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fertigkeit aber, womit der Herr Prästdent des Minister-Rathes diese Proposition aufgenommen hat, als sie kaum erst aus dem Munde ihres Verfassers hervorgegangen war, hat sie gleichsam zu einem Werke des Ministeriums felbst gemacht. Von diesem ge⸗ billigt und von dem Justiz-Minister mit Liebe vertheidigt, ist der Entwurf jetzt unendlich wichtiger geworden, als er es von Anfang an war, und so sehe ich mich denn genöthigt, ein Stillschwei⸗ gen ju brechen, das ich aus anderen Rücksichten gern beobachtet hätte. Die Berathung, die über diesen Gegenstand in der anderen Kam⸗ mer gepflogen worden ist, war gleichsam das Debut eines Mini— steriums, das unter dem Pansere der Energie auftreten wollte; alle hochherzige Gemüther sind dadurch bekümmert und entmu— thigt worden; sie, die geneigt waren, das Ministerium zu unter— stüßen, mußten tiefen Schmerz empfinden, als sie sahen, daß dasselbe sich für verpflichtet halte, eine solche Bürgschaft einer Partei zu geben, die es hätte hinlänglich kennen sollen, um zu wissen, daß sie durch nichts zu befriedigen ist, daß sie nie zurück— weicht, nie still steht, und daß diese immerwährende Thätigkeit ihre eigentliche Schwäche vollkommen ersetzt. Vielleicht glaubten die Minister durch ein solches Zugeständniß den Associationen ein Ende zu machen. Glauben sse dies auch jetzt noch? Fühl— ten sie sich nicht vielmehr durch ihre Nachgiebigkeit geschwächt, als sie sich kurx darauf genöthigt sahen, jene zweite Regierung, die sich unverschämter Weise neben der des Königs erhebt, auf Tod und Leben zu bekämpfen? Gleichwohl verdient die Art und Weise, wie der Herr Präsident des Conseils diesen Kampf bestanden hat, unseren besten Dank; auf einer solchen Bahn wird er mich stets bereit finden, ihn mit meinen schwachen Mit— teln zu unterstützen, und wenn ich daher heute einen Gesetz-Entwurf bekmpfe, den ich ihm nur ungern beimesse, und dessen Unschicklichkeit er vielleicht schon erkannt haben wird, so fühle ich ein lebhaftes Bedauern, ihn unter meinen Gegnern zu finden. Der Haß, m. H., ist eine traurige Leidenschaft, um so trauriger, als die , , desselben dem Menschen niemals genügt; so daß sich in der Regel annehmen läßt, daß der Mann, dem man am meisten Böses zugefügt hat, immer auch der ist, den man am hartnäckigsten verfolgt. Ich weiß sehr wohl, daß man in dem vorliegenden Falle durch rednerische Wendungen ein solches Ge— fühl zurückgewiesen hat; in der Hitze der Berathung aber machte die Rhetorik gar bald der Leidenschaft Platz, so daß der innerste Gedanke ans Tageslicht kam. Nein, m. H., es ist kein politi⸗ sches Gesetz, das man Ihnen vorgelegt hat, sondern ein Gesetz des Hasses und der Rache, und aus diesem Grunde ist es un— würdig des Königs, in dessen Namen es uns überbracht wird, unwürdig der Kammer, der man es vorschlägt, unwürdig des Landes, das größer denkt, als diejenigen, die sich für seine Or— gane ausgeben. Der wahre Charakter des Gesetzes leuchtet aus dem 6ten Artikel hervor. Was hat der 21. Januar mit der ur— sprüinglichen Proposttion gemein? Wie sehr mußte es mich nicht wundern, aus dem Munde des Herrn Berichterstatters zu hören, daß das Gesetz, das diesen Tag zu einem Tage der Sühne macht, eine Verletzung der Charte von 1814 sey, wonach alle politische Meinungen der Vergessenheit übergeben werden sollten. Wie läßt sich dies von einer Feier behaupten, in welcher die zarten Gewissen, wenn sie sich ja an diesem Tage in die Kirche verirrten, nichts weiter vernahmen, als die Verzeihung, die ihr Opfer ihnen in seinem Testamente vererbt hat. Befürchtete man, daß diese . die öffentliche Ruhe stören möchte, so reichte ein ministerielles irkular⸗Schreiben hin, um dieselbe an allen Orten zu verbieten. Aber ein früheres Gesetz gebot an demselben Tage die Freude, und dies ist es, was gewisse Leute noch nicht vergessen haben. Heute verbietet man die Trauer, d. h. man fordert zur Gleichgültigkeit Auf. Die Gleichgültigkeit aber ist, einem der furchtbarsten Er— eignisse der neueren eit gegenüber, unmöglich; so lassen sich die Herzen nicht lenken. Immer wird man zur Freude oder zum Schmerze zurückkehren müssen. Entweder wird die uns drohende Partei den Sieg davontragen, und alsdann wird man am 21. Januar auf dem Revolutions-latze jubeln; oder Frank— reich wird groß und frei seyn, und alsdam wird es sich bei jeder Rückkehr jenes Schmerzenstages, den es gern aus den Jahr— büchern seiner Geschichte streichen möchte, in Trauer hül— len. Die Alusschließung des älteren Zweiges der Bour— bonen ist eine Thatsache; drei Generationen eines Herr— scherstammes sind gerichtet, verurtheilt und bestraft wor— den. Was verlangt man mehr? Will man dieser Thatsache gesetzlich eine Ewigkeit geben? Man lasse diesen Irrthum fah— ren; die Thatsache wird nur so lange dauern, als Gott es will, keine Minute länger. Was ist aus dem Eide des Hasses gegen das Königthum, was aus dem Todesurtheile geworden, das ge— setzlich Jeden treffen sollte, der das bloße Wort König ausspre— chen würde? Napoleon trat auf, vernichtete mit einem Schwerdt⸗ streiche Eid und Gesetz, und die Gesetzgeber selbst waren die er— ö 6 die sich ihm zu Füßen warfen. Ich weiß nicht, welches Schicksal die Vorsehung meinem Lande aufbewahrt, weiß nicht, was sie mit dem Königlichen Kinde beschlossen hat, das schon in der Wiege, ja schon vor der Geburt der Gegenstand der nie— drigsten Verleumdung war. Aber von zwei Dingen eines: ent— weder