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den, das allgemeine Volksgesähl zu mißachten, er beim Einbe⸗ rusen eines abermaligen neuen Parlaments die Wahl-Ausschrei⸗ ben für jene Orte, welche billigerweise das Wahlrecht verlie⸗ ren sollten, zurückbehalten würde. Mit geringen Kosten werde die Niederlage der Burgfleckenhändler zu beschaffen seyn, nd er hege die Zuversicht, die Bill werde durchgesetzt werden. Eine Prarogative hätten Se. Majestät ausgeübt, die zweite hät— ten Sie, würde es nöthig, noch auszuüben, das Parlament näm— lich aufs neue aufzulösen und alsdann den verfallenen Flecken die Wahl⸗NAusschreiben zu verweigern.“
Der Standart, bekanntlich eines der heftigsten Tory⸗ Blätter, sagt in sanem letzten Blatte; „Wir wiederholen zum hundertstenmale die Einwendungen, welche wir gegen Lord John Wussels Bill zu machen haben; man hat uns niemals darauf geantwortet, und alles, was wir von denen, die diese revolutio— naire Bill unterstützen, verlangen, ist eben eine Antwort auf jene Einwendungen. Zuerst wird Irland dadurch verloren gehen. Wir sagen zuerst, weil dies wahrscheinlich das nächste seyn wird. Die Bull wird Irland von der englischen Krone losreißen. Die gegenwartige Wahl wird, durch den Einfluß des Herrn O'Connel, einige Protestanten, die es dem Namen nach sind, in's Parla— ment schicken, vorausgesetzt, daß sie NRevolutionnairs sind; aber es werden nicht zwei Jahre vergehen, so ist die Protestantische Kirche in Irland vertilgt, und die Päpstliche wird an ihrer Stelle eingesetzt, und nicht fünf Jahre, so ist die Union aufge— hoben, und das Reich getrennt. Der Fall mit Belgien und Holland ist nicht bloß ähnlich, sondern sogar identisch mit dem eben angeregten. Die nächste Folge — wir bleiben in der Zeit⸗ ordnung — wird ein gänzliches Darniederliegen des Ackerbaues in England seyn. Wir dürsen nicht vergessen, daß die Minister sich zu einer gänzlichen Aufhebung der Korngesetze verpflichtet
haben — daß es ihnen, als sie noch außer Amt waren, nur des⸗ halb mißlang, den Englischen Pächter zu Grunde zu richten, weil
ihnen die Macht fehlte, die sie jetzt besitzen und die unendlich zu erhöhen, Zweck der gegenwärtigen Bill ist; wir dürfen dabei fer— ner nicht vergessen, daß, wenn auch die Minister so gleichgültig gegen das Ackerbau-Interesse wären, als sie demselben notorisch feindselig gesinnt sind, sie doch durch ihre revolutionnaire Maaß— regel ein Parlament zu Stande bringen werden, welches dem Ackerhau so wesentlich und entschieden entgegen ist, daß weder sie, noch irgend ein anderes Ministerium, wenn es nicht sein Amt verlieren will, die Aufopferung der Pächter vermeiden kann. Nachdem die Irländische Kirche vernichtet, der Ackerbauer an den Bettelstab gebracht ist, muß dann zunächst auch die Engli— sche Kirche untergehen. Kein Todesurtheil war jemals so ge— wiß, als dieses, wenn ihm die Zerstörung Irlands und die Ver— armung des Englischen Pächters vorausgeht.“ — Am Schlusse dieses Artikels wird gesagt, daß nach allem diesen endlich auch die Fonds-Inhaber in Folge der Reform-Bill um ihre Rechte betrogen werden dürften.
Ein anderes Tory-Blatt (der Albion) spricht sich folgen— dermaßen aus: „Wenn wir der radikalen Presse glauben, so wäre die Sache des Landes hoffnungslos — und der Sieg der Re— volutsonnairs vollkommen gewiß. Wenn wir dagegen auf die so sehr verachteten Dinge blicken, welche man Thatsachen nennt, so werden wir finden, daß alle dieses Aufhebens aus der Abneigung herstammt, welche achtbare Männer wie Herr Ward und Herr Dadbies“) empfinden, sich der rohen Heftigkeit auszusetzen, zu welcher die Times und andere Blatter den Pöbel angefeuert ha— ben. Wir sind bereit, zuzugestehen, daß eine solche Abneigung voll⸗— kommen natürlich ist; aber wir fordern in der gegenwartigen Krisis dringend dazu auf, sie zu unterdrücken, und den Schreiern da— durch die Gelegenheit zu entziehen, zu frohlocken und zu mißleiten. Wir bekennen, daß es uns besser gefallen haben würde, wenn die sehr achtbaren Personen, auf die wir hindenten, zur gehöri— gen Zeit jungen und feurigen Gemüthern den Weg geöffnet hät— ten, deren Schwungkraft es gelungen seyn würde, mit Erfolg der Rahheit der Opponenten zu widerstehen, und die auf diese Weise dem gesunden Sinn und dem Nachdenken der Engländer Gelegenheit verschafft hätten, sich zu überzeugen, daß sie, obgleich der Abstellung wirklicher Mißbräuche geneigt, doch entschiedene Feinde von Neuerungen wären. Was indeß geschehen, ist nicht mehr zu ändern; aber die Kandidaten an allen den Orten, wo die Wahlen nicht mit athemloser Eile betrieben sind, sollten es beständig vor Augen haben, daß bei dieser Gelegenheit persön— liche Gefahr nicht einen Augenblick in Betracht kommen darf: denn diejenigen, welche sich dem thörigten Revolutions-Entwurf widersetzen, müssen der heiligen Sache des Vaterlandes alle ihre Krafte widmen — sollte es selbst ohne Erfolg seyn. Da⸗ mit dieses aber gesichert werde, mussen sie thätig, wachsam und unternehmend seyn; denn der Feind, welchen sie zu bekämpfen haben, ist unermüiidlich in seinen Anstrengungen, gewissenlos in Bezug auf die Mittel, welche er anwendet und im höchsten Grade unbesorgt um die Folgen; denn an den Sieg knüpft sich seine Existenz. Wätzrend sich aber die Kandidaten auf diese Weise anstrengen, sollen auch die Wähler ihrerseits nicht in ihrer Pflicht nachlassen. Von ihnen hängt es schließlich ab, ob wir insere alten ehrwür— digen Institutionen, unter denen wir Reichthum und Größe er— langt, und der Welt Neid und Bewunderung abgedrungen ha⸗— ben, behalten, oder eine Bente der Plünderer werden sollen. Der Wahler muß auch daran denken, daß der König selbst jedes Individnum, welches das Wahlrecht besitzt, aufgefordert hat,
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iebigkeit und Versöhnung zu empfehlen. Interhause funfzig oder fünf, ob sie größer oder kleiner seyn wird, ist von geringer Wichtigkeit. Es wird die einer offenen gegen eine geschlossene Vertretung seyn, und ein Mann mit sol⸗ cher Kraft des Geistes wie Lord Lyndhurst kann nicht umhin, die Gerechtigkeit sowohl, als die Nothwendigkeit der raschen Beendigung eines so peinlichen und nutzlosen Streites anzuer⸗ kennen.“
Aus Dublin schreibt man, daß Herr O'Connell am 2ten d. M. von dort nach Clare abgereist sey, und fügt hinzu, daß er durch Carlow reisen und dort eine Rede an die Wähler zu Gunsten der populären Kandidaten halten, dann aber sich durch Nenagh und Limerick nach Ennis begeben werde. Als den vor— züglichsten Bewegungsgrund zu seinem Besuche in Clare wird die von ihm gehegte Hoffnung angegeben, in dem beklagenswer— then Zustande der unglücklichen Irländischen Landleute durch sei⸗ nen Einfluß eine wohlthätige Veränderung hervorzubringen.
