., 22. April. Oesterr. Fproc. Metall. 8h S835. 4proc. 733. 73. 2zproc. 423. 1proc. 183. Brief. Bl Actien 1219. 1215. Partial⸗-Oblig. 1157. 1157. Loose zu 1060 159. Brief. Poln. Loose 453. 45.

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der hohen Besteuerung in England direkt aufzuheben vermmn

das Budget dieses Landes mit einem hoffnungsvollen Kinde nn 9 9

liche Vorkehrungen zu treffen, den drückenden Zustand der Englisch

formbill enthalten sind. Beiläufig wurde im Parlament die

ken, der die Wiener Kongreß⸗Akte unterzeichnet hatte.

Redacteur John. Mitredaeteur Cottel. im Werte iñt

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Allgemein

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eitung.

Berlin, Dienstag den 26 sten April Abends.

r n , e mm . ö 212 —— . 2 22 / **. x 2 2

k 2 K 28 K . / 8

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Seine Majestät der König haben dem im Kriegs-Ministe⸗ um bei der Abtheilung für die persönlichen Angelegenheiten ngestellten Kanzlei⸗Diener Schneider das Allgemeine Ehren— eichen zu verleihen geruht.

Abgereist: Der Herzogl. Sachsen-A Altenburgsche Staats— Minister, Edler von Braun, nach Altenburg.

Der Königl. Schwedische General-Konsul zu Stralsund, hon Lundblad, nach Greifswald.

Zeitungs-Rachrichten.

Ausland.

Frantre icch.

Pairs-Kammer. Die Sitzung vom 18. April er— zfnete der Präsident, indem er der Versammlung das nachste—

hende an ihn gerichtete Schreiben des Herrn Caf. Périer mit—

sheilte: „M. H.! Ich beehre mich Ihnen nnn eigen, daß Se. e fir sich am nächsten Mittwoch um 1 Uhr Mittags, Be— ufs der Prorogirung der Session von 1830, in die Deputirten— kammer begeben werden. Haben Sie die Güte, die Pairs⸗ sammer hiervon zu benachrichtigen, damit sie an dieser Königl. Litzung Theil nehmen und die große Deputation zum Empfange des Königs ernennen könne. Die Herren Pairs werden ein be— ondetes Zimmer vorfinden, in dem sie sich vor ihrem Eintritte den Sitzungs⸗Saal versammeln können. Empfangen Sie u. w.“ Hierauf begannen die Berathungen über den Gesetz— Entwurf wegen des der Regierung zu bewilligenden eventuellen dredits von 100 Mill. Fr. Der Graf v. Montalembert, wel—⸗ ther gegen den Entwurf auftrat, erklärte, daß es nicht seine Ubsicht fey, sich einer systematischen Opposition zu überlassen; er hre vieiniehr den Charakter und das frühere politische Leben des Fraͤsidenten des Minister-Raths, und wenn dieser sich bei der ebernahme der Geschäfte mit tüchtigen Männern umgeben hätte, würde er (der Redner) unbedenklich den verlangten Kredit be⸗

verschwunden, sondern die Abschaffung derselben ist als eine uc miligen; e aber habe Herr Cas. Pẽérier sich bei der Bildung

dez Ministeriums offenbar von Einflüssen beherrschen lassen, die

mächtiger als sein Wille gewesen wären, indem man sich sonst seine Verbindung mit Männern, deren Grundsätze er in den beiden Fragen der Nicht⸗Einmischung und der Haussuchungen getadelt, unmöglich erflaren könnte; so lange das Ministerium die gegenwärtige Rich⸗ tung der Gemüther und die Anforderungen der Revolution nicht zu würdigen verstehe, könne er demselben unmöglich die verlang⸗

ten Gelder anvertrauen. „Unsere Lage“, fuhr der Redner fort, „berschlimmert sich mit jedem Tage. Nicht bloß die Dynastie, nein, das Heil Frankreichs, seine Unabhängigkeit, die Integrität seines Gebiets, Alles steht auf dem Spiele, und ich bleibe dabei, daß wir binnen kurzem einen Krieg auf Tod und Leben zu be— stehen haben werden, sobald nicht eine energische Regierung dem