wird die Verbannung dieses Kindes ewig sehn, oder Frank— reich wird es wieder auf den Thron seiner Väter heben. Im ersteren Falle aber wird wahrlich nicht das vorgeschlagene Gesetz des⸗ sen Verurtheilung besiegeln; die Freiheit, der Friede, das Glück, welche die neue Dynastie dem Lande bereitet hat, werden dies bewirken. In der zweiten Voraussetzung würde, da jenes Kind nur durch die Gewalt der Dinge und durch die innige Ueberzeugung aller Franzosen zurück⸗ berufen werden könnte, eine solche Macht auch unwiderstehlich seyn und Euer Gesetz würde von dem Strome mit fortgerissen werden, der schon so viele andere verschlungen hat. Der Herr Berichterstat— ter theilt in dieser Beziehung meine Ansicht nicht: er scheut sich nicht, den Schicier der Zukunft zu lüften, und behauptet, die Verbannung des alteren Zweiges der Bourbonen werde ewig seyn, weil kein Arm sich bewaffnet habe, um ihn zu vertheidigen, keine Stimme sich erhoben habe, um ihn zurückzuhalten. Dies ist immer die Sprache des Siegers gewesen. Alle Revolutionen, von denen wir seit 40 Jahren heimgesucht worden, haben das Stillschweigen zu ihren Gunsten ausgelegt und sich auf die Ein— müthigkeit des Landes berufen, ohne die Stimme desselben je— mals einzuholen. Hätte man bei einer jeden dieser großen Kata⸗ strophen den Adressen Glauben schenken wollen, die dem Sieger aus allen Punkten Frankreichs zugingen, so hätte man allerdings glauben müssen, daß sich auch nicht eine Stimme gegen die oben eingeführte Ordnung der Dinge erhöbe; bald aber trat eine neue Revolution ein und bewies das Irrige dieser Ansicht. eute will man ein feierliches Urtheil aussprechen, und der Hr. , , . meint, dasselbe müsse sest, unwandelbar und für ewige Zeiten seyn. Je nun! es giebt nur ein Mittel, ihm die⸗ en Charakter zu leihen; man wahle zwischen folgenden beiden Cid ere Zu der Zeit, als Ludwig XVI. verurtheilt werden sollte, verlangten diejenigen, die ihn zu retten wünschten, eine Appellation an das Volk; die feierliche Bestätigung dieses letzte⸗ en aber, dem man damals wie jetzt einredete, daß es der all⸗
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einige Souverain sey, wurde von der Partei verweigert, die nun einmal entschlossen war, einen König aufs Schaffot zu führen, und wohl wußte, daß das zu Rathe gezogene Land eine solche monstruöse Ungerechtigkeit mit Abschen zurückweisen würde. Als Napoleon von Elba zurückkehrte, hütete er sich sehr, ein solches Beispiel nachzuahmen. Und doch han— delte es sich nicht von einem Todes-Urtheile, sondern bloß von der Zusatz-Akte, die der uns heute vorgeschlagenen Maaßre— gel vollkommen gleich sieht. Aber jener Mann, der doch auf seine Kraft rechnen und nöthigenfalls das Schwerdt in die Wag— schale legen konnte, war der Meinung, daß das Votum der Kammer nicht hinreiche, um die ewige Verbannung einer Dy⸗ nastie auszusprechen, die sich durch so viele Erinnerungen an Frankreich knupfte. Er unterwarf jene Akte daher der Bestäti⸗ gung der gesammten Nation, wenn gleich die Bedingung, das Votum offen abzugeben und den Namen hinzuzufügen, dieser Maaß⸗ regel jeden Schein von Freiheit nahm. Die Zeiten haben sich seitdem geändert, und würde die Frage heute dem Lande vorge⸗ legt, so würde dieses frei und ohne Rückhalt darüber entscheiden. Welches von diesen beiden Beispielen will man sich min zum Vorbilde wählen? Das erstere, das von aller Welt mit dem Stempel der Verwerfung gebrandmarkt, wor— den ist, oder das letztere? Mit einem Worte, will man Frankreich zu Rathe ziehen? Und wagt man dies nicht, so spreche man mir nicht mehr von Einmüthigkeit. Eine Haupt— Absicht, die man bei dem uns gemachten Vorschlage hat, ist, daß man dadurch alle die Fäden abschneiden will, die den älteren Zweig der Bourbonen noch an das Land knüpfen. Diese Ab— sicht ist mehrmals als ein lichtvoller Gedanke offen eingestanden worden, und doch kann man sich des Lächelns nicht enthalten, wenn man vernünftige Männer, oder doch solche, die es seyn sollten, dergleichen Abgeschmacktheiten im Ernste vortragen hört. Man müßte hiernach die ganze Geschichte Frankreichs auslöschen, denn sie ist es, die alle jene Fäden enthält, welche Euch so ge— fährlich scheinen. Man überschaue die letzten acht Jahrhunderte, überall wird der Blick auf einen Bourbonen fallen, überall wird man jene Fäden wiederfinden, die der Haß vernichten zu können glaubt. Und wollte man auch Frankreichs Geschichte nur von dem Jahre 1789 an gelten lassen, so würde der mit dem Blute der Bourbonen n . Boden uns noch an die Existenz derselben mahnen. Man verbiete den Franzosen, den bloßen Namen eines Bourbonen auszusprechen, man verbrenne die Bücher, worin derselbe vorkommt; umsonst! er wird nur um so glänzender leuchten in der Getreuen Herzen, die ein Heilig— thum sind, wohin kein Sterblicher zu dringen vermag. Es liegt einmal in der Natur des Menschen, daß er sich des Unglück— lichen annimmt, und Großmuth zu üben ist sein edelstes Ge— schäft. Man verzichte daher auf jene kleinlichen und elenden Maaßregeln, die, statt den Parteigeist zu ersticken, ihn vielmehr ins Leben rufen. Mit einem bischen Ueberlegung hätte man dies erkannt; aber der Haß ist ein schlechter Rathgeber und dient oftmals denen, die er ins Verderben stürzen soll. Glaubt man z. B., durch die lächerliche Verbannung der Lilien die letzte Revolution sehr gefördert und den Thron Ludwig Philipps befestigt zu haben? Gewiß nicht; ich bin hier— bei ganz unparteiisch, denn ich erkläre