Es ist hier die betrübende Nachricht eingegangen, daß Sir Joseph Yorke, einer der tapfersten und geschätztesten Admirale, der sich zugleich in seinen Reden als Parlamentsglied durch tref— fenden Witz auszeichnete, nebst zwei Capitains der Marine, Brodby und Aoung, im Southampton-Fluß, durch das Umschla— gen eines kleinen Bootes, ertrunken sey.
Die Witwe des berühmten Lord Nelson ist hier im 69sten Lebensjahre gestorben.
In der sogenannten Freimaurer-Taverne fand gestern das jührliche Mittagsmahl der St. Patricks Armenschulen statt. Se. Königl. Hoheit der Herzog von Sussex prasidirte dabei und hatte zu seiner Rechten den Herzog von Norfolk.
Dankbarkeit dem Manne alles vergeben, der aus Grundsatz und richtigem Gefühl im Oberhause sich erheben wird, um Nach— Ob die Majorität im
geübte Einfluß, das Beispiel Gustav Wasa's, dem es gelam die alte Religion Schwedens so sehr zu unterdrücken, daß dl kein einziges Katholisches Kirchspiel mehr zu finden ist, durfte d Franzosen nicht dulden lassen, daß ein in der reformirten Nef gion erzogener Fürst den Allerchristlichsten Thron bestieg. Da würde gewissermaßen eben so viel gewesen seyn, als den me oder weniger raschen Verfall der katholischen Religion in Frank reich zugeben; eine so mächtige Herrschaft übte zu jener Zeit Re Religion des Fürsten aus. Der großen und liebenswürdigen Eigenschaften Heinrichs des Vierten öhngeachtet, würde ich i dem Grafen Robiano Liguist gewesen seyn, wenn wir beide in Jahre 1588 Frauzosen gewesen wären. Dagegen aber stimm ich mit ganzer Seele für den Prinzen Leopold von Sachsen— Koburg, weil ich überzeugt bin, daß Niemand besser h er unser Vaterland und Mittel-Europa vor der Geißel eingf Krieges bewahren kam, deren Folgen man selbst durch Ve breitung der allerreinsten und poetischsten Grundsätze der poh— tisch-religiösen Romantik nicht würde verleugnen können Seit den ersten Augenblicken des Zusammentretens des Kon— gresses hat mir die Stellung des Prinzen Leopold sehr günstz geschienen, um den Belgiern den guten Willen der großen En ropäischen Mächte zu sichern. Seit meiner Auwesenheit in Lom don ist mir durch die glückliche Gelegenheit, mich dem Prim in einigen Audienzen zu nähern, in welchen er unsere Deputz— tion mit der ihm eigenen Güte empfing, die volle Ueberzeugun geworden, daß er im Stande seyn werde, die Ordnung und R
wärtigen Bibel-Gesellschaft hatten sich eine unzählige Menge wohlgekleideter Personen, auch sehr viele Damen eingesunden; Lard Bexley präsidirte. Aus dem vom Secretair der Gesellschaft vorgelesenen Jahresbericht ergiebt sich eine Vergrößerung des Kapitals dieses Vereins von 10,400 Pf.
Nach Briefen aus Rio-⸗Janeiro vom 7. März war die Mar— quise von Louls mit ihrem Gatten am 28. Februar auf der Königl. Französischen Fregatte „Herminie“ dort eingetroffen. — Der Kaiser und die Kaiserin waren von ihrer Reise im Innern noch nicht zurückgekehrt; sie wurden aber binnen kurzem erwartet. Der diesseitige Geschäftsträger in Rio, Herr Aston, hatte, wie es hieß, in Folge sehr peremtorischer Vorschriften von Lord Pal— merston, eine Note über die Forderungen Britischer Unterthanen mit der Erklärung übergeben, daß, im Falle solche nicht bald be— friedigt würden, Repressalien stattfinden sollten.
Ein in Liverpool angekommenes Schiff, das am 23. März Vera Cruz verließ, hat die Nachricht mitgebracht, daß am 14ten desselben Monats das Paketboot „Mutine“ mit 200,000 Dol— lars, wovon 10,500 für zu zahlende Dividende, von dort nach England unter Segel gegangen war.
Ein Schreiben aus Valparaiso vom 28. Dezember meldet das in den dortigen Gewässern stattgehabte Zusammentreffen der Königl. Kriegs-Schaluppe „Alert“ mit einer bewaffneten Kriegs— Brigg ohne Flagge, in Folge dessen letztere untersank und 12, dem Vernehmen nach, farbige Menschen, den Tod in den Wellen gefunden haben.
Niederlande.