Lande jenen Aufschwuüng und jene Begeisterung zurückgiebt, die allein

unsern Feinden Achtung gebieten können. Fürchten Sie nicht, m. H., daß ich auf die Londoner Konferenz⸗Protokolle zurück⸗ lomme. Jedermann weiß jetzt, woran er sich in dieser Bezit—⸗ hung zu halten hat; Jedermann weiß, daß das Ministerium sich vet den Folgen des von ihm aufgestellten absoluten Princips ge⸗ fürchtet und daß die Unabhängigkeit Belgiens immer nur in dem Kopfe des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten existirt hat. Erlauben Sie mir dagegen, daß ich auf die erste wahre Quelle Aller unserer politischen Trübsale hinweise. Der Herr Graf Sebastiani behauptet, man habe gleich nach der Revolu⸗ tion entweder den damaligen status quo anerkennen oder sich zu einem Kriege eutschließen müssen. Hierauf erwiedere ich aber, daß kein sialus quo anzuerkennen war, da es überhaupt keinen solchen mehr gab, indem durch den Umsturz des Threns

und die Vernichtung des Princips der Legitimität, durch die Be—

rusung einer neuen Dynastie und die Verkündigung des Prin⸗ eipß der Volksherrschaft das politische System von Europa gänz⸗ lich verändert worden war. Dieser unselige Gedanke aber, daß man einen nicht mehr bestehenden gtatus quo aufrecht erhalten müsse, ist an allen unsern Uebeln Schuld; er war es, der die Regierung veranlaßte, einen Diplomaten nach London zu schik⸗ Nie werde ich vergessen, welchen Eindruck diese seltsame Ernennung auf mein Gemüth machte. Man wird mir vielleicht antworten, daß ich

mit Leidenschaft spreche (der Marschall Mortier: Gewiß!). Num

ja, Herr Marschall, ich bin leidenschaftlich, aber für die Ehre und den Ruhm meines Vaterlandes, und eben weil das System der Minister mir weder für die eine, noch für den anderen hürgt, kann ich ihnen auch meinen Beistan? nicht leihen (lange Unter⸗ brechung). Man spricht uns beständig von den friedferligen Ge— sinnungen der fremden Mächte; was versteht man aber hierun⸗ ter? Doch nicht das Versprechen der Räunning des Kirch ensteats von den Oesterreichern, nachdem das Wiener Kabinet den

5pr x Zweck seiner Intervention erreicht hat? Dies sähe alhusehr einer d ir n , Wenn , doch so friedlich gesinnt ist, warum giebt man uns dann nicht mindesiens unsere Granze von 1789 zurück? Hierin würde ssch der wahre Wunsch zeigen, einen allgeineinen Krieg zu vermeiden. man, versichern uns, daß die fremden Mächte nichts sehnlicher wünschen, als mit Frankreich in gutem Vernehmen zu bleiben. Aber diese Gesandten sind größtentheils erst im Beginne ihrer dizylomatischen Laufbahn, und sie konnten daher gar leicht dem

Unsere Gesandten, sagt

inisterium gerade das Gegentheil von dem meiden, was wirklich Man wird mich vielleicht fragen, welchen Gang

denn die Regierung meiner Meinung nach hätte befolgen sollen? Gedruckt hel A. g. Hayh - 6m . 34 zuvörderst, daß man vorweg den fremden