offen, daß, seit die Lilien nicht mehr das Symbol der alten Monarchie sind, ich auch nur noch sehr wenig Werth darauf lege. Wie konnten aber die Minister nicht fühlen, daß, nachdem der König die Lilien angenommen, sie in seinem Wappen und in den Staats-Siegeln beibehalten hatte, die Beschimpfung derselben, die angeblich nur dem älteren Zweige der Bourbonen gelten sollte, auf ihn zurückfiel? Die Maaßregel war eben so ungeschickt, als unpolitisch; man hat dadurch nur einen Feuerbrand in das Land geworfen. Ein ganz ähnliches Resultat würde auch das uns vor— geschlagene Gesetz haben. Mit welchen Schimpfnamen man auch die Männer belegen mag, deren einziges Unrecht darin be— steht, daß sie eine Meinung haben, die nicht mehr in der Mode ist, es bleibt deshalb nicht minder wahr, daß die sogenannten Karlisten sich in großer Menge unter den Grund-Eigenthümern und Wählern befinden. Das gedachte Gesetz aber wird diejenigen von den Wahl-⸗Kollegien entfernen, die durch ihre Mitstimmung dem Ministerium zur Bewahrung der Ruhe und Ordnung noch hätten behülflich seyn können. Das Land bedarf vor Allem der Kraft und der Einigkeit; ohne diese ist aber jene undenkbar, und doch verscheucht man sie. In diesem Augenblicke bekämpft man strafbare Associationen mit lobenswerther Energie; das vorliegende
Gesetz aber wird deren andere in einem entgegengesetzten Sinne
hervorrufen.“ Bei dieser Aeußerung unterbrach Hr. Cas. P— rier den Redner lebhaft mit den Worten: „Wir werden sie eben so gut bekämpfen; wir werden niemals zurückweichen!“ „Es wäre aber besser,“ fuhr der Herzog fort, „wenn man der— gleichen Associationen zu verhindern strebte. Das vorgeschlagene Gesetz wird dem Könige auch nicht eimen Diener mehr zuwen— den und der vorigen Dynastie auch nicht einen Freund entzie— hen; die Korrespondenz mit Holyrood wird dadurch nicht verhin— dert; auch ist dies nicht die Absicht des Gesetzes, da keine Strafe auf eine solche Korrespondenz gesetzt wird und das Gesetz Alles gestattet, was es nicht ausdrücklich verbietet. Ist die Korrespon— denz unschuldig, so bietet sie keine Gefahr dar; ist sie strafbar, so reichen die bestehenden Gesetze hin, um sie zu unterdrücken. So lange es noch eine Ueberfahrt von Dover nach Calais giebt, wird es auch täglich hundert Mittel geben, mit Holhrood zu korrespon⸗ diren. Im Uebrigen sind es nur die Schwätzer, die viel schreiben, und Schwätzer sind nicht gefährlich. Die wahren Verschwörer ver— stehen sich mit einem halben Worte und in einer Entfernung von hundert Meilen. Man behauptet, daß die vorige Dynastse immer noch damit umgehe, den Bürgerkrieg zu entzuͤnden. Ich glaubte, daß man diese lächerliche Beschuldigung endlich aufge⸗ geben hätte. Es bleibt mir jetzt noch übrig, einige Worte über den Meineid zu sagen — ein Wort, das man seit einiger Zeit täglich wiederholt. Ich gebe zu, daß die verderblichen Verord— nungen eine Verletzung des Grundvertrages waren. Aber der Monarch glaubte, dadurch das Land zu retten; er war über— zeugt, daß, was für Minister er auch wählen möchte, die Angriffe gegen die Krone dieselben bleiben würden. Und hatte er Unrecht? Wußte er nicht, daß man sich offen gegen ihn verschworen hatte und sich sogar des Meineides gegen ihn rühmte“ Hier unterbrach Hr. Cas. Pérjer mit Lebhaftigkeit den Redner und fragte: „Wer rühmt sich dessen? Unbestimmite Anschuldigungen treffen Jeden. Nennen Sie die Meineidigen.“ — Der Herjog ven FitzJame s: „Ich habe nicht gesagt, daß Ihr Eid eine bloße Ironie gewesen feh, und daß Se eine Ko— mödie gespielt hätten.“ — Herr Cas. Pâärier: „Nijemand nen— nen, heißt Jedermann nennen.“ — Der Herzog v. Fitz-James; „Ich habe diejenigen bezeichnet, die sich felbst genannt haben; es giebt Männer, die sich gerühmt, 15 Jahre lang konspirirt zu haben. Wie hat der Präsident des Ministerraths glauben können, daß meine Worte ihm gälten? Ich frage die ganje Kammer, Niemand hat sich über meine Absicht täuschen können.“ — Graf v. Mon
talembert: „Persönliche Anspielungen finden hler nie stah reden Sie weiter.“ — „Der König“, so fuhr der Herzog mu mehr fort, „glaubte in dem Rechte einer natürlichen und gesth mäßigen Vertheidigung zu seyn; bei Gott! ich sage Ihnen 9 Wahrheit. Man wendet mir den verhängnißvollen Kampf en den er angeordnet habe, und der so furchtbaren Groll gegen h erregt hat. Aber der Prozeß gegen seine Minister hat bewiesth daß die blutigen Scenen der drei Tage ein furchtbares Unglüt nimmer aber ein vorher überlegter Akt waren. Nachde man die Minister wegen der blbßen Unterzeichnung der Vn ordnungen verurtheilt hat, kann man nicht auch noch Kn X. wegen derselben anklagen. Die Sache ist abgeurtheh Je mehr ich auf der schwierigen Bahn, die ich verfolge, vn schreite, wird meine Aufgabe leichter. Ich habe jetzt nicht men einen vom Unglück gebeugten Mann zu vertheidigen, sonden nur das Zeugniß der Geschichte anzurufen. Die Geschichte unser Richter in letzter Instanz, es ist daher im Interesse Alg von Wichtigkeit, daß sie nicht nach falschen, vom Parte igeis eingegebenen Dokumenten geschrieben werde. Man hat & Bourbonen für alles während 22jähriger Kriege vergossene Bh verantwortlich machen wollen, ohne zu bedenken, was man hn hanptete. Jedermann weiß, daß die Sache der gegen Frankrest verbündeten Mächte nicht die Sache der Bourbonen wat! Nachdem der Redner durch weitläuftige Auseinandersetzw- gen zu beweisen gesucht hatte, daß die Wiederherstellun der Monarchie nur ein Neben-Umstand, aber durchaus nitz der Zweck