Antwerpen, 6. Mai. Da die Holländischen Behörden in der letzten Zeit sich in verschiedenen Fällen geweigert haben, mit Belgischen Pässen versehene Personen weiterreisen zu lassen, so ist von hier ein Stabs-Offizier an den General van Geen abgefertigt worden, um ihm anzuzeigen, daß künftig von Belgi— scher Seite gegen Inhaber Holländischer Pässe Repressalien ge— braucht werden würden. Zwei Compagnieen des Zten Regiments, die heute früh nach St. Bernard abmarschirt waren, weigern sich, wie man heute Abend von dorther erfährt, die dasige Kaserne zu beziehen, angeblich, weil sie befürchten, verrathen zu werden; sie wollen durchaus entweder nach der Gränze marschiren, oder im Freien bivougequiren. Man sieht näheren Nachrichten entgegen. Brüssel, 6. Mai. Nachrichten aus Gent vom gestrigen Datum zufolge, hatte daselbst der Befehl des Kriegs⸗Ministers, dem dortigen Corps der Sapeurs-Pompiers, das bekanntlich das Meiste zur Unterdrückung des Aufstandes des Obersten Gregoire, beigetragen hat, die Kanonen abzunehmen, die es bisher besaß, große Gährung hervorgebracht. Die dortige Kommission für öffent— liche Sicherheit hat gegen diese Maaßregel in einem Schreiben an den General Wautier protestirt und dem Befehlshaber der Sapeurs⸗-Pompiers, van de Poele, eingeschärft, kein Geschütz, Munition oder andere Mittel zur Vertheidigung aus den Hans den zu geben. In Folge dieser Nachricht sind zwei Schwadro— nen reitender Jager in Eilmärschen von hier nach Gent abge— gangen, wo sie heute Abend eintreffen werden. Der Graf Felix von Merode, welcher sich bei der nach Lon— don gesandten Deputation befindet, hat an die Redaction des hiesigen Courrier das nachstehende Schreiben gerichtet: „London, 3. Mai. 1831. Hierher gesendet, um die Gesmmingen Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Leopold von Sachsen-Koburg hinsichtllch eines Ge—
dierch seine Wahl zu erklären, ob es „die Bill, die ganze Bill
und nichts als die Bill“ wünscht, und daß daher eine heilige Wahrheit in seine Hände gelegt ist, und daß er deshalb mit un-
williger Verachtung die schandlichen Versuche der Einschüchte rung, die jetzt so thatig angewendet werden, von sich weisen miüß. Ungeachtet an einigen Orten, wo sie die rohe Kraft der Menge aufregen konnten, die Resormisien den Sieg davon ge— tragen haben, sind sie doch auf anderen Punkten auf eine ruhm— volle Weise geschlagen worden. Snudburh und Wells bezeugen, daß selbst bedeutende Wahltgorperschaften, wenn sie nicht durch Drohungen eingeschüchtert sind, einen Abschen vor Revolutionen haben.“
„Es wird erzählt,“ heißt es im Courier, „und wir hoffen, daß es wahr ist, Lord Lyndhurst habe die Meinung ausgesprochen, daß, im Fall die Reform-Bill im Unterhause mit einer Majorität von mehr als sfunssig Stimmen durchginge, es von dem Oberhause im hoöchsten Grade unangemessen seyn würde, dieselde zu verwerfen. In Betracht des thatigen Antheils, den Lord Lyndhurst gegen die Bill genonmen haben soll, fühlen wir uns verpflichtet, ihm misere lebhafte Bewundernng über die Ansicht ausdrücken, welche er von der Sache gewonnen hat, und welche, wir zwei⸗ feln nicht daran, nur aus der Ueberzengung entstanden ist, wie hoffnungslos der Widerstand und wie wichtig die Versohmmg sey. Lord Löondhurst hat in Bezug anf die Bill nicht so gehan—⸗ delt, wie wir es gewunscht hatten; aber wir werden in unserer
) Von denen der Erstere in Southwark und der Letztere in Bri⸗
dem Grafen Robiano von Borsbeek, gegen unsere Londoner
den Bewegungsgrund des
geustandes kennen zu lernen, der von dem groößten Interesse für die Ruhe Belgiens und Europas ist, habe ich mit Bedauern den, von einem meiner der hochsten Achtung würdigen Freunde,
Sendung bekannt gemachten Artikel gelesen. Sie haben in Ih— rer Nummer vom 30. April mit wenigen Worten den leiten— ehrenwerthen Opponenten ange— deutet, dessen schoönes Ideal einer Regierung, wie Sie sagen, nur da zulassig sey, wo die Kirche der höchste Rich— ter der Wahrheit und des Rechtes ist. Sie fügen hinzu, daß, da es sehr schwierig seyn dürfte, einen solchen gesellschastlichen Zusitand jemals in Belgien eingeführt zu sehen, wenn der Prinz Leopold Konig würde, es ganz natürlich sey, daß der Graf Ro⸗— biano diese Kandidatur bekampfe. Er wurde auch in der That für seine Person Recht haben sich gegen dieselbe auszusprechen, wenn anderweitige Combinationen eine Regierung in's Leben rufen sollten, die den Haäuptern einiger katdolischen Theoretiker entsprangen. Zum Unglück für ihr System würde jeder Fürst genothigt seyn die Verfassung zu beschwören, deren kostbarste Bürgschaft in den Augen der zahllosen Majoritat der Bel— gischen Katholiken, gerade die Unterdrückung aller speciel⸗ len Beziehmmgen der Kirche zur Civil-Verwaltung ist, welche die Religion nur beschützt, indem sie (früher oder spater) die materielle Unterstützung, die sie ihr zu geben versucht, nur zu theuer bezahlen läßt. Anders war es zur Zeit Heinrichs des Vierten und der Ligue; damals standen die ortho—
stol seine Kandidatur aufgab.
Zu der vorgestrigen Jahres-Sitzung der Britischen und aus—
gesellschaftlichen Garantieen mit einer dem Charakter unserer Nr tion angemessenen Offenheit und Loyalität aufrecht zu erhalten Genehmigen Sie u. s. w. Graf Felix von Merode.“
Das Journal de Verviers fordert die Emancipatich auf, sich nicht abschrecken zu lassen, sondern nach wie vor in ih rem alten (Französischen) Geiste zu schreiben; es selbst hätzt ebenfalls auf der Proscriptions⸗-Liste des Comité directeur g' standen, aber schlecht würde es dem bekommen seyn, der mit ihn angefangen hätte.
Schweden und Norwegen.
Stockholm, 29. April. Man vernimmt, daß schon ge gen Ende Februars der Befehl ergangen, einen Polnischen Gta— fen oder anderen Polen, den die provisorische Regierung ans Warschau hieher senden mögte, nicht ins Land zu lassen. Det, mit dem Handels-Reisenden, Herrn Worms (welcher einen Winh erhalten, in einigen Tagen die hiesige Hauptstadt zu verlassen, nach Gothenburg gekommene Pole, der wieder zurückgewiesen worden, ist ein Herr Wolmer.