abinetten hätte erklären müssen, mit dem Throne Karls R=

sey auch das politische System Europa's vernichtet worden; Frankreich verlange keinen Krieg, aber seine Gränzen von 1739, dies sey die conditio sine qua non der Erhaltung des allge⸗ meinen Friedens. Und, m. H., wir würden diese Gränzen ohne einen Flintenschuß erhalten haben; in diesem Augenblicke wäre Alles beendigt, und anstatt, zur Aufrechthaltung des status quo, auf die Mobilmachung unserer National-Garde bedacht zu seyn, könnten wir bereits an die Entwaffnung den—⸗ ken. Mein System ist sonach das wahrhaft friedfertige, wo⸗ gegen das ministerielle uns nur eine trübe Zukunft verspricht. Zwischen Belgien und Holland ist ein Krjeg unvermeidlich. Belgien, durch innern Zwiespalt zerrissen, hat kein Gesetz, keine Waffen, ja kaum eine Regierung. Holland dagegen, mit seiner Regierung einig, besitzt ein wohlorganisirtes Heer; seine Finan⸗ zen sind in gutem Zustande; sein Souveraim ist reich und zählt mächtige Verbündete. Alles läßt sonach vermuthen, daß Hol— land Vortheile erringen wird, und leicht könnten die Belgischen Festungen auf unserer Gränze in demselben Augenblicke wieder von Holländischen Truppen okkupirt werden, wo ein Deutsches Bundesheer das Großherzogthum Luremburg besetzen soll. Wer bürgt uns alsdann noch für eine Invasion? Freilich beschäftigt man sich mit der Befestigung von Paris. Eine traurige Be— schäftigung nach einer Revolution, wie die letztere! Am Rheine, m. H., sind die wahren Festungswerke der Hauptstadt. In der Politik wie im Kriege kehrt die verlorne Gelegenheit nicht wie⸗ der. Zweimal in 6 Monaten haben wir Belgien, das sich uns in die Arme warf, zurückgewiesen. Jetzt ist der günstige Augenblick vor⸗ über und wird nicht zurückkehren; nur nach blutigen Kämpfen werden wir uns eine Gränze erwerben können, zu deren Annahme man uns vor 6 Monaten noch inständigst gebeten hätte. Aus dem Allen schließe ich aber, daß unsre letzte Revolution, die man immer wohlgefällig die glorreiche nennt, für Frankreich nichts als eine traurige und elende politische Mißgeburt gewesen ist.“ Nach einigen kurzen Bemerkungen über die innere Lage Frank⸗ reichs, die der Redner ebenfalls nichts weniger als befriedigend fand, schloß derselbe mit folgenden Worten: „Ich fasse mich kurz, m. H. Nach außen hin hat der unselige Gedanke, die Juli-Revolution mit dem Systeme des Wiener Kongresses in Einklang zu bringen, den Einfluß und die Achtung unserer neuen Regierung für immer vernichtet. Das Ministerium beharrt bei diesem Gedanken; ich verweigere ihm meine Mitwirkung. Im Innern haben fuchtbare Ausgaben, nicht realisirte Versprechun⸗ gen, willkürliche und drückende Maaßregeln all das Gute hin— tertrieben, das Frankreich von der Revolution erwartete, und ihm nur die Nachtheile derselben vererbt.! Das Ministerium bleibt bei dieser Tendenz; ich verweigere ihm meine Mitwirkung und widersetze mich einer Maaßregel, wodurch abermals 100 Millio⸗ nen zu seiner Verfügung gestellt werden sollen, überzeugt, daß es diese Summe nur benutzen würde, um sich je mehr und mehr in ein System einzulassen, das ich für unverträglich mit dem wahren Interesse meines Landes halte.“ Der Mini— ster der auswärtigen Angelegenheiten antwortete in folgender Weise:

„Meine Herren, es ist nicht meine Absicht, dem vorigen Red⸗ ner in allen von ihm verhandelten Fragen zu folgen. Nicht immer bekannte er sich zu den Grundsaͤtzen, die er heute ausspricht, denn, wenn ich nicht irre, so hat er die Verwaltung, die er jetzt mit so großer Strenge behandelt, zuweilen unterstuͤtzt. Im uebrigen stand es ihm frei, feine Meinungen zu aͤndern, und es bliebe uns sonach nur noch zu üntersuchen übrig, ob das Betragen der Verwaltung cine solche Aenderung rechtfertige. Der edle Pair behauptet, daß es nach der Juli-Revolution keinen status quo mehr in Europa ge⸗ geben habe. Mir ist diese Aeußerung nicht recht klar. Ich wußte nicht, daß jene Revolution die bestehenden Traktate abgeschafft haͤtte. Wir haͤtten also dem gesammten Europa erklaͤren sollen, daß es keine Vertraͤge mehr gebe, und daß fortan die Gewalt das einzige Recht sey, das Frankreich anerkenne! Es soll nur von uns arg en n haben, un⸗ sere alten Graͤnzen wiederzugewinnen, und wir haͤtten, meint man, Belgien um so leichter zu Frankreich schlagen koͤnnen, als man uns gleichsam flehentlich darum ersucht haben wurde, es nur anzuneh⸗= men. Ich gestehe, daß mir diese entschiedene Neigung der fremden Maͤchtc, Frankreich mit einer solchen Gebiets- Vergroͤßerung auszu⸗ statten, bisher ganz fremd war. Ohne Zweifel besitzt der edle Pair in dieser Beziehung Dokumente, durch, deren Mittheilung er mich zu meiner Belehrung sehr verbinden wurde. Der Redner behauptet, daß man Paris am Rheine vertheidigen und nicht die Hauptstadt selbst mit uͤutzlosen Festungswerken umgeben muͤsse. Wenige Worte werben hin reichen, um den Ansichten desselben im Allgemeinen die gebuͤh⸗ rende Würdigung zu verschaffen. Haͤtten wir, wie er zu glauben scheint, im Monat Juli erklaren sollen, daß Frankreich mit allen Maͤchten Krieg wolle? Haͤtte unsere Revolution von einem Ende Europas bis zum an⸗ dern das Losungswort eines blutigen und erbitterten Kampfes werden follen? Das Ministerium war dieser Meinung nicht, und was mich per⸗ föoͤnlich betrifft, meine Herren, so gestehe ich offen, daß ich immer fuͤr die Aufrechthaltung der beslchenden Traktate und eines ehrenvollen Friedens geßimmt habe. Wir wollten, daß unsere Reyosution ohne ünfug, ohne Anarchie, ohne Krieg in die Welt trete. Dies war das Ziel unsers Strebens, und Frankreich mag unstr Richter seyn (Bei⸗ fall). Aber, sagt man, Eüer Friede ist verderhlich und kostet dem Lande ungehrure? Opfer. M. He so groß diese Qpfer auch seyn mz⸗ gen, sie werden Ihnen, wie ich behaupten zu koͤnnen glaube, nicht seid werden, fobald sie wirklich dem Lande die Wohlthat eines rihm⸗ lichen und dauerhaften Friedens sichern. Wie weit schwerer witrden jene Opfer nicht gewesen seyn, wenn die Regierung das System des vorigen Redners befolgt und sich in einen unendbaren Krieg einge⸗ laͤffen hatte? Aber, fügt man hinzu, jener Friede ist ja bereits we⸗ seutlich kompromittirt, da Ihr Miitel von uns verlgugt, um einen Krieg zu fuhren. Mir scheint, m. H., daß die, Sprache des Min isie⸗ riums keinen Widerspruch derhletet, Das Ministerium wänscht den Frieden; es hofft, es glaubt fest, ih n aufrecht zu erhalten; aber es schlaͤgt ihnen zugleich die Annahme solcher Maaßregeln vor, die zur Befestigung des Friedens am geeiguetsten sind; und eben, weil es feinen Zweifel hegt, daß die Kammer zu jenen Yꝛac egen bereitwillig mitwirken werde, ist auch sein Vertrauen fur . Erhaltung des Friedens so groß, so unbedingt. Der edle Pair meint, man duͤrfe sich uber das Schwankende und unschlussige in der Verwaltung nicht wundern, da die Wahrnehmung unserer Interessen im Auslande bloß jungen unkundigen , . i tragen, die Regierung mithin uͤber die Gesinnungen und Pl ne fr fremden Mächke imnier nur unvollkommen unterrichtet sey. Der