der Invasion der fremden Mächte gewesen seh, schls er in folgender Weise: „Hat die Restauration in der Th Frankreich 15 Jahre unter einem demüthigenden Joche gehalt und die Interessen, so wie die Ehre des Landes, den . aufgeopfert? Die Minister haben alle Dokumente der Nestah ration in Händen; mögen sie das Archiv der auswärtigen An) legenheiten öffnen und uns entweder durch Kerrespondenzen in weisen, daß die Montmorency, Richelieu, Chateaubriand un Laferronnats Verräther waren, oder der Verleumdung Schweigh gebieten. Durch diese Archive würde Frankreich in Stand geft werden, zu beurtheilen, ob die Diplomatie der Bourbonen ein de hat, vor ihren Feinden und Freunden mit Stolz aufzutreten, oder i sie vor der Diplomatie des Juli erbleichen muß. — Ichlsdarf wo nicht erst hinzufügen, daß ich gegen den Gesetz⸗Entwurf stimmt Der Großsiegelbewahrer replicirte dem Herzoge von Fh James in folgender Weise: „Ich will dem vorigen Redner nicht h dem langen und glänzenden Vortrage folgen, den er für die vor Dhnastie gehalten. Die Regierung und Frankreich können st einer Widerlegung überheben; es ließ sich voraussehen, daß siz in eine Debatte, wie die gegenwärtige, alte Neigungen und Ch innerungen, um nicht alter Groll zu sagen, mischen würden. Ma hat gesagt, das vorliegende Gesetz sey von der Regierung mm einer Art von Haß aufgenommen worden; man hat mich pen sönlich angeklagt, demselben mit Liebe beigetreten zu seyn. Ohm Zweifel verdanke ich diese Aeußerungen über mich meiner Eigen schaft als Deputirter von Paris, dieser Stadt, wo die Juli—
volution vollbracht worden ist. Dergleichen Aeußerungen habn nichts Verletzendes für mich, meine Herren, doch muß ich ko merken, daß ich nicht einem Gefühle des Hasses gefolgt bin, sen dern daß ich das Gesetz vertheidigt habe, weil mein Verstam ihm beistimmte, und weil mem Gewissen nichts der Gerechtz keit Zuwiderlaufendes darin fand. Stellen Sie jene Erinnemp gen und Neigungen bei Seite und nehmen Sie an, Sie li sen in der Geschichte eines großen Volkes folgende Zeilen „„Es bestand bei demselben eine Verfassung, die eine Dhnasth bestätigte, wobei dieser letzteren zugleich die Achtung gegen d Gesetze und Freiheiten zur Bedingung gemacht wurde. Einen Tages brach gegen diese Gesetze eine vorher überlegte Verschmü rung aus. Die Dynastie wurde entthront, und eine neue erhiel den schönen Auftrag, den öffentlichen Frieden und die Rechte un Freiheiten des Landes zu beschützen. Zu der entthronten Dynn stie sagte man: Erscheint nicht wieder in einem Lande, in da Ihr mir Unglück und Unordnung bringen könntet; Euer Eigtp thum werde verkauft und der Ertrag davon Euch übersandt, ohr nach dem Gebrauche zu fragen, den Ihr davon machen wollt.“ Würden Sie, wenn Sie alle Leidenschaftlichkeit bei Seite lassen, eine solche Revolution wohl anklagen können, sie sey räuberist und verfolge das Unglück? Als die Charte von 1830 votirt um Ludwig Philipp der Eid der Treue geleistet wurde, da war h dieser neuen Charte und diesem neuen Eide die Ausschließun der entthronten Familie enthalten. Ich brauche nicht das in
ein Gesetz, worin Härten em
als Beispiel anzuführen, — dem vorliegenden nicht finden;
halten waren, die sich in
Aufreizungen zu verhindern, reichen fur den gesunden Verstand hin, um dieses Gesetz zu rechtfertigen. Man hat gu
sagt, um ein solches Gesetz anzunehmen und eine ewige Au
, , , n, . sey eine Appellation an das Volk nöthih Waren Sie nicht die Organe des Nationalwunsches, als Si die neue Charte annahmen und Eide leisteten, die Ihnen wernh und theuer sind? Denken Sie sich in die Lage zurück, wotmz Frankreich sich zur Zeit der Julitage befand. Setzen Sie den
ten, die Einwohnerschaft von Paris und das gute Recht wärt besiegt, die Hauptstadt wäre den Flammen preisgegeben und mit Trümmern bedeckt worden, — was würde wohl dle Zukunst
milie vernehmen ließ, obgleich die Truppen, von denen sie be— gleitet wurde, ihr ergeben waren; die Kommissarien, welche sie im Namen der Revolution geleiteten, waren nicht da, um das Volk gegen die Königl. Familie aufzureizen, sondern vielmehr, um dieselbe gegen etmanige Aeußerungen des Unwillens zu beschützen. Ich finde
Dynastie liebt und die vorige für immer ausschließt? Man spricht von der Volks⸗Souverainetät und versichert, daß die Regierung durch
len, daß eine Verfassung jeden Augenblick verändert werden könne und nur eine provisorische sey. Eide werden mit dem Gedanken der Dauer geleistet, und die Verfassungen müssen die= ses Princip der Beständigkeit enthalten, das die Bedürfnisse der Nationen erfordern. So lange die gegenseitig bindenden Eide bestehen, so lange der Fürst den gethanen Schwur hält, sind auch die Völker eiferfüchtig, den ihrigen zu halten, und in der gegenseitigen Achtung der eingegangenen Veipflich— tungen sind die offentlichen Freiheiten mit dem Beduͤrfniß der Ruhe und der Besorgniß vor zerstörenden Umwälzungen ver—
söhnt. 34 wiederhole es den Anhängern der vorigen Dynastie: Frankrei
Bir haben keinesweges gesagt, Frankreich sey mit Komplotten,
Drdnung der Dinge zu unterhalten, die man nicht anerkennt. Wie könn⸗
Sie votirt haben, ein immerwahrendes Eigenthumsrecht gewähren?
Die Regierung hegt also weder ein Gefühl des Hasses und der
Jahre 1816 gegen die Napoleonische Familie erlassene Gests
das Bedürfniß, den inneren Frieden zu erhalten und gefährlich!
enschen⸗
lichen Eingängen zu dem Sitzungs⸗Saale der Deputirten⸗Kam⸗
Fall, das System der Verordnungen hätte die Oberhand behah ö atte.