Briefen aus Wermland zufolge, übertrifft im dortigen (Karlsstads⸗) Lehne die Hungersnoth an Furchtbarkeit noch alles, was die Provinzial-Zeitungen aus den anderen westlichen Land⸗ schaften hierher gemeldet haben. Wermländer, die hier angekom— men sind, versichern bestimmt, daß im Kirchspiele Dalbh vier Bauernkinder im eigentlichsten Wortsinne Hungers gestorben seyen.
Polen.
Warschau, 9. Mai. Die Reichstagssitzung der ver— einigten Kammern vom 5. d. begann wieder mit Bemer kungen über die Uneinigkeit der Minister und die Nothwendiz keit, eine Veränderung in den Personen vorzunehmen; währen dieser Discussionen schickte die National-Regierung die Erkli— rung ein, daß sie dem Zwiespalt der Minister ein Ende machen werde, und man schritt hierauf zum Schluß der Verhandlungen über den Gesetzentwurf hinsichtlich des den Litthauern, Wolhf⸗ niern u. s. w. zu gewährenden Beistandes, welcher demnächst mi einigen Veränderungen in der Redaction fast einstimmig angt— nommen und in einen Reichsbeschluß verwandelt wurde. Waͤh⸗ rend der Berathungen dieses Tages ereignete es sich, daß eine Frau, welche sich auf der Gallerie der Zuschauer befand, mit lauter Stimme ausrief: „Ihr berathet hier, und ich verhungert“ man entfernte sie sogleich aus dem Hause und erklärte sse füt geistesabwesend. In derselben Sitzung trug auch der Landbote Swiniarski darauf an, daß die Vollziehung des über den Gutsbesitzer Raphael Cichocki gefällten Todesurtheils aufgeschoben werde. (Siehe weiter unten.)
Am 6ten hielt die Senatorenkammer eine abgesonderte Sitzung, in welcher beschlossen wurde, daß die geringste Mitglie derzahl derselben, um zu einem Beschluß berechtigt zu seyn, auf 11 festgesetzt werden solle.
In der Sitzung des Senats vom 7ten wurden von dem selben mit Stimmen⸗-Mehrheit folgende Kandidaten zu Mitglit— dern der Senatorenkammer gewählt: der Landtagsmarschall Graf Wladislaus Ostrowski, der Graf Kaspar Potulieki, der Graf Lud= wig Malachowski, Franz Wenzvk, Isidor Krasinski, Peter Lu— bienski, Franz Seltyk und Anton Kochanowski.
An demselben Tage fanden in der Landboten-Kammel nochmalige Erörterungen über einen Ministerwechsel statt; sodam wurde das am vorhergehenden Tage vom Senat angenommene Projekt, wodurch das Ministerium seiner zur Berathung hinrei— chenden Mitgliederzahl auf 11 festgesetzt worden war, mit 6b gegen 8 Stimmen verwerfen. (Da uns die Warschauer Zei— tungen erst kurz vor dem Schluß des Blattes zugegangen sind, so müssen wir uns eine nahere Mittheilung noch vorbehalten.)
In der Staats-Zeitung heißt es: „Amtliche Nachrich⸗ ten von unserer Haupt-Armee sind nicht eingegangen. Am (ten gegen Mittag fand ein für uns vortheilhaftes Gefecht auf dem rechten Flügel der Armee jenseits Kaluszyn statt. Am 6ten wunr— den auf verschiedenen Punkten von unseren Truppen Rekognoseh rungen angestellt. Man ist von vielen Seiten der Memung, daß der Feldmarschall Diebitsch, wie er sich früher auf unseren rechten Flügel bei Kuflew werfen wollte, so jetzt sich nach dem linken Flügel hin bei Kamienczok und Rpadzymin dem Bug iu wende. An der nördlichen Graͤnze des Königreichs sind die Rus⸗ sen aus Chorjellen verdrangt worden, und an dem diesseitigen Ufer des Flusses Omulew befinden sich keine feindlichen Posten mehr. Am 23. April hat Se. Kaiserl. Hoheit der Großfür Michael sein Hauptquartier nach Suwalki verlegt, indem er mit den Garden auf dem Marsch nach Samogitien war.“ ; Die gedachte Zeitung enthalt auch noch unter amtlicher Rubrik folgenden Armee-Bericht des Generals Dwernicki an die National⸗Regierung, datirt aus Chlebanewka, 2 Meilen ven Zbaraz, in Gallizien, vom W. April: „Den erhaltenen Befeh⸗ sen zufolge, bin ich über Krolow in Wolhynien eingerückt un habe an demselben Tage das Dragoner⸗-⸗Regiment des Generals Rüdiger bei Porhek zersprengt. Durch die Wolhhnier und selk durch Nachrichten von Warschau versichert, das in Wolhynien
deren und disstdirenden Kirchen in enger Verbindung mit den Regierungen; dergestalt, daß die religiosen Glaubensbekenntnisse
und Podolien die Russische Armee sich nicht über einige Tausend
wie gewisse, in den Regionen des Nordens und des Süden ann belaufe, verfolgte ich den General Rüdiger weiter; dieser einheimische und an ihre Klimate gebundene Pflanzen, das aus ua über den Styr und nahm eine Position an diesem Fluß schließliche Eigenthum dieses oder jenes Landes wurden, nachden Krasne bis Beresteczko, nachdem er überall die Brücken ver⸗ es den Souverainen gefiel, sie zu kultiviren oder dem Boden L unt hatte. Als ich in Boremel angelangt war, schlug ich dort entfremden. Der von Heinrich dem Achten und Elisabeth aut ihrend einiger Stunden eine Brücke auf, und alsbald ging