Redner wird uns wenigstens einraͤumen, daß der Staatsmann, der Frankreich in London repräsentirt, der Diplomatie nicht ganz fremd ist (Gelaͤchter); vielleicht wird er auch zugeben, daß der edle Herzog, dem die Ambassade in St. Petersburg anvertraut ist, nicht ganz aller Geschaͤfts Erfahrung entbehrt. Warum sollte ich mich aber, zur Zuruͤckweisung eines ungerechten Angriffs, mit der Herzaͤhlun jweier Namen begnuͤgen? Alle Diplomaten, die Frankrei im Ausfande haͤst, verdienen es, daß man ihren Einsichten, wie ihrem Charakter, Gerechtigkeit widerfahren laßt, und wer mit dem Vertrauen des Königs bechrt worden ist, ist auch wohl des Vertrauens der Kammer, und des Landes werth. Der Redner bezeichnet unsere Politik in Bezug auf Belgien als kcumm und treülos; er behauptet, das Belgische Volk habe sich uns angetragen gehabt, und Eurspa wuͤrde eine Vereinigung beider Lan⸗ der begäͤnstigt haben. M. H., Belgien hatte sich uns hur durch die Stimme einiger einzelnen Individuen angetragen; war dies aber wohl ein hinreichender Beweggrund zu einem Schritte, der, was auch der edle Pair sagen mag, uns in einen allgemeinen Krieg zu Lande und zu Wasser gestuͤrzt haben wurde? Ich bitte die Kammer, daß sie in dieser Beziehung meinen Worten einigen Glauben schen⸗ ken moge. Gesetzt aber auch, die Vereinigung aͤtte keine Schwie⸗ le, ne. gefunden, so zweifle ich ig, daß sie dem Interesse Frank⸗ relchs angemessen gewesen waͤre (Bewegung). Diese Behauptung mag Ihnen geh gr erscheinen, m. H, gleichwohl glaube ich, daß es nur eines Augenblicks der Ueberlegung beduͤrfen wird, um Sie zu veranlassen, meiner Ansicht beizutreten. Frankreichs Kraft, die so imposant und von einem Ende Europas bis zum andern so geachtet ist, besteht hauptsaͤchlich in der Gleichartigkeit der Glemente seines Gebiets. Wenn Staaten sich zuweilen schwach fuͤhlen, was anders ist Schuld daran, als eine fehlerhafte Zusammensetzung, die oft ge⸗ gen den Wunsch der Völker erfolgte, worgug sie bestehen. Die Hof⸗ nung einer Trennung giebt alsdann bestaͤndig ju inneren Zwistig keiten und Unruhen Anlaß. Eine solche Ursache, m. H. ist bei uns nicht vorhanden; keine unferer Provinzen strebt danach, sich von dem großen National⸗Verbande losjusagen. Hüten wir uns daher wohl, diese Einigkeit zu stören. Ucherdies mussen uns die traurigen Er⸗ fahrungen, die wir in dieser Bejtchung gemacht haben, zur War= nung dienen; Piemont war unser, trennte sich aber von uns, sobald das Gluck üns den Ruͤcken juwandte. Auch Belgien ge= hörte uns, und wer von uns, m. H, crinnert sich nicht, welche Ungeduld es im Jahre 1814 jelgte, um das Band zu zerreißen, das es an Frankreich ine f Man verlangt n wissen, welches unsere Polftik in Bezug auf Belgien sey M. H. iese Politik ist klar und bestimmt: Frankreich ist dem rotokolle vom 70. Fanuar unbedingt beigetreten und hat die Belgische Regie⸗ rung aufgefordert, diesem Beispiele zu folgen. Frankreich hat ge⸗ saubt, daß es seine Pflicht fey, einem mit ihm verbündeten Volke, ür welches seine lebhafte Sorge sich offenkundi 7 t hat, diesen Rath zu geben. Dies ist unsere Politik; kein Ruͤckhalt knüpft sich an diefelbe; sie ist mithin nicht krumm oder treulos, und wenn wir unseren Freunden Rathschlaͤge ertheilen, die wir fuͤr weise und ihren wahren IFnteressen gemaͤß halten, so dürfen wir auch hoffen, daß sie solche guͤnstig aufnchmen und sich gern in dieselben fuͤgen werden. Der Redner spricht am Schlusse seines Vortrages von ver angebli⸗