Frankreichs gewesen seyn? Was den Nationalwunsch betrifft, o habe ich ihn in Allem ausgesprochen gefunden; in jener Reist⸗ 1 ) 6. u . auf welcher sich keine Stimme zu Gunsten der entthronten Fa men, so daß sämmtliche Tribunen, mit Ausnahme der mittelsten, in kurzer Zeit überfüllt waren. mälig die Mitglieder des diplomatischen Corps.
nahm der Päpstliche Nuntius, ihm zur Rechten der Neapolita—
diesen Nationalwunsch ferner in der Bewaffnung der National: Garden ausgesprochen; ist die dreifarbige Kokarde auf der Müßst des National-Gardisten nicht ein Zeichen, daß man die nens
man in den übrigen Sectionen etwa 250 Deputirte zählte. Um
ihren Beitritt zu dem vorliegenden Gesetz⸗Entwurfe dieses Prin cip verläugne. Ich zweifle, daß es gut sst, täglich zu wiederhe⸗
hat in souverainer Weise gesprochen und ist nicht ge⸗
gt, auf seinen Beschluß noch einmal zurückzukonnnen; voll hertrauen auf den Fürsten seiner Wahl, bedauert es die Vergan⸗ nheit nicht und blickt hoffnungsvoll in die Zukunft. Dies sind se Rücksichten, die uns bestimmten, einem Gesetze beizutreten, s weder eine Maaßregel der Verfolgung, noch der Ungerech— gkeit ist. Wie wir denjenigen, der durch Aufforderungen zu funsten der vorigen Dynastie die bestehenden Gesetze bedrohte, ichtlich verfolgen müßten, also müssen wir auch auf die An⸗ ahme eines Gesetzes antragen, welches verhindern soll, daß eine perso⸗ sfieirte Herausforderung von Holyrood unser Gebiet betrete. Der den berkauf der Güter betreffende zweite Artikel ist wie eine Confiscation argestellt worden, und man hat uns bei dieser Veranlassung überflüssi⸗ er Weise eine lächerliche Uebertreibung in unserer Sprache beigelegt.
herschwörungen angefüllt und stehe in fortwährender Verbindung it Holhrood. Wir waren vielmehr die ersten, die den vorlie— enden Antrag für unnütz erklärten; nachdem er aber ein Mal jorgelegt worden, war es unsere Pflicht, ihm beizutreten. Was öie Verbindungen mit Holyreod anlangt, so theile ich nicht un— sedingt das von dem edlen Herzog mit solcher Wärme geäußerte Bertrauen. Ich glaube nicht, daß man in Holyrood jede Hoff— ung auf eine Rückkehr nach Frankreich aufgegeben habe, und aß gar keine Verschwörung möglich sey; ich befürchte vielmehr, aß man sich bemüht, im Innern strafbare Verbindungen gegen eine
en Sie einer Familie, die Sie entthront, deren ewige Ausschließung
Es ist sonderbar, eine Confiscation in der Bestimmung finden sn wollen, daß die Eigenthümer ihre Besitzungen in elner be— kimmten Zeit verkaufen und daß die letzteren nach Verlauf die— er Frist durch den Staat veräußert werden sollen, da doch der Erlös den Eigenthümern nicht entzogen wird. Diese Maaßregel hersohnt den öffentlichen Frieden mit dem Eigenthums-⸗Rechte.
Rache, noch empfindet sie die Liebe und Zuneigung, die ihr von dieser Rednerbühne herab vorgeworfen worden sind. Man hat an die Reise nach dem Elsaß erinnert, um zu beweisen, daß es der vorigen Dynastie in Frankreich an Anhängern nicht gefehlt habe. Aber gerade diese Reise ist ein strenger Richter gegen die entthronte Dynastie. Jenes Land war von fremden Heeren ver— wüstet worden und war im J. 1822 Zeuge der beklagenswerthe— sten Attentate des damaligen Ministeriums gegen die Ehre der Nation und der Armee, so wie gegen die Ruhe des Landes, gewesen. Bald nach Einführnng der Prefßfreiheit zeigte sich der Fürst in dieser Provinz, und sogleich war aller Groll vergessen. Es ist in Frankreich ein solches Bedürfniß der Ordnung, eine solche Ein⸗ sicht in die Nothwendigkeit der Regierungs-Gewalt vorhanden, daß man die letztere mit offenen Armen empfängt, sobald man sieht, daß sie mit der Freiheit verträglich ist. Nach der Rückkehr des Fürsten von dieser Reise erschien das Ministerium des q8. August und mit ihm der erste Gedanke an die Juli⸗Verordnun— gen, und man will behaupten, daß jene Provinz mit den Gesin— nungen der Hauptstadt nicht übereinstimme!“ Es herrscht in die— ser Beziehung nur eine Ansicht, meine Herren, welche Theorie man auch über den Art. 14 der alten Charte aufstellen, wie man ihn auch auslegen mag. Nach dem in Rheims feierlich geleisteten Eide waren die Juli⸗Verordnungen ein Meineid, der die Dhynastie Karls X. stürzte. Nachdem ich mich über die von dem edlen Pair angestellten Betrachtungen wa einiger Freimüthigkeit geäußert, habe ich nur noch einige Worte hinzuzufügen. Die Regierung ist keinesweges geneigt, Gefühlen des Hasses und der Rache zu fröhnen; sie trachtet vielmehr danach, eine Zukunft für Frankreich zu begründen. Wenn Gedanken der Rache zum Vorschein kommen sollten, so würde die Regierung die erste seyn, die sie unterdrückte und sich ihnen aus allen Kraften widersetzte. Eben so ruft sie aber auch gewissen Männern zu: Bedenkt, daß das Land des Vertrauens su den verfassungsmäßigen Gewalten des Staats bedarf; trach⸗ tet nicht danach, dieses Vertrauen zu erschüttern. Eure Liebe ju dem vorigen Fürsten mag sich auf alte Verbindungen gründen; ich eriunere aber daraa, daß es ein Frank— reich giebt, dessen Bestes befragt werden muß. Der öffentliche Frieden bedarf des Schutzes; das Zurückkommen auf die Ver— gangenheit und die heftigen Angriffe auf die Gegenwart können denselben aber nur gefährden. Man sagt zwar, das Alles werde aus Liebe zum Lande gesagt; das ist aber eine schlecht verstan⸗ dene Liebe, oder, um die Wahrheit zu sagen, man vergißt viel⸗ mehr, was man seinem Lande schuldig ist, um alten Neigun— en, die das Land nicht theilt, einen Tribut zu zollen.“ (Einen kern, aus den beiden Vorträgen des Vicomte Lainsé und des Handel s-Ministers morgen.)