eine Avant⸗-Garde über den Fluß; aber einige Bataillone feind⸗ her Infanterie und 7 herbeigeschaffte Kanonen zwangen die⸗ e zur Rückkehr. Rüdiger setzte mit seinem ganzen Corps bei huhniki über den Fluß, und ich kämpfte mit ihm bei Boremel, „ich ihm 8 Kanonen nahm, 100 Mann zu Gefangenen ichte und eine große Menge tödtete. Die feindlichen Streit⸗ fte in diesem Kampf beliefen sich auf 10,009 Mann, hiel— aber, obgleich sie den meinigen bei weitem überlegen gen, doch meinen Marsch nicht auf; am zweiten Tage nach m Treffen marschirte ich in Eil nach Beresteczko und ging so gehindert über den Styr, indem ich nur auf einige Hundert bssaken stieß; denn Rüdiger hatte seine ganze Macht bei Bo—⸗ mel zusammengejogen. Um den einen Flügel meiner Armee r sichern, zog ich mich nahe an der Oesterreichischen Gränze hin nd rückte ruhig durch Radziwillow und Poczajow. Von da be— b ich mich nach Krzemieniec zu, aber dort war mir Rüdiger n dem nicht weit entfernten Boromel her schon zuvorgekom⸗ en, und der starken Position wegen, die er bei dieser Stadt snnahm, konnte ich ihn nicht angreifen und ging nach Kolodno, söhin mich einige Kavallerie⸗ Regimenter verfolgten. Von den uch meine Patrouillen eingebrachten Gefangenen erfuhr ich, sß Rüdiger nach Wyszogrodek marschirte, um eine sehr starke osttion auf den Höhen iwischen Luthner in Wolhynien und hince in Gallizien einzunehmen. Durch einen Marsch bei hlachtzeit kam ich ihm jedoch zuvor und besetzte die erwähnte ostion ein paar Stungen vor der Ankunft, seiner Kolonnen. fr jog mit sehr verstärkter Macht heran, indem er jetzt 72 -chtadronen Kavallerie und 18 Bataillone Infanterie nebst einahe 50 Kanonen hatte. Doch wich ich vor der großen Ueber— nacht nicht zurück, da ich eine von vorn und vom rechten Flü⸗ chunzüugängliche Position inne hatte und im Rücken mich an ne Gallizische Gränze lehnte. Zwei Tage hindurch mauövrirte südiger mit seinen Streitkräften rechts und links, wahrschein⸗ sch um mich in Furcht zu setzen und zum Aufgeben meiner so srtheilhaften Stellung zu nöthigen; da ihm dies aber nicht ge⸗ Ing, so detaschirte er in der Nacht des dritten Tages ein paar Laufend Mann Kavallerie nach Gallizien hinter meinen rechten Flügel; diese Truppen zerstreuten die Oesterreichischen Gränzposten ind nahmen ihnen die Sensen weg. Am 2sten begann das janze Corps, auf meinen linken Flügel loszurücken, und einige tausend Mann auf den linken, an demselben Ort, wohin sie w Nachts in Gallizien eingedrungen waren. Es war aher augenscheinlich, daß ich völlig eingeschlossen werden onnte, und daß die Gränze keinen Schutz mehr bot. Auch war es nmöglich, einer acht Mal stärkeren Macht zu widerstehen und mne völlige Niederlage oder Zersprengung zu vermeiden; daher jar ich genöthigt, mich nach Gallizien zurückzuziehen, wovon ich has Gränz⸗Kommando sogleich benachrichtigte. Den General Rü— äger hielt die Gränze nicht auf; seine Kolonnen drangen mir uf das Oesterreichische Gebiet nach, und obgleich meine Arriere— Garde nicht einen einzigen Schuß that, wie ihr anbefohlen wor— nn, feuerten die Russen doch immerwährend, verwundeten mir chrere Mann und nahmen 20 gefangen. Das aus Husaten mn Infanterie bestehende Oesterreichische Kommando hielt sie zu⸗ ick, aber sie blieben in einer Position eine halbe Meile von der Gränze ei dem Dorfe Lesieczaik und entfernten sich erst nach einigen Stunden. Ich verblieb bei Chlebanowka, an dem mir von dem fusaren⸗Oberst Fackh bezeichneten Ort, und fertigte Depeschen n den Fürsten Lobkowicz ab, worin ich um freien Durchzug nach Polen ersuchte. Die National-Regierung möge ebenfalls geruhen, alle Maaßregeln zur Rettung meines Corps zu ergrei⸗ fen, damit dasselbe, wie es bis jetzt Alles that, was in seinen Kraͤften stand, so auch in Zukunft noch dem Lande nützliche Dienste leiste.“
Wegen der Meinungsverschiedenheit, welche sich bei den Reichstags-Verhandlungen unter den Ministern geäußert, haben der auswärtige Minisier Graf Malachowski und nach ihm der Minister des Innern ihre Dimission eingereicht.
Der Warschauer Zeitung zufolge, wollten gestern Leute aus der Gegend von Kaluszyn eine Kanonade in der Nähe gehört haben. —
Ein Courier mit Depeschen vom General Dwernicki ist hier
nach dem Hauptquartier durchpassirt.
Der General-Gouverneur der Hauptstadt Warschau macht belannt, daß in Folge Befehls der National-Regierung die Hin⸗ richtung, welche den 6. d. M. an dem Gutsbesitzer Raphael Cichockl, der den Russischen Truppen verschiedene Hülfsleistungen
gewährte und ihnen Nachrichten von den Bewegungen der Pol⸗
nischen Armee hinterbrachte, vollzogen werden sollte, bis auf weitere Verfügung ausgesetzt worden ist.