für schwach und verzagt gelten lassen, weil ste nicht den ungestüm⸗ sten Leidenschaften, den widerstrebendsten Wuͤnschen des Parteigei⸗ stes entspricht? Denn alle unsere en verlangen wuͤthend den Krieg, und jwar keinen Krieg, wie ihn der Staatsmann, der dadurch ein streitiges Recht zu Gunsten seiner Regierung entscheiden will, aus üeberzeugung wuͤnscht; keinen Krieg, wie ihn in den Augen des Staatsmanncs der hochherzige Wunsch rechtfertigt, den Einfluß sei⸗ nes Landes zu vermehren oder dessen Graͤnzen weiter auszudehnen; sondern jenen grausamen Krieg der Verhcerung und Anarchie, worin man nichts als ein sicheres und entscheidendes Mittel erblickt, die gesellschaftliche Ordnung in Frankreich und ganz Europa umzustuͤr⸗ zen! ... Nein, m. H., solchen verderblichen Rathschlaͤgen werden wir kein Gehör geben, solchen . Wünschen keine Folge lei sten; denn, was wir fuͤr ganz Europa wie fuͤr Frankreich wollen, ist die Befestigung der genf lichen Ordnung.“

In einer kurzen Replik forderte der Graf v. Montalem⸗ bert den Minister auf, ihm die Frage zu beantworten, wie sich der status quo, der auf dem Principe der Einmischung beruhte, mit dem in Folge der Revolution aufgestellten Principe der Nicht-⸗Einmischung vereinigen lasse. Als der Herzog von Broglie hierauf das Wort verlangte, bemerkte der Redner, er wundere sich hierüber nicht, denn er wisse sehr wohl, daß der edle Herjog das besondere Talent besitze, unverschmelzbare Dinge mit einan— der zu verschmelzen; eine Aeußerung, die den Präsidenten zu der Aufforderung bewog, daß der Redner jede Persönlichkeit vermeiden möchte. Nach einigen Bemerkungen des Grafen v. Pontécoulant zu Gunsten des Ministeriums, bestieg hierauf der Herzog v. Broglie die Rednerbühne und äußerte, er wisse zwar nicht, ob er wirklich die Gabe besitze, unverschmelj— bare Dinge mit einander zu verschmelzen (Gelächter); jeden—⸗ falls hätte er in dieser Beziehung Manches von Herrn v. Mon— talembert lernen und z. B. sagen können, daß er den Krieg wolle, zugleich aber der Regierung die Mittel verweigere, ihn zit führen. Der Redner suchte hierauf zu beweisen, daß das Shz— stem des status quo mit dem der Nicht-Einmischung keines⸗ weges so unvereinbar sey, als der Graf von Montalembert sol— ches glaube, daß beide vielmehr auf einer und derselben Grund⸗ lage beruhten. Der Marquis v. Rougs trat wider den vor⸗ liegenden Gesetz⸗-Entwurf auf, den er unter den gegenwärtigen Umstäanden, wo Frankreich sich im tiefsten Frieden befinde und wo zu einem Kriege auch nicht die entfernteste Aussicht sey, für völlig überflitssig hielt. Herr Casimir Périer gab eine Ülebersicht der von den Kammern verlangten Summen, die sich nicht auf 14 1500 Millionen, wie der vorige Redner solches ganz irriger Weise behaupte, sondern nur auf 11990 Mill. beliefen. „Ich glaube nicht“, fügte er sodann hinzu, „daß es unter den gegenwärtigen Umständen politisch ist, die Forderungen der Regie⸗ rung von dieser Rednerbühne herab in einem so nachtheiligen Lichte darzustellen. Der Kredit kann dadurch nur geschwaͤcht werden. Wahrend ganz Europa unter den Waffen steht und der Kirchenstaat von den Oesterreichern besetzt worden ist, verlangen wir bloß einen eventuellen Kredit von 100 Mill. Ich frage, ob es möglich war, eine mäßigere Forderung in einem Augenblicke zu thun, wo die großen Mächte sich waffnen und die Lage Belgiens

in gewisser Bezlehung von Tag zu Tage drohender wird; obgleich

man andererseits wohl darauf rechnen darf, daß die Regierung

chen Schwaͤche unserer Politik. Will man diese Politik etwa deshalb

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