Schluß der Session von 1830. Am 20. April wur— den beide Kammern von Sr. Majestät dem Könige in Person prorogirt. Schon vom frühen Morgen an drängte sich eine zahl— lose Menge von mit Billets versehenen Zuschauern an sämmt—
mer, in dessen Innern keine weitere Veränderung vorgenommen worden war, als daß man, wie bei der Eröffnungs-Sitzung, an der Stelle, wo die Rednerbühne sich befindet, den Thron errichtet Die demselben gegenüber befindliche Tribume für die geiiun ge schreiber war diesmal ausnahmsweise dem diplomati⸗ sschen Cerps vorbehalten worden. Als gegen 10 Uhr die Zugänge geöffnet wurden, füllte der Saal sich alsbald mit Zuhörern, na— mentlich auch mit einer großen Menge zierlich geschmückter Da—
Auch in dieser erschienen all— In der Mitte
nische und zur Linken der Russische Botschafter Platz. Zu bei⸗ den Seiten befanden sich überdies die Gesandten Oesterreichs, Englands, Preußens, Schwedens, Dänemarks, der verschiedenen Deutschen Staaten u. s. w., und hinter ihnen stellten sich die kegationsräthe und Secretalre auf. Im Saale selbst war das rechte Centrum den Herren Pairs vorbehalten worden, während
125 Uhr verkündigte eine Artillerie⸗Salve vom Invaliden-Hotel erüber den Aufbruch des Königs vom Palais-Royal. Se.
ajestät waren zu Pferde in der Uniform der National⸗-Garde, Ihnen zur Seite die Herzöge von Orleans und von Nemours in der Uniform der ihnen gehörenden Regimenter. Im Kon— serenz⸗ Saale wurden Höchstdieselben von den beiden großen Deputationen der Pairs- und der Deputirten-Kammer empfan— gen und sofort in den Sitzungs-Saal geleitet. Der König bestieg unter dem lautesten Jubel der Versammlung den Thron;
ihm zur Rechten stellte sich der Herzog von Orleans, zur Linken der
erzog von Nemours und auf die Stufen des Thrones die 8 inister, während J. M. die Königin mit den Prinzessinnen
zum gestrigen Blatte der Staats⸗Zeitung gegebene) Rede.
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vorbehaltenen Tribune des Staats⸗-Raths Platz nahmen. Nach⸗ dem der Monarch die Herren Pairs und Deputirten ersucht hatte, ihre Sitze einzunehmen, hielten Se. Maj. die (in der Nachschrift Na
Beendigung derselben verlas Herr Cas. Périer die ö Verordnimg, wodurch die Session von 1830 bis zum 15. Juni d. J. prorögirt wird. Der König stieg sodann vom Throne herab und wurde mit demselben Ceremonlel, wie er eingeführt worden, unter dem wiederholten Rufe: Es lebe der König! bis an die äußere Thür des Palastes Bourbon zurückgeleitet, von wo aus Se. Masestät zu Pferde, und umgeben von einem glänzenden General⸗ stabe, den Rückweg nach dem Palais-Rohal antraten. Die Königin und die Prinzessinnen folgten in einem offenen 2spännigen Wagen.“)
Paris, 21. April. Vorgestern ertheilte der König dem Spanischen Botschafter, dem General Belliard und dem Prä⸗ sidenten der Pairs-Kammer Privat-Audienzen. Abends präsidirten Se. Majestät von 8 bis 111 Uhr in einem Minister⸗Rath. Ge⸗ stern früh um 11 Uhr versammelten sich die Minister im Kostüm beim Könige. Um 123 Uhr begaben sich Se. Majestät zu Pferde, begleitet von den Herzogen von Orleans und von Nemours, und einem glänzenden Generalstabe, nach dem Palaste der De— putirten⸗ Kammer. Der Zug wurde von zwei Husaren-Schwa⸗ dronen und einer Schwadron der reitenden National-Garde er— öffnet und von zwei Schwadronen Dragoner geschlossen. Die Linien⸗Truppen und die National⸗Garde zu Fuß bildeten zu bei⸗ den Seiten des Weges vom Palais-Rohal nach dem Palast Bourbon ein Spalier. Se. Majestät kehrten um 13 Uhr mit demselben Gefolge nach dem Palais-Rohal zurück.
Der heutige Moniteur publizirt mit dem Datum des UIten d. M. das Gesetz wegen der Militair-Pensionen bei der Land⸗Armee. Dasselbe Blatt enthält eine Königl. Verord— nung, wodurch der Finam-Minister ermächtigt wird, das dem von ihm gestellten Minimum gleichkommende zweite Gebot des Vereins hiesiger Banquiers für die neue Anleihe von 120 Mil— lionen anzunehmen. ö
Die Tilgungskasse hat vom 1. Januar bis zum 31. März, einer im Moniteur enthaltenen Uebersicht zufolge, 348,675 Fr. 3 proc. Rente für 6,668,363 Fr. und 724,194 Fr. 5 proc. Rente für 12,920,460 Fr. zurückgekauft.
Der Minister des Handels und der öffentlichen Arbeiten hat folgende Fonds für Unternehmung von Bauten im bevorstehen⸗ den Sommer angewiesen: . Fr. für die Straßen, die Kauffahrteischifffahrt und die Handelshäͤfen, 250,000 Fr. für den Kanal in der Bourgogne, 80, 000 Fr. für den Kanal von Berry, 285,000 Fr. für den Kanal von Nantes nach Brest, 125,000 Fr. für den Kanal der Ardennen, 135,000 Fr. für den des Niver— nais und 98,000 Fr. für die Brücke in Rouen und den Hafen von 9 im Ganzen 3,774, 000 Fr.
Der Königl. Gerichtshof hat den Geschäftsführer des Na⸗ tional, Hrn. Paulin, wegen Aufreizung zu Haß und Verachtung gegen die Regierung, vor die Assisen gestellt. Der angeschuldigte Artikel betraf die Ernennung des Périerschen Ministeriums. Der Courrier frangais beklagt sich darüber, daß das Ministerium des Innern sich die Bühnenstücke vor ihrer Auf— führung zu verschaffen suche und sie censire; die Bühnendichter hätten hierauf beschlossen, ihre Stücke von allen Direktoren zu— rückmufordern, welche dieselben dem Ministerium mittheilen würden. .