Es wurde vor einiger Zeit in der hiesigen Staats-Zei⸗ tung darüber geklagt, daß die Fabriken des Landes durch den
jetzigen Zustand der Dinge sehr in Verfall gekommen seyen, und
derschiedene Mittel angegeben, um deren gänzlichen Ruin vor— beugen; besonders wurde dabei über die traurige Lage der Hüt— tenwerke und Eisenhämmer, welche gegenwärtig zu Gewehr-Fa—
btiken umgeschaffen sind, geklagt und auch bemerkt, daß die Ge—
wehr-Fabrlkation eben nicht sehr schnell von Statten gehe. Da— gegen wird jetzt in einem Artikel desselben Blattes behauptet, daß jener Vorwurf wenigstens in Bezug auf die letztgenannten
Jabriken nicht gegründet sey, welche von der National-Re⸗
gierung, wie früher gemeint worden, keinesweges vernach— läsigt würden, da dieselbe alles Mögliche thue, was zur Beschleunigung der Gewehr Fabrikation beltragen könne. Die Behörden hätten Befehl erhalten, keine Fabrikanten, weder zur Armee, noch zur Sicherheits-Garde, abzufüh—
ten, und es seyen im Gegentheil, statt eines Abganges von Ge—
hülfen, noch mehrere angenommen worden. Wenn daher die Production dieser Fabriken nicht ganz den Bedürfnissen des Lan— des gleich käme, so rühre dies nicht von einem Verfall derselben, sondern vielmehr von den außerordentlich gesteigerten Anforde— rungen her, welche sie nicht zu befriedigen vermöchten. Ueber⸗ haupt fehle es nicht sowohl an Händen zur Arbeit, als an den nöthigen Werkstätten und Einrichtungen, welche bei den jetzigen Umständen unmöglich schnell gefördert werden könnten. Ferner wird auch eine Behauptung widerlegt, als wären die Hütten⸗ werke und Eisenhämmer unter der vorigen Regierung vernach— sässigt worden, da alle Beamte der drei Haupt⸗-Inspectionen der Berg- und Hüttenwerke zu Suchedniow, Bialogon und Sani⸗ sonow, die den größeren Theil des Mineur-Corps bildeten, so wie die Orts-Einwohner, Zeugen gerade des Gegentheils seyen. Die Polnische Zeitung hat seit emiger Zeit begonnen, die Verhandlungen des sogenannten patriotischen Vereins, an dessen Spitze sich noch imnier Joachim Lelevel befindet, öffentlich mitzutheilen, worüber derselben von anderen Blättern Vorwürse
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gemacht werden, indem sie behaupten, daß dadurch jenem Verein eine Wichtigkeit beigelegt werde, welche er unmöglich haben dürfe, da neben dem Reichstag und der National-Regierung keine an⸗ dere politische Gewalt bestehen könne. Ueber diesen Vorwurf scheint sich der patriotische Verein sehr entrüstet gefühlt zu haben, und die Polnische Zeitung enthalt jetzt eine Erklärung, woraus hervorgeht, daß jene Gesellschaft die Revolution für ihr Werk ausgiebt und sich damit rühmt, allein den Fortgang derselben be⸗ fördert zu haben, während der Reichstag und die ger en ge. gierung nur ihren Eingebungen und Vorschlägen gefolgt seyen. Besonders heftig wird gegen die Diktatur und j dersel⸗ ben geeifert, weil der patriotische Verein von Chlopieki unterdrückt und mit dem Namen Jakobiner-Klub gebrandmarkt worden ist.
— Der Oesterreichische Beobachter enthält in seinem Blatte vom 7. Mai den nachstehenden Bericht: „Ueber die wei⸗ teren Bewegungen des polnischen Generals Dwernicki melden die neuesten Berichte aus Lemberg vom 2. d. M. Folgendes: Nach dem am 20. April zwischen dem Russisch-Kaiserlichen General Rüdiger und dem General Dwernjeki bei Boremel stattge⸗ habten Gefechte, in welchem letzterer auf das linke Ufer des Styr zurückgedrängt worden war, ging derselbe in der folgenden Nacht bei Beresteczko wieder auf das rechte Ufer über und zog gegen Radziwilow. Er versuchte von da gegen Krzemienierc vor— zudringen; allein theils der schlechte Fortgang der Revolutioni⸗ rung Wolhhniens, theils die Bewegungen des Generals Rüdi— ger, der den Polen bei Beresteczko über den Styr gefolgt war, veranlaßten den General Dwernieki, die Richtung gegen Podo⸗ lien einzuschlagen, wobei er sich stets dicht an der Oesterreichtschen Gränze hielt. In Folge dieser Bewegung hatte er sein Haupt⸗ quartier am 24. April zu Kolodno, nicht fern von der Gränze; General Rüdiger folgte ihm in der Entfernung von zwei Meilen, und seine Vorposten standen zu Wisniowice auf dem Wege von Krzemieniec; in der Richtung von Orzechowce aber, wohin der Marsch Dwernicki's ging, wichen die schwächeren Russischen Gränztruppen vor den Teéten der Polnischen Kolonnen zurück, und zogen ihre Vorposten bis Czasniowka. An diesem Tage flüchteten 17 Polnische Offiziere und 30 Soldaten — Kranke und Verwundete — auf das K. K. Gebiet, wo sie entwaffnet und in die Lazarethe untergebracht wurden. In der Nacht auf den 25. brach General Dwernicki von Kolodno auf und mar— schirte nach Musarowee; hier gönnte er seinen Truppen einige Stunden Erholung und setzte dann den Marsch immer längs der Oesterreichischen Gränze — über Wereszaczki fort, wo es zwischen seiner Avant-Garde und dem Russisch-Kaiserlichen General Kwietnicki zu einem Gefechte kam, der sich jedoch vor der Uebermacht unangetastet zurückzog. Die Polen zogen nun längs der Gränze noch bis auf die Höhe von Hnielce Wielkie fort, wo sie ein Lager bezogen. General Rüdiger, der ihnen auf dem Fuße gefolgt war, befand sich am 25sten zu Kolodno. Da der General Dwernicki vor sich keinen bedeutenden Wider⸗ stand fand, so scheint es, daß theils die Erschöpfung seiner Mannschaft und Pferde, theils die Besorgniß vor den anrücken⸗ den Russischen Verstärkungen ihn zu dem Entschluß vermochten, sich am 27. April früh, da er von den Russen auf al— len Punkten angegriffen ward, zwischen Lysiczince und Hnielce Wielkie fechtend auf das Oesterreichische Gebiet zu werfen, wohin ihn die Russischen Kolonnen lebhaft verfolgten. Der K. K. Oberst von Fackh des Husaren⸗Regiments Geramb, der in dieser Gegend kommandirte, begab sich sogleich mit der nächsten Ab— theilung seines Regiments zwischen die fechtenden Truppen, um dem Gefecht Einhalt zu thun, was auch augenblicklich erfolgte. Auf die Bemerkung des Obersten über die Verletzung des Ge⸗ biets gab der General Dwernicki sein Ehrenwort, sich nicht mehr auf Russischen Boden begeben, sondern hier die Waffen ablegen zu wollen, worauf er in Erwartung höherer Befehle nach Kleba— nowka zu rücken und dort zu lagern angewiesen wurde. Gleiche Protestationen wurden dem Russischen General Laskareff gemacht, der mit seiner Kavallerie-Diviston in Verfolgung der Polen bis auf eine halbe Meile ins Land gedrungen war, auf die geschehene Aufforderung des Obersten Fackh aber sich auf das Kaiserl. Rus— sische Gebiet zurückzog. — Der kommandirende General in Galizien, Feldmarschall-Lieutenant Baron Stutterheim ertheilte, auf erhal⸗ tene Meldung dieses Vorfalls, dem Obersten Fackh sogleich den Be⸗ fehl, die Polnischen Truppen zur freiwilligen Entwaffnung aufzufor— dern, ihre Pferde, Artillerie, Waffen, Rüstungen und Kriegsgeräthe dem Russischen Befehlshaber ordnungsmäßig auszuliefern, die sol⸗ chergestalt entwaffneten Flüchtlinge aber insgesammt nach rück⸗ wärts gelegenen Punkten eskortiren zu lassen, bis höheren Orts über selbige die weitere Verfügung erfolgen würde. Zugleich aber traf der Kommandirende die zweckmäßigsten Maaßregeln, um bis zum 2. Mal 8 Bataillons und 24 Eskadrons bei Tar⸗ nopol zu koncentriren, und mit dieser Streitmacht den General Dwernieki, wenn er bis dahin den an ihn gestellten Anforderun⸗ gen sich noch nicht gefügt haben würde, gewaltsam zu entwaff⸗ nen und für die sich erlaubte Verletzung des K. K. Gebietes zu züchtigen. Der Polnische Anführer wartete diesen Augenblick nicht ab, sondern ließ dem Obersten von Fackh am 1. Mai seinen Entschluß, die Waffen augenblicklich niederzulegen, erklären, wel⸗ cher sofort nach den früher erwähnten Befehlen mit ihm verfuhr. In Folge dessen ward die Entwaffnung des Corps, und die Ab⸗ nahme des sämmtlichen Kriegsmaterials sogleich vorgenommen, dem Russischen Befehlshaber, General Rüdiger, Behufs der kommisssonellen Uebernahme des Kriegsmaterials die Eröffnung gemacht, für den Transport der Flüchtlinge aber nach mehreren Punkten, so wie für die Unterbringung der Kranken und Bles⸗ sirten in den Spitälern die nöthige Einleitung getroffen. Bei Abgang dieser Nachrichten waren auch bereits die ersten Trantz⸗ porte in Marsch gesetzt, den nach Tarnopol beorderten, und dort nicht mehr noöthigen K. K. Truppen aber Gegenbefehl ertheilt worden.“
Deutschlan d.
München, 6. Mai. Im ferneren Verlaufe der (vorgestern erwähnten) Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom Aten d. M. bestieg der Baron von Klosen die Nednerbühne und suchte die Verfassungs⸗Widrigkeit der Censur⸗Verordnung zu erörtern. Der hiesigen Polltischen Zeitung zufolge, äußerte er: .
In Beziehung auf die vorliegende Beschwerde sey im Allgemei⸗ nen zu bemerken, daß von den Staͤnden eine Beschwerde als be⸗ gründet erklart werden müsse, wenn auch nur in einzelnen Punkten rine Verfassungs Verletzung sich zeige; es sey nicht ndthig, daß je⸗ der einzelne Theil die Verfassung verletze, um Beschwerde fuͤhren u können. Sie Cenfur-PPerordnung vom 23. Januar verletze aber hie Verfassung in 6 verschiedenen Punkten: 1) als authentische In⸗ terpretation; es habe zwar die Regierung das Recht, Instructso⸗ nen zu erthellen, aber nicht, durch Instructionen eine streitige Frage zu entscheiden, wie im vorliegenden Falle eschehen; 2) we⸗ gen umgehung des Stagts-Rathes und Minisser⸗Rathes; denn
8 ser icht des Rinisters, in wichtigen Faͤllen das Anhdren e gie n, Min lsies . Naihes zu veranlassen; 86) als verfassungt⸗
widrige Ausdehnung der der Censur unterworfenen Blaͤtter; da Blaͤtter, die sich mit der inneren Politik befassen, nach dem Preß— Edikte der Censur nicht unterwerfen seyen; 4) als Zusatz zur Berf⸗ Urk. durch den Gebrauch des Wortes innere Politik; unter dem Worte Politik werde das innere Staatsleben nicht verstanden, weder nach dem wissenschaftlichen Sprachgebrauche, noch nach dem Sprach⸗ gebrauche des Volkes; zagegen, daß unter Politik aͤußere und innere berstanden wurde, spraͤchen Grundsaͤtze der Logik, da nach dem 111. Edikte politische und statistische Zeitschriften der Censur unterworfen seyen, Statistik aber ein Theil der inneren Politik, und es folglich nicht noͤthig ö sey, Statistik zu bezeichnen, wenn Politik diese ausgedehnte Bedeutung hatte; dagegen spraͤchen auch die Regeln der Auslegungskunde, indem nach diesen Ausnahmen, wie die Censur sey, auf das strengste zu interpretiren seyen; dagegen syraͤche die Anerkennung der Staͤnde, welche im Jahre 1819 die Censur-Freiheit fuͤr die mit innerer Politik sich befassenden Blaͤtter ausgesprochen haͤtten; dagegen spraͤ⸗ che der Besitz, indem im Jahre 1813 die Landtags-Zeitung, das erste mit innerer Politik sich beschaͤftigende Blatt, keiner Censur unter⸗ lag, indem die Verweigerung zur Herausgabe eines mit innerer Po— litik sich befassenden Blattes wohl die Nothwendigkeit eines Pri⸗ vilegiums, aber nicht die Nothwendigkeit einer Censur beweise; indem auch aus dem Umstande, daß dergleichen Blatter der Cen⸗ sur unterworfen worden, ohne daß sich die Herausgeber beschwer⸗ ten, die nunmehrige Rechtmäßigkeit der Censur nicht gefolgert wer⸗ den koͤnne, da das Stillschweigen dieser die Nation nicht zu praͤju⸗ dieiren vermoͤge. Die Censur⸗Verordnung verletze aber 5) die Ver⸗ fassung, weil sie eine Ungleichheit der Rechte enthalte; sey eine Cen⸗ sur eingefuͤhrt, so mußten die Censoren jede Art von Rechtsverlez⸗ zung zu verhindern suchen; dieser Grundfatz sey bei der Verordnung nicht befolgt; nach ihr mußten die Censoren nicht alle Angriffe auf die Ehre streichen; der Mißbrauch der Presse sey seit der Censur⸗ Verordnung nur ',. eworden, ja man moͤchte fast glauben, sie sey nur deshalb erlassen worden, um bei dem Zustand, der ihr gefolgt, dem Volke die Preßfreiheit überdruͤssig zu ma⸗ chen; 5) endlich verletze die Censur-rdnung die Verfassung, weil ihre gil s ang Mißbrauch der Gewalt sey; die Minister seyen naͤmlich auch dafuͤr verantwortlich, daß Rechte der Krone nicht zum Nachtheil der Nation ausgeuͤbt wuͤrden; die Regierung habe aber durch die Verordnung ihr Recht, Verordnungen zu erlassen, zum Nachtheile der Nation geuͤbt, — Fuͤr jede Verfassungs⸗-Verletzung sey der Minister verantwortlich, er moge nun dolos, culpos oder aus n , ,, haben; die hohe Stellung eines Mini⸗ sters gestatte die Entschuldigung mit Unwissenheit nicht. — Was die Anklage betreffe, so finde er darin, daß in dem Strafgesetzbuch auf Verletzung der Verfassung keine Strafe gesetzt sey, keine Lücke; ein Minister, der sich selbige zu Schulden kommen lasse, faͤnde seine Strafe in der offentlichen Verachtung. Wolle man aber den Mini⸗ ster v. Schenk in Anklagestand versetzen, so muͤsse die Anklage das ganze ministerielle Wirken desselben umfassen und sich nicht auf einen 3 desselben beschraͤnken. Der Redner verlas nun eine in diesem Sinne abgefaßte Anklage⸗Akte, welche enthielt, der Minister v. Schenk sey Baierns Polignac. . Als der Redner geendigt hatte, antwortete der Minister mit vieler Wärme, daß er auf die erste wider ihn vorgebrachte Beschwerde gründlich und sogar mit faktischen Argumenten sich vertheidigt habe und daß er auf gleiche Weise wider die neuer⸗ liche unwürdige Anklage sich vertheidigen werde.