Großbritanien und Srland.
Parlaments-Verhandlungen. In den Sitzungen beider Häuser vom 20. und 21. April gab die im Unterhause am 19. d. geschehene Abstimmung, die eine Niederlage der Mi— nister herbeigeführt hatte, zu mannigfaltigen Diskussionen An⸗ laß; meistens darüber, ob es gegründet seh, daß die Regierung das Parlament auflösen würde. Im Oberhause nannte Graf Grey eine in diesem Bezuge von Lord Wharncliffe an ihn gerichtete Frage ungewöhnlich und lehnte jede Antwort darauf ab. Lord Wharncliffe kündigte demnach an, daß er eine Adresse an den König vorschlagen werde, in der Se. Majestät ersucht werden sollen, von Höchstihrer nicht zu bezweifelnden Prärogative zur Auflösung des gegenwärtigen Parlaments keinen Gebrauch ju machen. (Lauter Beifall.. Im Unterhause fragte Sir R. Vyvyan, ob die Minister mit der Reform-Bill fort— fahren, oder ob sie Sr. Maj. die Auflösung des Parlaments rathen würden. Der Kanzler der Schatzkammer verneinte das Erstere und sagte in Bezug auf das Letztere, daß es seiner Pflicht entgegen seyn würde, eine Antwort darauf zu ertheilen. Sehr viele Mitglieder nahmen sodann Anlaß, ihre Meinung in dieser Hinsicht, und zwar gegen die Bill, so wie gegen die Minister auszusprechen. Die Debatte, die keinen eigentlichen, bestimmten Gegenstand zum Zwecke hatte, war bereits bis 1 Uhr nach Mitternacht ver— längert worden, als Herr W. Bankes auf die weitere Ver— tagung derselben antrug, weil noch mehrere Mitglieder darüber zu sprechen hätten. Der Kanzler der Schatzkammer wider⸗ setzte sich zwar diesem Antrage; als jedoch darüber abgestimmt wurde, nahm ihn das Haus mit 164 gegen 142 Stimmen an. — Die Belangung des Druckers der Times hatte in beiden oben genannten Sitzüngen dem Oberhause Stoff zur Diskussion ge⸗ geben. In der ersten überreichte Lord King eine Bittschrift des Herrn Lawson, in der er sein Bedauern darüber aus sprach, die Privilegia des Oberhauses verletzt zu haben. Graf v. Lime— rick erklärte, daß es ihm nicht darum zu thun sey, dem genann— ten Buchdrucker eine schwere Strafe auferlegen zu lassen. In der folgenden Sitzung wurde die Debatte über den Gegenstand im geheimen Comits fortgesetzt. Das Resultat der 21stündigen Berathung war, daß Herr Lawson, wieder vor die Schranken des Hauses gestellt, vom Lord-Kanzler einen scharfen Ver— weis erhielt, aus seiner Haft entlassen und in die Bezahlung der Kosten verurtheilt wurde. (Auf die Details der oben er— wähnten Sitzungen werden wir nachträglich zurückkommen.)
Oberhaus. Sitzung vom 22. April. Da das Gerücht sich verbreitet hatte, daß Se. Majestat heute das Par— lament in Person auflösen würden, so hatte sich eine große An⸗ zahl von Neugierigen nach Westminster begeben. Der Zudrang um Einlaßbillets in die Gallerie des Oberhauses war ungemein groß, doch wurden nicht viele ausgegeben. Schon. um halb 3 Uhr hatten sich viele Pairs, wovon ein großer Theil in Staats— Roben, im Oberhause versammelt; auf den Opyositions banken er⸗ blickte man auch mehrere edle Pairinnen. Kurz vor 3 Uhr trat der Lord-Kanzler ein, worauf der Bischof von Exeter die
) Die Session von 1830 ist die laͤngste gewesen, die bisher noch n 1 r, Da sie am 3. August v. J. erbffnet wurde, so hat sie volle 8. Monate gedauert, in welcher Zeit sie nur einmal auf 25 Tage (Loom J. Oktober bis 3. November) zur Ergaͤnzung der damals im Schooße der Deputirten ⸗ Kammer erledigten Stellen
Adelaide, Luise, Marlane und Karoline und den jungen 6 v. Aumale und v. Montpenster auf der für die Königl. Familie
unterbrochen wurde.