In der heutigen öffentlichen Sitzung wurde die Debatte fortgesetzz. Der Staats⸗Minister v. Schenk erklärte, nachträg⸗ lich zu seinen früheren Bemerkungen, und um die Einwendungen gegen die Bedeutung des Wortes „politisch“ nach dem Sprach⸗ gebrauche der Verfassungs⸗Urkunde zu beseitigen, daß sowohl in dem §. 26 des Religions-Ediktes, als in dem §. 9 des Ediktes über das Indigenat, mit dem Ausdruck „politisch“ bloß innere Verhältniffe bezeichnet seyen; in der vorigen Sitzung habe man mit Persönlichkeiten gegen ihn gekämpft; er hege jedoch die Zuversicht, die Kammer werde nicht nach diesen, sondern mit Ruhe, Unbefangenheit und ohne Leidenschaft nur die Gründe für und gegen die Sache abwägen und danach entscheiden; man habe seinen politischen Charakter angeklagt, ihm vorge— worfen, er sey den Principien des Absolutismus, der Aristo⸗ kratie und der Hierarchie zugethan, und suche diesen gemäß die Rechte und Freiheiten des Volkes zu untergraben; dies sey ferne von ihm, er ehre die Rechte der Krone, des Adels, der Kirche, wie sie durch die Verfassung gewährt werden, aber auf dieselbe Weise ehre er auch die Rechte des Volkes und werde unaus⸗ gesetzt für die Erhaltung der Rechte aller Klassen von Staatsbürgern kämpfen. Hierauf bestieg der Abg. v. Dresch die Rednerbühne, um sich gegen den Antrag des Ausschusses zu erklären. Der Redner suchte in einem ausführlichen Vortrage jede gegen ihn gerichtete leidenschaftliche Anschuldigung des Servilismus von sich abzulehnen und die Gründe des Abgeordneten v. Klosen zu widerlegen, die hierauf von dem Abgeordneten v. Rudhart, der sich zwar gegen die Anklage des Ministers, jedoch auch für die Verfassungswidrigkeit der Censur⸗-Verordnung erklärte, in Schutz genommen wurden. (Das Resultat der Debatte wird von der Münchener Zeitung noch nicht gemeldet.)
— — Frankfurt a. M., 8. Mai. Wären uns in den verwichenen acht Tagen, so wie von Paris, auch von Wien bessere Notirungen und günstige Privat-Nachrichten zugekommen, so würden die Fonds an unserm Platz gewiß eine sehr bedeu— tende Erhöhung erfahren haben. Allein zum Bedauern unserer Spekulanten aufs Steigen, neutralisirten sich die von den beiden Endpunkten des Börsenverkehrs eingegangenen Mittheilungen, und so kam es, daß die Wirkung im Ganzen nicht viel ausgab. Während sich zu Paris das Vertrauen in den Staats-Kredit und die Hoffnung auf Fortdauer des Friedensstandes durch ein rasches, procentweise fortschreitendes Anziehen der Course kund gaben, blieb hier der Umsatz in den Effekten ohne rechten Auf— schwung und gingen die Hauptpapiersorten nur wenig in die Höhe. Bank-Actien stiegen im Laufe der Woche von 1223 auf 1242, Partial von 1153 auf 1163, 5proc. Metall. von 83! auf 833, 4proc. von 723 auf 7313. — An den drei ersten Tagen (2. 3. 4. Mai) war es sehr stille im Geschaft; von Wien waren starke Aufträge zum Abgeben gekommen, und da sich die Nehmer rar hielten, so war an keinen Aufschwung in den Coursen zu denken. Die Differenz zwischen hier und Wien betrug anhal— tend 2 bis 3 pét. Erst am 5. Mai hatte mam etwas bessere Notirung aus der Oesterreichischen Hauptstadt, und da gleichzei— tig von Paris höhere Notizen bekannt wurden, so zeigte sich viel Leben an der Börse und die Umsätze ginzen zu anziehenden Coursen leicht von statten. Unsere Spekulanten sahen sich dabei um so mehr ermuthigt, als auch von Seiten mehrerer Privat— leute comptante Einkäufe in 4proc. Metall. und Bank⸗-A1ctien gemacht wurden, was seit lange der Fall nicht war. Man zahlte diese Papiere gegen Ende der Börse mit 733 und 1260. Auf fixe Lieferung in 1, 2 Monaten wurde einiges gemacht. Am 6. Mai waren die Course neuerdings gedrückt, weil man von Wien Nachricht hatte, daß dort wieder ein Rückfall eingetre⸗ ten sey. Auch ergab sich neuerdings, daß mehrere hiesige Häu— ser Zusendungen von Effekten zum Verkauf von dort erhalten hatten, die nun den Markt überführten. Indessen fanden die⸗ Papiere noch immer bereiten Abfluß, und es bewirkte die Kon— junktur nur ein momentanes Hinderniß der steigenden Tendenz,
so daß solche sich gewiß wieder Bahn machen wird, wenn nur
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