gewöhnlichen Gebete ablas. Eline Bittschrift, die der Herzog v. Gordon gegen die Reform-Bill überreichte, erregte allge⸗ meines Lachen im Hause. Nachdem noch einige andere Bitt⸗ schriften übergeben worden waren, verließ der Lord⸗Kanzler den Wollsack, um im anstoßenden Zimmer den König zu erwarten. Während nun der Graf v. Shafte sbury den Praͤsidialplatz ein⸗ nahm, erhob sich eine stürmische Unterhaltung über einige Förm- lichkeiten, wobei der Marquis von Londonderry die Bemer⸗ kung fallen ließ, daß der von den Ministern allein anwesende) Herzog von Richmond, der sich eben gegen einige Mitglieder laut geäußert hatte, sich sehr irre, wenn er glaube, daß man ihn für den einzigen Helden bei dem heutigen couß d'état halte. Lord Wharneliffe, der am vorigen Tage einen Antrag ange⸗ kündigt hatte (S. oben), erklärte, daß er diesen nun auch machen wolle. Er verlangte darauf, daß das Haus dem Könige in einer unterthänigen Adresse vorstelle, wie die geistlichen und weltlichen Lords nur mit großer Besorgniß vernommen hätten, daß eine Auflösung des Parlamentes stattfinden solle. Sie bäten Se. Maj. demnach, das Parlament jetzt nicht zu prorogiren oder auf⸗ zulösen, da dies bei der gegenwärtig in Irland und Großbrita— nien herrschenden Aufregung leicht eine große Gefahr für die Krone herbeiführen und hindern möchte, daß eine ruhige wohlüberlegte Erörterung der Reform-Maaßregel, wie da⸗ ren Wichtigkeit sie erheische, stattfinden könne. Als der Lord ausgesprochen hatte, trat der Lord-Kanzler ploötz⸗ lich wieder ein und sagte mit großer Lebhaftigkeit: „Ich habe doch niemals gehört, daß die Krone das Parlament nicht soll auflösen dürfen, wenn sie es für zweckmäßig erachtet, und be⸗ sonders in einem Momente, da das Unterhaus es für angemessen hält, den äußersten und ohne Beispiel seyenden Schritt zu thun, der Regierung die Subsidien zu verweigern.“ — „Der König, der König!“ rief man jetzt von mehreren Seiten, worauf der Lord⸗Kanzler das Haus wieder verließ. Ein fürchterlicher Tumult er⸗ hob sich im ganzen Hause; der Lärm und die Unordnung sollen so groß gewesen seyn, daß es, wie Englische Blätter ver⸗ sichern, bei einer Wahl-Versammlung kaum stürmischer hergehen kann. Endlich gelang es dem Lord Mansfield, sich Gehör zu verschaffen. Nachdem er seinen Unwillen über die eben stattge⸗ habte tumultuarische Scene ausgesprochen, äußerte er: „Mit Er⸗ staunen habe ich vernommen, daß der König das Parlament auf⸗ lösen müsse, da das Unterhaus zu dem äußersten und beispiel⸗ losen Entschluß gekommen sey, die Subsidien zu verweigern. Ich wünsche, mich keines ungemäßigten Ausdrucks zu bedienen. Aber so weit mir Gott meinen vielleicht schwachen Verstand verliehen hat, kommt es mir vor, als ob der König und das Land jetzt in eine furchtbare, noch nie erlebte Lage versetzt worden. Nicht des Mangels an gutem Willen klage ich das Ministerium an, aber der Schwäche und der Pläne gegen die Sicherheit des Staates und gegen den Monarchen, den sie zum Werkzeuge seiner eigenen Vernichtung machen wollen. (Hört, und großer Lärm.) Ueber die Reform habe ich meine Meinung noch nicht abgegeben, weil die Bill dem Hause noch nicht vor⸗ lag, und weil ich überzeugt war, sie würde niemals hierher kom⸗ men, wie ich auch glaubte, sie werde von jenen ruhmlosen Ver— irrungen, jenen Theorieen und unhaltbaren Speculationen von Ministern, die sich bloß durch eine noch niemals vorgekommene Unfähigkeit auszeichneten, den Beschluß machen.“ Der Red— ner theilte nun seine Ansichten über die Bill mit, die er eine Vorläuferin vieler anderen Neuerungen nannte; er sprach so lange, bis endlich der Ruf: „der König, der König!“ ihn über— tönte und eine Stimme laut „God save the King!“ rief.
Se. Majestät, in der Uniform eines Admirals, traten in den Saal, begleitet von den Großwürdenträgern des . Die größte Stille herrschte im Hause, als Se. Majestät * Thron bestiegen, Sich niederließen und die Lords ersuchten, ihre Sitze ebenfalls einzunehmen. Nachdem der König mehreren Bills, worunter die in Bezug auf die Civilliste, Seine Zustim⸗ mung ertheilt hatte, wurden die Mitglieder des Unterhauses in üblicher Weise eingeladen. Als diese erschienen waren, verlas der König mit fester und deutlicher Stimme die nachstehende Thronrede: l
„Mylords und Herren.
Ich bin gekommen, um dieses Parlament zu prorogiren, da⸗ mit es demnächst sofort aufgelöst werde.
Ich bm bewogen worden, zu dieser Maaßregel zu schreiten, um Mich über die Meinung Meines Volkes auf dem einzigen Wege, auf dem diese am angemessensten und sichersten ausgedrückt werden kann, ju vergewissern, und zwar zu dem ausdrücklichen Zwecke, solche Veränderungen in der Repräsentation zu bewirken, wie die Umstände sie zu fordern scheinen, und die, gegründet auf die anerkannten Grundsätze der Verfassung, zu gleicher Zeit dahin
aufrecht zu erhalten und Sicherheit den zu verleihen. Herren vom Hause der Gemeinen.
Ich danke Ihnen für die Anschaffungen, die Sie zur Be⸗ hauptung der Ehre und Würde der Krone gemacht haben, und spreche Mein besonderes Anerkenntniß wegen der Anordnung aus, die Sie in Bezug auf die Lage und das Wohlbefinden Meiner Königlichen Gemahlin getroffen haben. Ich habe Ihnen auch für die Geldbewilligungen zu danken, die Sie dem öffentlichen Dienste zugestanden. Mit Zufriedenheit habe Ich Ihre Bemü—⸗ hungen wahrgenommen, eine strenge Oekonomie in jeden Zweig dieses Dienstes einzuführen, und Ich vertraue darauf, daß die Sorgfalt eines neuen Parlaments, dessen Einberufung Ich sofort anordnen will, sich baldigst auf die Fortsetzung dieses wichtigen Gegenstandes richten werde.
Mylords und Herren.
Ich bin so glücklich, Ihnen anzuzeigen, daß das freundliche Vernehmen, das jwischen Mir und den auswärtigen Mächten besteht, die besten Hoffnungen einer Fortsetzung des Friedens darbietet, auf dessem Erhaltung Meine sorgfältigsten Bemühungen fortwährend gerichtet seyn werden.
Mylords und Herren.
In dem Entschlusse, zu der Meinung Meines Volkes, unter den gegenwärtigen Umständen des Landes, Zuflucht zu nehmen, bin ich durch den Wunsch und durch das eigene sehnliche Begeh—⸗ ren nach der Zufriedenheit und Glückseligkeit Meiner Untertha— nen bestärkt worden; vertrauensvoll zähle Ich dabei auf Ihren fortwährenden und eifrigen Beistand.“
Nach Beendigung dieser Rede wandten sich Seine Majestät an den Lord⸗Kanjler und sagten; „Es ist Mein Wille, daß dieses Parlament sofort bis zum Dienstage den 10. Mai proro— girt werde.“ Der Lord-Kanzler sprach demnach die Königl. Har far n, aus. Se. Majestät hatten sich sogleich, nachdem
ie die obigen Worte ausgesprochen, vom Throne erhoben und verließen den Saal. Die Lords folgten bald darauf.
) Einige Mitglieder hatten sich in der Sitzung des unter aue ses vom 21. April in diesem Sinne ansgesprochen. z ; ö
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gereichen, die begrlindeten Rechte und Prärogative der Krone Freiheiten des Volkes